Depression- Krankheit unserer Zeit?

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Depression- Krankheit unserer Zeit?

Beitragvon Joselynne » Sa 28. Mai 2005, 21:53

Wie kommt es, dass sich so viele Menschen der Tatsache nicht bewußt sind, dass sich jedes Leben und jedes Ereignis auf dieser Welt ständig wiederholt? Es gibt Nichts, das nicht schonmal dagewesen wäre oder existiert hätte. Es ist sinnlos ein Leben zu führen, nur um dem Klischee des "Glücklichseins" zu entsprechen, Reihenhaus, Ehepartner, Kind, Hund und einmal im Jahr in den Urlaub fahren.
Haben Psychater ihr steigendes Gehalt der Tatsache zu verdanken, dass immer mehr Menschen außergewöhnlich sein wollen, in einer Gesellschaft, in der keine Außergewöhnlichkeit mehr existiert?
Meiner Meinung nach ist das die Depression unserer Zeit.

Würde mich über ähnliche Gedankenflüsse freuen.
Joselynne
 

Beitragvon ResPublica » Sa 28. Mai 2005, 22:13

Du hast Recht, wenn du sagst, dass sich jedes Ereignis auf Erden ständig wiederholt und dass jeder Mensch das gleiche erlebt, aber:
Jeder Mensch erlebt es für sich zum ersten Mal und erlebt es unterschiedlich, erlebt es als etwas für ihn selbst Besonderes!
Glaubst du wirklich, dass solch ein "normales" Leben sinnlos ist?
Ich glaube es nicht... schließlich - sie dich um: Millionen Menschen leben dieses Leben, geben vor glücklich zu sein und sind es schließlich auch, weil ihnen die anderen Möglichkeiten, Ideen und Gedanken fehlen...
Sie kennen nichts Anderes und können das ihnen Bekannte demnach als Glück annehmen.
Schließlich gibt es da einige, die dieses Spiel durchschauen und es dann mit Sinnlosigkeit abstempeln.
Ich glaube, das ist der falsche Weg. Richtig wäre es wohl, wenn wir dieses Leben annehmen und ihm trotzdem etwas Besonderes zuhaften wollen. Auch wenn wir wissen, dass alles sinnlos ist...
Wir müssen uns zu etwas Besonderem machen!
ResPublica
 

Beitragvon suetonius » Mo 30. Mai 2005, 15:09

Definitiv,
die ganze Werbung und Gesellschaft redet uns alles mögliche ein: du musst glücklich sein, jeden morgen freudestrahlend zur arbeit gehn, zwei kinder haben, ein haus ein dickes auto und eine grandios schöne frau, die sich wahrscheinlich noch sozial engagiert. Halt die perfekte Rama familie. Doch so unrealistisch dies auch ist, so sind auch unsrere Glücksanforderungen an unser Leben. Depression ist da eine logische Folge.
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Beitragvon ResPublica » Mo 30. Mai 2005, 22:30

Hm... klingt sehr allgemein, Suetonius.
Was sagst du zu jenen, die nicht in Depressionen verfallen?
Meinst du, diese werden in Zukunft Außenseiter werden?

Was haltet ihr eigentlich von der Entwicklung, dass heutzutage bereits jeder zweite seinen eigenen Psychiater hat? Eine wöchentliche Sitzung, die Alltagsproblemchen werden aufgearbeitet und man geht dann nach Hause, in der Meinung wieder völlig gesund zu sein.
Eine psychische Krankheit dient immer mehr zu Entschuldigen aller Art, meint ihr nicht?
ResPublica
 

Beitragvon Marcus » Mo 30. Mai 2005, 23:30

ResPublica hat geschrieben:Was haltet ihr eigentlich von der Entwicklung, dass heutzutage bereits jeder zweite seinen eigenen Psychiater hat? Eine wöchentliche Sitzung, die Alltagsproblemchen werden aufgearbeitet und man geht dann nach Hause, in der Meinung wieder völlig gesund zu sein.


Diese Entwicklung halte ich fuer voellig schwachsinnig ... mit alltaeglichen Problemen wird ja wohl jeder nicht-kranke Mensch selbst zurechtkommen :> Mit soetwas sollte man keine studierten Mediziner belästigen, finde ich.
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Re: Depression- Krankheit unserer Zeit?

Beitragvon Cellus » Di 31. Mai 2005, 00:22

Joselynne hat geschrieben: Es gibt Nichts, das nicht schonmal dagewesen wäre oder existiert hätte. Es ist sinnlos ein Leben zu führen, nur um dem Klischee des "Glücklichseins" zu entsprechen, Reihenhaus, Ehepartner, Kind, Hund und einmal im Jahr in den Urlaub fahren.


