sind wir...

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sind wir...

Beitragvon Enrico » So 8. Aug 2004, 16:53

...eine frage die mich schon seit längerem beschäftigt, ist folgende:

sind wir weil wir denken - oder denken wir weil wir sind ???

:? :? :?

man könnte nun sagen, "...ich denke, also bin ich..."
nur ist diese schlußfolgerung denn auch richtig ?

oder bin ich weil ich denke (das ich bin)... ???
Enrico
 

Beitragvon Clemens » So 8. Aug 2004, 20:20

Ich sehe das so:

Ich denke, weil ich bin.
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Beitragvon Niger Papilio » So 8. Aug 2004, 20:30

Hm ich bin eher für diese Fassung: Ich bin, weil ich denke, dass ich bin.

René Descartes argumentierte ja mit dem berühmten Ausspruch "cogito, ergo sum (ich denke, also bin ich)".

Allerdings kann ich mich damit nicht ganz anfreunden. Es benötigt mehr, um mich davon zu überzeugen, dass ich/wir wirklich existieren.

Ich meine, wer beweist uns, dass wir nicht imaginäre Wesen in einem Kopf einer höheren Macht/eines höheren Lebewesens sind? :D

So Dinge wie die wirkliche Existenz kann man nicht beweisen, weil es nicht in der Macht unseres Verstandes liegt.
Niger Papilio
 

Beitragvon Clemens » So 8. Aug 2004, 20:50

Eben. Das Ganze ist eine Glaubensfrage.
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Beitragvon Parmenides » So 8. Aug 2004, 22:40

Ich meine, wer beweist uns, dass wir nicht imaginäre Wesen in einem Kopf einer höheren Macht/eines höheren Lebewesens sind?

Dergleichen räumt Descartes selbst ein:
"Age ergo somniemus" - "Meinetwegen: wir träumen"

Aber wogegen richtet sich Dein Einwand? Descartes beweist ja nicht, dass wir in dieser Welt existieren, dass alles um uns herum existiert, sondern viel bescheidener nur - und soweit stimme ich mit ihm überein -

"hoc pronuntiatum: ego sum, ego existo, quoties a me profertur vel mente concipitur, necessario esse verum." - "dass dieser Satz: Ich bin, ich existiere, sooft ich ihn ausspreche oder in Gedanken fasse, notwendig wahr ist."

Man kann nicht denken, dass man nicht sei. Solange man denkt, ist man notwendigerweise. Das Denken ist gewissermaßen ein Indiz für das Dasein. Das ist die erste Gewissheit Descartes, im Grunde noch nicht viel.
Was Du mit wirklicher Existenz meinst, scheint - typisch neuzeitlich - nicht die Existenz des Subjekts in obigem Sinne zu sein, sondern die der Welt.

Hingegen alles - auch die Welt - im Sinne der Bewusstseinsphilosophie zu betrachten, alles aus dem eigenen Subjekte heraus zu betrachten - als geistige Welt, gleich ob sie "real existent" ist oder nicht, ist ein berauschendes Erlebnis. - So müssen Platon, Descartes, Kant etc. die Welt gesehen haben, frei vom Glauben an die Welt.

sind wir weil wir denken - oder denken wir weil wir sind ???

Also Descartes sagt nur: Ich denke (der Zweifel ist sein Ausgangspunkt) - also bin ich.
Der neuzeitliche Mensch sagt: Ich fühle, dass ich bin. Und übrigens denke ich auch.

Soweit meine Thesen. ;-)
Parmenides
 

Beitragvon Enrico » So 8. Aug 2004, 23:58

hmm...
ich kann mich ganz ehrlich gesagt auch nicht so recht mit dem gedanken anfreunden das ich denke weil ich bin...

denn wer sagt mir denn das ich wirklich bin? und das ist meiner meinung nach nicht unbedingt nur eine glaubensfrage.

denn wenn man harald maurer ("das prinzip des seins"), der eine etwas andere denkrichtung als einstein oder hawking an den tag legt, glauben schenken mag, dann existiert nur rein die energie - der raum und (zwangsläufig) die zeit in unserem universum - und alles um uns herum leitet sich von diesen drei größen ab bzw. ergibt sich aus ihnen - entsteht aus ihnen...
(denn ein "nichts" kann es seiner meinung nach nicht geben... )

somit auch wir - die menschen...

und aus diesem grund denke ich ebenso das ich bin weil ich denke das ich bin...

nur was ist dann noch "real" ? nur das was ich selber als real empfinde?


p.s.: kennt jemand das buch von maurer?
Enrico
 

Beitragvon Niger Papilio » Mo 9. Aug 2004, 00:55

@Parmenides

Aus der alleinigen Gewissheit des Denkens (des Zweifelns) leitet das Subjekt seine Wirklichkeit ab ("cogito ergo sum"). Nach englischen Philosophen wie John Locke und George Berkely führt dann der deutsche Idealismus Descartes' These weiter: Das seiner selbst gewisse Subjekt sichert das Fundament von Denken und Wirklichkeit; Reflexion ist wesentlich Selbstreflexion. Später wurden die in diesen Thesen J.G. Fichtes und G.W.F. Hegels angelegten problematischen Tendenzen im sogenannten Solipsismus radikalisiert: Aus der kantschen Einbeziehung des Subjekts in den Erkenntnisprozess wird der Ausschluß der Welt aus dem Erkenntnisprozess; die als unerträglich empfunde Spaltung von Ich und Welt wird überwunden, indem das Subjekt zum alleinigen Objekt des Subjekt erklärt wird; so ist die alte Einheit des Lebens wiederhergestellt, freilich zum Preis des Ausschlusses der Welt aus der Erkenntnis.
Und hier kommen wir zu meine Einwand: Ich kann mir nicht vorstellen, dass Menschen, die sind, in einer Welt leben, die nicht ist. Für mich muss die Welt notwendigerweise mit in die Erkenntnistheorie mit einbezogen werden.
Demnach zündet Descartes These nicht bei mir..
Niger Papilio
 

