Pl. Ap. 37d - 38b

Für alle Fragen rund um Griechisch in der Schule und im Alltag

Moderatoren: Zythophilus, marcus03, Tiberis, ille ego qui, consus, e-latein: Team

Pl. Ap. 37d - 38b

Beitragvon Roxane » Di 10. Nov 2015, 12:23

[37d] διατριβὰς καὶ τοὺς λόγους, ἀλλ᾽ ὑμῖν βαρύτεραι γεγόνασιν καὶ ἐπιφθονώτεραι, ὥστε ζητεῖτε αὐτῶν νυνὶ ἀπαλλαγῆναι· ἄλλοι δὲ ἄρα αὐτὰς οἴσουσι ῥᾳδίως (mühelos); πολλοῦ γε δεῖ, ὦ ἄνδρες Ἀθηναῖοι. καλὸς οὖν ἄν μοι ὁ βίος εἴη ἐξελθόντι τηλικῷδε ἀνθρώπῳ ἄλλην ἐξ ἄλλης πόλεως ἀμειβομένῳ καὶ ἐξελαυνομένῳ ζῆν. εὖ γὰρ οἶδ᾽ ὅτι ὅποι ἂν ἔλθω, λέγοντος ἐμοῦ ἀκροάσονται οἱ νέοι ὥσπερ ἐνθάδε· κἂν μὲν τούτους ἀπελαύνω, οὗτοί με αὐτοὶ ἐξελῶσι πείθοντες τοὺς πρεσβυτέρους·

vielmehr sind sie euch reichlich unangenehm und verhasst geworden, so dass ihr nun versucht, euch davon zu distanzieren (/loszumachen). Und andere sollen sie (=διατριβὰς καὶ τοὺς λόγους) ohne weiteres ertragen? Ganz und gar nicht, Männer von Athen. Schön wäre dann das Leben für mich, wenn ich es so verbringen könnte, dass ich (wörtl.: es zu verbringen, ζῆν, indem ich) als so alter Mensch auswanderte, von Stadt zu Stadt zöge (/wechselte) und dann vertrieben würde. Denn ich weiß sehr wohl: Wohin ich auch komme, die jungen Männer wollen mir, wenn ich rede, zuhören, so wie hier. Und wenn ich sie wegschicke, können sie selber mich vertreiben, indem sie an die Älteren heranreden.

[37e] ἐὰν δὲ μὴ ἀπελαύνω, οἱ τούτων πατέρες δὲ καὶ οἰκεῖοι δι᾽ αὐτοὺς τούτους. ἴσως οὖν ἄν τις εἴποι· «σιγῶν δὲ καὶ ἡσυχίαν ἄγων, ὦ Σώκρατες, οὐχ οἷός τ᾽ ἔσηι ἡμῖν ἐξελθὼν ζῆν;» τουτὶ δή ἐστι πάντων χαλεπώτατον πεῖσαί τινας ὑμῶν. ἐάντε γὰρ λέγω ὅτι τῶι θεῶι ἀπειθεῖν τοῦτ᾽ ἐστὶν καὶ διὰ τοῦτ᾽ ἀδύνατον ἡσυχίαν ἄγειν, οὐ πείσεσθέ μοι ὡς εἰρωνευομένωι· Ἴσως οὖν ἄν τις εἴποι· Σιγῶν δὲ καὶ ἡσυχίαν ἄγων͵ ὦ Σώκρατες͵ οὐχ οἷός τ΄ ἔσῃ ἡμῖν ἐξελθὼν ζῆν; τουτὶ δή ἐστι πάντων χαλεπώτατον πεῖσαί τινας ὑμῶν. ἐάντε γὰρ λέγω ὅτι τῷ θεῷ ἀπειθεῖν τοῦτ΄ ἐστὶν καὶ διὰ τοῦτ΄ ἀδύνατον ἡσυχίαν ἄγειν͵ οὐ πείσεσθέ μοι ὡς εἰρωνευομένῳ·

Wenn ich sie aber nicht wegschicke, (werden es) ihre Väter und Verwandten ihretwegen (tun). Vielleicht wird jetzt einer sagen: “Aber wirst du nicht so leben können, Sokrates, dass du Ruhe und Gelassenheit bewahrst, wenn du uns verlassen hast?” Das ist gerade das Schwierigste von allem, einigen von euch begreiflich zu machen (/davon zu überzeugen), (dass ich das könnte). Denn falls ich (euch) (möglicherweise) erkläre, dass ein solches Leben (wörtl.: das) bedeutet, dem Gott ungehorsam zu sein und es (mir) deshalb unmöglich ist, Ruhe zu bewahren, werdet ihr euch von mir nicht überzeugen lassen, weil ihr glauben werdet (/in der Meinung, dass), ich sei unaufrichtig.

