ΕΛΛΑΣ - ΚΟΡΙΝΘΟΣ|ΑΧΑΙΑ - W11 So ist Tyrannei!

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ΕΛΛΑΣ - ΚΟΡΙΝΘΟΣ|ΑΧΑΙΑ - W11 So ist Tyrannei!

Beitragvon philistion » Mi 24. Feb 2010, 00:37

So ist Tyrannei! (nach Herodot)
Die Spartaner erwägen, in den Städten ihrer Verbündeten Tyrannen einzusetzen. Davor warnt sie, aus eigener bitterer Erfahrung heraus sprechend, ein Korinther:
"Wenn ihr aber, da ihr selbst in Bezug auf Tyrannen unerfahren seid, eine ungerechte Tyrannenherrschaft erhalten würdet wie wir, würdet ihr die Meinungen über sie [=die Tyrannenherrschaft] für nicht so unvernünftig halten. Hört freilich von mir, wie die Beschlüsse der Tyrannen beschaffen sind.
Denn Periander, der über Korinth herrschte, zog ganz übel an einem Tag alle Frauen der Korinther wegen Melissa, seiner Ehefrau, aus. Denn ihm, als er Boten zu einem Totenorakel darüber geschickt hatte, an welchem Platz das Geld irgendeines Fremden sei, (so) sagte Melissa, als sie aus dem Tod erwachte, werde sie nicht den Platz zeigen. Denn sie sagte, dass sie nackt im Grab sei, weil er die Kleider, welche ihr dort zur Verfügung zu stehen schicklich sind, nicht mit Feuer verbrannte. Als Periander dies gehört hatte, befahl er sofort allen Frauen der Korinther nach dem Heiligtum der Hera herauszugehen. Freilich kommen die einen [=die Frauen] wie zu einem Fest, der (andere) [=Periander] aber erlaubt den Sklaven sie alle auszuziehen und deren Kleider zu verbrennen.
So beschaffen ist euch die Tyrannenherrschaft, o Lakedaimonier, und von solchen Werken."
Version: 2
Grammatik: -

1) Aufbau in drei Teilen, einleitende Erklärung der Situation und Ankündigung des Ratschlages, Hauptteil - Erzählung der Geschichte, Schlussfolgerung

2) γὰρ zum Verweis auf vorhergehende Aussagen? Bei den ersten zwei auf die Aussage in der Einleitung, einen Rat über die Tyrannen zu hören?
Zuletzt geändert von philistion am Fr 26. Feb 2010, 15:18, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: ΕΛΛΑΣ - ΚΟΡΙΝΘΟΣ|ΑΧΑΙΑ - W11 So ist Tyrannei!

Beitragvon Quintus » Fr 26. Feb 2010, 00:52

Hallo amici,

ein wenig verspätet mein Vorschlag:

