Apol. Kap. 10 (23c-24b)

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Re: Apol. Kap. 10 (23c-24b)

Beitragvon Roxane » Do 7. Mai 2015, 11:54

Hallo Prudentius!

Da kommt sogar bei deinem Smily Freude auf, wenn es hört, was Platon so alles erfunden hat. Das Symposion habe ich immerhin auf dt. gelesen, ein Abschnitt daraus war mal Thema einer Lektion des Hellaslehrbuchs.
Ansonsten blättere ich hin und wieder in einer alten Platonbiographie, die hier noch im Bücherregal aufgetaucht ist: rororo, Gottfried Mann: Platon, 150 Seiten. Sie stammt aus einem altspr. Gymn., genau das Richtige für mich..

Ich hoffe, du hast nichts dagegen, wenn ich schon mal das nächste Kapitel einstelle. Soeben habe ich es noch einmal durchgesehen, am (Schwieger-) mutterwochenende wäre ich sicher nicht mehr dazu gekommen....

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Re: Apol. Kap. 10 (23c-24b)

Beitragvon Prudentius » Mo 11. Mai 2015, 10:09

Platon lesen ist eigenartig, bei anderen Philosophen bekommt man in ihren Werken ein ausgearbeitetes Gedankengebäude vorgelegt, das man bewerten, zu dem man Stellung beziehen kann; Platon aber erklärt, dass er seine Lehre für nicht schriftlich darstellbar hält, und gleichzeitig bietet er ein ungewöhnlich umfangreiches schriftliches Werk; der Leser ist also herausgefordert, sich selbst auf die Suche zu machen, eigene Erfahrungen zu versuchen, Mühe und Zeit aufzuwenden; Hilfestellung findet man genug, man muss nur eingestimmt sein.

Das Symposion gehört zu den populärsten Schriften Platons, es steckt ja auch voller Hinweise auf das von Platon eigentlich Gemeinte; es besteht aber auch wieder aus einer Vielzahl ausgefallener Meinungsäußerungen, aus denen man vllt. etwas machen kann; empfehlenswert sind die Reden von Eryximachos und Aristophanes, 185e bis 193d, dann auch die mystische Rede der Priesterin Diotima, diese muss aber erst noch "entmythologisiert" werden :-D , und schließlich taucht sogar Alkibiades auf, ein Bekannter von Thukydides her.

lgr. P. :)
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Re: Apol. Kap. 10 (23c-24b)

Beitragvon Roxane » Mo 11. Mai 2015, 14:26

Die Sache mit der Einstimmung auf Platon ist dir bestens gelungen, Prudentius, nachdem ich anfangs nur stur übersetzt hatte. Inzwischen habe ich noch schönes, weil gut verständliches Taschenbuch hervorgeholt, das nicht die geringsten Vorkenntnisse in Philosophie voraussetzt, ich hatte es schon mal gelesen, aber leider vergisst man ja immer so viel. Es handelt sich um Wilhelm Weischedels "Die philosophische Hintertreppe" (darin: "Sokrates oder das Ärgernis des Fragens" und "Platon oder die philosophische Liebe"). Weischedel hat, wie ich sehe, ab 1953 an der FU Berlin gelehrt, weshalb ich mich nicht wundern würde, wenn du ihm schon einmal über den Weg gelaufen wärest...
Die Passagen aus dem Symposion merke ich mir mal vor und - wie ich mit Freuden zur Kenntnis genommen habe - auch du bist ja, solltest du das S. noch nicht übersetzt haben, keineswegs zu alt für was Neues...:-D

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Re: Wilhelm Weischedel u.a.

Beitragvon Prudentius » Mo 25. Mai 2015, 09:54

Hallo Roxane,

was rufst du da für Geister herauf! Es ist nicht zu glauben, aber es sind jetzt genau 60 Jahre, dass ich das Studium angefangen habe. Ja, Weischedel war damals der führende Kopf bei den Philosophen, er war wirklich ein eigenständiger Denker, seine Vorlesungen im Auditorium Maximum waren sehr eindrucksvoll, habe ihn noch lebendig vor Augen. Die "Philosophische Hintertreppe" ist ein einzigartiges Buch, er konnte damit einen großen Leserkreis erreichen. Ich erinnere mich noch an das Kapitel über das vergebliche Ringen des Junggesellen Kant mit seiner Haushälterin. Das Hauptwerk von W. aber war sein Buch "Der Gott der Philosophen", er hatte aber damit kein rechtes Glück, für die Philosophen war es zu fromm, und für die Theologen war er zu skeptisch. Ich erinnere mich noch an etwas Lustiges, er war einmal bei der kath. Studentengemeinde zu einer Diskussion eingeladen, und die dortigen Theologen versuchten immer wieder, ihn auf ihre Seite herüberzukomplimentieren; da war er dann am Ende erbost, er war ja ein streitbarer liberaler Protestant.