[38a] ἐάντ΄ αὖ λέγω ὅτι καὶ τυγχάνει μέγιστον ἀγαθὸν ὂν ἀνθρώπῳ τοῦτο͵ ἑκάστης ἡμέρας περὶ ἀρετῆς τοὺς λόγους ποιεῖσθαι καὶ τῶν ἄλλων περὶ ὧν ὑμεῖς ἐμοῦ ἀκούετε διαλεγομένου καὶ ἐμαυτὸν καὶ ἄλλους ἐξετάζοντος͵ ὁ δὲ ἀνεξέταστος βίος οὐ βιωτὸς ἀνθρώπῳ͵ ταῦτα δ΄ ἔτι ἧττον πείσεσθέ μοι λέγοντι. τὰ δὲ ἔχει μὲν οὕτως͵ ὡς ἐγώ φημι͵ ὦ ἄνδρες͵ πείθειν δὲ οὐ ῥᾴδιον. καὶ ἐγὼ ἅμα οὐκ εἴθισμαι ἐμαυτὸν ἀξιοῦν (Gen./Akk.) κακοῦ οὐδενός. εἰ μὲν γὰρ ἦν μοι χρήματα͵ ἐτιμησάμην ἂν

Wenn ich (euch) dagegen erklären sollte, dass (sogar) gerade dies das größte Gut für einen Menschen bedeutet, jeden Tag über die Tugend Gespräche zu führen und über die anderen Dinge, über die ihr mich reden und mich selbst und andere prüfen hört, (dass) aber das Leben ohne Prüfung (/ungeprüfte Leben) für einen Menschen nicht lebenswert ist, das werdet ihr mir, wenn ich es sage, noch weniger glauben. Denn das verhält sich zwar so, wie ich es (euch) darlege, meine Männer, aber (jemanden davon) zu überzeugen, (das) ist nicht einfach. Und zugleich bin ich es nicht gewohnt, für mich etwas Schlechtes/ Ungünstiges zu fordern. Wenn ich nun Geld hätte, hätte ich eine Geldstrafe beantragt,

[38b] χρημάτων ὅσα ἔμελλον ἐκτείσειν͵ οὐδὲν γὰρ ἂν ἐβλάβην· νῦν δὲ οὐ γὰρ ἔστιν͵ εἰ μὴ ἄρα ὅσον ἂν ἐγὼ δυναίμην ἐκτεῖσαι͵ τοσούτου βούλεσθέ μοι τιμῆσαι. ἴσως δ΄ ἂν δυναίμην ἐκτεῖσαι ὑμῖν που μνᾶν ἀργυρίου· τοσούτου οὖν τιμῶμαι. Πλάτων δὲ ὅδε͵ ὦ ἄνδρες Ἀθηναῖοι͵ καὶ Κρίτων καὶ Κριτόβουλος καὶ Ἀπολλόδωρος κελεύουσί με τριάκοντα μνῶν τιμήσασθαι͵ αὐτοὶ δ΄ ἐγγυᾶσθαι· τιμῶμαι οὖν τοσούτου͵ ἐγγυηταὶ δὲ ὑμῖν ἔσονται τοῦ ἀργυρίου οὗτοι [38c] ἀξιόχρεῳ.

soviel (wie) ich entrichten wollte, denn (damit) hätte ich mir keinen Schaden zugefügt. So aber ist das nicht möglich, es sei denn, ihr beabsichtigt, (für mich) soviel als Strafe zu beantragen wie ich bezahlen könnte. Denn vielleicht könnte ich euch ungefähr eine Silbermine zahlen. So viel also beantrage ich. Doch unser Platon hier (wörtl.: der hier), Männer von Athen, sowie Kriton, Kritobulos und Apollodor schlagen mir vor/ raten mir, dreißig Minen zu beantragen, und dieselben (schlagen vor) eine Bürgschaft zu leisten. Ich beantrage nun diese Summe (wörtl.: so viel), und diese (Männer) werden euch für dieses Geld als Bürgen dienen.


