Was ist Zeit?

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Beitragvon Parmenides » Do 24. Jun 2004, 20:40

Veränderung:
Das Sein an einem Orte und das Nichtsein desselben an demselben Orte.

Der Raum wird also dazu nicht gebraucht, denn es werden keine verschiedenen Orte benötigt, um den Begriff der Veränderung und damit den der Zeit zu bekommen. Das Sein, indes, wird natürlich vorausgesetzt, aber dieses setzt ja schon die Betrachtung selbst voraus. ;-)

Nun ja, für mich sind Raum (auch nichtphysikalisch) und Seiendes nicht dasselbe. :D
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Beitragvon Euripides » Fr 25. Jun 2004, 16:33

..und wie würdest du das Seiende in Anlehnung an "keine Veränderung durch die Zeit" definieren?
Als unverändertes Mittel der Anschauung ihrer Erscheinung selbst, das a priori von der Zeit nicht beeinflusst wird? :?
Phantasia ei kai ou pantos to phainomenon.
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Beitragvon jp-magister » Fr 2. Jul 2004, 09:22

Was ist Zeit?
"Ich habe keine Zeit" hört man doch so oft, aber fragt man danach, was denn Zeit bedeute, weiß oftmals niemand so recht, was denn da wohl darauf geantwortet werden könnte.


Ja, ja, der alte Augustinus (conf. 11, 14):

Niemals also hat es eine Zeit gegeben, wo du nicht schon etwas geschaffen hattest, weil du ja die Zeit selbst geschaffen hast. Und keine Zeit ist ewig wie du, weil du immerdar derselbe bleibst. Wenn sie aber bliebe und nicht verginge, dann wäre sie keine Zeit. Denn was ist die Zeit? Wer vermöchte dies leicht und in Kürze auseinanderzusetzen. Wer kann nun darüber etwas je sprechen, es auch nur in Gedanken umfassen? Und doch erwähnen wir nichts so häufig und nichts ist als so selbstverständlich als die Zeit. Und wir verstehen es allerdings irgendwie, wenn wir davon sprechen, noch verkennen wir es, wenn wir eine andere von ihr reden hören. Was ist also die Zeit? Wenn mich niemand danach fragt, weiß ich es, wenn ich es aber einem, der mich fragt, erklären sollte, weiß ich es nicht; mit Zuversicht jedoch kann ich wenigstens sagen, dass ich weiß, dass, wenn nichts verginge, es keine vergangene Zeit gäbe, und wenn nichts vorüberginge, es keine zukünftige Zeit gäbe. Jene beiden Zeiten also, Vergangenheit und Zukunft, wie kann man sagen, dass sie sind, wenn die Vergangenheit schon nicht mehr ist und die Zukunft noch nicht ist? Wenn dagegen die Gegenwart immer gegenwärtig wäre und nicht in die Vergangenheit übergänge, so wäre sie nicht mehr Zeit, sondern Ewigkeit. Wenn also die Gegenwart nur darum zur Zeit wird, weil sie in die Vergangenheit übergeht, wie können wir da sagen, dass sie ist und wenn sie deshalb ist, weil sie sofort nicht mehr ist, so dass wir insofern in Wahrheit nur sagen könnten, dass sie eine Zeit ist, weil sie dem Nichtsein zustrebt?
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Quid est enim tempus?

Beitragvon Hegesias » Fr 2. Jul 2004, 20:17

Salvete amici,

hoc est de Sancte Augustine et fortasse bene ad disputandum:
Quid est enim tempus? Quis hoc facile breviterque explicaverit?
Quis hoc ad verbum de illo proferendum vel cogitatione comprehenderit?
Quid autem familiarius et notius in loquendo commemoramus quam tempus?
Et intellegimus utique cum id loquimur, intellegimus etiam cum alio loquente id audimus.
Quid est ergo tempus?
Si nemo ex me quaerat, scio; si quaerenti explicare velim, nescio.
Fidenter tamen dico scire me quod, si nihil praeteriret, non esset praeteritum tempus, et si
nihil adveniret, non esset futurum tempus, et si nihil esset, non esset praesens tempus.
(Augustinus, Confessiones XI 14 )

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Beitragvon Hegesias » Fr 2. Jul 2004, 20:51

