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Die Lage Roms zu Beginn des 1. Jahrhunderts




Kunst und Religion:

Die traditionelle Religion der Römer, eine einfache abstrakte Gottesfurcht, hält dem Ansturm des Hellenismus nicht stand. In Griechnland glauben die Gebildeten schon lange an gar nichts mehr, auch wenn die Leugnung der Existenz von Göttern weiter unter Strafe steht. In Wahrheit aber ersetzt die Philosophie den Kult, der zu einer äußeren Fassade wird. Schon im 5. Jahrhundert hat die Sophistik eine Lehre der völligen Relativität verbreitet, Protagoras stellt als Erster den Menschen in den Mittelpunkt (homo mensura-Satz: Der Mensch ist das Maß aller Dinge). Seit Sokrates und Platon ist zwischen der Philosophie mit ihren Werten und der Rhetorik mit der Relativierung aller Werte durch die Sophisten ein Kampf um die Ausbildung der Jugend entstanden. Nur noch der persönliche Erfolg wird zum Maßstab.


Die Römer sehen sich als die religiosissimi homines und glauben daran, dass die Erfüllung der Pflichten gegenüber den Göttern zu einer pax deorum, einem Frieden mit den Göttern, führt, der ihnen große seelische Sicherheit verleiht. Feste Riten und eine sehr rational-formalistisch geprägte Religionspraxis kommt nicht direkt in Konflikt mit den zahlreichen philosophischen Richtungen. Die Religion wird zu einem Bekenntnis zum Staat und zum Römertum, auf persönlicher emotioneller Ebene hat die alte Religion ohnehin nie viel zu bieten gehabt und wird zuerst von der Philosophie, später von orientalischen Verkündigungsreligionen wie dem Mithraskult und dem Christentum abgelöst. Offiziell aber halten die Römer bis zur Ausrufung des Christentums als Staatsreligion am alten Götterkult fest.


In der Kunst und Literatur erreichen die Römer eigenständig nie ein hohes Niveau. Zeit für ein ausgeprägtes Geistesleben (otium) hat man nicht, selbst Cicero muss sich für seine Beschäftigung mit der Philosophie noch im 1. Jahrhundert rechtfertigen (cum dignitate otium). Da es im frühen Rom keinen Luxus oder andere Annehmlichkeiten gibt, hat man auch keinen Bedarf an bildender Kunst - was benötigt wird, stellen Ausländer her: Götterbilder, Ahnenstatuen. Als diese primitive Kultur auf den hoch entwickelten Standard des Hellenismus trifft, bleibt davon äußerlich nichts übrig - durch die Vermischung mit eigenen Werten entwickeln die Römer aber ihre eigene Klassik im Verlauf des 1. Jahrhunderts.