Eigentlich keine Fragen :) , nur ob ich das ζῆν richtig wiedergegeben habe, wüsste ich gerne. Was meinst du dazu, Prudentius? Könntest du dir den Satz mal bei Gelegenheit ansehen?
PS: Ach, lass mal gut sein, ich frage eh immer so viel, ich glaub, das stimmt so...
Roxane
Censor
 
Beiträge: 690
Registriert: Fr 4. Jan 2013, 14:27

Re: Pl. Ap. 37d - 38b

Beitragvon Prudentius » Mi 11. Nov 2015, 19:32

nur ob ich das ζῆν richtig wiedergegeben habe, wüsste ich gerne


Ich weiß jetzt nicht, welches ζῆν du meinst, denn es kommt ja einige Male vor; aber vllt. dieses:

Schön wäre dann das Leben für mich, wenn ich es so verbringen könnte, dass ich (wörtl.: es zu verbringen, ζῆν, indem ich) als so alter Mensch auswanderte, von Stadt zu Stadt zöge (/wechselte) und dann vertrieben würde.


Es liest sich etwas vertrackt, ich versuche es mal mehr zupackend: "Das wäre ein schönes Leben für mich, in Wanderschaft und Vertreibung verbracht", so ungefähr.
"ὁ βίος - ζῆν", er entfaltet das Substantiv mit einem vielfach erweiterten Verb.

"und dann vertrieben", ich würde "dann" streichen, "und" nicht für Nach-, sondern für Nbeneinander!

lgr. P. :)
Prudentius
Senator
 
Beiträge: 3577
Registriert: Di 24. Mai 2011, 17:01

Re: Pl. Ap. 37d - 38b

Beitragvon Roxane » Fr 13. Nov 2015, 11:51

Hallo Prudentius!

Danke für deine Antwort. Ja, dieses "in Wanderschaft und Vertreibung" trifft es natürlich, aber wie bringt man dann das ἐξελθόντι und das τηλικῷδε ἀνθρώπῳ unter?
Ich versuche es jetzt mal wie ein Schüler (/Schülerin :lol: ):

ἐξελθόντι (Part. Aor.); ἀμειβομένῳ und ἐξελαυνομένῳ (Part. Präs.); ζῆν (Inf. fin.)

καλὸς ἄν μοι ὁ βίος εἴη ... ζῆν: "Schön wäre es für mich, mein Leben zu verbringen.." oder
"Schön wäre das Leben für mich, wenn ich es verbringen könnte.." oder man lässt das irgendwie doppelte ζῆν unübersetzt.

καλὸς οὖν ἄν μοι ὁ βίος εἴη ἐξελθόντι τηλικῷδε ἀνθρώπῳ ἄλλην ἐξ ἄλλης πόλεως ἀμειβομένῳ καὶ ἐξελαυνομένῳ ζῆν.

Schön wäre das Leben dann für mich, wenn ich als so alter Mensch weggehen könnte, um von einer Stadt in die andere zu ziehen und (immer wieder) vertrieben zu werden (/ um mein Leben in Wanderschaft und Vertreibung zu verbringen).

:stretch: Ῥωξάνη
Roxane
Censor
 
Beiträge: 690
Registriert: Fr 4. Jan 2013, 14:27

Re: Pl. Ap. 37d - 38b

Beitragvon Prudentius » So 15. Nov 2015, 11:27

Hallo Ῥωξάνη,

aber wie bringt man dann das τηλικῷδε ἀνθρώπῳ und das τηλικῷδε ἀνθρώπῳ unter?


"ἐξελθόντι, ἀμειβομένῳ und ἐξελαυνομένῳ sind prädikative Partizipien zu μοι, in KNG-Kongruenz; wir haben sowas nicht, müssen einen Ersatz suchen, Relativsätze "der ich hinausgehe..." sind nicht gut, da sie attributiv sind; besser nehmen wir eine adverbiale Bestimmung "indem ich..." oder eben substantiviert, "auf Wanderschaft".
Das τηλικῷδε ἀνθρώπῳ ist dann noch zusätzlich an das ἐξελθόντι angehängt: "indem ich in meinem vorgerückten Alter hinausgehe".