Die Frage, was Zeit sei, erweist sich als höchst problematisch, weil wir uns fragen müssen, ob es überhaupt ein Zeitbewußtsein außerhalb unserer selbst gibt. Von Zeit zu sprechen macht ja nur dann Sinn, wenn wir ein Subjekt voraussetzen, welches in die transzendentalen Kategorien von Raum und Zeit eingebunden ist. Somit wäre Zeit eine subjektzentrierte Wahrnehmung des Bewußtseins, so daß Zeit niemals unabhängig von uns gedacht werden könnte. Ob es eine sogenannte absolute Zeit gibt, läßt sich wohl darum letztlich nicht mit letzter Gewissheit entscheiden, obwohl einige Indizien der Physik dafür zu plädieren scheinen. Was Zeit an sich sei, bleibt uns letztlich wohl verborgen. Auch können wir nicht recht sagen, Zeit "ist", weil Zeit dann auf den zeitlichen Modus der Gegenwart reduziert wäre, was zur irrigen Auffassung führen müßte, daß die Tempi der Vergangenheit und Zukunft geleugnet würden. Nur Gegenwart könnte Sein für sich beanspruchen und von ihr her allein erschliesse sich Vergangenheit als "Nicht-mehr-Sein" und Zukunft als "Noch-nicht-Sein". Heidegger als Denker der ontologischen Differenz hat darum gelehrt, wir können nur sagen, es gibt Zeit, aber nicht Zeit "ist", weil er die Gleichursprünglichkeit der Zeit in Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft als die adäquate Form der Zeit zu bestimmen sucht. Im Horziont der Zeit kommt aber immer auch unser Seinsverständnis in den Blick, so daß Zeit und Sein zwei fundamentale Begriffe sind, die sich unserem vorstellenden Denken zwar zu entziehen scheinen, aber dennoch können wir nicht ohne diese auskommen.
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Beitragvon Parmenides » Fr 2. Jul 2004, 23:51

kurzgesagt: Zeit und Sein sind integraler Bestandteil unseres Denkens überhaupt, als Bedingungen desselben.

Ob es eine sogenannte absolute Zeit gibt, läßt sich wohl darum letztlich nicht mit letzter Gewissheit entscheiden, obwohl einige Indizien der Physik dafür zu plädieren scheinen.

Unterliegen nicht alle unsere physikalischen Erkenntnisse, da sie der subjektiven Anschauung des Menschen nothwendig bedürfen, auch den Bedingungen derselben? Wie also können Indizien der Physik einem Philosophen, der sich des obigen bewusst ist, irgendeinen Hinweis über die Existenz einer absoluten Zeit zu geben scheinen?
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Beitragvon Hegesias » Sa 3. Jul 2004, 14:42

Ich denke, dass die Philosophie als ein rationaler Diskurs unbedingt das Gespräch mit der Physik zur Erklärung der physikalischen Welt suchen sollte. Nicht ohne Grund sind ja gute Physiker immer auch Philosophen, was zumindest Philosophen verpflichten sollte, die Erkenntnisse bzw. die hypothetischen Erklärungsmodelle der Physik soweit anzuerkennen bis diese nicht eindeutig widerlegt worden sind. Nun hat die Physik in ihrer mathematischen Beschreibung von physikalischen Phänomenen ein Erklärungsmodell der absoluten Zeit durch Newton formuliert, welches als ein Postulat, d.h. als eine hypothetische Annahme zur Erklärung von Zeit eingeführt wird, welches die Existenz eines sogenannten absoluten Inertialsystems (Trägheitssystems) voraussetzt, in dem die physikalischen Naturgesetze z.B. der Schwerkraft, die unabhängig vom Beobachterstandpunkt immer währende Gültigkeit in diesem selbst nicht mehr zu hintergehenden Raum-Zeit-Kontinuum beansprucht. Die spezielle Relativitätstheorie von Einstein bestreitet mit guten Gründen die Existenz eines absoluten Raumes, da sie den relativen Standpunkt eines Beobachters mit einbezieht, was letztlich Zeit relativ werden läßt, da sie nun in Relation zum jeweiligen Beobachter betrachtet wird. Philosophisch aber gesehen, setzt ein relativer Standpunkt immer ein Absolutes voraus, ohne dieses können wir nicht sinnvoll von Relativität sprechen. Natürlich könnte man einwenden, daß es sich bei diesem Einwand um eine Frage der logischen Semantik handelt, die für die Physik als eine Wissenschaft der quantitativen Beobachtung von physikalischen Phänomenen durch mathematische Theorien irrelevant zu sein scheint. Aber die Grundfragen der Physik bleiben dennoch im Grenzbereich zwischen Philosophie und Physik und können nur im kritischen Dialog zu einem tieferen Verständnis unserer physikalischen Welt beitragen.
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Beitragvon Parmenides » Sa 3. Jul 2004, 15:52

