Apol. Kap. 6

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Apol. Kap. 6

Beitragvon Roxane » Mi 14. Jan 2015, 22:52

Kapitel 6

(21b) σκέψασθε δὴ (beim Imp.) ὧν ἕνεκα ταῦτα λέγω· μέλλω γὰρ ὑμᾶς διδάξειν ὅθεν μοι ἡ διαβολὴ γέγονεν. ταῦτα γὰρ ἐγὼ ἀκούσας ἐνεθυμούμην οὑτωσί (Adv.)· “τί ποτε* λέγει ὁ θεός, καὶ τί ποτε αἰνίττεται; ἐγὼ γὰρ** δὴ οὔτε μέγα οὔτε σμικρὸν σύνοιδα ἐμαυτῷ σοφὸς ὤν· τί οὖν ποτε λέγει φάσκων ἐμὲ σοφώτατον εἶναι; οὐ γὰρ δήπου ψεύδεταί γε· οὐ γὰρ θέμις αὐτῷ”. καὶ πολὺν μὲν χρόνον ἠπόρουν τί ποτε λέγει· ἔπειτα μόγις πάνυ ἐπὶ ζήτησιν αὐτοῦ (Adv.) τοιαύτην τινὰ ἐτραπόμην.
*in Fragen: denn nur
**Pape: zuweilen enthält der mit γάρ eingeführte Satz nicht den eigentlichen Grund, sondern die Veranlassung zu dem vorangegangenen Ausspruch, οἵδ' οὐκέτ' εἰσί· τοῦτο γάρ σε δήξεται, das wird dir doch wehe thun,

(21b) Fragt euch doch, weswegen ich das sage. Ich will euch endlich darlegen, wie es zu der Verleumdung gegen mich kam. Als ich das nämlich gehört hatte, überlegte ich (mir) Folgendes: “Was denn nur meint der Gott und was deutet er denn nur an? Ich bin mir doch wirklich (δὴ) bewusst, weder im Großen (/Bedeutenden) noch im Kleinen (/Unbedeutenden) weise zu sein; Was also meint er denn nur, wenn er behauptet, ich sei der Weiseste? Denn ohne Zweifel lügt er eben nicht: Das ist ihm nämlich nicht erlaubt.” Und überhaupt war ich ja lange Zeit ratlos, was er denn meint; Dann machte ich mich unter Mühen daran (ingr. Aor.), mich an Ort und Stelle (αὐτοῦ) mit ganzer Kraft/ völlig (πάνυ) einer entsprechenden (τοιαύτην τινὰ) Nachforschung zu widmen.

ἦλθον ἐπί τινα τῶν δοκούντων σοφῶν εἶναι, ὡς (21c) ἐνταῦθα* εἴπερ (= εἴ) που** ἐλέγξων τὸ μαντεῖον*** καὶ ἀποφανῶν τῷ χρησμῷ ὅτι (s.o.) “οὑτοσὶ ἐμοῦ σοφώτερός ἐστι, σὺ δ᾽ ἐμὲ ἔφησθα”. διασκοπῶν οὖν τοῦτον--ὀνόματι γὰρ οὐδὲν δέομαι λέγειν, ἦν δέ τις τῶν πολιτικῶν πρὸς ὃν ἐγὼ σκοπῶν τοιοῦτόν τι ἔπαθον, ὦ ἄνδρες Ἀθηναῖοι, καὶ διαλεγόμενος αὐτῷ--ἔδοξέ μοι οὗτος ὁ ἀνὴρ δοκεῖν μὲν εἶναι σοφὸς ἄλλοις τε πολλοῖς ἀνθρώποις καὶ μάλιστα ἑαυτῷ, εἶναι δ᾽ οὔ· κἄπειτα (Krasis) ἐπειρώμην αὐτῷ δεικνύναι ὅτι οἴοιτο μὲν εἶναι σοφός, εἴη δ᾽ οὔ.
* Langensch.:.., in diesem Fall
** irgendwo, irgendwie, irgendwann, etwa
***μαντεῖον, τό, ion. μαντήϊον, Orakelspruch, Weissagung, ... Plat. Apol. 21 c; Thuc. 2, 47 u. Folgde; – das Orakel, der Orakelsitz

