Apol. Kap. 17 (29e)

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Apol. Kap. 17 (29e)

Beitragvon Roxane » Do 26. Mär 2015, 16:16

Hallo zusammen!

Im folgenden Satz verwirrt mich diese Vielfalt der Zeiten: So folgt dem ἐάν zunächst ein Konj. Aor. (ἀμφισβητήσῃ), dann ein Konj. Präs. (φῇ ). Das Merkwürdigste: Das ἄπειμι passt so gar nicht in die Reihe (zuvor ἀφήσω, Fut., danach ἐξετάσω und ἐλέγξω, Fut.)

καὶ ἐάν τις ὑμῶν ἀμφισβητήσῃ καὶ φῇ ἐπιμελεῖσθαι, οὐκ εὐθὺς ἀφήσω αὐτὸν οὐδ᾽ ἄπειμι, ἀλλ᾽ ἐρήσομαι αὐτὸν καὶ ἐξετάσω καὶ ἐλέγξω, καὶ ἐάν μοι μὴ δοκῇ κεκτῆσθαι ἀρετήν,...

ἐάν τις ὑμῶν ἀμφισβητήσῃ καὶ φῇ..., οὐκ εὐθὺς ἀφήσω αὐτὸν,...: Eventualis: "wenn einer von euch das (möglicherweise) abstreitet und behauptet.., werde ich ihn nicht sofort aufgeben,...;
ἐάν τις ὑμῶν ἀμφισβητήσῃ καὶ φῇ.., .. οὐδ᾽ ἄπειμι..: Iterativ: "(immer) wenn einer von euch das abstreitet und behauptet.., gehe ich nicht weg,.."

"Und wenn einer von euch (das) abstreitet und behauptet, sich (darum) zu kümmern, werde ich ihn nicht sofort aufgeben und ich gehe nicht weg (Präsens?), sondern ich werde ihn fragen, prüfen und widerlegen, und wenn er mir keine Tugend zu besitzen scheint,..."

Schöne Grüße!
Roxane
Zuletzt geändert von Roxane am Di 16. Jun 2015, 08:44, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Apol. 29e

Beitragvon Prudentius » Fr 27. Mär 2015, 11:08

Hallo Roxane,

dieses ἄπειμι hat Futur-Bedeutung im Indikativ (du findest es sicher in der Hellas-Grammatik); für das Präs. gibt es aperchomai, damit ist ja schon viel geklärt.
"Vielfalt der Zeiten": sag lieber: der Tempora, das sind ja nicht unbedingt objektive Zeitstufen, sondern nur sprachliche Mittel für den Autor;
"ἀμφισβητήσῃ καὶ φῇ": der Unterschied ist wohl nur in der Modalität, nicht in der Zeitstufe; vllt. ist ἀμφισβητήσῃ ingressiv, vllt. auch φῇ im Aor. nicht gebräuchlich? Mir würde hier beim Lesen gar nichts auffallen, du bist ja viel gründlicher :klatsch: φῇ im Sinne von "zusagen": er wolle sich darum kümmern, wie es uns ja aus dem Alltäglichen allzu geläufig ist bei lästigen Pflichten.
"οὐκ εὐθὺς ἀφήσω αὐτὸν": ich werde ihn nicht loslassen, d.h. er muss Farbe bekennen, bei der Sache bleiben.

Zu der Art des Satzes: ja, Eventualis, manchmal auch "futurischer Fall" genannt, Konditionalsatz, ziemlich häufig; er bezeichnet hier eine allgemeine Regel oder Handlungsrichtlinie, an die sich So. halten will; das Iterative spielt auch herein, ist aber nicht im Vordergrund; das Futur ist eigentlich nicht echt: es bezeichnet nicht Zukunft, sondern Allgemeingültigkeit für sein Verhalten, eine offene Situation;

"ἐάν τις ὑμῶν": das Indefinitum τις ist für solche Sätze typisch, es bezeichnet eine Variable, ein x, wie bei "Wenn x ein A ist, dann ist x ein B", aber ich muss mich jetzt selber bremsen, um nicht die Logik aufzurollen :-D

Ich radle jetzt gleich los,

lgr. P. :)
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Re: Apol. 29e

Beitragvon Roxane » Fr 27. Mär 2015, 13:27

Danke, Prudentius, auf dich habe ich gehofft, deine Anmerkungen waren wieder mal hilfreich und interessant.

Einer wie du hat natürlich im Kopf, dass ἄπειμι im "Ind. Präs. immer futurische Bedeutung" hat. Ich hatte mir diesen Satz in meiner Grammatik zwar dick unterstrichen, aber wieder vergessen.

Was das φημί betrifft, so habe ich mir bisher immer irgendeine unter den vielen im Langenscheidtlexikon angegebenen Bedeutungen herausgesucht. So einfach sollte man es sich nicht machen, wie ich jetzt sehe. Zurecht weist du darauf hin, dass "behaupten" hier nicht passt, sondern "sagen" oder wie du vorschlägst "zusagen" die Sache trifft. Zwar heißt es bei Pape:

"In der Bedeutung »behaupten« gebraucht die Att. Prosa namentlich φάσκω und ἔφασκον, φήσω, ἔφησα, in der Bedeutung »sagen« φημί und ἔφην, wozu ἐρῶ, εἶπον, εἴρηκα, εἴρημαι, ἐῤῥήϑην als Tempora gehören,..."

aber dann:

"bejahen, behaupten, zugeben, versichern, ....... φάναι (sc. χρή) Πέρσας λέγειν ἀληϑέως, man muß zugeben, Her. 3, 35; vgl. 6, 86; φάναι τε καὶ ἀπαρνεῖσϑαι Plat. Theaet. 165 a. In dieser bestimmten Bdtg brauchen die Attiker bes. das fut. φήσω und den aor. ἔφησα, während im praes., wenn φάναι zweideutig sein könnte, lieber φάσκειν gebraucht wird;.."

Vielleicht steht in unserem Satz also deshalb Konj. Präs, weil die Attiker gerade den Aorist in der Bedeutung "zugeben" gebrauchen.

Mein Fahrrad steht zwar schon auf der Terrasse, aber zum Fahren ist es mir noch zu kalt...

:stretch: Ῥωξάνη
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