Ein Diskurs mit der Physik mag sicherlich nicht schaden. Jedoch scheint es mir unsinnig, die Bedingungen einer Betrachtung im Nachhinein als Erkenntnisse derselben zu verkaufen.
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Beitragvon Hegesias » Sa 3. Jul 2004, 22:30

Ich denke, wir sollten bei dem komplexen Thema Zeit möglichst viele und vor allem auch kontroverse Theorien kennenlernen, die uns erst den multidimensionalen Horizont für eine philosophische Betrachtung eröffnen. Philosophie geht ja bekanntlich nicht in der Expertenkultur als ausdifferenzierte Einzelwissenchaft auf, sondern ist mit ihren Fragen und Problemen immer auch an diese unsere Lebenswelt rückgekoppelt.
Es scheint mir deshalb auch keineswegs "unsinnig" zu sein, wenn man sich verschiedene Positionen bzw. methodische Zugänge vergegenwärtigt , sei es der Philosophie oder auch z.B. der Physik, die in ihren jeweiligen Erkenntnisprozessen vielleicht auch noch zur selben Auffassung gelangen sollten. Eingedenk des berühmten Diktum Hegels, daß das Wahre das Ganze sei, gehört zum Resultat immer auch wesentlich der jeweilig eigene Erkenntnisprozess. Die philosophische Frage, ob es sinnvoll sein könnte, von einer absoluten Zeit zu sprechen, die quasi als unhintergehbarer Metarahmen zu postulieren wäre, hätte m.E. auch ganz praktische Folgen, da Erkenntnistheorie immer auch schon nolens volens eine Theorie der Moral impliziert. Dies würde dann bedeuten, wenn wir eine absolute Zeit annehmen, die unabhängig von uns existierte, dann könnten wir gegenüber dem allgemein herrschenden subjektzentrierten Relativismus ein objektiv ontologisch begründetes Seinsprinzip als ein praktisches Postulat der Vernunft zur Geltung bringen, welches uns befähigt, dem Relativismus und dem von ihm verursachten allgemein zu beobachtenden Wertezerfall entgegen zusteuern. Vielleicht könnten wir über die moralischen Konzequenzen der jeweiligen Zeitverständnisses kontrovers diskutieren.
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Beitragvon jp-magister » Sa 3. Jul 2004, 23:17

Matthäus 5, 37
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Beitragvon Hegesias » Mo 5. Jul 2004, 02:05

