ΕΛΛΑΣ - ΚΟΡΙΝΘΟΣ|ΑΧΑΙΑ - 41 Eine "vertanzte" Hochzeit

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Re: ΕΛΛΑΣ - ΚΟΡΙΝΘΟΣ|ΑΧΑΙΑ - 41 Eine "vertanzte" Hochzeit

Beitragvon philistion » Do 18. Feb 2010, 20:13

Ich hab jetzt die von Platon vorgeschlagene Lösung eingefügt, da mit dieser Formulierung m.E. am wenigsten Verwirrung (infolge dieser sonst auftretenden Zweideutigkeit im Deutschen) entsteht.

Folgen Namen wie Κλεισθένους eigentlich irgendwelchen Regeln?
In Klammer steht ja der Fall dabei, liegt das daran dass in dieser Lektion diese Deklination noch nicht durchgenommen wurde, oder sind manche Namen einfach komplett unregelmäßig?
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philistion
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Re: ΕΛΛΑΣ - ΚΟΡΙΝΘΟΣ|ΑΧΑΙΑ - 41 Eine "vertanzte" Hochzeit

Beitragvon Quintus » Do 18. Feb 2010, 20:36

Hallo amici,

Platon hat geschrieben:Dekliniere mal ἐλπίς! Du meinst wahrscheinlich aber, warum es sich nicht auf die Tyrannis beziehen kann. Grundsätzlich ist das schon möglich, in einem Schulbuch (man predigt den Schülern immer, was zwischen Bezugswort und Partizip steht, gehöre zusammen) und in Prosa aber unwahrscheinlich, ich würde dann τῆς (τοῦ) Κλεισθένους τυραννίδος oder auch die direkt anschließende prädikative Lösung erwarten.


@ Platon: Du hast es richtig erkannt, ich meinte, warum es sich nicht auf die Tyrannis beziehen kann :). Danke für deine Ausführungen! Jetzt hab ich es verstanden :-).

philistion hat geschrieben:Folgen Namen wie Κλεισθένους eigentlich irgendwelchen Regeln?
In Klammer steht ja der Fall dabei, liegt das daran dass in dieser Lektion diese Deklination noch nicht durchgenommen wurde, oder sind manche Namen einfach komplett unregelmäßig?


Schau dir mal in der Hellas-Grammatik den Paragraphen 10,7 (Sigma-Stämme auf -es-) an.

Viele Grüße,
Quintus
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Re: ΕΛΛΑΣ - ΚΟΡΙΝΘΟΣ|ΑΧΑΙΑ - 41 Eine "vertanzte" Hochzeit

Beitragvon waldi » Sa 11. Mär 2017, 11:56

Beitrag von Gerontos Do 18. Feb 2010, 13:20
Hallo,

ich denke auch, dass die Heirat mit der Tochter Mittel zum Zweck zur Erlangung der Herrschaft ist.
"...,weil sie Hoffnungen auf die Tochter hatten um der Tyrannenherrschaft willen".
Das wäre dann natürlich genau umgekehrt wie es im Text steht oder darf man diesen der Logik halber auch so lesen:" ...ἐλπίδας παιδὸς ἒχοντες τῆς τυραννίδος τῆς Κλεισθένους χάριν" ?

Grüße von Gerontos

Beitrag von Quintus Do 18. Feb 2010, 13:10
Halllo amici,

Gerontos hat geschrieben:
ich denke auch, dass die Heirat mit der Tochter Mittel zum Zweck zur Erlangung der Herrschaft ist.
"...,weil sie Hoffnungen auf die Tochter hatten um der Tyrannenherrschaft willen".
Das wäre dann natürlich genau umgekehrt wie es im Text steht oder darf man diesen der Logik halber auch so lesen:" ...ἐλπίδας παιδὸς ἒχοντες τῆς τυραννίδος τῆς Κλεισθένους χάριν" ?



χάριν steht mit Genitiv und wird nachgestellt, nämlich hinter dem davon abhängigen Genitiv, in diesem Fall παιδὸς.
Die Freier machen sich Hoffnungen auf die Herrschaft des Vaters eben um des Mädchens willen / des Mädchens zuliebe. Erstes Ziel ist das Mädchen, welches die Freier 'haben' wollen. Dafür müssen sie aber den Vater überzeugen, dass er sie als Nachfolger auserwählt, da die Tochter ja die Erbtochter ist. Sie müssen eben "des Mädchens zuliebe" den Vater von sich überzeugen. Vielleicht ein wenig idealistisch gedacht^^, aber so steht es hier im Text.
Für mein Verständnis wäre χάριν sonst viel zu weit von seinen dann gesehenen Bezugswort τυραννίδος getrennt, ja es wäre sogar durch das Partizip ἒχοντες davon getrennt. Weiters spricht dagegen, da τυραννίδος ja Genitivattribut zu ἐλπίδας ist und somit gar nicht von χάριν abhängig sein kann. Und in diesem Falle wäre das zu ἐλπίδας gehörige παιδὸς ebenfals meilenweit davon getrennt. Daher denke ich - wenn man die Wortstellung bedenkt - , dass man nicht so übersetzen kann: "...,weil sie Hoffnungen auf die Tochter hatten um der Tyrannenherrschaft willen".