"Wenn Ihr aber, die selbst von den Tyrannen unerfahrene sind, die ungerechte Tyrannei erhalten würdet wie wir, hättet ihr über diesen Sinnspruch nicht solche Unworte (?) gehabt (Wenn ihr aber, da ihr selbst in Bezug auf Tyrannen unerfahren seid, eine ungerechte Tyrannenherrschaft erhalten würdet wie wir, würdet ihr die Meinungen über sie (=die Tyrannenherrschaft) für nicht so unvernünftig halten (echw mit doppelten Akk.)) . Ihr sollt freilich von mir hören, welcher der Rat über die Tyrannen ist (Hört freilich von mir, wie beschaffen die Pläne/die Beschlüsse der Tyrannen sind).
Denn Periander zog, als er Tyrann von Korinth war, durchwegs schlecht in einem Tag alle korinthische Frauen wegen Melissa, seiner Frau, aus (Denn Periander, der über Korinth herrschte (hier liegt meiner Meinung nach ein attributiv gebrauchtes Partizip vor wegen dem Artikel ‚ho‘, dann Übersetzung mit einem Relativsatz) zog ganz übel an einem Tag alle Frauen der Korinther aus wegen Melissa, seiner Ehefrau). Denn als er selbst Boten zum Totenorakel geschickt hatte, etwas darüber [zu erfahren?], an welchem Ort das Geld irgendeines Fremden ist, sagte Melissa, indem sie aus dem Tod erwachte, dass sie den Ort nicht zeige (Denn ihm, als er Boten zu einem/irgendeinem Totenorakel darüber geschickt hatte, an welchem Platz das Geld eines/irgendeines Fremden sei, (so) sagte Melissa, als sie aus dem Tod erwachte, werde sie nicht den Platz zeigen). Denn sie sagte, dass sie nackt im Grab sei, weil die Kleider, welche ihr dort zu kamen (zur Verfügung zu stehen?), nicht im Feuer verbrannt wurden (Denn sie sagte, dass sie nackt im Grab sei, weil er (kateskeusen = 3. Person Sg. Aorist, gemeint Periander) die Kleider, welche ihr dort zur Verfügung zu stehen schicklich sind, nicht mit Feuer verbrannte). Als Periander dieses hörte, befahl er sofort allen korinthischen Frauen in den Tempel der Hera "heraus" zu kommen (Als Periander dies gehört hatte (Vorzeitigkeit zum Hauptsatz würde ich wegen Partizip Aorist akuosas ausdrücken), befahl er sofort allen Frauen der Korinther nach dem Heiligtum der Hera herauszugehen (wohl aus der Stadt Korinth)). Die einen kamen offenbar wie zu einem Fest, die anderen aber überließen es den Dienern, sie alle auszuziehen und die Kleider von ihnen zu verbrennen (Freilich kommen (akousin ist Präsens) die einen (aber) (besser vll. freier: die Frauen) wie zu einem Fest, der (andere) aber (gemeint ist Periander) erlaubt den Diener/den Sklaven sie alle auszuziehen und deren Kleider zu verbrennen).
Solcherart ist eure Tyrannei, O Lakedaimonier, auch solcher Werke (So beschaffen ist euch (umin ist Dativ Plural) die Tyrannenherrschaft, o Lakedaimonier, und von solchen Werken)."

Eine Frage an die Experten:

Im ersten Satz übersetzt philistion ‚ei de hautoi turannwn apeiroi ontes turannidos etugxanete adikou‘ mit ‚Wenn Ihr aber, die selbst von den Tyrannen unerfahrene sind, die ungerechte Tyrannei erhalten würdet‘. Da ist ‚hautoi turannwn apeiroi ontes‘ als Relativsatz übersetzt, obwohl es ja keine attributive Stellung ist. Nach Hellas-Gr. § 81,1 darf man nur ein attributiv gebrauchtes Partizip mit einem Relativsatz übersetzen. Deshalb habe ich es auch mit einem adverbiellen Nebensatz übersetzt. Nach Bornemann-Risch § 241,1 aber kann das attributive Partizip wie ein Adjektiv stehen auch bei einem nicht durch den Artikel bestimmten Substantiv. Könnte man dann ‚hautoi‘ hier quasi wie ein Substantiv sehen oder muss es ein ‚richtiges‘ Substantiv sein? Ich tendiere eher zu zweiter Annahme.

Viele Grüße,
Quintus
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Re: ΕΛΛΑΣ - ΚΟΡΙΝΘΟΣ|ΑΧΑΙΑ - W11 So ist Tyrannei!

Beitragvon Platon » Fr 26. Feb 2010, 10:14

Nach Hellas-Gr. § 81,1 darf man nur ein attributiv gebrauchtes Partizip mit einem Relativsatz übersetzen. Deshalb habe ich es auch mit einem adverbiellen Nebensatz übersetzt. Nach Bornemann-Risch § 241,1 aber kann das attributive Partizip wie ein Adjektiv stehen auch bei einem nicht durch den Artikel bestimmten Substantiv. Könnte man dann ‚hautoi‘ hier quasi wie ein Substantiv sehen oder muss es ein ‚richtiges‘ Substantiv sein? Ich tendiere eher zu zweiter Annahme.


