Psychiatrie

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Psychiatrie

Beitragvon Marcus » Do 14. Jul 2005, 20:11

Hallo zusammen!
Was haltet ihr eigentlich von psychiatrischen Einrichtungen?
Meiner Meinung nach werden die Leute dort doch nur mit Psychopharmaka
vollgestopft; ein einfühlsames Gespräch oder menschliche Nähe sind
doch für die Ärzteschaft völlig überflüssig- Hauptsache man stopft die
Leute mit Medikamenten voll, um sie ruhig zu stellen und sich nicht
kümmern zu müssen. Mir ist klar, dass ein Gespräch zum Teil nicht zur
Heilung führen wird, aber fühlen Geistesgestörte nicht auch und nehmen
diese nicht wie wir ihre Umwelt wahr. In den meisten Fällen müssen sie in irgendwelchen kleinen Zimmern den Tag verbringen- und dies völlig allein.
Niemand kümmert sich um diese Menschen!

Wie denkt Ihr darüber?
Marcus
 

Beitragvon Parmenides » Do 14. Jul 2005, 22:02

ähnlich
Parmenides
 

alles gleich

Beitragvon alma.212 » Do 14. Jul 2005, 22:05

meinst du mit Geistesgestörten gleich Behinderte? Ansonsten: natürlich nehmen sie ihre Umgebung wahr. Alles!
Wo willst du denn die Menschen hernehmen, die sich um diese Menschen kümmern?
Wieso sollten die "gestörten" Menschen sich von Menschen helfen lassen wollen, die ihnen ja doch nicht helfen können, weil sie sich nicht in sie hineinversetzen können?
Dann können sie doch auch gleich ohne Hilfe bleiben.
Nur Pflege ... äußerliche. Genau wie alle normal-kranken Menschen auch.
Ich habe keine Ahnung ob die Menschen die in solchen "Anstalten" sind, besser dran wären, wären sie auch ohne diese Hilfe. Ich bezweifle es.
alma.212
 

Re: Psychiatrie

Beitragvon Lord Piergeiron » Do 14. Jul 2005, 22:33

Marcus hat geschrieben: Geistesgestörte nicht auch und nehmen
diese nicht wie wir ihre Umwelt wahr. In den meisten Fällen müssen sie in irgendwelchen kleinen Zimmern den Tag verbringen- und dies völlig allein.


das kenne ich. Habe aber immer mein Lateinbuch bei...FREU

Aber.. Spaß beiseite:

Ich denke, dass es durchaus Unterschiede gibt bei derartigen Einrichtungen.
Was es uns -und dem Personal der o.g. Einrichtungen- schwierig macht, ist, dass man sich ... eventuell... nicht so gut in einen (anderen) Geistesgestörten hineinversetzen kann. Wie er seine Umwelt empfindet, wisst man nicht so genau, und das Personal dieser Einrichtungen ist sicher auch unterschiedlich. Fakt ist, dass man sich um sie kümmern muss, allerdings: wo sind Kontrollgremien, die STÄNDIG vor Ort sind und die Qualität der Pflege, die man dort bekommt, überprüfen ?

Eine schwierige Sache.. . Dass das Personal mitunter überfordert ist, könnte ich mir vorstellen. hmm.

Planlos guckt

-Lord.-
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Beitragvon Parmenides » Do 14. Jul 2005, 22:36

Es gibt wirklich gute Anstalten - für diejenigen, die es sich leisten können...
Parmenides
 

Beitragvon Lord Piergeiron » Do 14. Jul 2005, 22:39

..meist jedoch für deren Verwandte, die die Oberhoheit über das KONTO ( Kontovollmacht ) haben..
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Beitragvon suetonius » Fr 15. Jul 2005, 11:58

ich bezweilfe, dass dieses thema in dieses board gehört.
...une tête bien faite et une tête bien pleine...
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Beitragvon Sue » Fr 15. Jul 2005, 13:20