Ich meine, man sucht sich das nicht aus, ob man ein solches Leben führen oder nicht leben möchte. Letztlich "treibt" es uns als Menschen immer wieder in diese Richtung. Freundin => Liebe => Haus => Kind => usw. kurz KKK (Kind-Köter-Kombi) und zwar einfach weil es schön und erstrebenswert ist.
Ärgerlich ist es aber natürlich, dass man leider auch in diese Schiene hineingedrängt wird. Soll heißen, man wird schief angeschaut, wenn man die "Entsprechungen" nicht ganz so erfüllt, obschon es aber nicht mehr so schlimm ist wie "früher".
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Beitragvon Imber » Di 31. Mai 2005, 09:27

"Es gibt Nichts, das nicht schonmal dagewesen wäre oder existiert hätte. Es ist sinnlos ein Leben zu führen, nur um dem Klischee des "Glücklichseins" zu entsprechen, Reihenhaus, Ehepartner, Kind, Hund und einmal im Jahr in den Urlaub fahren."
Kommen wir zu der Aufzählung der sinnleeren Klischeebegriffe:
Reihenhaus.
Ich wohne seit 9 Monaten in meiner eigenen Wohung, zusammen mit meinem Freund, kann Poster aufhängen, die mir gefallen, kochen, was ich mag, meine Klamotten über einen stuhl werfen, wenn ich zu faul bin, sie aufzuhängen. Es fallen unter den Begriff "eigene Wohnung" etc etwa unendlich viele Unterbegriffe, die mich einzelnd glücklich machen. Zusammengefaßt kann man es dann "Wohnung" nennen und langweilig finden, weil viele Menschen eine Wohnung haben. Sie haben aber andere Poster. ha. meine wohnung ist einmalig.
Ehepartner.
Mein Mann ist einmalig. Nicht tausendmal dagewesen. Und jedes Gespräch, das wir führen, ist einmalig. Und jedes Glücksgefühl, das ich durch ihn verspüre, sowieso. Das muß ich gar nicht weiter ausführen.
Kind
siehe Ehepartner.
Hund
Mein Wellensittich ist ebenso einmalig wie ein Mensch. Wie er den Kopf schieflegt, so legt kein anderer oder tausen andere Wellensittiche den Kopf schief, und wenn ich weine und er auf meinen Fuß fliegt und bis hoch zu meiner Schulter tapst, was er übrigens sonst niemals tun würde, weil er eigentlich recht schüchtern ist - also, das ist ein Glücksgefühl, das nicht tausend andere Menschen genauso durch ihre tausend anderen Tiere verspüren.
Und der Urlaub.
Urlaub setzt sich aus vielen Erlebnissen zusammen. Samstag war es sehr warm, ich bin an eine Steilküste gefahren und hab mich am oberen Rand im Wald hingelegt und Meerwind und Waldgeruch genossen und mich glücklich gefühlt. Mit dem Kopf des langweiligen Partners auf dem Bauch übrigens. Das war ein ganz spezielles Gefühl mit ganz speziellen Gerüchen und ganz speziell bissigen Waldameisen in der Hose, und genau dieses selbe Glücksgefühl und genau dieselben Ameisenbisse wird niemals jemand anders erleben und hat auch niemals jemand vor mir erlebt. Nur weil viele Menschen in Urlaub fahren, heißt es nicht, daß sie das selbe erleben.
Und nur, weil alle Lebewesen Nahrung aufnehmen müssen, heißt das auch nicht, daß sie alle gleich sind.
Unter jedem Oberbegriff gibt es unendlich (!!!) viele Unterbegriffe, und genau darum geht es ja in diesem Thema, darum, daß eine UNENDLICHKEIT an VERSCHIEDENEN glücksgefühlen vorhanden ist.
Imber
 

Beitragvon Joselynne » Fr 3. Jun 2005, 13:05

Das stimmt zwar schon, was ihr da schreibt, aber was ist wenn ein Mensch nunmal einfach nicht in irgendeine "Schiene" gesteckt werden will?
Sicher empfindet jeder, wenn sein Partner auf seinem Schoß liegt, Glücksgefühle, aber meinst du nicht, dass auch diese von allen ähnlich empfunden werden?
Eine gewisse Zeit ist einem alles andere egal, aber wenn man dann in die Realität zurückfindet, ist es einfach so: Es hatte letzendlich keine Bedeutung.
Aber diese Einstellung wird in unserer Gesellschaft nicht akzeptiert. Was nützt da noch ein Psychater der einem nur wieder einzureden versucht, das die "Ramafamilie" der einzige Weg zum Glück ist?
Joselynne
 

Beitragvon Imber » Fr 3. Jun 2005, 16:24

"Sicher empfindet jeder, wenn sein Partner auf seinem Schoß liegt, Glücksgefühle, aber meinst du nicht, dass auch diese von allen ähnlich empfunden werden?"
ähnlich, ja. aber darum ging es doch. ob das Glücksgefühl in einer Partnerschaft ÄHNLICH ist oder GLEICH und quasi UNIFORMIERT. und du sagst ja selbst, es ist ÄHNLICH. und bei jedem anders.

