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Zuerst ist das goldene Zeitalter entstanden ("gesät worden"), das ohne Richter (90) freiwillig ohne Gesetz
Treue und Recht pflegte. Strafe und Furcht (Furcht vor Strafe) gab es nicht, keine drohenden Worte wurden auf angebrachter
Erztafel gelesen und keine bittflehende Menge fürchtete das Wort ihres Richters, sondern sie waren ohne Rächer
sicher. Noch nicht war die gefällte Pinie (95) von ihren Bergen in die klaren Wellen herabgestiegen, um einen fremden
Erdkreis zu sehen, und die Sterblichen kannten keine Küsten auß ihren eigenen. Noch nicht umgaben Gräben
die steil abfallenden Städte (Enallage: ... steil abfallende Gräben die Städte). Es gab keine Tuba aus geradem,
keine Hörner aus gebogenem Erz, keine Helme, kein Schwert: Ohne Verwendung ("Praxis") des Krieges (100)
durchlebten die sorglosen Vökler sanften Frieden. Auch die Erde selbst, unberührt vom Pflug und nicht verwundet
durch irgendwelche Verletzungen, gab alles von sich aus, und zufrieden mit den ohne Zwang geschaffenen Speisen (... mit
den Speisen, die niemand erzwang, ...) sammelten sie Feldfrüchte und Bergerdbeeren, (105) Kornelkirschen, auf harten
Brombeersträchern hängende Maulbeeren und Eicheln, die vom breiten Baum Juppiters herabgefallen waren. Der
Frühling war ewig und milde Zephyre streichelten mit lauen Winden die ohne Samen entstandenen Blüten. Bald trug
die ungepflügte Erde sogar Feldfrüchte und der nicht neu bestellte Acker war schimmerte silbern von schweren
Ähren. Hier strömten Flüsse von Milch, dort Flüsse von Nektar, und aus der grünen Steineiche
tropfte gelber Honig. Nachdem Saturn in die Unterwelt geschickt worden war, war die Welt unter Juppiter, folgte das silberne Geschlecht, minderer als Gold, aber wertvoller als das goldgelbe Erz. Juppiter zog die Zeiten des alten Frühlings zusammen (= verkürzte ...) und teilte durch die Winter und die Sommer, die unbeständigen Herbste und die kurze Zeit des Frühlings das Jahr in vier Zeitabschnitten ein. Da erglühte zum ersten Mal die Luft, versengt von trockenen Hitzen, (120) und es hing das von den Winden gefrorene Eis herab. Da suchten sie zum ersten Mal Häser auf: Die Wohnstätten waren zuvor Höhlen und dichte Büsche und mit Rinde zusammengebundene Zweige. Getreidesamen wurden damals zum ersten Mal in langen Furchen vergraben, stöhnten Jungstiere die vom Joch gepresst worden waren. Als drittes nach jenem folge die ehrene Nachkommenschaft (Generation), wilder an Gesinnig und bereiter zu den schrecklichen Waffen (zu greifen), aber dennoch nicht verbrecherisch. Aus hartem Eisen ist das letzte. Sogleich brach jedes Unrecht in das Zeitalter des schlechteren Metalls, es flohen Scham und Wahrheit und Treue. An deren Stelle traten Betrug, List, Hinterhalt ("hinterlistiger Betrug"), Gewalt und verbrecherische Besitzgier. Der Seemann setzte die Segel in den Wind (ventis: Dativ Plural) - bisher hatte er jenen (die Winde) nicht gut gekannt. Die Kiele, die lange auf den hohen Bergen gestanden waren, tanzten über die unbekannten Fluten und den Boden, der früher Gemeingut war (wie das Licht der Sonne und die Lüfte), kennnzeichnete ein gewissenhafter Vermesser mit einer langen Grenze. Nicht nur Saaten und die geschuldete Nahrung forderte man vom reichen Boden, sondern man drang in die Eingeweide der Erde ein, und die Schätze, die sie verborgen und in der Unterwelt (durch die Nacht der Unterwelt) versteckt hatte, werden ausgegraben, Anreize für schlechte Taten. Schon hatte sie das Eisen und - schädlicher als Eisen - das Gold hervorgebracht: Es bringt den Krieg hervor (es führt zum Krieg), der mit beiden kämpft, schlägt mit blutiger Hand die klirrenden Waffen. Man lebt vom Raub, der Gastfreund ist vor dem Gastgeber nicht sicher, nicht der Schwiegervater vor dem Schwiegersohn und auch unter Brüdern ist Treue selten. Es droht der Mann mit der Ermordung der Gattin und jene mit der des Gatten, schreckliche Schwiegermütter mischen todbringende Gifte. Der Sohn forscht vor der Zeit nach den Jahren des Vaters. |