Apol. Kap. 4

Für alle Fragen rund um Griechisch in der Schule und im Alltag

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Apol. Kap. 4

Beitragvon Roxane » Di 23. Dez 2014, 12:07

Zum besseren Verständnis dieses Kapitels (aus Wikipedia):
<...Es werde behauptet, dass er „Unterirdisches und Himmlisches“ erforsche (also Naturphilosophie betreibe) und „die schwächere Sache zur stärkeren mache“ (das heißt, mit geschickten Täuschungsmanövern Meinungen manipuliere und so Unrecht zu Recht mache). Außerdem unterrichte er andere in dieser Täuschungskunst und lasse sich dafür bezahlen. Nichts davon sei wahr, und dies könnten die vielen Bürger bezeugen, die bei seinen Diskussionen zugehört hätten. Die Verführungskünste überlasse er den für Honorar lehrenden Sophisten, mit deren Umtrieben er nichts zu tun habe.>

4. ἀλλὰ γὰρ οὔτε τούτων οὐδέν ἐστιν*, οὐδέ γ᾽ εἴ τινος ἀκηκόατε ὡς ἐγὼ παιδεύειν ἐπιχειρῶ ἀνθρώπους καὶ χρήματα**[19e] πράττομαι, οὐδὲ τοῦτο ἀληθές.

*εἰμι: wirklich sein, Pape; **χρήματα πράττομαι: ich verdiene Geld

Aber gewiss ist weder davon etwas wahr, noch (γ᾽unübersetzt) falls ihr von einem erfahren habt, dass ich versuchte, Menschen zu erziehen und Geld (damit) verdiente. Auch das (/dieses) (ist) nicht wahr.

ἐπεὶ καὶ τοῦτό γέ μοι δοκεῖ καλὸν εἶναι, εἴ τις οἷός τ᾽ εἴη παιδεύειν ἀνθρώπους ὥσπερ Γοργίας τε* ὁ Λεοντῖνος καὶ Πρόδικος ὁ Κεῖος καὶ Ἱππίας ὁ Ἠλεῖος. τούτων γὰρ ἕκαστος, ὦ ἄνδρες, οἷός τ᾽ ἐστὶν ἰὼν εἰς ἑκάστην** τῶν πόλεων τοὺς νέους--οἷς ἔξεστι τῶν ἑαυτῶν πολιτῶν προῖκα συνεῖναι ᾧ ἂν βούλωνται--τούτους πείθουσι [20a] τὰς ἐκείνων συνουσίας ἀπολιπόντας σφίσιν συνεῖναι χρήματα διδόντας καὶ χάριν προσειδέναι.

*????; **εἰς ἑκάστην: für sich (LS)

Indes (ἐπεὶ) scheint mir allerdings sogar das (/dieses) edel zu sein, wenn einer imstande ist, Menschen zu erziehen wie Gorgias der Leontiner und Prodikos der Keier und Hippias der Elier. Denn jeder einzelne von ihnen, Männer, ist imstande, jede Stadt für sich aufsuchend, die jungen Männer – ihnen wäre (§ 71.2) es möglich, mit (jedem) ihrer Bürger, mit dem sie es möchten, umsonst zu verkehren – diese zu überreden, den Umgang mit jenen aufzugeben und (ihnen) noch dazu dankbar zu sein (wörtl.: noch dazu ..zu kennen/ gesinnt zu sein).

ἐπεὶ καὶ ἄλλος ἀνήρ ἐστι Πάριος ἐνθάδε σοφὸς ὃν ἐγὼ ᾐσθόμην ἐπιδημοῦντα· ἔτυχον γὰρ προσελθὼν ἀνδρὶ ὃς τετέλεκε χρήματα σοφισταῖς πλείω ἢ σύμπαντες οἱ ἄλλοι, Καλλίᾳ τῷ Ἱππονίκου·
*Pape: in dieser Lage, in diesem Falle

Indes gibt es schon einen anderen Mann, einen Parier, der hierin (wörtl.: in diesem Fall) weise ist, ich habe erfahren (wörtl.: von dem ich erfahren habe), dass er daheim ist. Zufällig traf ich nämlich auf einen Mann (wörtl.: trat ich entgegen), der den Sophisten mehr Geld (hier:) bezahlt hat als all die anderen zusammen, auf Kallias, den Sohn des Hipponikos:

