Marcus hat geschrieben:Hallo zusammen!
Was haltet ihr eigentlich von psychiatrischen Einrichtungen?
Meiner Meinung nach werden die Leute dort doch nur mit Psychopharmaka
vollgestopft; ein einfühlsames Gespräch oder menschliche Nähe sind
doch für die Ärzteschaft völlig überflüssig- Hauptsache man stopft die
Leute mit Medikamenten voll, um sie ruhig zu stellen und sich nicht
kümmern zu müssen. Mir ist klar, dass ein Gespräch zum Teil nicht zur
Heilung führen wird, aber fühlen Geistesgestörte nicht auch und nehmen
diese nicht wie wir ihre Umwelt wahr. In den meisten Fällen müssen sie in irgendwelchen kleinen Zimmern den Tag verbringen- und dies völlig allein.
Niemand kümmert sich um diese Menschen!
Wie denkt Ihr darüber?
mh..also..meine sichtweise: hast du dort je ein praktikum gemacht? ich denke nicht, dass man sagen kann, leute werden dort mit psychopharmaka vollgestopft, erwiesenermaßen helfen richtig geleitete einrichtungen ja. aber psychopharmaka werden sicherlich eingesetzt, das ist richtig. ich kann dir von einer freundin berichten, die zuerst 5 tage in einer sozialpsychiatrischen klinik ein praktikum absolvierte und anschließend vor kurzem eine woche eine derartige freizeit in österreich als begleitperson mitgestaltet hat. "ich war teilweise echt erschüttert, so schlimm hab ichs mir nicht vorgestellt..am anfang denkst du dir noch, dass diese leute größtenteils alle einfach nur *bekloppt* sind, irgendwann stellst du dann fest oder es wird dir bewusst, dass im grunde alles nur ein riesen trauma ist..dass keiner wirklich bekloppt ist, sondern nur so wurde, weil ihn irgendwas total verletzt hat. zuerst hab ich voll über eine frau geschmunzelt, die den ganzen tag lieder für ihre katze gesungen hat..irgendwann kam sie abends vorm haus mit einem stock auf mich zu und meinte "schlürf schlürf, blutsauger"..irgendwann hab ich mitbekommen, dass sie vergewaltigt wurde und vorher jurastudentin war..bei dem "schlürf schlürf, blutsauger" vorfall hatte sie mittags ihre tabletten nicht genommen"...also ich denke einfach, dass psychopharmaka manchmal nicht schlecht sind, um ein ganz akutes schmerzempfinden ein bisschen zu blocken...damit das ganze sich setzen kann und man es dann zu einem späteren zeitpunkt bearbeiten kann...andrerseits läuft man dann gefahr, dass sich das ganze quasi unverarbeitet tief im inneren festsetzt und irgendwann nicht mehr von der sowieso charakterschwachen person unterschieden werden kann vom reellen...d.h. es kann sein, dass etwas so traumatisch war, dass sich leute irgendwann einbilden/einreden, MÄNNER wären im grunde vergewaltiger, nicht mehr DER MANN...wenn es nicht behandelt wird...und es gibt fälle, bei denen sich irgendwann durch irgendeine situation hervorgerufen ein gedanke löst, der "männer vergewaltigen, männer muss man hassen, männer muss man töten" heißt..ein anderes beispiel wurde heute bei uns im unterricht behandelt. ein französischer junge wurde von seiner mutter geschlagen + eingesperrt, der mutter vom jugendamt weggenommen, gesprochen hat man über die erlebnisse nie. mit 19 jahren lebt er nun in einem ghetto, sperrt eine 16 jährige in einen käfig und zündet diesen an. begründung: sie ist eine frau..darin sehe ich die gefahr der psychopharmaka.
zu dem punkt einfühlsame gespräche: zuhören lautet die devise. bei gesprächen darfst du menschen beispielsweise nicht bemitleiden, das kommt bei ihnen so an, als würdest auch du das dramatisch finden und ihre inneren gedanken (von denen du nie weißt, ob sie krank sind) unterstützen. wenn man dir erzählt, du hättest recht, man würde dich verstehen, du seist arm dran, dann glaubst du das irgendwann und siehst das zukünftig als 0-level an. das ganze schaukelt sich dann hoch, bis es irgendwann boom machen könnte..mit welchen auswirkungen auch immer.
allerdings bin ich deiner meinung, wenn du sagst, man müsste sich sehr viel individueller um diese menschen kümmern, viel mehr personal sollte vorhanden sein..aber nicht nur menschen, die beruflich sowas machen. es ist gar kein problem, sich bei behinderten-/psychischkranken-freizeiten (schlimmes wort, ich weiß. mir fällt leider kein passenderes ein) anzumelden, um a) eine abwechslung darzustellen und b) sich ein bild machen zu können, damit man zukünftig für den umgang mit solchen leuten etwas lernt...ich denke schaden würde es keinem. ebenso denke ich, dass man mehr rettet, als man kaputt machen kann.