Viele Grüße,
Quintus

Beitrag von Medicus domesticus Do 18. Feb 2010, 14:18

Quintus hat geschrieben:
χάριν steht mit Genitiv und wird nachgestellt, nämlich hinter dem davon abhängigen Genitiv, in diesem Fall παιδὸς.



Ich stimme da Quintus zu. χάριν kann man hier mit dem im Lateinischen nachgestellten causa (m.Gen.) vergleichen.

Pape unter χάρις·

...Bei den Att. nimmt es dann den Charakter einer Präposition mit dem gen. in der Bdtg um – willen, wegen, = ἕνεκα an u. steht dem gen. gewöhnlich nach...

Beitrag von Platon Do 18. Feb 2010, 17:10

χάριν kann man hier mit dem im Lateinischen nachgestellten causa (m.Gen.) vergleichen.



Ersetze causa durch gratia. Im Gegensatz zu causa hat χάριν - wie gratia - nie kausale Bedeutung, sondern immer finale, gibt also den Zweck an und nicht den Grund (die Standardübersetzung mit "wegen" ist irreführend, weil es im Dt. beides umfasst). Will man das deutlich machen, kann man bei der Übersetzung zu einem Finalsatz greifen: Von überall aus Griechenland kamen Freier zusammen, die Hoffnungen auf die Herrschaft hegten (= Grund), um die Tochter des Kleisthenes (τῆς Κλεισθένους παιδὸς gehört zusammen!) zu freien (= Zweck).

Zum Kasus vor "zuliebe": dort steht seit jeher der Dativ, in vielen Fällen (beim Fem. Sg.!) ist es nicht erkennbar, deswegen wahrscheinlich die Unsicherheit. Man tendiert immer öfter zum (falschen) Genitiv, wo er nicht verlangt wird.
Tipp1: Personalpronomen einsetzen, dann sieht man es deutlich ("*meiner zuliebe" vs. "mir zuliebe"); Tipp2: Die Lektüre der Lemmata im Grimmschen Wörterbuch zu einzelnen Präpositionen ist immer sehr erhellend, da erlebt man so manche Überraschung.

Beitrag von Medicus domesticus Do 18. Feb 2010, 17:31
@Platon:
Kannst du dazu nochmal Stellung nehmen, da ich zu χάριν auch anderes gelesen habe:
z.B. oben auch im Pape.
Z. B. auch Middle-Lidell:

1. acc. sg. as adv., χ. τινός in any one's favour, for his pleasure, for his sake, χάριν Ἕκτορος Il.; γλώσσης χάριν for one's tongue's pleasure, i. e. for talking's sake, Hes.:—then much like a prep., Lat. gratia, causa, for the sake of, on account of, τοῦ χάριν; for what reason?


Auch im Woodhouse tritt χάριν unter "because of" auf:
http://artflx.uchicago.edu/cgi-bin/efts ... er=Keyword

Kann da nicht doch auch die Bedeutung nach dem Grund in χάριν als nachgestellte Präp. stecken?

Gruß, Medicus

Beitrag von Platon Do 18. Feb 2010, 18:07

... von einer Postposition sprechen. Oder ist dieser Terminus in der deutschen Grammatik gar nicht vorhanden?



Doch, im Deutschen gibt's alles. Prä-, Post- und Zirkumpositionen, dazu noch solche, die sowohl als Prä- als auch als Postposition gebraucht werden können. Mein Hinweis auf das Grimmsche WB sollte eigentlich für alle gelten... :sleep:

Kannst du dazu nochmal Stellung nehmen, da ich zu χάριν anderes gelesen habe



Ja, kann ich. Man sollte aber vorausschicken, dass eine zu kleinteilige Sortierung vielleicht auch zu pedantisch und das logische Verhältnis von Grund und Zweck nie wirklich trennbar ist, da in der Realität sowohl der Zweck zum Grund werden kann als auch Gründe immer Zwecken dienen.

Man kann das eingeschränkte Bedeutungsspektrum von χάριν natürlich mit lat. causa wiedergeben, aber causa umfasst mehr als χάριν, nämlich sowohl Grund als auch den aus diesem Grund abgeleiteten Zweck (oder andersherum). Würde man also vom Griechischen ins Lateinische übersetzen, würde durch die Verwendung von causa für χάριν die lateinische Übersetzung u.U. eine Sinnebene mehr erhalten, die das Griechische nicht explizit ausdrückt.
causa (entspricht gr. ἕνεκα bzw. ἐπί + Dat.) kann - so könnte man es vielleicht vereinfacht ausdrücken - sowohl propter (nur Grund, gr. διά + Akk.) als auch gratia (nur Zweck, gr. χάριν) vertreten bzw. ist eine Mischform für den semantischen Gehalt dieser Präpositionen.
Der Eintrag im LSJ ist m.E. auch irreführend, "for what reason" heißt hier im Kontext nicht "aus welchem Grund", sondern "aus welcher (in die Zukunft gerichteten) Überlegung heraus?".
So kann man auch die angegebene Stelle aus dem Ploutos des Aristophanes durchaus auch in meinem Sinne verstehen: ὅστις ποτ' ἐστὶν οὑτοσὶ καὶ τοῦ χάριν καὶ τοῦ δεόμενος ἦλθε μετὰ νῷν ἐνθαδί.
Das Grundproblem ist m.E. dass wir (nicht zuletzt durch die griechische Philosophie und ihre Nachfolger, Stichwort ἀρχή als "Ursache") sehr von Überlegungen zur Kausalität von Ereignissen geprägt sind und oft die Frage nach dem Wozu zugunsten der Frage nach dem Warum vernachlässigen bzw. gleichsetzen.

