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Die internationale Lage in späten 4. Jahrhundert




Der Hellenismus:

Als Alexander am 10. Juni 323 - für die Verwirklichung seiner Pläne viel zu früh - stirbt, droht sein Reich, das nicht weniger heterogen ist als es das Perserreich war, zu zerfallen. Sein Wunsch, "der Würdigste" solle seine Nachfolge antreten, ist der Auftakt zu einem 50 Jahre dauernden Ringen, das die Entstehung einer neuen Welt, zumindest aber einer neuen Zivilisation zum Durchbruch verhilft.


Diese neue Welt ist eine zutiefst griechisch geprägte. Doch nicht erst Alexanders Feldzug hat das Griechentum nach Osten transportiert. Sein Vormarsch wirkt als Katalysator, doch die Werbewirksamkeit des Griechentums und seine Vermischung mit lokalen Kulturen hat schon zuvor begonnen. Begünstigt wird die Entwicklung schon vor dem Perserzug Alexanders von der Tatsache, dass sich die einzelnen Teile des Perserreichs weitgehend unabhängig von einander entwickeln können.


So ist es problemlos möglich, dass am westlichen Rand immer mehr griechische Einflüsse die Oberhand gewinnen, nicht nur in den Griechenstädten am Mittelmeer sondern auch in anderen Satrapien. Vor allem in Karien errichtet Mausolos, dessen Grabmal (Mausoleum) zum Weltwunder erklärt wird, mitten unter persischen Satrapien das erste hellenistische Reich. Er versteht, dass ein Volk nur mehr dann bestehen kann, wenn es die geistigen Errungenschaften des Griechentums aufnimmt und verarbeitet. So wendet er sich ganz den Hellenen zu, verlegt sogar seine Hauptstadt ans Mittelmeer, das zum mit dem griechischen "Mutterland" verbindenden Element des Hellenismus wird und macht Halikarnassos, diese Hauptstadt, zu einem zweiten Syrakus. Erstmals wird eine in ihrem ganzen Wesen griechisch geprägte Stadt mit ihren Theatern, Tempeln, Plätzen und Gymnasien zum Zentrum eines völlig barbarisch geprägten Landes.


In solchen neu errichteten Orten finden die griechischen Philosophen, Künstler, Handwerker, Schriftsteller und Lehrer bald bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen vor als in Griechenland selbst. Das Experiment des Mausolos überlebte ihn nach seinem Tod zwar nicht lang, weil es wie alle anderen Teile des persischen Reiches in das Alexanders übergeht, doch kann man Karien als das erste hellenistische Experiment bezeichnen, eine Vorwegnahme der militärisch-politischen Kapitulation der "Barbarenländer" durch die geistig-kulturelle. Die Anpassung an die griechische Welt wird Vorbedingung für eine Modernisierung und damit Erhaltung eines funktionierenden Staates in diesem Jahrhundert, eine Grundregel, der sich letztlich auch die Römer nicht zur Gänze entziehen können.