τοῦτον οὖν ἀνηρόμην --ἐστὸν (Dual) γὰρ αὐτῷ δύο ὑεῖ (Dual) -- “ὦ Καλλία”, ἦν δ᾽ ἐγώ, “εἰ μέν σου τὼ (Dual) ὑεῖ (Dual) πώλω (Dual) ἢ μόσχω (Dual) ἐγενέθην (Dual), εἴχομεν ἂν αὐτοῖν ἐπιστάτην λαβεῖν καὶ μισθώσασθαι ὃς [20b] ἔμελλεν αὐτὼ* (adj dual neut acc) καλώ τε κἀγαθὼ ποιήσειν τὴν προσήκουσαν ἀρετήν, ἦν δ᾽ ἂν οὗτος ἢ τῶν ἱππικῶν τις ἢ τῶν γεωργικῶν·

*unbet. Personalpron., LS

D(ies)en fragte ich nun – er hat nämlich zwei Söhne - “Kallias”, sagte ich also, “wenn jedoch (μέν) deine beiden Söhne zwei Fohlen oder zwei Kälber wären, könnten wir für diese einen Zuständigen (Mann) bekommen und in Sold nehmen, der sie gut und tüchtig machen wollte nach ihrer eigenen (wörtl.: zu ihnen gehörenden) Fähigkeit, denn dieser wäre einer von denen, die etwas von Pferden verstehen oder in der Landwirtschaft erfahren sind;

νῦν δ᾽ ἐπειδὴ ἀνθρώπω (Dual) ἐστόν (Dual), τίνα αὐτοῖν (Dual) ἐν νῷ ἔχεις ἐπιστάτην λαβεῖν; τίς τῆς τοιαύτης ἀρετῆς, τῆς ἀνθρωπίνης τε καὶ πολιτικῆς, ἐπιστήμων ἐστίν; οἶμαι γάρ σε ἐσκέφθαι διὰ τὴν τῶν ὑέων κτῆσιν.

nachdem es sich aber nun bei beiden um Menschen handelt, welchen Zuständigen (Mann) denkst du für die beiden zu nehmen? Wer versteht sich auf diese Tugend (wörtl.: ist erfahren in dieser (solchen) Tugend), menschliche wie bürgerliche? Ich glaube nämlich, dass du dadurch, dass du Söhne hast ( wörtl.: durch den Besitz der Söhne) nachgedacht hast.

ἔστιν τις”, ἔφην ἐγώ, “ἢ οὔ;” “πάνυ γε”, ἦ δ᾽ ὅς. “τίς”, ἦν δ᾽ ἐγώ, “καὶ ποδαπός, καὶ πόσου διδάσκει;” “Εὔηνος”, ἔφη, “ὦ Σώκρατες, Πάριος, πέντε μνῶν”.

Gibt es einen”, sagte ich, “oder nicht?” “Ganz gewiss”, sagte er da. “Wer (ist es)”, sagte ich dann, “und woher stammt er und für wieviel (Geld; Gen. Pret.) lehrt er?” “Euenos (ist es)”, sagte er, “mein Sokrates, ein Parier, für fünf Minen (lehrt er).”

καὶ ἐγὼ τὸν Εὔηνον ἐμακάρισα εἰ* ὡς ἀληθῶς (Adv.) [20c] ἔχοι ταύτην τὴν τέχνην καὶ οὕτως** ἐμμελῶς διδάσκει. ἐγὼ γοῦν καὶ αὐτὸς ἐκαλλυνόμην τε καὶ ἡβρυνόμην ἂν εἰ ἠπιστάμην ταῦτα· ἀλλ᾽ οὐ γὰρ ἐπίσταμαι, ὦ ἄνδρες Ἀθηναῖοι.

*Kühner: Εἰ c. opt. und c. ind. eines Haupttempus verbunden. Or. 508 ff. εἰ τόνδ' ἀποκτείνειεν ὁμόλεκτρος γυνή (reine Annahme), | χὡ τοῦδε παῖς αὖ μητέρ' ἀνταποκτενεῖ, | κἄπειθ' ὁ κείνου γενόμενος φόνῳ φόνον | λύσει (notwendige Folgen der zuerst erwähnten That), πέρας δὴ ποῖ κακῶν προβήσεται; ubi v. Matthiae. M. 2.6.4 εἰ δέ τις τούτων μὲν τῶν κακῶν μηδὲν ἔχοι, εὖ δὲ πάσχων ἀνέχεται, wenn einer keinen dieser Fehler hätte (reine Annahme), er lässt sich aber Wohlthaten gefallen (als wirklich gesetzt),
**so ohne weiteres, LS

