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P. Ovidius Naso: Metamorphosen I, 005 - 088


Bevor es das Meer gab und die Ländern und den Himmel, der alles bedeckt, war der Anblick auf der ganzen Welt der selbe, das sie Chaos nannten: eine rohe und ungestaltete Masse, nichts außer träger Last, die nicht zusammen hielt, eine Unordnung unter nicht gut verbundenen Ausgangsstoffen der Dinge. (10) Keine Sonne bot der Welt noch ihr Licht, kein Mond erneuerte durch Wachsen die Hörner, die Erde schwebte nicht in der sie umströmenden Luft ausgewogen mit ihren Gewichten und das Meer hatte nicht die Arme um den langen Rand der Länder gelegt. (15) Zwar war Land darin enthalten und Wasser und Luft, aber die Erde war nicht fest, auf der Welle konnte man nicht schwimmen und die Luft hatte kein Licht: Keinem blieb seine Gestalt, eines behinderte die anderen, weil in einer Form Kälte mit Wärme kämpfte, Feuchtigkeit mit Trockenheit, (20) Sanftes mit Hartem und Schwereloses bekämpfte das Gewicht.

Diesen Streit legte ein wohlwollenderer Gott durch die Natur bei, denn er trennte die Länder vom Himmel, die Wellen von den Ländern und den feuchten Himmel von der zusammengedrängten Luft. Nachdem er diese herausgewälzt und aus dem blinden Haufen herausgenommen hatte, (25) verband er die durch den Raum von einander Getrennten durch einen einträchtigen Frieden. Die feurige Kraft des Himmels und des gewichtlosen Himmels erstrahlte und schuf sich einen Platz auf der Burg. Jenem örtlich am nächsten benachbart ist die Luft.

Als er so, wer auch immer von den Göttern es war, die geteilte Masse trennte und die Teile in Glieder ordnete, formte er zuerst die Erde, damit sie von jeder Seite gleich war, zur die Gestalt einer großen Kugel. Dann trennte er die Meere und befahl ihnen, durch die rasenden Winde anzuschwellen und die Küsten der umströmten Welt zu umgeben. Er fügte auch Quellen hinzu und riesige Binnengewässer, Seen, Flüsse und umgab die abschüssigen Stellen mit gewundenen Ufern. (40) Diese, unterschiedlich durch die Gegend, werden zum Teil von der Erde sebst aufgesogen, zum Teil gelangen sie ins Meer und schlagen, vom Feld aufgenommen, anstelle von Ufern die Küsten des freieren Meeres. Er befahl auch, dass die Felder sich ausdehnen, die Täler unten liegen, die Wälder von Laub bedeckt werden, die steinigen Berge sich erheben.. (45) Und wie zwei Zonen auf der rechten und ebenso viele auf der linken Seite den Himmel teilen, der fünfte ist heißer als jene, so teilte die Sorge des Gottes die eingeschlossene Last mit derselben Zahl, und ebenso viele Gegenden werden von Erde bedeckt. Diejenige, welche von ihnen die mittlere ist, ist wegen der Hitze unbewohnbar. (50) Tiefer Schnee bedeckt zwei: Ebenso viele stellte er zwischen beide und gab ihnen eine Mischung von Hitze vermischt mit Kälte.

Über diesen befindet sich die Luft, die, um wieviel das Gewicht der Erde leichter ist als das Gewicht des Wassers, um soviel schwerer als das Feuer ist. Dort befahl er den Nebeln und den Wolken, stehen zu bleiben (55) , und die Donner, welche die Sinne der Menschen bewegen sollten und die Winde, die zusammen mit den Donnerschlägen Blitze erzeugten. Auch diesen gab der Schöpfer der Welt die Luft nicht überall, damit sie sie besitzen: Kaum kann man ihnen jetzt widerstehen, wenn ihr Wehen ihren Bereich behrrscht mit unterschiedlichem Drang, (60) dass sie die Welt zerreißen: So groß ist die Zweitracht der Brüder. Eurus führte seine Herrschaft in den Osten und zum Reich der Nabatäer und Perser zurück und zu Bergrücken, die unter den Strahlen der Mörgenröte liegen. Der Abend aber und die Küsten, die unter der untergegangenen Sonne sich wärmen, sie ganz nahe dem Zephyr. In Skythien und in den Norden (65) fiel der schreckliche Boreas ein. Die gegenüber liegende Erde benätzt mit ständigen Wolken und Regen der Auster.

?ber diese setzte er den fl?ssigen und schwerelosen ?ther, der keinen Anteil an der Erdmaterie hat. Kaum hatte er alles durch feste Grenzen getrennt, als die Sterne am ganzen Himmel zu leuchten begannen, (70) die lange unter jener Masse verborgen waren. Und damit keine Gegend frei von Bewohnern war, haben die Sterne als Gestalten von Göttern den Himmelsgrund inne. Die Wellen wichen den schillernden Fischen, die sie bewohnen sollten, die Erde nahm die wilden Tiere auf, die beweglichen Vögel die Luft.

Ein Lebewesen, geheiligter als diese, das fähiger seinen höheren Verstand zu gebrauchen und das über die anderen Tiere herrschen konnte, fehlte noch. Es entstand der Mensch, sei es, dass ihn jener Schöpfer der Dinge aus einem göttlichen Samen gemacht hat als Ursprung einer besseren Welt, (80) sei es, dass die Welt, die erst neulich vom hohen Äther getrennt worden war, Samen des Himmels behielt. Diese formte der Sohn des Japetus, vermischt mit den Wellen des Regens nach der Gestalt der alles lenkenden Götter. Während die anderen Wesen die Erde nach vorne geneigt anschauen, (85) gab er dem Menschen ein erhabenes Gesicht und befahl ihm, den Himmel anzuschauen und das aufgerichtete Gesicht zu den Sternen zu richten. So legte die Erde, die eben noch roh und ohne Gestalt gewesen war, verwandelt die unbekannten Gestalten der Menschen an.
 

Online gestellt von Martin, am 15. 08. 2014 zuletzt geändert.