Ich ging zu einem von denen, die als weise gelten, um (21c) an seinem Fall (ἐνταῦθα), wenn überhaupt an irgendeinem Fall, den Orakelspruch zu widerlegen und dem Orakel nachzuweisen: “Dieser hier ist weiser als ich, du aber wolltest mich dazu ( = zu dem Weisesten) machen.” Als ich nun diesen (Mann) genau betrachtete – beim Namen muss ich (ihn) ja gar nicht nennen, es war aber einer von den Staatsmännern, den ich, als ich ihn beobachtete, so (wörtl.: als einen solchen) erlebte, Männer von Athen, und besonders (καὶ), als ich mich mit ihm unterhielt - erweckte dieser Mann bei mir den Eindruck, zwar vielen anderen Menschen und am meisten sich selbst weise vorzukommen, es aber nicht zu sein. Und dann versuchte ich ihm zu beweisen, dass er zwar meinte, weise zu sein, es aber nicht war.

(21d) ἐντεῦθεν οὖν τούτῳ τε ἀπηχθόμην. καὶ πολλοῖς τῶν παρόντων· πρὸς ἐμαυτὸν δ᾽ οὖν ἀπιὼν ἐλογιζόμην ὅτι τούτου μὲν τοῦ ἀνθρώπου ἐγὼ σοφώτερός εἰμι· κινδυνεύει μὲν γὰρ ἡμῶν οὐδέτερος οὐδὲν καλὸν κἀγαθὸν εἰδέναι, ἀλλ᾽ οὗτος μὲν οἴεταί τι εἰδέναι οὐκ εἰδώς, ἐγὼ δέ, ὥσπερ οὖν οὐκ οἶδα, οὐδὲ οἴομαι· ἔοικα γοῦν τούτου γε σμικρῷ τινι αὐτῷ τούτῳ σοφώτερος εἶναι, ὅτι ἃ μὴ οἶδα οὐδὲ οἴομαι εἰδέναι. ἐντεῦθεν ἐπ᾽ ἄλλον ᾖα τῶν ἐκείνου δοκούντων σοφωτέρων εἶναι καί (21e) ἐνταῦθα μοι ταὐτὰ ταῦτα ἔδοξε, καὶ ἐνταῦθα κἀκείνῳ (Krasis) καὶ ἄλλοις πολλοῖς ἀπηχθόμην.

(21d) Von da an (/deshalb) wurde ich ihm wahrlich verhasst und ebenso vielen der Anwesenden. Jedenfalls glaubte ich bei mir als ich wegging: Ich bin in der Tat weiser als dieser Mann. Es scheint zwar allerdings (γὰρ) niemand von uns Rühmliches oder Brauchbares zu wissen; aber dieser meint etwas zu wissen, obwohl er (es) nicht weiß, ich aber, wenn ich (etwas) gerade nun nicht weiß, meine (es) auch nicht (zu wissen); Ich scheine also wenigstens (γε) um diese gewisse Kleinigkeit weiser zu sein als er, weil ich das, was ich nicht weiß, auch nicht zu wissen meine. Darauf ging ich zu einem anderen von jenen, die weiser zu sein schienen und (21e) mein Eindruck war derselbe (/hier schien es mir genauso zu sein, wörtl.: mir schien dasselbe dieses), und darauf wurde ich auch jenem und vielen anderen verhasst.
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Re: Apol. Kap. 6

Beitragvon Prudentius » Di 20. Jan 2015, 18:05

Hallo Roxane und Glis,

Das Gr. hat viel mehr Partikeln als das D., daher ergibt sich die Empfehlung, diese bei der Ü. gelegentlich wegzulassen; sie sind uns nur lästig und stören den Redefluss; bes. δὴ und γε.