Aber mehr als Weischedel hat mich dieser Gast Jean Bollack (s. unten; vllt. bist du mit dem Fr. vertraut?) beeindruckt, er war noch ganz jung, hatte gerade seinen Empedokles herausgebracht; er konnte aus dem Puzzle der vielen Einzelfragmente ein lebendiges Bild vom Denken dieses alten Weisen entwerfen. B. übte auf viele eine große Faszination aus, wir lernten eine ganz andere Art Philologie kennen, in Frankreich haben sie ja nicht eine so abgetrennte Sparte Altphilogie wie bei uns, da ist sie besser in die allgemeine Geisteswissenschaft integriert; B. war mit dem Dichter Paul Celan und dem Literaturtheoretiker Peter Szondi befreundet.

lgr. P. :)


______________________________________________________________________

http://www.nzz.ch/feuilleton/der-philol ... 1.17874223

http://www.jeanbollack.fr/

Zitat:
"De 1955 à 1958, il est professeur invité à l’Université Libre de Berlin dans le département de grec; il y professe en 1966, à l’Institut de Littérature générale et comparée un cours sur le pindarisme à l’invitation de Peter Szondi (après la mort de Szondi, il fut chargé de l’édition de ses cours et de ses inédits). Il dirige pendant les années 60 les quelque trente volumes de la collection d’histoire universelle des Editions Fischer."
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Re: Apol. Kap. 10 (23c-24b)

Beitragvon Roxane » Di 26. Mai 2015, 15:26

Hallo Prudentius!

Habe ich es mir doch gedacht, dass du den Weischedel kennengelernt hast! Scheint ja eine richtige Eliteuniversität gewesen zu sein, die FU Berlin. Komisch, mein Schwiegervater, der ebenfalls in den 50-er Jahren dort studiert hat, berichtet so gut wie nie etwas aus seiner Studentenzeit. Morgen sehe ich ihn, da muss ich ihm unbedingt mal erzählen, was er alles versäumt hat. Allerdings hatte er mit den Altphilologen nichts am Hut, er versteht auch überhaupt nicht, wie jemand freiwillig altgriechisch lernen kann. :?

Die Seiten über Kant in Weischedels "Hintertreppe" habe ich gestern auf deinen Hinweis hin noch einmal gelesen und mich dabei köstlich amüsiert. Muss ja ein komischer Kauz gewesen sein. Das andere Buch von W. kenne ich nicht und auch von Bollack hatte ich noch nichts gehört, na ja, ich habe mich auch noch nie ernsthaft mit Philosophie beschäftigt. Ein bisschen französisch ist noch aus Schulzeiten hängengeblieben, ich werde mal die Apologie auf frz. lesen, nächste Woche, wenn es in den Urlaub geht. Dass ich meine Griechischsachen auch einpacke, muss ich wohl nicht extra erwähnen...

Wenn du nichts mehr zum letzten Kapitel hinzuzufügen hättest, würde ich evtl. noch Kap. 14 einstellen.

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Re: Apol. Kap. 10 (23c-24b)

Beitragvon Prudentius » So 31. Mai 2015, 11:03

Scheint ja eine richtige Eliteuniversität gewesen zu sein, die FU Berlin.


Ob sie das war, weiß ich nicht; aber es war eine einzigartige Situation, sie war ja erst wenige Jahre vorher aus dem Boden gestampft worden, nachdem die westlich orientierten Studenten aus der Humboldt-Universität in Ostberlin ausgewandert waren; es war die Zeit der Berlin-Blockade, wohl 1949. Es herrschte noch Improvissation, es fehlte vollkommen die gelebte Tradition, die sonst immer zu einer Uni dazugehört. Die Professorenschaft war auch sehr zusammengewürfelt, es gab viele zurückgekehrte Emigranten, Ausländer (z.B. Bollack), verfolgte, die erst in vorgerückten Jahren Prof. werden konnten (Weischedel), unbelastete (Hölscher) und sicher "Mitläufer", wie man damals sagte, also solche, die durch die "Entnazifierung" glücklich durchgekommen waren. Es war eine einzigartige Aufbruchsstimmung.

Ich habe damals dort als Ostberliner studiert, ich war also sozusagen "drinnen als einer von draußen"; die FU habe ich also als einzigartigen Glücksfall, als Chance empfunden, sie war ja für mich die einzige Möglichkeit. Ich kann mir vorstellen, dass jemand, der vom "Westen" kam und Studienorte auswählen konnte, an der FU nichts besonderes fand.

lgr. P. :)
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Re: Apol. Kap. 10 (23c-24b)

Beitragvon Roxane » Di 9. Jun 2015, 15:58

Hallo Prudentius!

Dein Bericht ist sehr interessant. In die damalige Situation kann sich heute wohl kaum ein Student hineinversetzen, es gibt ja so viele Möglichkeiten für heutige Abiturienten.
Mein Griechisch habe ich in letzter Zeit etwas, aber nicht völlig vernachlässigt. Nun, ich bin inzwischen herumgereist, ziemlich weit sogar, zunächst im "Land der schönen Pferde" (südlich des Halys) und dann in Lykien. Eigentlich wollte ich dir ein paar Grüße auf Griechisch senden, aber ich konnte mir weder vorstellen, dass man πολλοί ἀσπασμοί schreibt, noch dass es πολλαί προσηγγορίαί heißen muss und so habe ich es einfach bleiben lassen.

Nächste Woche kümmere ich mich wieder um Platon, du hast ja auch schon wieder was korrigiert, wie ich gesehen habe. Bis dahin und

Viele Grüße!
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