Syntaktische Einordnung: Grundsätzlich kann man, wenn der Artikel fehlt, nicht sicher entscheiden, ob das Partizip attributiv oder prädikativ aufzufassen ist, dennoch würde ich als Grundregel festhalten: fehlt der Artikel beim Bezugswort, ist das Partizip prädikativ aufzufassen.
Semantische Einordnung: Das Prädikativum ist definiert als Zustand, in dem sich das Bezugswort (hier steckt es im Prädikat!) während des Vorgangs des Prädikats befindet. Genau das trifft hier auch zu. Das sieht man auch an der dt. Übersetzung, wählt man die wörtliche, käme entweder heraus "ihr mit Tyrannen unerfahren Seienden selbst" oder "selbst mit Tyrannen unerfahren seiend ...", ersteres geht m.E. nicht, der zweite Fall ist auch im Deutschen eindeutig prädikativ.
Wie man die prädikative Verwendung des Partizips nun übersetzen kann, ist eine andere Frage, ein Relativsatz ist im Normalfall ein Attributsatz und ist in einem solchen, d.h. prädikativen, Fall deshalb zu vermeiden (hier liegt Hellas richtig, Ausnahme:), außer man gibt ihm die Färbung eines Adverbialsatzes, in dem man ein kleines Wörtchen einfügt: Ihr, die ihr selbst ja (= Zeichen für kausale Sinnrichtung) unerfahren seid... Dann würde ich auch einen Relativsatz akzeptieren, allgemein heißt es für meine Schüler: Wenn der Artikel fehlt, dürft ihr den Relativsatz gerne verwenden, um euch den Sinn klar zu machen, in der Übersetzung will ich ihn aber nur im Notfall sehen. Die Begründung dafür ist schlichtweg, dass nur ein kleiner Teil der griechischen Partizipien überhaupt wörtlich auflösbar ist, der Relativsatz ist im Unterricht nur eine Krücke, um von den wichtigen Größen Bezugswort, Diathese, Zeitverhältnis und Sinnrichtung schon mal drei erledigt zu haben, um dann die vierte in Angriff nehmen zu können.
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Re: ΕΛΛΑΣ - ΚΟΡΙΝΘΟΣ|ΑΧΑΙΑ - W11 So ist Tyrannei!

Beitragvon philistion » Fr 26. Feb 2010, 16:07

Platon hat geschrieben:Wenn der Artikel fehlt, dürft ihr den Relativsatz gerne verwenden, um euch den Sinn klar zu machen, in der Übersetzung will ich ihn aber nur im Notfall sehen.
Was mir bis jetzt nicht ganz klar war ist folgendes:
In der Hellas-Grammatik steht, dass prädikative Partizipien mit Infinitiv oder dass-Satz wiederzugeben sind.

Es gibt auf Seite 176 eine Tabelle, wie man adverbiale Partizipialkonstruktionen übersetzen kann.
Ich habe mich bis jetzt generell an diese Tabelle gehalten, also wenn ein solcher Signalpartikel zu finden war, gewählt welche Übersetzung möglich ist.
Deshalb verwendete ich auch meistens indem/wobei.
Ich gehe folgendermaßen an die Übersetzung ran: Erst schaue ich wenn kein Artikel (-> attribut.) zu sehen ist ob ein Prädikat wie παύομαι, ὁράω oder eben τυγχάνω vorkommt, welches ein Hinweis auf eine prädikative Partizipialkonstruktion wäre oder versuche, wenn eine Übertragung im dass-Satz oder mit einer Infinitivkonstruktion (wie in der Hellas-Grammatik vorgeschlagen) keinen Sinn ergibt, nach der Tabelle auf Seite 176, also adverbial, zu übersetzen..
Gerade hier beim ersten Satz kam mir die prädikative Übersetzung komisch vor, da ja τυγχάνω bei Part. mit "gerade tun", sonst aber als "erhalten" übersetzt wird, kann ich dann einfach wechseln und sagen, gut ich sehe die Konstruktion adverbiell und verwende dann eine modale oder kondizionale Sinnrichtung? (Denn Partikel sind ja keine zu finden, welche eine andere Sinnrichtung zulassen würden, oder?)

Gehe ich an die Sache falsch heran?

Die Begriffe adverbiell und prädikativ verwirren mich gerade ein bisschen..
:book: -> :?
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Re: ΕΛΛΑΣ - ΚΟΡΙΝΘΟΣ|ΑΧΑΙΑ - W11 So ist Tyrannei!