"*Pape: zuweilen enthält der mit γάρ eingeführte Satz nicht den eigentlichen Grund, sondern die Veranlassung zu dem vorangegangenen Ausspruch, οἵδ' οὐκέτ' εἰσί· τοῦτο γάρ σε δήξεται, das wird dir doch wehe thun"

Gut und schön, aber zuviel Aufwand für das bescheidene γάρ.

"Ich will euch endlich darlegen": das "endlich" passt nicht her.

"weder im Großen (/Bedeutenden) noch im Kleinen (/Unbedeutenden) weise zu sein"; einfacher gesagt: "überhaupt nicht weise zu sein".

"Denn ohne Zweifel lügt er eben nicht": "eben" weg!

"nicht erlaubt": zu menschlich ausgedrückt für einen Gott; auch bevorzugen wir den Irrealis (wie früher gesagt): "das wäre ihm nicht gemäß".

"αὐτοῦ (Adv.)": das glaube ich nicht; liebe Roxane, du hast eine Vorliebe für das Ausgefallene, während ich mich lieber an das Gewöhnliche halte :-D ; also Attribut zu ζήτησιν, Gen. obj., "zu dessen Untersuchung", nämlich des Orakelspruchs; das ganze etwas freier: "...machte ich mich daran, ihn folgendermaßen zu untersuchen".

Mache bald wweiter,

lgr. P. :)
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Re: Apol. Kap. 6

Beitragvon Prudentius » Mi 21. Jan 2015, 11:15

"um (21c) an seinem Fall (ἐνταῦθα), wenn überhaupt an irgendeinem Fall": ich würde lieber bei der Grundbedeutung bleiben: "um dort, wenn überhaupt irgendwo".

"du aber wolltest mich dazu ( = zu dem Weisesten) machen": du aber sagtest, hast behauptet,...

"( = zu dem Weisesten) machen": Weiseren.

"Als ich nun diesen (Mann) genau betrachtete": (über)prüfte.

"den ich, als ich ihn beobachtete, so (wörtl.: als einen solchen) erlebte,": bei dessen Prüfung ich folgendes erlebte: τοιοῦτόν τι Neutrum!

"(21d) Von da an (/deshalb) wurde ich ihm wahrlich verhasst ": Da wurde ich ihm verhasst .

"vielen der Anwesenden": vielen Anwesenden, sagen wir lieber.

"καλὸν κἀγαθὸν", schwer zu übersetzen, weil der ganze Kulturwandel hineinspielt; es waren Leitbegriffe; "das Schöne und Gute", wir können so wie so nicht Sokrates auf Modern hintrimmen.

"mir schien dasselbe dieses": nicht ganz: ταῦτα das- und ταὐτὰ -selbe, also nur "dasselbe".

Ich habe nur eine Meinungsäußerung von mir gegeben, unverbindlichen Forumsbeitrag, nicht Korrektur geliefert :) ;

Ich hänge am Schluss noch eine Bemerkung an über das Lesen Platons, ohne weiter darauf einzugehen:
Man muss auf drei Ebenen Platon lesen:
- was sagt Sokrates? Also den Text verstehen/übersetzen;
- was schreibt Platon? Wie ordnet sich das in das Lebenswerk Platons insgesamt ein?
- was meint Platon? Er ist ein Denker, der seine Einsichten nicht direkt mitteilt, sondern es dem Leser überlässt, sie zu finden und auf sich anzuwenden. Dass das eine wichtige Rolle spielt, könnt ihr allein an dem Buchtitel ersehen:

http://www.amazon.de/Platon-lesen-Thoma ... 3772815782

Ich empfehle es aber nicht zu lesen, weil es für Spezialisten geschrieben ist; aber der Titel allein spricht für sich.


lgr. P. :)
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Re: Apol. Kap. 6

Beitragvon Roxane » Mi 21. Jan 2015, 12:49

Hallo Prudentius!

