Ist unsere Wahrnehmung gleichzeitig auch die Wahrheit?

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OK,aber.....

Beitragvon Seneca w » Mo 26. Jan 2004, 21:38

OK,das ist wohl wahr.Aber was wäre,wenn wir keine Sinne hätten?Wir würden leben,hätten aber keine Sinne?!Wären wir dann nicht "in" der reinen Wahrheit(vielleicht ist sie in uns selbst zu finden,nur dort,und die Sinne sind dazu da,uns davon abzulenken;ich weiß jetzt aber nicht,warum;die Natur will,dass wir leben,uns fortpflanzen,Nahrung suchen und nicht in unserer Wahrheit versinken)??Weil auch jeder das,was seine Sinne wahrnehmen,für sich anders interpretiert.Oder?
Oder ist nur das wahr,was vollkommen ist?Aber ich glaube,nur das ist wahr,dem man keinen Namen geben kann(weil Namen falsche Vorstellungen auslösen) und das ist nur der Fall,wenn wir es durch unsere Sinne nicht wahrnehmen.
Was meinst du dazu????????????
Vale! :)
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Beitragvon Parmenides » Di 27. Jan 2004, 19:19

Wir würden leben,hätten aber keine Sinne?

Wir würden gar nicht leben und auch nichts erkennen, oder glaubst du, wir hätten von Geburt an schon Ideen in unseren Köpfen?
Mich überzeugt mehr die Theorie der "tabula rasa" von John Locke (Versuch über den menschlichen Verstand).
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Beitragvon Merkur » Di 27. Jan 2004, 19:31

die tabula rasa kenne ich zwar nicht, aber rein vom Namen her stimme ich voll zu ... ich bin nämlich der Meinung, dass das Gerede über Begabung und keine Begabung, über von Geburt an schlechten Charakter oder guten Charakter usw. nur nebensächlich ist .... ich sehe den Menschen bei der Geburt als unbeschriebenes Blatt, in das nach und nach, Zeile für Zeile weitere Eigenschaften, sei es gute, sei es schlechte eingeschrieben werden und somit mehr oder minder jeder seines Glückes Schmied ist ... natürlich hängt es auch vom Elternhaus usw. ab ... auch kann ein geistig behinderter mensch (oder jemand, der nur die halbe Gehirnmasse usw. hat) nicht unbedingt aus dem Potential schöpfen, wie dies ein "normaler" Menscht tut ....
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Beitragvon RM » Di 27. Jan 2004, 19:59

Also, ich bin da etwas anderer Meinung:
Wer Kinder hat, weiß, daß erstaunlich viel angeboren ist, insbesondere was den Charakter, aber auch die Begabungen und Neigungen angeht.
Als Eltern hat man zwar einige Eingriffsmöglichkeiten, indem man ein entsprechendes, möglichst breites Angebot zur Verfügung stellt (sofern es der Geldbeutel hergibt), aber Kinder haben definitiv Verhaltensformen, die nicht anerzogen sind. Dies stellt man insbesondere an der Verschiedenartigkeit von Geschwistern fest, die ja in der gleichen Umgebung aufwachsen.
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Beitragvon Parmenides » Di 27. Jan 2004, 20:19

Ja, RM, neulich haben wir in Biologie einen Film über Genetik angesehen. Anhand von Zwillingen, die aber in sehr verschiedener Umgbenung aufgewachsen sind, hat man herausgefunden, dass bezüglich Intelligenz, Verhaltensweisen et cetera mehr durch Gene determiniert ist, als bisher angenommen.
In Lockes "Versuch über den menschlichen Verstand" kritisiert er ja auch die scholastische Vorstellung, dass die Ideen angeboren seien, der Mensch sich nur allmählich daran erinnern müsse. Nur Ideen sind nicht angeboren.
Heutzutage wird wohl niemand mehr anzweifeln, dass wir Erkenntnisse zuerst aus der sinnlichen Wahrnehmung erlangen und dann in einem zweiten Schritt diese so gewonnenen Ideen miteinander zu neuen Ideen verknüpfen können.
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Ja,aber..

