Apol. 17c,d

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Apol. 17c,d

Beitragvon Roxane » Fr 24. Okt 2014, 11:53

(17c) .. ῥήμασί τε καὶ ὀνόμασιν οὐδὲ κεκοσμημένους, ἀλλ᾽ ἀκούσεσθε εἰκῇ λεγόμενα τοῖς ἐπιτυχοῦσιν ὀνόμασιν—πιστεύω γὰρ δίκαια εἶναι ἃ λέγω—καὶ μηδεὶς ὑμῶν προσδοκησάτω ἄλλως: οὐδὲ γὰρ ἂν δήπου πρέποι, ὦ ἄνδρες, τῇδε τῇ ἡλικίᾳ ὥσπερ μειρακίῳ πλάττοντι λόγους εἰς ὑμᾶς εἰσιέναι. καὶ μέντοι καὶ πάνυ, ὦ ἄνδρες Ἀθηναῖοι, τοῦτο ὑμῶν δέομαι καὶ παρίεμαι: ἐὰν διὰ τῶν αὐτῶν λόγων ἀκούητέ μου ἀπολογουμένου δι᾽ ὧνπερ εἴωθα λέγειν καὶ ἐν ἀγορᾷ ἐπὶ τῶν τραπεζῶν, ἵνα ὑμῶν πολλοὶ ἀκηκόασι, καὶ ἄλλοθι, μήτε θαυμάζειν..

...auch keine (Reden), die mit Äußerungen und Worten ausgeschmückt sind, vielmehr sollt ihr etwas hören, was mit den ersten besten Worten aus dem Stegreif vorgetragen wird – denn ich bin überzeugt, dass gerecht ist, was ich sage – und niemand von euch soll etwas anderes erwarten. Zweifellos würde es sich nämlich für dieses (= mein) Alter nicht wie für einen Jüngling, der die Worte formt, gehören, vor euch zu treten. Jedoch vor allem, Athener, bitte ich euch darum und bedinge mir dieses aus: Wenn ihr mich bei dem, was ich zur Verteidigung vorbringe, mit denselben Worten hört, die ich gewöhnlich (entweder) auf dem Markt an den Geldwechslertischen gebrauche, wo viele von euch (mich) gehört haben, oder anderswo, euch darüber weder zu wundern...

(17d) ..μήτε θορυβεῖν τούτου ἕνεκα. ἔχει γὰρ οὑτωσί. νῦν ἐγὼ πρῶτον ἐπὶ δικαστήριον ἀναβέβηκα, ἔτη γεγονὼς ἑβδομήκοντα· ἀτεχνῶς οὖν ξένως ἔχω τῆς ἐνθάδε λέξεως. ὥσπερ οὖν ἄν, εἰ τῶι ὄντι ξένος ἐτύγχανον ὤν, συνεγιγνώσκετε δήπου ἄν μοι εἰ ἐν ἐκείνηι τῆι φωνῆι τε καὶ τῶι τρόπωι ἔλεγον ἐν οἷσπερ ἐτεθράμμην:

....noch euren Unwillen zu äußern! Denn so verhält es sich. Jetzt bin ich zum ersten Mal vor einem Gericht aufgetreten, mit 70 Jahren (wörtl: siebzig Jahre geworden); geradezu fremd also ist mir die hiesige Redeweise (/bin ich der hiesigen Redeweise). So wie ihr es mir nun, wenn ich in Wirklichkeit zufällig ein Fremder wäre, verzeihen würdet, wenn ich in der Sprache und der Art redete, in welcher ich erzogen wurde*:

* vgl. Kühner: "Da das griechische Plusquamperfekt eine in der Vergangenheit nicht bloss vollendete, sondern auch in ihren Wirkungen fortbestehende Handlung bezeichnet, so kann es gleichfalls einen beschreibenden Charakter annehmen. Vgl. § 385, 3"

Sprachlich hast du den Text sicher noch viel besser hinbekommen, Glis. Aber fang bitte nicht an, hier in jedem Kapitel extra wer weiß was einzutippen, das kostet zu viel Zeit. Wenn sich jedoch irgendwo ein Grammatikehler findet, dann muss der natürlich verschwinden...