Du hast ja schon wieder zu einem Abschnitt einen "unverbindlichen Beitrag" geleistet, sehe ich gerade und noch dazu einen so ausführlichen. Es wäre sinnvoll, wenn ich mal irgendwann fünf Enkelkinder bekäme und meine Kenntnisse, die ich nicht zuletzt durch dich erworben habe, an sie weitergeben könnte. Dieses Kapitel habe ich, wie die vorherigen auch - vorsichtshalber schon mal auf mein e-book übertragen. ... :-D

Es ist gut zu wissen, dass man das ein oder andere Partikelchen getrost weglassen kann, das werde ich in Zukunft tun. Was das αὐτοῦ betrifft, so habe ich gar nicht gesehen, dass es sich auf den Orakelspruch bezieht. Der Irrealis bei θέμις αὐτῷ leuchtet mir ein, ich füge mal im Geiste ein ἦν hinzu, “nicht gemäß/ nicht seine Art” ist zweifellos passender.

Zu dem καλὸν κἀγαθὸν: Ich habe mir vor Kurzem ein kleines - gut verständliches - Büchlein (Rafael Ferber, Apol. des S.) angeschafft mit etlichen Anmerkungen. Nicht immer sei es möglich, "das Sinnpotential der Ursprungssprache in der dt. Zielsprache wieder einzuholen." Deine Rede! Lassen wir es also bei "schön und gut".

<ταῦτα das- und ταὐτὰ -selbe, also nur "dasselbe">: Platon, warum sparst du dir nicht die Hälfte, frage ich mich.

Dann werde ich mich mal für heute verabschieden und in die Küche begeben. Heute gibt es in der Tat etwas relativ "Ausgefallenes"...

Vielen herzlichen Dank, Prudentius, für deine Mühe und einen schönen Tag noch! R.
Roxane
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Re: Apol. Kap. 6

Beitragvon Glis » Sa 24. Jan 2015, 02:34

Hallo Roxane, hallo Prudentius,

ich bin zum Glück nicht krank, bloß arg beschäftigt mit der Räumung der alten Wohnung und dem Verscherbeln des Hausrats ...
Habe euren aufschlussreichen Korrekturdurchlauf verfolgt und bin wieder ein wenig schlauer geworden.
Kurze Zusatzanmerkungen:

ἐγὼ δέ, ὥσπερ οὖν οὐκ οἶδα, οὐδὲ οἴομαι·
Roxane, du hast das ὥσπερ kausal mit "weil" wiedergegeben. Mein Versuch unter Anwendung der modalen Ursprungsbedeutung:
Ich aber, in der Art, wie ich Dinge nicht weiß, glaube auch nicht, sie zu wissen.

ἔοικα γοῦν τούτου γε σμικρῷ τινι αὐτῷ τούτῳ σοφώτερος εἶναι, ...
Wie hast du in "um diese gewisse Kleinigkeit" das αὐτῷ untergebracht? Bin da leider ratlos.

ἐντεῦθεν ἐπ᾽ ἄλλον ᾖα τῶν ἐκείνου δοκούντων σοφωτέρων εἶναι καί (21e) ἐνταῦθα μοι ταὐτὰ ταῦτα ἔδοξε, ...
Um das ἐκείνου mitzuübersetzen:
Darauf ging ich zu einem anderen von denen, die weiser als jener zu sein schienen ...

Ich stelle dann schnellstmöglich Kap. 7 ein, bitte lasst euch von meinem Nachhinketempo nicht beirren.

Beste Grüße!
Gl.
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Re: Apol. Kap. 6

Beitragvon Prudentius » Sa 24. Jan 2015, 20:01

ἐγὼ δέ, ὥσπερ οὖν οὐκ οἶδα, οὐδὲ οἴομαι·
Roxane, du hast das ὥσπερ kausal mit "weil" wiedergegeben. Mein Versuch unter Anwendung der modalen Ursprungsbedeutung:
Ich aber, in der Art, wie ich Dinge nicht weiß, glaube auch nicht, sie zu wissen.


