von Hegesias » Mi 7. Jul 2004, 22:10
Eine gute Frage, ob das menschliche Daseins eines Lebensinnes überhaupt bedürfe und was sei denn so schlecht daran, wenn es gar keinen objektiven Lebenssinn für uns gäbe. Wenn man bedenkt, daß der Mensch bevor er ins Dasein eintrat schon eine Ewigkeit nicht existierte, und womöglich wieder ins Nichts der Ewigkeit nach dem Tod fallen wird, relativiert sich sehr schnell die Sinnbedeutung des Menschen sub specie aerterna. Vielleicht sollte sich der Mensch selbst nicht allzu wichtig in seiner Sinnsuche nehmen und in Gelassenheit lernen, seine sterbliche Endlichkeit zu akzeptieren. Der Sinn seines Daseins können sich vielleicht gerade darin erweisen, daß es letztlich keinen Sinn gäbe, was ihn aber nicht verzweifeln lassen sollte, sondern eher als eine conditio humana verstanden werden könnte. Zu bedenken wäre weiterhin, ob der Freitod nicht auch letztlich der verzweifelte Versuch einer letzten Sinnstiftung des Lebens ist, weil ja der Selbstmörder so sehr am Leben hängt, daß er es einfach nicht erträgt, wie es de facto ist. Selbstmord ist also nicht die Verneinung des Willens zum Leben, sondern eine radikale Form der Bejahung eines Lebens, welches jedoch in der schmerzlichen Erfahrung der Realität keine entsprechende Erfüllung findet. Aus diesem Grund kann eigentlich nur das stoische Allheilmittel der gr. Ataraxia, der Gleichmut der Seele empfohlen werden, da sie den Menschen von den Affekten befreit, so daß der Mensch gelassen die Dinge erträgt, die nicht zu ändern sind. Wenn diese aber zu schwer für ihn werden sollten, kann er ja immer noch jederzeit freiwillig aus dem Leben scheiden, da das Leben an sich kein bonum sei, sondern allein auf das bene vivere komme es im Leben an, wie uns schon Seneca in seinem berühmten 70.Brief zum Freitod eindringlich darlegt.