Und nun (καὶ) begann ich (ingr. Aor.) den Euenos glücklich zu preisen, wenn er sich wirklich auf diese Kunst verstehen sollte und so ohne weiteres angemessen (freier: zu so angemessenen Bedingungen) unterrichtet. Ich jedenfalls würde mich zugleich (καὶ αὐτὸς) brüsten und prahlen, wenn ich mich darauf verstünde; aber ich verstehe gewiss nichts davon, Männer von Athen.
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Re: Apol. Kap. 4

Beitragvon Prudentius » Sa 3. Jan 2015, 18:04

*????; **εἰς ἑκάστην: für sich (LS)


du musst das ἑκάστην mit dem folgenden τῶν πόλεων zusammen lesen! "In jede einzelne der Städte", partitiver Genitiv; wir sagen lieber "in die einzelnen Städte" oder "in jede einzelne Stadt" oder auch "in eine Stadt nach der anderen".

"Indes gibt es schon einen anderen Mann": weg mit dem "schon"!

"*Pape: in dieser Lage, in diesem Falle": was hast dun nur mit dem Pape :-D ? ἐνθάδε "hier", in Athen.

"dass er daheim ist": nein, dass er hier ist, in A.

lgr. P.
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Re: Apol. Kap. 4

Beitragvon Roxane » Sa 3. Jan 2015, 20:00

Hallo Prudentius,

vielen Dank für die Korrektur! Hab` jetzt alles kapiert (die Fragezeichen bezogen sich allerdings gar nicht auf das εἰς ἑκάστην, sondern nur auf das τε, was sich aber auch dank der Hilfe von allen Seiten schon geklärt hat.

Meine Beziehung zu Pape ist natürlich rein platonischer Art, ich bin verheiratet....
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Re: Apol. Kap. 4

Beitragvon Prudentius » So 4. Jan 2015, 10:20

...und ich bin sogar schon lange über die Goldene Hochzeit hinaus :-D :shock:
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Re: Apol. Kap. 4

Beitragvon cultor linguarum antiquarum » So 4. Jan 2015, 14:11

Oho!
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Re: Apol. Kap. 4

Beitragvon Prudentius » So 4. Jan 2015, 18:41

"Und nun (καὶ) begann ich (ingr. Aor.) den Euenos glücklich zu preisen ..." : Ironie, sprichwörtlich für Sokrates! Im D. vllt. irreal: "Und ich hätte ihn ... gepriesen...".

"angemessen (freier: zu so angemessenen Bedingungen)", besser "tadellos".

"Ich jedenfalls würde mich zugleich (καὶ αὐτὸς)...": Ich selbst würde... (Gegensatz zu E.)

lgr. P. :)
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Re: Apol. Kap. 4

Beitragvon Roxane » Mo 5. Jan 2015, 12:07

Wow!!!!
Du hast mich wirklich schon oft beeindruckt, Prudentius, aber deine mehr als 50 Ehejahre hauen mich fast vom Hocker! Warst du denn damals überhaupt schon im heiratsfähigen Alter?

Allerbesten Dank für deine Korrektur, die ich mir inzwischen gründlich angesehen habe. Falls du mal wieder Zeit hast: Vor allem deine Meinung zu dem καὶ ἐγὼ τὸν Εὔηνον ἐμακάρισα...-Satz interessiert mich (und natürlich ist auch deine Meinung gefragt, Glis!).

ἐπεὶ καὶ ἄλλος ἀνήρ ἐστι
<weg mit dem "schon">: καὶ könnte hier ja auch einfach ein Bindewort sein, das man sich sparen kann.

Die Qual der Wahl hat man im folg. Satz:
ἐπεὶ (übrigens/ indes) καὶ τοῦτό γέ (gerade/ eben/ wenigstens/ jedenfalls) μοι δοκεῖ καλὸν εἶναι
Indes scheint jedenfalls mir sogar (καὶ) dieses edel zu sein
Lässt man das γέ unübersetzt oder fügt man es dem μοι hinzu (jedenfalls mir)?

Πάριος ἐνθάδε* σοφὸς ὃν
einen Parier, der hierin (wörtl.: in diesem Fall) weise ist
*Pape: in dieser Lage, in diesem Falle"

ὃν ἐγὼ ᾐσθόμην ἐπιδημοῦντα*
von dem ich erfahren habe, dass er im Lande ist
*ἐπιδημέω: im Lande sein, zu Hause sein, heimkehren....(Langensch.)

