von Chrys. als Gast » Fr 16. Jan 2004, 17:23
@RM
Ich habe nirgends eine explizite Gleichsetzung zwischen Humanisten und Graezisten vollzogen, verstehe allerdings den Begriff "Humanist" durchaus in dem Sinne, wie er schon seit dem Humanismus des 15./16. Jahrhunderts sowie bis in die Gegenwart beim "Humanistischen Gymnasium" - um nur zwei Beispiele zu nennen - von Gültigkeit gewesen ist, also mit deutlichem Schwerpunkt auf dem Studium der lateinischen, aber vor allem auch griechischen Literatur - und hier der anerkannten Meisterwerke - mit besonderer Wirkung für die Höherbildung des Menschen und hier eben insbesondere der über Jahrhunderte und Jahrtausende anerkannten Klassiker, die auch in einem Kanon der Schulautoren mehr oder weniger festgeschrieben sind. Dazu gehören die von mir genannten Autoren. Ich wüsste nicht, welche WICHTIGEN Philosophen ich unter literarischen Gesichtspunkten vergessen hätte - bezogen auf diesen humanistischen Schulkanon - Platon und Aristoteles reichen da völlig. Wer könnte schon von sich behaupten, den ganzen Platon gelesen zu haben?
Genauso könnte man dem GEMOLL vorwerfen, er sei schlecht, weil er Cassius Dio und Herodian (als "wichtige" Historiker) nicht umfasst, um mal zwei Historiker zu nennen, oder den "Froschmäusekrieg" (als "wichtige" Literaturperodie). Man kann so natürlich noch Dutzende anderer Werke nennen, die der GEMOLL nicht vollständig umfasst - diese Nicht-Vollständigkeit wird ja gar nicht geleugnet - , aber wann liest der Normal-Sterbliche (nicht der um Exoten bemühte Gräzist) mal solche Werke - es wäre auch Zeitverschwendung. Der Fachmann wird natürlich in Zweifelsfällen zum LSJ greifen, aber soll ich dem Fragesteller dieses teure zumal noch griechisch-englische Wörterbuch empfehlen, wenn er doch vermutlich nie über Xenophon, Platon und Homer hinauskommen wird?
Nein - wir haben es beim GEMOLL mit einem etablierten Wörterbuch zu tun, das die "Klassiker" und die "Klassiker der zweiten Reihe" vollständig umfasst und das reicht.