Beitragvon Seneca w » Di 27. Jan 2004, 21:38

Hi!
Ich glaube nicht,dass wir von Geburt an schon Ideen in unseren Köpfen haben,aber ich glaube auch nicht,dass alles nur davon abhängt,wie du aufwächst.Ich weiß das von mir selbst. Woraus besteht die tabula und die rasa????????Naja. Also,ich habe einen Zwillingsbruder und wir "erhalten"dieselbe Erziehung.Wir sind SO verschieden,dass ihr euch das gar nicht vorstellen könnt!Und ich als Mädchen habe früher immer Puppen angedreht gekriegt,aber ich habe NIE mit ihnen spielen wollen,habe nie mit ihnen gespielt!Obwohl meine Eltern halt als "gute Eltern" von einer Tochter ihr doch das Puppenspielen nahelegen wollten,weil so viele Töchter das gern tun!Meine Mutter hats auch nie gern gemacht,es mir aber trotzdem nahegelegt. Aber ich wollte von Anfang an nicht!Ich versichere euch,dass es angeboren war!Oder mit Latein.Ich lebe in einem völlig lateinfeindlichen Umfeld,habe es aber gewählt und es nie bereut!Aber mein Opa,den ich sehr selten gesehen habe,wenig mit ihm zu tun hatte,der mochte Latein sehr gern(wie ich nebenbei mal erfuhr).Woher kommt das? Oder Philosophie. Mein Vater hat Philosophie studiert und doch hab ich mir mit 10 als ich alleine zu Hause war,Schopenhauer heimlich in mein Zimmer geholt und ihn heimlich gelesen,weil mein Vater wohl meinte,Philosophie sei noch zu früh.Ich habe die ganzen "Aphorismen zur Lebensweisheit" heimlich gelesen!Warum habe ich ihm nicht geglaubt,dass es zu früh ist?Warum?
Warum würden wir ohne Sinne nicht leben?Natürlich würde unser Herz schlagen.Oder ist das nicht leben?Es würde doch biologisch alles funktionieren?!
Der Mensch ist auch als Säugling und vollkommen wird er sowieso nie.
Valete! :)
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Vollkommenheit

Beitragvon Seneca w » Di 27. Jan 2004, 21:47

Hi!
Kurze Idee,warum der Mensch nicht vollkommen werden kann.Ich glaube mal wieder,es hängt an den Namen.Wir geben allen Dingen Namen.Aber die treffen nie vollkommen auf das "Ding an sich"(Kant)zu.Also wie bei meinem Baumbeispiel,jeder Mensch stellt sich was anderes drunter vor,der Name reicht einfach nicht.Welcher Erwachsene hat nichts Kindliches ,nie mal an sich?Und doch ist er ein "Erwachsener".Weil wir so an unsere Namen gewöhnt sind,wissen wir gar nicht,was die Vollkommene Wahrheit ist.Das unterscheidet uns von den Pflanzen und Tieren(u.a.!!!),die Namen.Eine Pflanze blüht einfach nur und ist vollkommen,aber der Mensch....und "Gott" soll ja keinen Namen haben,er ist ein vollkommener "Können-Ist"(Nicolaus).Ich bin Atheistin,aber das ist doch nicht schlecht! Valete! :-D
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Beitragvon Parmenides » Di 27. Jan 2004, 22:30

Ja, es ist mehr determiniert als man glaubt. Wo bleibt da noch unsere so hochgeschätzte Freiheit? - aber das ist ein anderes Thema.

Ich glaube nicht,dass wir von Geburt an schon Ideen in unseren Köpfen haben

Woher glaubst du dann, dass unsere Ideen kommen, wenn sinnliche Wahrnehmung ausgeschlossen wird?
Parmenides
 

Beitragvon Merkur » Di 27. Jan 2004, 22:35

nochmal ne blöde Zwischenfrage:


wieso ist sinnliche Wahrnehmung ausgeschlossen?


Wurden also vor/bei der Geburt etliche Billionen "Ideen-Verknüpfungen", die eventuell auf uns warten im späteren Leben, in unser Köpfen gequetscht ... schwer vorstellbar ...
Merkur
 

Beitragvon RM » Di 27. Jan 2004, 22:52

@Seneca W
Also, das mit dem Zwillingsbruder, was Parmenides vorhin erwähnte, trifft normalerweise nur auf eineiige Zwillinge zu, zweieiige verhalten sich meist wie normale Geschwister (kennt ihr eigentlich das "Doppelte Lottchen"?).
"Ideen in den Köpfen" haben menschliche Wesen bei der Geburt nur recht wenige, nämlich gerade das, was zum Überleben notwendig ist: Schreien, wenn Hunger oder Durst, Schlafen, wenn müde, Neugier, um sich mit Unbekanntem vertraut zu machen. Später entwickeln sich jedoch auch Muster sozialen Verhaltens - meiner Meinung nach - weitgehend unabhängig von erzieherischen Maßnahmen, z.B. ein gewisses Mißtrauen gegen Fremdes und Unsicherheit in unbekannter Umgebung etc.

