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Aber die schon lange von schwerem Liebeskummer kranke Königin nährt in ihrem Inneren die Wunde und wird von blind machendem Feuer verzehrt. Sie denkt an die vielfach bewährte Tüchtigkeit des Mannes und an die Ehre seines Volkes. Es haften in ihrer Brust Blicke und Worte und sie gibt ihren Gliedern keinen sanften Frieden. Die nächste Sonne durchwanderte mit der Fackel die Länder und die Morgenröte hatte den feuchten Schatten vom Himmel entfernt, als sie so fast wahnsinnig ihre Schwester anredete: "Schwester Anna, welch Schlaflosigkeit erschreckt mich Beunruhigte! Welcher neue Gast trat an unsere Wohnsitze heran, als welcher sich im Angesicht zeigend, mit welch starker Brust und Waffen! Ich glaube freilich, und nicht vergebens ist die Überzeugung, dass es ein Geschlecht von den Göttern ist. Die Furcht enttarnt unedle Sinne. Oh, von welchem Schicksal wurde jener geschlagen, welche erschöpfenden Kriege besang er! Wenn ich nicht den unabänderlichen Beschluss gefasst hätte, mich niemandem mit dem Band der Ehe vereinen zu wollen, nachdem ich um meine erste Liebe durch den Tod gebracht wurde, wenn ich nicht des Ehebettes und der Hochzeitsfackel überdrüssig wäre, dieser einen Versuchung könnte ich vielleicht erliegen. Anna, ich gestehe dir, nach dem Schicksal meines armen Gatten Sychaeus und den mit dem Blut des Bruders befleckten Penaten beugte er allein meine Sinne und bewegte mein ins Wanken gekommenes Herz. Ich erkenne die Spuren der alten Flamme. Aber ich wünsche mir, es möge sich eher die innerste Erde auftun oder der allmächtige Vater mich mit einem Blitz zu den Schatten schleudern, zu den bleichen Schatten der Unterwelt und in die tiefe Nacht, bevor, Sittsamkeit, ich dich verletze und dein Recht breche! Jener, der sich mit mir als erster verbunden hat, hat meine Liebe geraubt; jener möge sie bei sich haben und im Grab bewahren!" So sprach sie und füllte den Schoß mit vergossenen Tränen. Anna erwidert: "O Schwester, die ich mir liebe als das Licht, willst du allein ewig trauernd deine Jugend vergeuden und nicht die süßen Söhne der Liebe und ihre Belohnungen kennenlernen? Glaubst du, dass sich darum die Asche, die Seelen oder die Bestatteten kümmern? So sei es! Die Trauernde bewegten eines keine Brautwerber, nicht die Libyens und zuvor nicht die aus Tyros. Verachtet wurden Jarbas und die anderen Anführer, welche die an Triumphen reiche Erde Afrikas nährt: Wirst du auch gegen eine willkommene Liebe ankämpfen? Kommt dir nicht in den Sinn, auf wessen Gebieten du dich niedergelassen hast? Hier haben die Gaetuler, ein im Krieg unbezwingbares Volk und die ungez?gelten Numider die Städte umschlossen und die unbewohnbaren Syrten, hier eine aufgrund des Durstes verlassene Gegend und die weithin räuberischen Barkäer. Was soll ich über die entstehenden Kriege und die Drohungen des Bruders sagen? Unter der Leitung der Götter, glaube ich, und mit Zustimmung Junos, haben die Kiele Trojas im Wind hierhin den Kurs gehalten. Welche Stadt wirst du hier sehen, Schwester, welche Reiche entstehen sehen mit einem solchen Gemahl! Begleitet von den Waffen der Trojaner, mit wie großen Dingen wird sich der punische Ruhm erheben! Du bitte nur die Götter um Gnade und nachdem du den Göttern geopfert hast, sei den Gästen gewogen und denke dir Gründe zum Bleiben aus, solange der Winter am Meer wütet und der Regen bringende Orion, solange das nicht bewältigbare Wetter die Schiffe zerschellen lässt." |