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Phaedrus: Fabulae 5, 05

Scurra et rusticus:   Pravo favore labi mortales solent   et, pro iudicio dum stant erroris sui,   ad paenitendum rebus manifestis agi.   Facturus ludos dives quidam nobilis 5    proposito cunctos invitavit praemio,   quam quisque posset ut novitatem ostenderet.   Venere artifices laudis ad certamina;   quos inter scurra, notus urbano sale,   habere dixit se genus spectaculi 10    quod in theatro numquam prolatum foret.   Dispersus rumor civitatem concitat.   Paulo ante vacua turbam deficiunt loca.   In scaena vero postquam solus constitit   sine apparatu, nullis adiutoribus, 15    silentium ipsa fecit expectatio.   Ille in sinum repente demisit caput,   et sic porcelli uocem est imitatus sua,   uerum ut subesse pallio contenderent   et excuti iuberent. Quo facto, simul 20    nihil est repertum, multis onerant laudibus   hominemque plausu prosequuntur maximo.   Hoc uidit fieri rusticus: "Non mehercule   me vincet" inquit, et statim professus est   idem facturum melius se postridie. 25    Fit turba maior. Iam fauor mentes tenet   et derisuros, non spectaturos, scias.   Vterque prodit. Scurra degrunnit prior,   movetque plausus et clamores suscitat.   Tunc simulans sese vestimentis rusticus 30    porcellum obtegere (quod faciebat scilicet,   sed, in priore quia nil compererant, latens),   pervellit aurem vero, quem celaverat,   et cum dolore vocem naturae exprimit.   Adclamat populus scurram multo similius 35    imitatum, et cogit rusticum trudi foras.   At ille profert ipsum porcellum e sinu,   turpemque aperto pignore errorem probans:   "En hic declarat quales sitis iudices!"

Der Bauer und der Kunstspieler: Durch falsche Zuneigung pflegen die Menschen auszurutschen und, während sie an der Beurteilung ihres Irrtums festhalten, werden sie durch offenkundige Dinge zum Bereuen gebracht. Ein reicher Mann wollte prächtige Spiele veranstalten und lud alle unter Festsetzung einer Belohnung ein, damit ein jeder die Neuigkeit zeigte, die er konnte. Es kamen die Künstler zu diesem Wettstreit um das Lob. Unter ihnen war ein Kunstspieler, bekannt für seinen feinen Witz: Er sagte, er habe eine Art von Schauspiel, das noch nie in einem Theater vorgeführt worden sei. Das verbreitete Gerücht erregt die Bürgerschaft. Die kurz zuvor noch leeren Plätze gehen der Menge aus. Nachdem er sich alleine auf der Bühne aufgestellt hatte, ohne Vorbereitung, ohne Helfer, bewirkte die gespannte Erwartung selbst Ruhe. Jener senkte plötzlich seinen Kopf in den Schoß und ahmte die Stimme eines Schweines so nach, daß man meinte, ein echtes sei unter dem Mantel und befahlen, daß er ausgeschüttelt werde. Als man das sogleich gemacht hatte, wurde nichts gefunden. Sie lobten ihn sehr und höchster Beifall folgte dem Mann. Ein Bauer sah, daß das geschah. "Beim Herkules, mich wird er nicht besiegen", sagte er, und sogleich verkündete er, daß er dasselbe am nächsten Tag besser machen werde. Die Schar wird größer. So hält die Gunst die Sinne gefangen und sie sitzen da um auszulachen, nicht um zu schauen. Jeder der beiden geht nach vorne. DerKomödiant grunzt zuerst, bewegt (zu) Applaus und erregt Jubel. Dann tat der Bauer so, als verberge er in seinen Gewändern ein Schwein (das tat er freilich, aber heimlich, weil sie beim vorigen nichts gefunden hatten). Er zwickte nun das Ohr des Schweins, das er verborgen hatte, und mit Schmerz stieß es den Schrei seiner Natur aus. Das Volk erklärt, daß der Komödiant es viel ähnlicher nachgeahmt habe und treibt den Bauern mit Zwang nach draußen. Aber jener zieht das Schwein selbst aus seinem Schoß und beweist den schändlichen Irrtum mit dem offensichtlichen Beweis: "Der hier zeigt, welche Richter ihr seid!"

Online gestellt von Martin, am 15. 08. 2014 zuletzt geändert.