καὶ ἐγὼ τὸν Εὔηνον ἐμακάρισα εἰ ὡς ἀληθῶς ἔχοι ταύτην τὴν τέχνην καὶ οὕτως ἐμμελῶς διδάσκει.
Du hast recht, mein Realis (ich begann, glücklich zu preisen bzw. ich pries glücklich) in Kombination mit dem Potentialis (wenn er sich verstehen sollte) klingt äußerst merkwürdig. Aber wie soll ich ein “ich würde preisen” oder “hätte gepriesen” rechtfertigen? Im Bedingungssatz liegt zwar mit dem Opt. Präs. (εἰ .. ἔχοι) ein Potentialis vor, aber im Folgesatz steht kein ἄν + Opt., sondern ein Ind. Aor. (ἐμακάρισα).

οὕτως ἐμμελῶς διδάσκει
Hier wird man sich entscheiden müssen: Unterrichtet er, wenn er fünf Minen verlangt, zu einem angemessenen Preis ( ἐμμελῶς = stimmig/ in Ordnung) oder ist gemeint, dass er tadellos (ἐμμελῶς = richtig/ tauglich) unterrichtet?

ἐγὼ γοῦν καὶ αὐτὸς* ἐκαλλυνόμην (Impf. von καλλύνω) τε καὶ ἡβρυνόμην
Durch Langensch. (*καὶ αὐτὸς: ebenfalls, gleichfalls) kam ich auf “Ich jedenfalls würde mich zugleich...”
Natürlich könnte es gut sein, dass mit dem αὐτὸς der Gegensatz zu E. deutlich gemacht werden soll, aber müsste das αὐτὸς dann nicht weiter vorne stehen?

Bis dahin! R.
Roxane
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Re: Apol. Kap. 4

Beitragvon Glis » Di 6. Jan 2015, 02:35

Hallo liebe Langvermählte,

jetzt komme ich endlich auch aus den Startlöchern ...
Kenntnisreich übersetzt und kommentiert, Roxane, bravo. Habe an einigen Stellen meinen Versuch berichtigen und präzisieren können.
Anmerkungen meinerseits:

οἷς ἔξεστι τῶν ἑαυτῶν πολιτῶν προῖκα συνεῖναι ᾧ ἂν βούλωνται
Du verweist auf die Hellas-Grammatik 71.2, dort finde ich allerdings nur ἐξῆν. Frage mich daher, ob die Regel hier greift. Ich habe die Stelle so:
... denen es erlaubt ist, mit jedem ihrer Mitbürger unentgeltlich zusammenzukommen, mit dem sie wollen ...

τούτους πείθουσι [20a] τὰς ἐκείνων συνουσίας ἀπολιπόντας σφίσιν συνεῖναι χρήματα διδόντας καὶ χάριν προσειδέναι.
Hier hast du das χρήματα διδόντας vergessen. Ist gar nicht so leicht unterzubringen, weil sich Partizipien und Infinitive im schönen Wechsel ablösen:
... – zu überzeugen, mit ihnen selbst Umgang zu pflegen, nachdem jene ihren eigenen Umgang aufgegeben haben, ihnen Besitztümer zu übergeben und ihnen noch dazu dankbar zu sein.
Verwirrt hat mich die Beziehung des Singular-Subjekts ἕκαστος zu den Prädikaten: οἷός τ᾽ ἐστὶν (Singular) vor dem Gedankenstrich-Einschub, πείθουσι (Plural) dahinter. Gibt es dafür eine Erklärung?

ὃν ἐγὼ ᾐσθόμην ἐπιδημοῦντα
Gemoll für ἐπιδημοῦντα auch: ... einer, er sich als Fremder (hier) aufhält ...

καὶ ἐγὼ τὸν Εὔηνον ἐμακάρισα εἰ ὡς ἀληθῶς ἔχοι ταύτην τὴν τέχνην καὶ οὕτως ἐμμελῶς διδάσκει
Das mit dem fehlenden ἄν, das nach dem gängigen Konditionalschema zu erwarten wäre, würde mich auch interessieren. (In der Anabasis hatten wir aber auch schon mal einen Fall, wo ein eigentlich notwendiges ἄν nicht da war, meine ich mich zu entsinnen.)
Ich habe den Satz (ein bisschen umständlich) so:
Und ich hätte Euenos glücklich gepriesen, falls er gleichsam wahrhaftigerweise diese Kunstfertigkeit besitzen würde und somit angemessen lehrt.

Roxane, ich stecke inzwischen in Kap. 6. Vielleicht stelle ich in Kürze Kap. 5 zum Vergleich hier ein?