"...ein Psychater der einem nur wieder einzureden versucht, das die "Ramafamilie" der einzige Weg zum Glück ist?"

!? was denkst du eigentlich, was der Beruf eines Psychiaters ist???

und mal ehrlich, wahres unendliches Glück oder sowas kann ein Mensch doch nicht erreichen. Er ist an einen schwachen Körper gebunden und zum Nachdenken verdammt. Man kann nur das beste draus machen.

und ne "Ramafamilie" ist etwas, das man für andere und zum Schein lebt, nicht, weil es einen selbst erfüllt.
Imber
 

Beitragvon cannae » Sa 4. Nov 2006, 11:36

ein psychiater sagt einem das, was man weiss, aber nicht wissen will. er macht einem eine unangenehme realität schmachhaft. das ist sein job. und damit erklärt sich auch, weshalb heute jeder die ganze zeit zu irgendeinem psychiater rennt. viele leute sind einfach davon überfordert, selbst zu denken. sie brauchen immer jemand, der ihnen sagt, was sie tun sollen. und dazu gehen sie zum psychiater. er sagt ihnen, was sie tun wollen. das wissen die leute zwar selbst auch, aber sie glauben sich nicht.
ausserdem: heute wird man ja oft etwas schief angeguckt, wenn man anders als der durchschnitt tickt. zwar tickt fast niemand so wie der durchschnitt, aber man tut wenigstens so. und wenn dann so notorische andersfunktionierer (bitte nicht negativ verstehen) zum psychiater gehen, sagt er ihnen erstens, dass sie gesund sind, und zweitens, dass sie so leben sollen, wie sie sich wohl fühlen. also genau das, was sie selbst auch wollen, wissen und tun. sie brauchen bloss eine bestätigung. genau so wie alle anderen auch.
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Beitragvon Maxima Minima » So 5. Nov 2006, 12:15

Wenn man bedenkt, dass der Mensch vom Tier abstammt, das bestimmte Verhaltensmuster aufweist, dann ist es doch auch nicht verwerflich, dass er selbst Verhaltensmuster hat. Damit meine ich diese etwas negativ bewertete KKK (Kind-Köter-Kombi). Insofern muss ich Imber recht geben. Mich jedenfalls macht es auch sehr glücklich, eine eigene Wohnung zu haben, die im engsten Sinn von mir liebevoll "meine eigene, individuelle Wohnhöhle" genannt wird, einen Partner, den man über alles liebt und eine Bestimmung und Erfüllung als Hausfrau und Mutter, trotz der aktuellen Diskussion über das Für und Wider dieses Lebens. Wenn es das wäre, das mich depressiv machte, müsste ich eben aus diesem Leben ausbrechen, diese Freiheit habe ich. Aber genau diese Dinge sind es, die verhindern, dass ich Depressionen habe. Wenn jemand anderes frustriert ist und glaubt, es gebe keinen anderen Weg aus diesem Trott heraus, dann hat auch dieser Mensch die Freiheit etwas zu ändern. Depressionen entstehen meist aus der Vorstellung heraus, es mangele einem an der Kraft etwas zu ändern. Ich will jetzt nicht von Schuld sprechen aber was daran keinesfalls Schuld trägt ist der Zustand unserer Gesellschaft, vielmehr, dass man das Gefühl hat, man müsse tun, was von einem erwartet wird und das ist nicht der Fall.
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Beitragvon cannae » So 5. Nov 2006, 20:45

wenn jeder so lebt, dass er sagen kann: andere haben vielleich von diesem oder jenem mehr als ich, aber dennoch möchte ich nicht tauschen, und wenn jeder tut, was er tun will, aber seiner verantwortung den mitmenschen und der ganzen umwelt gegenüber bewusst ist, ich denke, dann sollte man gegen depressionen gefeit sein. man muss so leben, wie man leben will, und nicht so, wie es andere einem empfehlen.
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Beitragvon Iulus » Mo 6. Nov 2006, 16:57

Ich denke mal Libido und Ratio sollten schon ausgeglichen sein.
Gewisse verpflichtungen hat man schon!Sonst wär das Leben ja auch langweilig...
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Beitragvon cannae » Mo 6. Nov 2006, 17:38

ja, aber die verpflichtungen, die man hat, lassen sich ja verändern. ich meine, der eine möchte vielleicht eine familie gründen und hat dann halt verpflichtungen der familie gegenüber, und der andere möchte dies auf keinen fall. so lassen sich die verpflichtungen auch dem wunschleben anpassen. :sleep:
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Beitragvon Iulus » Mo 6. Nov 2006, 18:37

Schon,nur manche Verpflichten sind halt nicht so einfach zu umgehen.
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