Wir bevorzugen den unbestimmten Artikel: "Ein schönes Leben hätte ich...".

Im D. haben wir einen horror vor Wendungen wie "ein Leben leben" oder "eine Rede reden", wir variieren: "Rede halten"; das Gr. hat diesen horror nicht, man nennt es "Figura etymologica", als Stilmittel, oder grammatisch "inneres Objekt", wenn der Objektsbegriff im Prädikatsbegriff schon enthalten ist.
Dem horror zu entgehen, haben wir keine Schwierigkeiten, sagen wir eben: "Ein Glück wäre es für mich, hinauszugehen, ... herumzuwandern, ... und vertrieben zu werden."

Die Ironie ist zu beachten: ein Glück ist es, als alter Mann die Heimat zu verlassen und in die Verbannung zu gehen.

"Schön wäre das Leben dann für mich, wenn ich als so alter Mensch weggehen könnte",
das "könnte" passt nicht, es geht um "müssen": aufgrund der Verurteilung die Heimat verlassen müssen.

Ich weiß nicht, ob ich schon auf alles eingegangen bin, frag ruhig noch mal nach,

schönen Sonntag,

lgr. P. :)
Prudentius
Senator
 
Beiträge: 3577
Registriert: Di 24. Mai 2011, 17:01

Re: Pl. Ap. 37d - 38b

Beitragvon Roxane » Di 24. Nov 2015, 14:47

Hallo Prudentius!

Nach einer längeren Zwangspause, die ich meinem inzwischen ausrangierten alten Computer zu verdanken habe, melde ich mich mit bestem Dank für deine ausführlichen Erläuterungen zurück. Das habe ich soweit alles verstanden.
Noch kurz zum Schluss des Satzes. Wenn ich das richtig sehe, dann handelt es sich bei dem καλὸς εἴη um einen unpersönlichen Ausdruck “es könnte schön sein”. Zu diesem unpersönlichen Ausdruck ist ζῆν das Subjektsinfinitiv (Hellasgr. § 76.1), wörtl.: “Es könnte schön sein, zu leben”.

:stretch: Ῥωξάνη
Roxane
Censor
 
Beiträge: 690
Registriert: Fr 4. Jan 2013, 14:27

Re: Pl. Ap. 37d - 38b

Beitragvon Prudentius » Mi 25. Nov 2015, 17:53

Roxane hat geschrieben: dann handelt es sich bei dem καλὸς εἴη um einen unpersönlichen Ausdruck “es könnte schön sein”. Zu diesem unpersönlichen Ausdruck ist ζῆν das Subjektsinfinitiv


Hallo Roxane,

den "unpersönlichen Ausdruck" gibt es nur im Neutrum sing., "Es darf gelacht werden", chre es ist nötig, necesse est, constat es steht fest, und beim Passiv intrans. Verben:"Nunc est bibendum", Horaz, Gedichtanfang.

Statt Subjektsinfinitiv würde ich lieber sagen: Apposition zum Subjekt, wenn wir ihm schon einen Namen geben wollen; oder ein loser Zusatz, hinten drangehängt; Subjekt ist ja "schönes Leben"; also so: "Was für ein Glück für mich, im hohen Alter die Heimat zu verlassen und das Leben auf Wanderschaft und in der Verbannung zu verbringen" (ironisch), ich sage "Glück" statt schönes Leben, um die Wiederholung von Leben zu vermeiden.

lgr. P. :)
Prudentius
Senator
 
Beiträge: 3577
Registriert: Di 24. Mai 2011, 17:01

Re: Pl. Ap. 37d - 38b

Beitragvon Roxane » Mo 30. Nov 2015, 14:34

Hallo Prudentius!

Also gut. Nennen wir es so. In meiner Grammatik habe ich kein passendes Beispiel gefunden und -ehrlich gesagt- habe ich nicht unbedingt Lust, den ganzen Kühner zu durchforsten....