Beitragvon Platon » Fr 26. Feb 2010, 19:00

Hellas verwendet anscheinend eine etwas andere Klassifizierung als ich, deswegen die Verwirrung.

Meine Auffassung entspricht der bei Gottwein übersichtlich dargestellten:
http://www.gottwein.de/GrGr/part01.php

Die Partizipien bei τυγχάνω und Co. würde ich eher als als Prädikatsnomina verwendete Partizipien beschreiben. Es kommt bei mir also darauf an, welche Satzglieder die Partizipien vertreten (Attribut, Prädikativum, Prädikatsnomen), das Problem ist, dass Hellas (zugegeben nicht so wirklich unberechtigt) mein Prädikatsnomen (Subjekts-)Prädikativum nennt und, um es dann noch unterscheiden zu können, mein Prädikativum nach seiner Funktion adverbial nennt (dabei aber die Form und die Stellung verloren gibt).
Der eigentliche Witz der Partizipien beim PC ist doch aber, dass sie im Gr. eben keine reinen Adverbiale sind, sondern hinsichtlich der Kongruenz Attribute, von der Stellung im Satz Prädikativa (das ist spezifisch griechisch) und semantisch Adverbiale sind, und nur dies hat man (früher?) unter dem Namen Prädikativum zusammengefasst.

Möchte man meinen Beitrag hellasgrammatikkonform umschreiben, einfach "prädikativ" durch "adverbial" ersetzen, dann dürfte es einigermaßen passen. Letztlich ist die grammatische Metasprache immer eine Frage der Definition, leider treffen doch immer wieder unterschiedliche Ansätze aufeinander... :wink:

Ergänzung: http://www.wer-weiss-was.de/theme143/article2223306.html kann man schön nachlesen, was das Problem ist, nämlich, dass die Unterscheidung zwischen Prädikatsnomen und Prädikativum eigentlich nur für das Lat. und Gr. vonnöten ist, ungeschickt ist, dass das Prädikatsnomen in der deutschen Grammatik mittlerweile Prädikativum genannt wird. Die letzte verzweifelte und unbeantwortete Frage sagt eigentlich schon alles:

"Was ist mit dem lateinischen Satz
"Lucius medicus est."? Ist das auch ein Prädikativum??"


Wer vom Deutschen aus denkt, sagt ja, wer von den klassischen alten Sprachen aus denkt, muss verneinen.
Zuletzt geändert von Platon am Fr 26. Feb 2010, 20:33, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: ΕΛΛΑΣ - ΚΟΡΙΝΘΟΣ|ΑΧΑΙΑ - W11 So ist Tyrannei!

Beitragvon Quintus » Fr 26. Feb 2010, 20:13

Hallo Platon,

danke für deine ausführliche und äußerst informative Antwort :-). Hat mir sehr zum Verständnis weitergeholfen!

Viele Grüße,
Quintus
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Re: ΕΛΛΑΣ - ΚΟΡΙΝΘΟΣ|ΑΧΑΙΑ - W11 So ist Tyrannei!

Beitragvon waldi » Sa 11. Mär 2017, 12:04

Beitrag von philistion Di 23. Feb 2010, 23:37
So ist Tyrannei! (nach Herodot)
Die Spartaner erwägen, in den Städten ihrer Verbündeten Tyrannen einzusetzen. Davor warnt sie, aus eigener bitterer Erfahrung heraus sprechend, ein Korinther:

"Wenn ihr aber, da ihr selbst in Bezug auf Tyrannen unerfahren seid, eine ungerechte Tyrannenherrschaft erhalten würdet wie wir, würdet ihr die Meinungen über sie [=die Tyrannenherrschaft] für nicht so unvernünftig halten. Hört freilich von mir, wie die Beschlüsse der Tyrannen beschaffen sind.
Denn Periander, der über Korinth herrschte, zog ganz übel an einem Tag alle Frauen der Korinther wegen Melissa, seiner Ehefrau, aus. Denn ihm, als er Boten zu einem Totenorakel darüber geschickt hatte, an welchem Platz das Geld irgendeines Fremden sei, (so) sagte Melissa, als sie aus dem Tod erwachte, werde sie nicht den Platz zeigen. Denn sie sagte, dass sie nackt im Grab sei, weil er die Kleider, welche ihr dort zur Verfügung zu stehen schicklich sind, nicht mit Feuer verbrannte. Als Periander dies gehört hatte, befahl er sofort allen Frauen der Korinther nach dem Heiligtum der Hera herauszugehen. Freilich kommen die einen [=die Frauen] wie zu einem Fest, der (andere) [=Periander] aber erlaubt den Sklaven sie alle auszuziehen und deren Kleider zu verbrennen.
So beschaffen ist euch die Tyrannenherrschaft, o Lakedaimonier, und von solchen Werken."

