Tempusfragen zu Lysias XII

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Re: Tempusfragen zu Lysias XII

Beitragvon consus » Mi 16. Jul 2014, 09:32

XAIPE, Longipes!
Zur Frage 2: Hilfreich sind u. a. die Angaben im Menge/Thierfelder/Wiesner (Rep. d. gr. Synt., 11. Aufl. § 140, 2): Tempus und Modus der direkten Rede können beibehalten werden (keine so strenge consec. temp. im Griechischen wie im Lateinischen). A.a.O steht als Beispiel der Satz:
Ὁ τύραννος τοὺς πρέσβεις ἀνηρώτα, τί βούλονται oder βούλοιντο (direkt τί βούλεσθε).

Lysias selbst schreibt … βούλοιτó …
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Re: Tempusfragen zu Lysias XII

Beitragvon Roxane » Mi 16. Jul 2014, 09:41

Hallo Longipes,
deine Übersetzung scheint mir richtig zu sein, allerdings hätte ich das λαβών mit "wenn er bekäme" wiedergegeben.

Gerne würde ich dir deine Tempusfragen beantworten, nur weiß ich gerade nicht, warum in dem Satz Ἐγὼ δὲ Πείσωνα μὲν ἠρόμην, εἰ βούλεταί με σῶσαι χρήματα λαβών das βούλεταί im Indikativ steht. Ich hätte dort einen Optativ erwartet:

Οἱ δικασταὶ ἐσκέψαντο, εἴ Σωκράτης τὴν ἀλήθειαν εἴποι. Die Richter prüften, ob Sokrates die Wahrheit sagte. (Hellas § 92.2)
Περικλῆς ἔλεγε, εἴ ... θανεῖν ἐθέλοιεν. Perikles meinte, ob sie... bereit seien zu sterben. (Hellas § 100)

Schöne Grüße
Roxane

PS: Consus hat schon geantwortet, wie ich gerade sehe. Aha: "Tempus und Modus der direkten Rede können beibehalten werden", aber Lysias selbst gebraucht den (wohl üblicheren) Optativ. Interessant!
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Re: Tempusfragen zu Lysias XII

Beitragvon Medicus domesticus » Mi 16. Jul 2014, 18:39

Ja, Tempus und Modus der direkten Rede werden oft beibehalten. Consus hat entsprechenden § zitiert. Was auch oft typisch ist, dass der Grieche die indirekte Rede, wie im Lateinischen oft akribisch durchgeführt, auch nicht gerne mag und gerne mal wieder abweicht. Die lateinische "Strenge" hat das Griechische oft nicht.
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Re: Tempusfragen zu Lysias XII

Beitragvon Medicus domesticus » Do 17. Jul 2014, 08:14

Longipes hat geschrieben:Schade nur, dass mir die Turbokurse an der Universität die Freude an einer so schönen Sprache für so lange Zeit haben verleiden können...

Ja, leider. Das hört man immer wieder. Oft wird mit Kantharos oder einem anderen Lehrbuch in einer Affengeschwindigkeit der Stoff durchgezogen und dann bald wieder vergessen. Das soll dann Spaß machen. Leute, die Griechisch von der Schule mitnehmen, werden sowieso weniger, Studenten mit Griechisch als Schwerpunkt auch. Den Wert und die Schönheit dieser Sprache erkennen viele erst später.
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Re: Tempusfragen zu Lysias XII

Beitragvon Medicus domesticus » Do 17. Jul 2014, 12:32

Da kann ich dir zustimmen. Kantharos fehlt eine richtige Begleitgrammatik. Das Grammateion ist viel zu knapp. Hellas ist da viel angenehmer, aber auch umfangreicher. Diese Riesenkurse sind natürlich tödlich für so eine Sprache. Das muß m.E. unbedingt verändert werden. Ich denke auch, dass Griechisch unbedingt notwendig ist, wenn man Latein betreibt. Es erweitert den Horizont und hat in den Quellen viele Überschneidungen für das Verständnis. Griechisch ist aber für viele Lateinstudenten ein lästiges Übel. Das liegt sicher auch an der Situation der Kurse an der Uni, die du beschrieben hast.
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