Beitrag von Quintus Do 18. Feb 2010, 18:12
Hallo amici,

b4St1adfuN hat geschrieben:
Nicht zu Thema Griechisch, aber ich habe die Präposition "zuliebe" noch nie mit Genitiv gesehen oder gehört. ("des Mädchens zuliebe") Vom Sprachgefühl geht bei mir nur Dativ



Da habe ich mich wohl aus Versehen vom Genitiv bei χάριν täuschen lassen^^. Natürlich Dativ!!

b4St1adfuN hat geschrieben:
Vielen Dank, interessant... natürlich muss man im Deutschen bei "zuliebe" ja streng genommen auch (analog zu causa und gratia) von einer Postposition sprechen. Oder ist dieser Terminus in der deutschen Grammatik gar nicht vorhanden?



Zu Präpositionen im Deutschen:

Im Deutschen stehen die meisten Präpositionen vor der abhängigen Wortgruppe:
Sie blickt aus dem Fenster.

Es gibt aber auch nachgestellte Präpositionen:
Ihren Freuden zuliebe hat er auf das Geschenk verzichtet.

Manche Präpositionen können vor- oder nachgestellt werden:
Wegen starker Böen wurde der Flug abgesagt.
Starker Böen wegen wurde der Balkonflug abgesagt.

Zu guter Letzt gibt es auch Präpositionen, die ihre Wortgruppe umklammern:
Um des Friedens willen kamen die Staatschefs zusammen.


Platon hat geschrieben:
um die Tochter des Kleisthenes (τῆς Κλεισθένους παιδὸς gehört zusammen!) zu freien (= Zweck).



Wieso kann τῆς Κλεισθένους sich nicht auf ἐλπίδας beziehen? Oder ist das nicht möglich, da ἒχοντες dazwischensteht? τῆς ist ja Genitiv Singular Fem. des Artikels und könnte sich auch auf ἐλπίδας beziehen.

Viele Grüße,
Quintus

Beitrag von Platon Do 18. Feb 2010, 18:18

Wieso kann τῆς Κλεισθένους sich nicht auf ἐλπίδας beziehen



Dekliniere mal ἐλπίς! :wink: Du meinst wahrscheinlich aber, warum es sich nicht auf die Tyrannis beziehen kann. Grundsätzlich ist das schon möglich, in einem Schulbuch (man predigt den Schülern immer, was zwischen Bezugswort und Partizip steht, gehöre zusammen) und in Prosa aber unwahrscheinlich, ich würde dann τῆς (τοῦ) Κλεισθένους τυραννίδος oder auch die direkt anschließende prädikative Lösung erwarten.

Beitrag von philistion Do 18. Feb 2010, 19:13
Ich hab jetzt die von Platon vorgeschlagene Lösung eingefügt, da mit dieser Formulierung m.E. am wenigsten Verwirrung (infolge dieser sonst auftretenden Zweideutigkeit im Deutschen) entsteht.

Folgen Namen wie Κλεισθένους eigentlich irgendwelchen Regeln?
In Klammer steht ja der Fall dabei, liegt das daran dass in dieser Lektion diese Deklination noch nicht durchgenommen wurde, oder sind manche Namen einfach komplett unregelmäßig?

Beitrag von Quintus Do 18. Feb 2010, 19:36
Hallo amici,

Platon hat geschrieben:
Dekliniere mal ἐλπίς! Du meinst wahrscheinlich aber, warum es sich nicht auf die Tyrannis beziehen kann. Grundsätzlich ist das schon möglich, in einem Schulbuch (man predigt den Schülern immer, was zwischen Bezugswort und Partizip steht, gehöre zusammen) und in Prosa aber unwahrscheinlich, ich würde dann τῆς (τοῦ) Κλεισθένους τυραννίδος oder auch die direkt anschließende prädikative Lösung erwarten.



@ Platon: Du hast es richtig erkannt, ich meinte, warum es sich nicht auf die Tyrannis beziehen kann :). Danke für deine Ausführungen! Jetzt hab ich es verstanden :-).

philistion hat geschrieben:
Folgen Namen wie Κλεισθένους eigentlich irgendwelchen Regeln?
In Klammer steht ja der Fall dabei, liegt das daran dass in dieser Lektion diese Deklination noch nicht durchgenommen wurde, oder sind manche Namen einfach komplett unregelmäßig?



Schau dir mal in der Hellas-Grammatik den Paragraphen 10,7 (Sigma-Stämme auf -es-) an.

Viele Grüße,
Quintus
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