Version: 2
Grammatik: -

1) Aufbau in drei Teilen, einleitende Erklärung der Situation und Ankündigung des Ratschlages, Hauptteil - Erzählung der Geschichte, Schlussfolgerung

2) γὰρ zum Verweis auf vorhergehende Aussagen? Bei den ersten zwei auf die Aussage in der Einleitung, einen Rat über die Tyrannen zu hören?

Beitrag von Quintus Do 25. Feb 2010, 23:52
Hallo amici,

ein wenig verspätet mein Vorschlag:

"Wenn Ihr aber, die selbst von den Tyrannen unerfahrene sind, die ungerechte Tyrannei erhalten würdet wie wir, hättet ihr über diesen Sinnspruch nicht solche Unworte (?) gehabt (Wenn ihr aber, da ihr selbst in Bezug auf Tyrannen unerfahren seid, eine ungerechte Tyrannenherrschaft erhalten würdet wie wir, würdet ihr die Meinungen über sie (=die Tyrannenherrschaft) für nicht so unvernünftig halten (echw mit doppelten Akk.)) . Ihr sollt freilich von mir hören, welcher der Rat über die Tyrannen ist (Hört freilich von mir, wie beschaffen die Pläne/die Beschlüsse der Tyrannen sind).
Denn Periander zog, als er Tyrann von Korinth war, durchwegs schlecht in einem Tag alle korinthische Frauen wegen Melissa, seiner Frau, aus (Denn Periander, der über Korinth herrschte (hier liegt meiner Meinung nach ein attributiv gebrauchtes Partizip vor wegen dem Artikel ‚ho‘, dann Übersetzung mit einem Relativsatz) zog ganz übel an einem Tag alle Frauen der Korinther aus wegen Melissa, seiner Ehefrau). Denn als er selbst Boten zum Totenorakel geschickt hatte, etwas darüber [zu erfahren?], an welchem Ort das Geld irgendeines Fremden ist, sagte Melissa, indem sie aus dem Tod erwachte, dass sie den Ort nicht zeige (Denn ihm, als er Boten zu einem/irgendeinem Totenorakel darüber geschickt hatte, an welchem Platz das Geld eines/irgendeines Fremden sei, (so) sagte Melissa, als sie aus dem Tod erwachte, werde sie nicht den Platz zeigen). Denn sie sagte, dass sie nackt im Grab sei, weil die Kleider, welche ihr dort zu kamen (zur Verfügung zu stehen?), nicht im Feuer verbrannt wurden (Denn sie sagte, dass sie nackt im Grab sei, weil er (kateskeusen = 3. Person Sg. Aorist, gemeint Periander) die Kleider, welche ihr dort zur Verfügung zu stehen schicklich sind, nicht mit Feuer verbrannte). Als Periander dieses hörte, befahl er sofort allen korinthischen Frauen in den Tempel der Hera "heraus" zu kommen (Als Periander dies gehört hatte (Vorzeitigkeit zum Hauptsatz würde ich wegen Partizip Aorist akuosas ausdrücken), befahl er sofort allen Frauen der Korinther nach dem Heiligtum der Hera herauszugehen (wohl aus der Stadt Korinth)). Die einen kamen offenbar wie zu einem Fest, die anderen aber überließen es den Dienern, sie alle auszuziehen und die Kleider von ihnen zu verbrennen (Freilich kommen (akousin ist Präsens) die einen (aber) (besser vll. freier: die Frauen) wie zu einem Fest, der (andere) aber (gemeint ist Periander) erlaubt den Diener/den Sklaven sie alle auszuziehen und deren Kleider zu verbrennen).
Solcherart ist eure Tyrannei, O Lakedaimonier, auch solcher Werke (So beschaffen ist euch (umin ist Dativ Plural) die Tyrannenherrschaft, o Lakedaimonier, und von solchen Werken)."