Bis dahin!
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Re: Apol. 17c,d

Beitragvon Glis » Mi 29. Okt 2014, 00:49

Hallo Roxane,
mir scheint deine Übersetzung gut, danke fürs Einstellen. Ich hatte darüber gegrübelt, wie das μήτε θαυμάζειv μήτε θορυβεῖν τούτου ἕνεκα an die vorderen Satzteile anzuschließen sei. Deshalb schielte ich erstmals auf die Reclam-Übersetzung. Deine Lösung finde ich aber besser. Bei Reclam werden die Infinitive zu Imperativen: "... dann wundert euch nicht und werdet deswegen nicht unruhig." Die Hellas-Grammatik führt eine solche Funktionsweise des Infinitivs gar nicht auf. Allerdings die von Bornemann/Risch. Dort heißt es, sie komme vorrangig in dichterischer Sprache vor. Dann erinerte ich mich, auch in der Anabasis auf solche befehlenden Infinitive gestoßen zu sein, und zwar in der lustigen Inschrift am Artemis-Heiligtum, die Xenophon widergibt: "ἱερὸς ὁ χῶρος τῆς Ἀρτέμιδος. τὸν ἔχοντα καὶ καρπούμενον τὴν μὲν δεκάτην καταθύειν ἑκάστου ἔτους. ἐκ δὲ τοῦ περιττοῦ τὸν ναὸν ἐπισκευάζειν. ἂν δὲ τις μὴ ποιῇ ταῦτα τῇ θεῷ μελήσει."
Doch das nur am Rande.
Wenn ich mit meinen Antworten nicht ganz nachkomme, liegt es an Umzugsverrichtungen.
Ein besonderer Gruß an Prudentius. Schön, dass du ein Auge auf alles hast.

Beste Grüße!
Gl.
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Re: Apol. 17c,d

Beitragvon Roxane » Mi 29. Okt 2014, 13:39

Hallo Glis!

Danke für die nächtliche Durchsicht. Eine Grammatik hatte ich wegen des Infinitivs gar nicht herangezogen. Dein Umzug kommt mir übrigens nicht ungelegen, zumal ich Prudentius` Vorschlag aufgegriffen habe und noch eine Weile damit beschäftigt sein werde, den Gedankengang des Melierdialogs wiederzugeben. Wenn du zwischenzeitlich also noch ein paar Wände zu streichen und Regale zusammenzuschrauben hättest, kein Problem.
Ich schlage daher vor, dass du irgendwann mal, wenn du dich in deiner neuen Behausung eingerichtet hast, Apol.18 einstellst.

Kleiner Tipp: Drück deinem Töchterchen ein paar Malstifte in die Hand, dann kann es die Bücher schön bunt verzieren und stört weiter nicht.:-D

Frohes Schaffen weiterhin!
Roxane
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Re: Apol. 17c,d

Beitragvon Prudentius » Mo 3. Nov 2014, 11:07

Hallo Roxane und Glis,

es ist für mich eine Freude, euren Eifer und Lernlust zu sehen, und gern schaue ich mal genauer hinein - wenn ich dazu komme :-D .

Ich hatte darüber gegrübelt, wie das μήτε θαυμάζειv μήτε θορυβεῖν τούτου ἕνεκα an die vorderen Satzteile anzuschließen sei.


Ich glaube, da macht ihr euch zuviel Kopfzerbrechen, das hängt einfach noch an den beiden Verben des Bittens, τοῦτο ὑμῶν δέομαι καὶ παρίεμαι, darum bitte ich euch, das bitte ich mir aus, euch weder zu wundern noch zu meutern... In der freieren d. Wiedergabe kann man freilich die beiden Infinitive auch ablösen und als Imperative unabhängig machen: ich bitte euch darum, wundert euch nicht...; dass das Objekt mit τοῦτο schon gegeben ist, soll euch nicht stören, das Pronomen ist ja eine "Leerstelle", die erst mit Inhalt zu füllen ist; es ist sozusagen der Signalträger für den Objektsakkusativ, da die Infinitive ja keine Kasusendung haben. Also sucht nicht in den Grammatiken nach Infinitiv mit Imperativbedeutung!
Ihr seht aber auch: man muss beim Platon-Lesen einen langen Atem haben :-D , das werdet ihr öfter feststellen.
Übrigens, Roxane, wenn du von Thukydides kommst, merkst du den Unterschied im Satzbau? Was sind das für üppige, ausladende Satzkonstruktionen, da muss Thukydides knöchern erscheinen.

Ein par Punkte möchte ich noch herausgreifen:
- μηδεὶς ὑμῶν προσδοκησάτω ἄλλως, Adverb, niemand soll es anders erwarten (nicht: anderes), kleiner Unterschied.
- πλάττοντι λόγους, ohne Artikel! Worte drechseln, Stilübungen vortragen, rhetorische Kunststücke vorbringen, sich verklausuliert ausdrücken, usw.
- ῥήμασί τε καὶ ὀνόμασιν, man nimmt an, das ist die erste Einteilung in Wortarten, Verben und Nomina.

lgr. P. :)
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Re: Apol. 17c,d

Beitragvon Roxane » Do 6. Nov 2014, 20:06

"ἄλλως, Adverb", "πλάττοντι λόγους, ohne Artikel" O ja, diese "kleinen" Fehler sind auch Fehler. Danke für den Hinweis, Prudentius!

Das "ῥήμα –ὄνομα" wäre mir nicht weiter aufgefallen, irgendwo habe ich nun den Vermerk gefunden: "grammatisch: Verb – Substantiv" .

"üppige, ausladende Satzkonstruktionen": wohl wahr! Auch der Unterschied zu Xenophon, der kein Freund langer Sätze ist, fällt auf.
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