"weil" würde ich auch nicht sagen; ich entrümple etwas und drücke mich leger aus :-D : "Also was mich betrifft: weder weiß ich etwas, noch bilde ich mir ein zu wissen".

ἔοικα γοῦν τούτου γε σμικρῷ τινι αὐτῷ τούτῳ σοφώτερος εἶναι, ...
Wie hast du in "um diese gewisse Kleinigkeit" das αὐτῷ untergebracht? Bin da leider ratlos.


"αὐτῷ τούτῳ" heißt "durch genau dieses", oder eben dieses oder gerade dieses; das ist eine Bedeutung des Identitätspronomens autos; entspr. auch im L., "ad ripam ipsam" genau am Ufer.

lgr. P. :)
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Re: Apol. Kap. 6

Beitragvon Glis » So 25. Jan 2015, 04:40

Danke, Prudentius.
Ist σμικρῷ τινι αὐτῷ τούτῳ dann tatsächlich als Einheit zu betrachten? Oder widersprechen sich das verallgemeinernde τινι und das spezifizierende αὐτῷ τούτῳ nicht? Ich hatte in meiner eigenen Übersetzung αὐτῷ τούτῳ auf den Mann bezogen, über den Sokrates in diesem Abschnitt spricht. Das überzeugt mich aber nicht so richtig, denn ein Vergleich unter Einbeziehung des σοφωτέρον würde ja einen Genitiv erwarten lassen, keinen Dativ.
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Re: Apol. Kap. 6

Beitragvon Roxane » So 25. Jan 2015, 14:26

O ja, danke, Glis, das ἐκείνου hatte ich genau wie das αὐτῷ τούτῳ nicht mitübersetzt, ich habe das “gewisse” für τινι (Indefinitpronomen = ein) weggelassen.

"Also was mich betrifft: weder weiß ich etwas, noch bilde ich mir ein zu wissen": sehr souverän, Pruentius, danke sehr! [wörtl.: ich aber, ganz wie ich (es) nun nicht weiß, meine (es) auch nicht (zu wissen)]
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Re: Apol. Kap. 6

Beitragvon Prudentius » Mi 28. Jan 2015, 09:08

ἔοικα γοῦν τούτου γε σμικρῷ τινι αὐτῷ τούτῳ σοφώτερος εἶνα

Ist σμικρῷ τινι αὐτῷ τούτῳ dann tatsächlich als Einheit zu betrachten? Oder widersprechen sich das verallgemeinernde τινι und das spezifizierende αὐτῷ τούτῳ nicht?


Ja: "Ich scheine genau um diese gewisse Kleinigkeit weiser zu sein als dieser"; der Dativ hat die Bedeutung "discriminis/mensurae" beim Komparativ, wie im L. der Abl. "multo" maior, um vieles größer; viel größer.
τούτου Gen. compar., "als dieser".
τινι ist mehr unbestimmt als verallgemeinernd; es ist komisch, aber "gewiss" nennen wir das Ungewisse :-D ;
das hinzugesetzte prädikative αὐτῷ ist eher fokussierend als spezifizierend: genau dieses, exakt, gerade dieses; man verwendet es, wenn ein Ausdruck im engeren Sinne, also strikt verstanden werden soll; wie bei "in ipsa ripa", genau am Ufer; denn "in ripa" könnte auch mit etwas Abstand gemeint sein.

Wenn wir etwas weiter blicken: diese Verwendung des auto spielt bei Platon eine Schlüsselrolle; im Zentrum des Interesses steht die Frage nach dem "auto to dikaion", "auto to agathon", usw.

lgr. P. :)
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Re: Apol. Kap. 6

Beitragvon Roxane » Mi 28. Jan 2015, 13:26

"der Dativ hat die Bedeutung "discriminis/mensurae" beim Komparativ, wie im L. der Abl. "multo" maior, um vieles größer; viel größer."

Danke, Prudentius, an den Dat. discr. (Hellasgr. § 64.6) hatte ich nicht gedacht.
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