Eine Frage an die Experten:

Im ersten Satz übersetzt philistion ‚ei de hautoi turannwn apeiroi ontes turannidos etugxanete adikou‘ mit ‚Wenn Ihr aber, die selbst von den Tyrannen unerfahrene sind, die ungerechte Tyrannei erhalten würdet‘. Da ist ‚hautoi turannwn apeiroi ontes‘ als Relativsatz übersetzt, obwohl es ja keine attributive Stellung ist. Nach Hellas-Gr. § 81,1 darf man nur ein attributiv gebrauchtes Partizip mit einem Relativsatz übersetzen. Deshalb habe ich es auch mit einem adverbiellen Nebensatz übersetzt. Nach Bornemann-Risch § 241,1 aber kann das attributive Partizip wie ein Adjektiv stehen auch bei einem nicht durch den Artikel bestimmten Substantiv. Könnte man dann ‚hautoi‘ hier quasi wie ein Substantiv sehen oder muss es ein ‚richtiges‘ Substantiv sein? Ich tendiere eher zu zweiter Annahme.

Viele Grüße,
Quintus

Beitrag von Platon Fr 26. Feb 2010, 09:14

Nach Hellas-Gr. § 81,1 darf man nur ein attributiv gebrauchtes Partizip mit einem Relativsatz übersetzen. Deshalb habe ich es auch mit einem adverbiellen Nebensatz übersetzt. Nach Bornemann-Risch § 241,1 aber kann das attributive Partizip wie ein Adjektiv stehen auch bei einem nicht durch den Artikel bestimmten Substantiv. Könnte man dann ‚hautoi‘ hier quasi wie ein Substantiv sehen oder muss es ein ‚richtiges‘ Substantiv sein? Ich tendiere eher zu zweiter Annahme.



Syntaktische Einordnung: Grundsätzlich kann man, wenn der Artikel fehlt, nicht sicher entscheiden, ob das Partizip attributiv oder prädikativ aufzufassen ist, dennoch würde ich als Grundregel festhalten: fehlt der Artikel beim Bezugswort, ist das Partizip prädikativ aufzufassen.
Semantische Einordnung: Das Prädikativum ist definiert als Zustand, in dem sich das Bezugswort (hier steckt es im Prädikat!) während des Vorgangs des Prädikats befindet. Genau das trifft hier auch zu. Das sieht man auch an der dt. Übersetzung, wählt man die wörtliche, käme entweder heraus "ihr mit Tyrannen unerfahren Seienden selbst" oder "selbst mit Tyrannen unerfahren seiend ...", ersteres geht m.E. nicht, der zweite Fall ist auch im Deutschen eindeutig prädikativ.
Wie man die prädikative Verwendung des Partizips nun übersetzen kann, ist eine andere Frage, ein Relativsatz ist im Normalfall ein Attributsatz und ist in einem solchen, d.h. prädikativen, Fall deshalb zu vermeiden (hier liegt Hellas richtig, Ausnahme:), außer man gibt ihm die Färbung eines Adverbialsatzes, in dem man ein kleines Wörtchen einfügt: Ihr, die ihr selbst ja (= Zeichen für kausale Sinnrichtung) unerfahren seid... Dann würde ich auch einen Relativsatz akzeptieren, allgemein heißt es für meine Schüler: Wenn der Artikel fehlt, dürft ihr den Relativsatz gerne verwenden, um euch den Sinn klar zu machen, in der Übersetzung will ich ihn aber nur im Notfall sehen. Die Begründung dafür ist schlichtweg, dass nur ein kleiner Teil der griechischen Partizipien überhaupt wörtlich auflösbar ist, der Relativsatz ist im Unterricht nur eine Krücke, um von den wichtigen Größen Bezugswort, Diathese, Zeitverhältnis und Sinnrichtung schon mal drei erledigt zu haben, um dann die vierte in Angriff nehmen zu können.