Herzliche Grüße an alle!
Gl.
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Re: Apol. Kap. 4

Beitragvon Roxane » Di 6. Jan 2015, 13:10

Hallo Glis!
Schön, dass du dabei bist und danke für das Lob, aber sei gewiss: Wenn du wieder einen Text einstellst, werde auch ich etliche Stellen in meiner Ü. auszubessern haben.

οἷς ἔξεστι: Stimmt, Glis, im Dt. muss Indikativ stehen.

πείθουσι (Plural) : Eine mögliche Erklärung wäre, dass Sokrates, der ja nicht als gewandter Redner dastehen will, einen so langen Satz abbricht und -irgendwie- neu beginnt.

ἐκείνων συνουσίας: Ich war davon ausgegangen, dass es sich bei dem ἐκείνων um einen Gen. obi. handelt, sicher bin ich mir aber nicht: ...,den Umgang mit jenen aufzugeben, mit ihnen gegen Bezahlung (χρήματα διδόντας) zu verkehren und sich noch dazu dankbar zu zeigen.

καὶ οὕτως ἐμμελῶς διδάσκει: Ich folge euch und entscheide mich für „..und somit angemessen/ tadellos lehrt.“

ὡς ἀληθῶς: Wenn ich den Pape richtig interpretiere, kann man sich die Ü. von ὡς sparen. (Pape: Adv. ἀληϑῶς, ion. ἀληϑέως, wirklich, in der That; ...Am häufigsten bei den Attikern ὡς ἀληϑῶς, τὸν ὡς ἀληϑῶς ἰατρόν Rep. I, 345 c; ἦ γάρ ἐστιν ὡς ἀληϑῶς ἀφιγμένος Eur. Or. 727.)

Ich kann mich ebenfalls an ein fehlendes ἄν erinnern, weiß aber genauso wenig, wo ich die Stelle suchen soll. Vielleicht ist diese Kühner-Stelle hilfreich: Kühner: Ar. N. 1338 ἐδιδαξάμην μέντοι σε νὴ Δἴ, ὦ μέλε, | τοῖσιν δικαίοις ἀντιλέγειν, εἰ ταῦτά γε | μέλλεις ἀναπείσειν ironisch: da habe ich dir ja wirklich die Kunst beibringen lassen.
Merkst du was, Prudentius? Wir brauchen dich.....

Bis bald! R.
PS: Vergiss nicht, Glis, uns Bescheid zu sagen, wenn du Goldene Hochzeit hast!
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Re: Apol. Kap. 4

Beitragvon Glis » Mi 7. Jan 2015, 23:03

Mach ich, Roxane. Bereits im schönen Jahre 2062 wird es so weit sein.
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Re: Apol. Kap. 4

Beitragvon Prudentius » Do 8. Jan 2015, 11:11

Hippias der Elier


So sagen wir es nicht, wir nehmen den Ortsnamen mit Präposition, "H. aus Elis", und so bei allen; bei uns ist ja das "von" der Adelsnamen so zu vestehen. Die Griechen hatten nur einen Namen, daher musste man den Wohnort dazu angeben.
"Euenos (ist es)”, sagte er, “mein Sokrates, ein Parier": aus Paros.

"Πάριος ἐνθάδε* σοφὸς ὃν
einen Parier, der hierin (wörtl.: in diesem Fall) weise ist
*Pape: in dieser Lage, in diesem Falle"

Verbinde die Wörter anders: weise ist er ja nicht bloß in einem bestimmten Fall; ἐνθάδε ganz einfach "hier", in Athen: "denn auch ein anderer weiser Mann aus Paros ist hier, von dem ich erfahren habe,..."; er wird also als Sophist vorgestellt, σοφὸς ironisch.

"πείθουσι (Plural) : Eine mögliche Erklärung wäre, dass Sokrates, der ja nicht als gewandter Redner dastehen will, einen so langen Satz abbricht und -irgendwie- neu beginnt".
Es ist kein echter Numerus-Unterschied zwischen τούτων γὰρ ἕκαστος und πείθουσι, auch ἕκαστος ist sinngemäß Pl., und das pluralische Pronomen steht ja auch gleich davor.

"ἐκείνων συνουσίας: Ich war davon ausgegangen, dass es sich bei dem ἐκείνων um einen Gen. obi. handelt", das hättest du nicht sollen :) , denn diesen Gen. gibt es nur von Verbalsubstantiven, die sich von einem Verb mit Objekt ableiten; aber das haben wir hier nicht. Empfehlung: geh beim Genitiv immer vom Standardfall aus, "Possessivus", passt fast immer.