Beitragvon Clemens » Mo 9. Aug 2004, 10:35

denn wer sagt mir denn das ich wirklich bin? und das ist meiner meinung nach nicht unbedingt nur eine glaubensfrage.

Keiner sagt dir das, du kannst weder das eine noch das andere beweisen - was sonst als eine Glaubensfrage (nicht im Sinne der Religion) bleibt also übrig?
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Beitragvon Parmenides » Mo 9. Aug 2004, 22:06

Und hier kommen wir zu meine Einwand: Ich kann mir nicht vorstellen, dass Menschen, die sind, in einer Welt leben, die nicht ist. Für mich muss die Welt notwendigerweise mit in die Erkenntnistheorie mit einbezogen werden.
Demnach zündet Descartes These nicht bei mir..

1. Diese Vorstellung meinte ich - sie ist eben etwas völlig Neues, Überwältigendes.
2. Dein Schluss ist inkonsequent. Weil Dir das Ergebnis nicht passt, leugnest Du die These.
Entweder musst Du einen Fehlschluss aufzeigen oder die Voraussetzung leugnen, was mir beim Denken schwer möglich erscheint, oder Du akzeptierst auch alle Folgerungen. Aber den entscheidenden Einwand gegen Descartes vermisse ich. - Du hast damit nicht Descartes These widerlegt.

Außerdem ist mir noch nicht klar, wieso aus der Gewissheit Descartes die Negation des Daseins der Welt folgen soll. Hier liegt nämlich, wie ich glaube, der Fehlschluss.
Ich beispielsweise stimme Descartes bei, glaube also an das Dasein des Subjekts, und zudem an das Dasein der Welt und damit an das Dasein des Absurden.

Außerdem schriebst Du weiter oben:
Hm ich bin eher für diese Fassung: Ich bin, weil ich denke, dass ich bin.

René Descartes argumentierte ja mit dem berühmten Ausspruch "cogito, ergo sum (ich denke, also bin ich)".

Allerdings kann ich mich damit nicht ganz anfreunden.

Das verstehe ich nicht. Descartes These (ich bin, solange ich denke, dass ich bin) ist doch wesentlich bescheidener und sogar in Deiner Fassung impliziert.
Parmenides
 

Beitragvon Parmenides » Mo 9. Aug 2004, 22:11

nur was ist dann noch "real" ? nur das was ich selber als real empfinde?

@Enrico
Zumindest mit Gewissheit. Ob es außerdem noch eine andere Realität gibt, bleibt offen. Und all das Ungewisse abzuziehen, sollte man einmal versuchen.
Parmenides
 

Beitragvon Enrico » Di 10. Aug 2004, 00:09

Ob es außerdem noch eine andere Realität gibt, bleibt offen.

@Parmenides
ich meinte damit nicht, das ich denke das es noch eine andere realität gibt...

ich meinte ob denn dann nur noch das real ist - existent ist - was ich selber oder andere als realität empfinden...

ist denn unsere "realität" - alles was uns umgibt - dann vielleicht nicht nur ein spiegelbild unseres geistes? ein spiegelbild von dem was wir denken?

und wenn das so wäre, wären wir dann nicht ein teil des "ganzen" ?
(nicht ich und die welt - sondern ein ganzes...)
Enrico
 

Beitragvon Parmenides » Di 10. Aug 2004, 00:42

Ja, genau.

Allerdings sehe ich trotzdem eine Entzweiung:
Denn die Spiegelwelt der Erscheinungen ist auch teils selbstständig und entwickelt sich unabhängig vom Geist, auch wenn sie Teil des Geistes ist.

Und hier kommen wir zu meine Einwand: Ich kann mir nicht vorstellen, dass Menschen, die sind, in einer Welt leben, die nicht ist.

@Niger Papilio:
Schließt man die Welt aus, so leben wir ja nicht in einer Welt, die nicht ist, (denn sie ist ja nicht), sondern wir leben dann in einer Welt des Geistes.
Parmenides
 

Beitragvon Juergen » So 15. Aug 2004, 20:12

Niger Papilio hat geschrieben:René Descartes argumentierte ja mit dem berühmten Ausspruch "cogito, ergo sum (ich denke, also bin ich)".

Sagt er das wirklich? :?

Ich meine, er sagt:

cogito sum --- ohne "ergo".
Juergen
 

Beitragvon Kira » So 15. Aug 2004, 22:19

also, ich meine, ergo gehoert da rein.
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Beitragvon Parmenides » Mo 16. Aug 2004, 01:44

Er schrieb auch:
sum res cogitans. ;-)

@Kira: Aber wo steht "Cogito, ergo sum."?
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