:stretch: Ῥωξάνη
Roxane
Censor
 
Beiträge: 690
Registriert: Fr 4. Jan 2013, 14:27

Re:"Unpersönlicher Ausdruck"

Beitragvon Prudentius » Di 1. Dez 2015, 16:58

Hallo Roxana,

da brauchst du nicht viel zu suchen, es ist ja kein speziell gr. Ausdruck, es gibt ihn in allen Sprachen, ganz einfache Sache, und nützlich, sie zu kennen.

Das "Unpersönliche" daran ist anders als beim üblichen Gebrauch, es ist rein grammatisch gemeint, im Sinne der drei Personen beim Konjugieren, also "ich, du, er/sie/es", unpersönlich heißt, keine der drei Personen, d.h. also ein Ausdruck ohne Subjekt; wir im D. haben dafür das "es", wie bei "es schneit": kein Subjekt vorhanden; es gibt, es gehört sich, es scheint, es ist richtig, möglich, erlaubt, bedenklich, usw., massenhaft haben wir solche unpersönlichen Ausdrücke. Im L. gibt es dieses "es" nicht so wie bei uns, aber "constat" u.ä. sind genauso zu verstehen; im Gr. eben auch, chre habe ich schon genannt.

"Es ist/wäre schön" hieße gr. kalon estin, also 3. Person neutrum; jetzt kann man fragen: wie logisch ist es, zu sagen "keine Person", und dann "3. Person"? Da muss man flexibel denken :-D , die 3. Person tritt hier stellvertretend für die fehlende Person ein, aber nur im Neutrum.


lgr. P. :)
Prudentius
Senator
 
Beiträge: 3577
Registriert: Di 24. Mai 2011, 17:01

Re: Pl. Ap. 37d - 38b

Beitragvon Roxane » Mi 2. Dez 2015, 16:55

Hallo Prudentius!

Zum Glück schneit es hier nicht, in Bayrisch Sibirien. Aber ich komme noch einmal kurz ins Forum hereingeschneit, um mich für deine Erläuterungen zu bedanken.
Mein Platon liegt gerade etwas auf Eis, ich habe allerlei über die Geschichte des Schulwesens gelesen, über die Entstehung der Universitäten und über die Bedeutung des Lateinischen für die Verbreitung wissenschaftlicher Abhandlungen.
Ich befinde mich nun im Jahr 1723 in Leipzig. Bach hat nie eine Universität besucht. Er ist gezwungenermaßen Autodidakt wie alle Musiker der Zeit. Nun ist die Stelle des Thomaskantors zu besetzen. Der muss traditionsgemäß auch Latein unterrichten. Wie gut kann Bach das wohl, frage ich mich. In Lüneburg hat er die sog. Lateinschule als Zweitbester verlassen. Mit diesen Kenntnissen soll er die Thomasschüler in lat. Grammatik unterweisen, und zwar täglich drei Stunden. Der Rat der Stadt Leipzig ist skeptisch, Bach ist sich seiner Sache auch nicht sicher. Man weiß, wie es ausgeht, Bach kauft sich bald vom Lateinunterricht frei. Gut, er ist ein Vollblutmusiker und will nur eines: Sich nach allen Kräften um die Kirchenmusik kümmern: soli deo gloria.
Alles sehr spannend! Leipzig ist übrigens eine super Stadt. Ich werde demnächst höchstselbst ein paar Leute hindurchführen, deshalb mache ich mich ein bisschen kundig...

:stretch: Ῥωξάνη
Roxane
Censor
 
Beiträge: 690
Registriert: Fr 4. Jan 2013, 14:27

Re: Pl. Ap. 37d - 38b

Beitragvon Prudentius » Fr 4. Dez 2015, 18:24

Roxane hat geschrieben:... Leipzig ist übrigens eine super Stadt. Ich werde demnächst höchstselbst ein paar Leute hindurchführen,


Also dass du nicht an dem Kaffeehaus Riquet vorbeiläufst! :-D

Ich bin früher öfter dort vorbeigekommen, auf der Bahnfahrt nach Berlin, bin nach 2 Stunden mit dem nächsten Zug weitergefahren, bin meist dieselbe Runde gelaufen, Nikolaikirche, Thomaskirche mit der imposanten Bachstatue davor, das schöne Rathaus mit den Laubengängen.