Es ist seltsam in einem philosophischen Forum ein Bibelzitat zu finden, das in seiner apodiktischen Form diametral dem entgegengesetzt ist, was ja bekanntlich einem philosophischen Diskurs als argumentative und logisch stringente Streitkultur erst ausmacht, nämlich sich im "zwanglosen Zwang des besseren Arguments" (Habermas) allein dem Logos, d.h. der vernünftige Rede, verpflichtet zu wissen. Philosophie als kritisch rationales Denken hat sich als eine emanzipatorische Praxis der Aufklärung durch Vernunft zu bewähren und kann deshalb keine geoffenbarte Tradition als verbindliche Autorität anerkennen, weil sie sonst in reine Apologie verfallen würde, was ihrem Geist und ihrer intellektuellen Redlichkeit zuwider läuft. Desweiteren meine ich, daß dieses Bibelzitat symptomatisch ist für das Spannungsverhältnis von Philosophie und Religion als einer geoffenbarten Wahrheit. Religion spricht immer sub specie aeterna, d.h. sie meint, dass sie schon durch göttliche Offenbarung im vollen Besitz der absoluten Wahrheit sei. Dies zeigt sich auch in ihrem undifferenziertem simplen Weltbild von Gut und Böse, so daß sie lapidar verkünden kann, euer Ja sei ein Ja und euer Nein sei ein Nein. Philosophie hingegen kommt, wie Aristoteles lehrt, aus dem gr. Thaumazein, d.h. dem Staunen darüber, daß überhaupt etwas sei und nicht vielmehr nichts sei. Es gibt im philosophischen Denken eigentlich nichts Selbstverständlichliches, weil alles fragwürdig zu werden scheint. Ein Philosoph ist stets unterwegs, d.h. auf der Suche nach Wahrheit. Deshalb können seine Antworten auch nicht ein einfaches Ja oder Nein sein, sondern erfordern eine differenziertere Betrachtung der komplexen Probleme unserer Welt und unseres menschlichen Daseins. Das Verhältnis von Philosophie und Physik ist darum auch von einer deratigen diffizilen Komplexität in ihren Problemen, so daß uns einfache Antworten oder gar Bewertungen sicherlich nicht weiterhelfen können.
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Beitragvon jp-magister » Mo 5. Jul 2004, 09:27

Was Dir dieses Bibelzitat verständlich machen sollte, falls Du es wirklich nicht verstanden hast:

Versuche in kurzen verständlichen Worten zu formulieren, was Du meinst. Bring die Sache auf den Punkt. Verlier Dich nicht in Fremdwörterarien und Zitaten. Achte mehr darauf, was Du sagen willst, als wie etc.
Vielleicht fällt Dir dann auch auf, welche Plattitüden, welche Banalitäten, ja welchen Unsinn Du hier teilweise verzapfst.

"Zeit kann niemals unabhängig von uns gedacht werden" - Wie denn auch? Was kann überhaupt unabhängig von uns gedacht werden.

"Nicht ohne Grund sind ja gute Physiker auch immer gute Philosophen ..." - Die Gegenbeispiele sind Million, obwohl ja eines genügen würde.

"Dies würde dann bedeuten, wenn wir eine absolute Zeit annehmen, die unabhängig von uns existierte, dann könnten wir gegenüber dem allgemein herrschenden subjektzentrierten Relativismus ein objektiv ontologisch begründetes Seinsprinzip als ein praktisches Postulat der Vernunft zur Geltung bringen, welches uns befähigt, dem Relativismus und dem von ihm verursachten allgemein zu beobachtenden Wertezerfall entgegen zusteuern." - Welch ein Unsinn!
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Beitragvon Neni » Mo 5. Jul 2004, 14:54

Also die Sprachexempel find ich irgendwie komisch, ich versteh dein Problem zumindest nicht. Die ganze Frage ist irgendwie komisch. Alles komisch, nur ich nicht. :verwirrt:
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Beitragvon Hegesias » Mo 5. Jul 2004, 20:40

@ jp-magister

Ich verstehe offen gesagt nicht Deine affektbeladene Entgleisungen, die eigentlich keines Kommentars bedürfen, sondern vielmehr etwas über Dich als Interpreten aussagen als etwas wirklich Sachhaltiges über den Wahrheitsgehalt meiner philosophischen Reflexionen. Warum scheust Du Dich eigentlich in den philosophischen Diskurs aktiv einzutreten und mit rationalen Argumenten Deine Überzeugungen/Meinungen vorzutragen?? Was Du mir nämlich vorwirfst, praktizierst Du doch in extenso selbst, nämlich Du postest kommentarlos ein Bibelzitat und wunderst Dich dann noch, wenn jemand wirklich versucht, sich darüber noch philosophische Gedanken zu machen, die man ja nicht unbedingt teilen muss, aber deswegen seinen Diskussionspartner diskreditieren zu wollen, wirft leider ein bedauernswertes Bild auf Dich selbst zurück. Was ich an Dir vermisse, ist eine Diskurskultur, die Dich anscheinend überfordert.
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Beitragvon jp-magister » Mo 5. Jul 2004, 20:55

Entschuldigung. Ich hatte Deine Signatur nicht beachtet (sic copiose ...). Wenn Du mich mit Deinen postings in den Selbstmord treiben willst, dann ist das O.K.
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