Euripides - Iphigenie in Aulis

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Euripides - Iphigenie in Aulis

Beitragvon Glossamachos » Mi 30. Sep 2015, 12:10

Wertgeschätzte Freunde der griechischen Tragödie,

ich stecke an einer Iphigenie-Stelle (Vers 18 f.) fest. Da sagt Agamemnon:

ζηλῶ δ᾽ἀνδρῶν ὃς ἀκίνδυνον βίον ἐξεπέρασ᾽ ἀγνὼς ἀκλεής: τοὺς δ᾽ ἐν τιμαῖς ἧσσον ζηλῶ.

Das Problem steckt in "ἀγνὼς ἀκλεής". Dies außen vor lassend reime ich mir den Vers wie folgt zusammen:

"Ich beneide (den) der Menschen, der ein ungefährliches Leben führt; die in Ehren (Stehenden) beneide ich weniger."

Was aber hat es mit "ἀγνὼς ἀκλεής" auf sich. Handelt es sich um Adjektive à la "unbekannt und ruhmlos"? Wohl nicht. Denn ihr Bezugspunkt wäre entweder βίον (müßte dann aber Akkusativ sein) oder ἀνδρῶν (müßte wegen ζηλῶ auch Akkusativ sein).

Oder sind es Nomen? Hier stellt sich das Akkusativproblem erneut.

Oder sind es Adverbien? Aber ἀκλεής ist eindeutig keine adverbiale Form.

Ich bin ratlos. Könnt Ihr mir auf die Sprünge helfen? Schon jetzt ist Euch Dank gewiß von

Eurem Glossamachos
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Re: Euripides - Iphigenie in Aulis

Beitragvon Medicus domesticus » Mi 30. Sep 2015, 14:41

ὃς <---> ἀγνὼς ἀκλεής

Es sind Adjektive zu ὃς gehörig als Bezugswort.
Du findest weitere Infos im LSJ unter ἀγνώς:
2. obscure, ignoble, “ἀ. ἀκλεής” E.IA18...
Gruß, Medicus. :-D
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Re: Euripides - Iphigenie in Aulis

Beitragvon Prudentius » Mi 30. Sep 2015, 16:30

Ich bin mir nicht sicher, es könnte auch zu ζηλῶ gehören: "Ich, ein Unbekannter, Ruhmloser, beneide...".

ihr Bezugspunkt wäre entweder βίον (müßte dann aber Akkusativ sein) oder ἀνδρῶν (müßte wegen ζηλῶ auch Akkusativ sein).


Bei prädikativen Adjektiven musst du nach Prädikaten als Bezugspunkten suchen: ζηλῶ oder ἐξεπέρασ᾽, es geht beides.

Euripides als Sozialrevolutionär: er stellt die überkommene Wertordnung auf den Kopf: Bewunderung für den Ruhmlosen; der Geist der sophistischen Aufklärung regt sich, die Moderne wird geboren.
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Re: Euripides - Iphigenie in Aulis

Beitragvon Medicus domesticus » Mi 30. Sep 2015, 16:33

Zu ζηλῶ..., Prudenti, glaube ich nicht, da das ganze durch ὃς unterbrochen wird. Würde auch sehr weit entfernt stehen...
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Re: Euripides - Iphigenie in Aulis

Beitragvon Prudentius » Do 1. Okt 2015, 18:46

Ich denke heute auch schon wieder anders, ich habe gestern nicht beachtet, dass ja Agamemnon spricht, der oberste der homerischen Helden, er kann sich unmöglich als unbekannt und ruhmlos bezeichnen.

Ich wundere mich immer noch über Euripides wegen seiner Geringschätzung der ritterlichen Ideale, es erinnert sehr an die moderne Strömung des "Realismus" und "Naturalismus", wo z.B. die Heldin eine Fabrikarbeiterin ist (Carmen), soziale Konflikte im Mittelpunkt stehen wie bei Hauptmanns "Die Weber", "Romeo und Julia auf dem Dorfe" oder "Cavalleria rusticana"-
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