Beitrag von philistion Fr 26. Feb 2010, 15:07

Platon hat geschrieben:
Wenn der Artikel fehlt, dürft ihr den Relativsatz gerne verwenden, um euch den Sinn klar zu machen, in der Übersetzung will ich ihn aber nur im Notfall sehen.

Was mir bis jetzt nicht ganz klar war ist folgendes:
In der Hellas-Grammatik steht, dass prädikative Partizipien mit Infinitiv oder dass-Satz wiederzugeben sind.

Es gibt auf Seite 176 eine Tabelle, wie man adverbiale Partizipialkonstruktionen übersetzen kann.
Ich habe mich bis jetzt generell an diese Tabelle gehalten, also wenn ein solcher Signalpartikel zu finden war, gewählt welche Übersetzung möglich ist.
Deshalb verwendete ich auch meistens indem/wobei.
Ich gehe folgendermaßen an die Übersetzung ran: Erst schaue ich wenn kein Artikel (-> attribut.) zu sehen ist ob ein Prädikat wie παύομαι, ὁράω oder eben τυγχάνω vorkommt, welches ein Hinweis auf eine prädikative Partizipialkonstruktion wäre oder versuche, wenn eine Übertragung im dass-Satz oder mit einer Infinitivkonstruktion (wie in der Hellas-Grammatik vorgeschlagen) keinen Sinn ergibt, nach der Tabelle auf Seite 176, also adverbial, zu übersetzen..
Gerade hier beim ersten Satz kam mir die prädikative Übersetzung komisch vor, da ja τυγχάνω bei Part. mit "gerade tun", sonst aber als "erhalten" übersetzt wird, kann ich dann einfach wechseln und sagen, gut ich sehe die Konstruktion adverbiell und verwende dann eine modale oder kondizionale Sinnrichtung? (Denn Partikel sind ja keine zu finden, welche eine andere Sinnrichtung zulassen würden, oder?)

Gehe ich an die Sache falsch heran?

Die Begriffe adverbiell und prädikativ verwirren mich gerade ein bisschen..
:book: -> :?

Beitrag von Platon Fr 26. Feb 2010, 18:00
Hellas verwendet anscheinend eine etwas andere Klassifizierung als ich, deswegen die Verwirrung.

Meine Auffassung entspricht der bei Gottwein übersichtlich dargestellten:
http://www.gottwein.de/GrGr/part01.php

Die Partizipien bei τυγχάνω und Co. würde ich eher als als Prädikatsnomina verwendete Partizipien beschreiben. Es kommt bei mir also darauf an, welche Satzglieder die Partizipien vertreten (Attribut, Prädikativum, Prädikatsnomen), das Problem ist, dass Hellas (zugegeben nicht so wirklich unberechtigt) mein Prädikatsnomen (Subjekts-)Prädikativum nennt und, um es dann noch unterscheiden zu können, mein Prädikativum nach seiner Funktion adverbial nennt (dabei aber die Form und die Stellung verloren gibt).
Der eigentliche Witz der Partizipien beim PC ist doch aber, dass sie im Gr. eben keine reinen Adverbiale sind, sondern hinsichtlich der Kongruenz Attribute, von der Stellung im Satz Prädikativa (das ist spezifisch griechisch) und semantisch Adverbiale sind, und nur dies hat man (früher?) unter dem Namen Prädikativum zusammengefasst.

Möchte man meinen Beitrag hellasgrammatikkonform umschreiben, einfach "prädikativ" durch "adverbial" ersetzen, dann dürfte es einigermaßen passen. Letztlich ist die grammatische Metasprache immer eine Frage der Definition, leider treffen doch immer wieder unterschiedliche Ansätze aufeinander... :wink:

Ergänzung: http://www.wer-weiss-was.de/theme143/ar ... 23306.html kann man schön nachlesen, was das Problem ist, nämlich, dass die Unterscheidung zwischen Prädikatsnomen und Prädikativum eigentlich nur für das Lat. und Gr. vonnöten ist, ungeschickt ist, dass das Prädikatsnomen in der deutschen Grammatik mittlerweile Prädikativum genannt wird. Die letzte verzweifelte und unbeantwortete Frage sagt eigentlich schon alles:

"Was ist mit dem lateinischen Satz
"Lucius medicus est."? Ist das auch ein Prädikativum??"



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