"ὡς ἀληθῶς" ist einfach eine feste umgangssprachliche Floskel.

"Ich kann mich ebenfalls an ein fehlendes ἄν erinnern" :) , schön gesagt, aber kein Kopfzerbrechen ist nötig; wenn es auch nicht in der Grammatik steht: grundsätzlich kann der Realis auch im Sinne des Irrealis gebraucht werden (aber nicht umgekehrt), besonders in der ironischen Sprache; (das kann man mit Logik erklären).

Wenn noch was geklärt werden soll, fragt nach!

"Merkst du was, Prudentius?" - ich versuche es :-D

Mir geistert das Horaz-Motto durch den Kopf: "Eheu fugaces ...labuntur anni",

lgr.
P. :)
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Re: Apol. Kap. 4

Beitragvon Roxane » Do 8. Jan 2015, 16:45

Ständig schwirrt dir was Gescheites im Kopf herum, Prudentius. Das Einzige, was mir von Horaz einfällt, ist "Carpe diem". Deshalb schwätz ich jetzt nicht lange rum, sondern stelle den korrigierten Text noch mal ein:

(4) Aber gewiss ist weder davon etwas wahr, noch falls ihr von einem erfahren habt, dass ich versuchte, Menschen zu erziehen und Geld (damit) verdiente. Auch dieses (ist) nicht wahr. Indes scheint mir allerdings sogar das (/dieses) edel zu sein, wenn einer imstande ist, Menschen zu erziehen wie Gorgias aus Leontinoi und Prodikos von (der Insel) Keos und Hippias aus Elis. Denn jeder einzelne von ihnen, Männer, ist (dazu) imstande, indem er jede einzelne Stadt aufsucht, die jungen Männer... – denen es möglich ist, mit (jedem) ihrer Bürger, mit dem sie es möchten, umsonst zu verkehren – diese überreden sie, [20a] den Umgang mit jenen aufzugeben, mit ihnen gegen Bezahlung zu verkehren, und sich noch dazu dankbar zu zeigen. Übrigens ist auch ein anderer weiser Mann aus Paros hier, von dessen Aufenthalt ich erfahren habe. Zufällig traf ich nämlich auf einen Mann, der den Sophisten mehr Geld bezahlt hat als all die anderen zusammen, auf Kallias, den Sohn des Hipponikos: Diesen fragte ich nun – er hat nämlich zwei Söhne - “Kallias”, sagte ich also, “wenn jedoch deine beiden Söhne zwei Fohlen oder zwei Kälber wären, könnten wir für diese einen Zuständigen (Mann) bekommen und in Sold nehmen, der [20b] sie gut und tüchtig machen wollte nach ihrer eigenen Fähigkeit, denn dieser wäre einer von denen, die etwas von Pferden verstehen oder in der Landwirtschaft erfahren sind; nachdem es sich aber nun bei beiden um Menschen handelt, welchen Zuständigen (Mann) denkst du für die beiden zu nehmen? Wer versteht sich auf diese Tugend, menschliche wie bürgerliche? Ich glaube nämlich, dass du dadurch, dass du Söhne hast, nachgedacht hast. Gibt es einen”, sagte ich, “oder nicht?” “Ganz gewiss”, sagte er da. “Wer (ist es)”, sagte ich dann, “und woher stammt er und für wieviel (Geld) lehrt er?” “Euenos (ist es)”, sagte er, “mein Sokrates, aus Paros, für fünf Minen (lehrt er).” Und nun pries ich (/ hätte ich gepriesen) den Euenos glücklich, wenn er sich wirklich auf diese Kunst verstehen sollte und daher tadellos unterrichtet. Ich selbst jedenfalls würde mich brüsten und prahlen, wenn ich mich darauf verstünde; aber ich verstehe gewiss nichts davon, Männer von Athen.

An dem 19-e Satz habe ich noch ein bisschen herumgemodelt und der 20a-Satz ist genial jetzt, stimmt`s? Übrigens: Noch besser als das Jahr 2062 wird 2063: Dann feiern wir nämlich unser 50-jähriges Griechisch-Team-Jubiläum :-D !

@Prudentius: Danke für die Korrektur. Eheu, eheu, gut, dass wir dich haben..
@Glis: Bist du bereit für Kapitel 5? Dann stell es gerne ein!

Bis bald! R.
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