Zu dem "unpersönlichen Ausdruck" ist mir noch eingefallen: es ist ganz nützlich zu wissen, dass er an bestimmter Stelle gebraucht wird; das ist bei der Aktiv-Passiv-Umformung von Sätzen; dabei wird das Objekt zum Subjekt: "Sie erkennen ihn" <=> "Er wird von ihnen erkannt"; wenn der Satz objektlos ist (wenn also das Verb intransitiv ist), dann wird der passive Satz subjektlos, also eben ein unpersönlicher Ausdruck: "Wir trinken" <=> "Es wird (von uns) getrunken". Wir verwenden hier dieses Leerwort "es", quasi ein leeres Kuvert.

lgr. P. :)
Prudentius
Senator
 
Beiträge: 3577
Registriert: Di 24. Mai 2011, 17:01

Re: Pl. Ap. 37d - 38b

Beitragvon Roxane » Mo 7. Dez 2015, 13:07

Hallo Prudentius!

Ist ja interessant. Übrigens war in den beiden Hauptkirchen zu Bachs Zeiten mächtig was los:

„Von Montag bis Freitag um 6 Uhr Frühgottesdienst bzw. Frühmesse abwechselnd in St. Thomas und St. Nicolai. Montags 13:30 Uhr Kleine Betstunde in St. Thomas, dienstags 14 Uhr Große Betstunde in St. Nicolai, mittwochs in St. Thomas und donnerstags in St. Nicolai um 14 Uhr Kleine Betstunde, freitags Große Betstunde in St. Thomas, samstags 13:30 Uhr Vesper in beiden Kirchen, sonntags 7 Uhr Hauptgottesdienst in allen Kirchen, 11:30 Uhr Mittagspredigt abwechselnd in beiden Hauptkirchen, 13:30 Uhr Vesper in allen Kirchen. Diese Gottesdienste sollen einem echten Bedarf entsprochen haben und waren nicht bloß hohle Tradition vor leeren Kirchenbänken.“ Und: „Der am Sonntag um 7 Uhr in der Frühe beginnende Hauptgottesdienst dauerte 3-4 Stunden (je nach Jahreszeit in der stets unbeheizten Kirche!).”

Der Herr Kantor hatte also eine Menge zu tun. Kein Wunder, dass ihm der Lateinunterricht, den er an der Thomasschule erteilen musste, lästig war.

Als ich kurz nach der Wende einmal mit der Bahn in Leipzig vorbeigekommen bin, habe ich als erstes die Thomaskirche aufgesucht, wo Bach begraben ist: Endlich wieder gehörte dieser große Musiker allen Deutschen!

Möglicherweise kennst du noch die Paulinerkirche. Obwohl sie noch völlig intakt war, wurde sie wie das Augusteum 1968 gesprengt: Nach Auffassung der DDR-Führung passte der Baustil nicht zur Ideologie einer sozialistisch geprägten Universität. Zum Heulen!

Das Riquethaus ist ein imposantes Gebäude, und innen sieht es sehr gemütlich aus. “... gab es hier schon immer Naschwerk aus eigener Produktion”, lese ich. Bestimmt ein guter Tipp, man muss sich ja bei einer Stadtbesichtigung zwischendurch auch mal setzen dürfen.

Übrigens: Du bist ein bisschen wie Bach, Prudentius. Bach hat für seine Schüler immer wieder neue Klavierübungen, Inventionen, Präludien oder Fugen geschrieben. Und dir fällt noch was und noch was und noch was zum Thema ein. Prima!

:stretch: Ῥωξάνη

PS: Das Denkmal zeigt Bach mit herausgezogener leerer Hosentasche, ein Hinweis auf seine ständige Geldnot.
Zum Rathaus: Sog. sächsische Renaissance, vgl. Rathaus in Wittenberg, seehr sehenswerte Stadt!

Schluss jetzt, das ist ein Griechischforum! Ach ja: Bach konnte ein bisschen Griechisch...
Roxane
Censor
 
Beiträge: 690
Registriert: Fr 4. Jan 2013, 14:27


Zurück zu Griechischforum



Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 7 Gäste

cron