Das mit den Namen ist ein reines Kommunikationsproblem, d.h. wir müssen, abstrahierend von konkreten Dingen, Kategorien oder "Mengenbegriffe" entwickeln, denen wir Namen geben, z.B. "Baum". Wir können Eigenschaften definieren, die alle Elemente der Menge "Baum" charakterisieren, also: Wurzeln im Boden, Stamm und Äste aus Holz, Blätter oder Nadeln ... Wir haben mit diesem Oberbegriff aber noch keinen konkreten Baum beschrieben, wir können nur an Hand unserer Definition entscheiden, ob ein bestimmtes Objekt Element der Menge "Baum" ist oder nicht, d.h. unsere Begriffsbildung ist an dieser Stelle unidirektional: Habe ich ein konkretes Objekt, so kann ich es an Hand seiner Eigenschaften einer bestimmten Menge zuordnen. Habe ich jedoch die Mengendefinition, so kann ich noch lange nicht sagen, wie ein konkretes Element aussehen könnte.
Bei der Menge "Gott" bekomme ich hier ein Problem, weil die Mengendefinition mit den Eigenschaften des einzigen Elements dieser Menge übereinstimmen muß.
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Ja,aber.........

Beitragvon Seneca w » Mi 28. Jan 2004, 21:37

Hi!
@RM:Ich stimme dir zu!Das ist wirklich super!Ich hab jetzt endlich wieder was zum Grübeln... :) Ja,du hast wirklich Recht.Wie könnte man Gott denn "definieren"?Kennst du Rudolf Carnap?Der würde dir gefallen,glaub ich...(kann ich allen anderen hier auch nur empfehlen...
@Parmenides:Ja,du hast Recht,neue Ideen können,wenn man von Anfang an keine Sinne hat,nicht kommen.Aber was meinst du denn dazu,dass du,wenn du keine Sinne hast,einfach "der Wahrheit entsprechend"lebst?Also durch die Sinne lernst du die Welt kennen,allerdings FÜR DICH.DU erfährst,du entdeckst,du wertest deine Erfahrungen je nach deinem Charakter,deinem Denkvermögen aus.Andere anders.Und die Wahrheit geht unter,je mehr du erfährst,je älter du wirst...Jaspers sagt:"Wahrheit ist,wenn Denken und Tun übereinstimmen".Als Baby denkst du "Hunger"und tust alles,um Nahrung zu dir zu nehmen.Später denkst du:"Hunger".Aber du isst nichts,denn:Erfahrungsgemäß wirst du schnell dick,du magst es nicht,dick zu sein.Oder du darfst nichts teures essen,weil du auf einen DVD Player sparst,was weiß ich.Verstehst du?Denken,dein ureigener Wille(der sich im Denken ausdrückt)und Tun stimmen jetzt nicht mehr überein.Wie findest du das?
@Merkur:Ich habe angesprochen,wie es wäre,wenn man von Geburt an keine Sinne hätte,wie man leben würde,ob du dann "wahr"lebst,usw.. :)
Ich muss jetzt mal was loswerfen:Also,es macht echt Spaß,mit euch zu philosophieren,ich bin so froh,hierhin gefunden zu haben!
Valete! :-D
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Beitragvon Seneca w » Di 17. Feb 2004, 21:41

Hallo!Kurze Umfrage,Ergebnis würd mich sehr interessieren:Seid ihr Empiristen oder Rationalisten???
Danke! :)
p.s.:Wie findet ihr meine Signatur???Wär auch ne Antwort... :D
Die Köpfe, welche die Gabe lichtvoller Klarheit haben, erlangen Beifall;
die verworrenen werden bisweilen verehrt, weil keiner sie versteht.
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Beitragvon Parmenides » Mi 18. Feb 2004, 15:55

Wie schon oben deutlich gemacht, Empirist.
Parmenides
 

Beitragvon suetonius » Mi 18. Feb 2004, 18:13

würde mir jemand in einem satz den krassen unterschied dieser zwei gruppen deutlich machen?
...une tête bien faite et une tête bien pleine...
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Beitragvon Clemens » Mi 18. Feb 2004, 19:42

Hmm...kurz und grob vielleicht so:

Empirismus: Erkenntnis stammt aus der Erfahrung auch aus Sinneswahrnehmung, Urteile a posteriori - im Nachhinein, materialistisch

Rationalismus: Nur durch Verstand und Vernunft gelangt man zur Erkenntnis, unsere Sinne täuschen uns, Urteile a priori - im Vorhinein, idealistisch
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