Ich war noch nie in einer Psychatrie drin, aber ich hab schon viel gehört davon ... und was ich gehört hab, war eigentlich nur positiv. Meine Freundin hat mal eine Freundin in der Psychatrie besucht und hatte davor auch gedacht, dass da alles leer und kahl und steril ist (wie man sich das halt immer vorstellt), aber es soll total freundlich gewesen sein. Die Wände waren alle gelb gestrichen, die Zimmer waren hell und groß mit Holzbetten und Postern und jeder durfte seine eigenen Sachen mitbringen. Außerdem sollen die Jugendlichen total nett zueinander gewesen sein und die Betreuer haben sich auch super mit ihnen verstanden haben ... wirklich ganz anders halt, als man es sich vorstellt. Ich würde sagen, dass sich da schon vieles geändert hat in der letzten Zeit, und nicht nur in den Anstalten für welche, die es sich leisten können!
Sue
 

Antworten

Beitragvon Marcus » Fr 15. Jul 2005, 19:30

@Sue: Interessant, aber du beziehst dich ja auf eine psychiatrische Einrichtung für Jugendliche; da werden die Eltern mit Sicherheit die Unterbringung ihrer Kinder überprüfen.

@suetonius: Warum?

@Lord P.: Ja schon, aber man lässt die mit Medikamenten vollgestopften Menschen allein; die Behandlung mit Psychopharmaka führt zu einer
Ruhigstellung, wodurch in diesem Stadium, in dem alle gleiches Verhalten zeigen, die Vermittlung von menschlicher Nähe sinnvoll wäre.
Woher rührt denn deiner Meinung nach die Überforderung:
In den Einrichtungen unterer Klasse besteht die Tätigkeit des Personals doch nur aus 1. in den Rollstuhl setzen
2. Spritze mit Medikamenten und dann...
3. ab ins Zimmer! ??????

@alma.212: Schau mal in die Arbeitslosenstatistik!
Marcus
 

Re: Psychiatrie

Beitragvon Seneca w » Fr 15. Jul 2005, 20:51

[quote="Lord Piergeiron"][quote="Marcus"] Geistesgestörte nicht auch und nehmen
diese nicht wie wir ihre Umwelt wahr. In den meisten Fällen müssen sie in irgendwelchen kleinen Zimmern den Tag verbringen- und dies völlig allein.
[/quote]

das kenne ich. Habe aber immer mein Lateinbuch bei...FREU

[/quote]

und dein klavier.. und Noten en masse.. weißt du, ich suche immernoch..die Blätter..schnaub
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die verworrenen werden bisweilen verehrt, weil keiner sie versteht.
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Re: Antworten

Beitragvon alma.212 » Fr 15. Jul 2005, 21:20

gibt es für euch keinen Unterschied zwischen geistig Behinderten und Geistegestörten?
also denen, die ihre Umwelt nicht mehr wahrnehmen und denen, die sie wahrnehmen, vielleicht nur ab und an, oder einfach anderst realistisch?
alma.212
 

Re: Psychiatrie

Beitragvon Neni » Fr 15. Jul 2005, 21:29

Marcus hat geschrieben:Hallo zusammen!
Was haltet ihr eigentlich von psychiatrischen Einrichtungen?
Meiner Meinung nach werden die Leute dort doch nur mit Psychopharmaka
vollgestopft; ein einfühlsames Gespräch oder menschliche Nähe sind
doch für die Ärzteschaft völlig überflüssig- Hauptsache man stopft die
Leute mit Medikamenten voll, um sie ruhig zu stellen und sich nicht
kümmern zu müssen. Mir ist klar, dass ein Gespräch zum Teil nicht zur
Heilung führen wird, aber fühlen Geistesgestörte nicht auch und nehmen
diese nicht wie wir ihre Umwelt wahr. In den meisten Fällen müssen sie in irgendwelchen kleinen Zimmern den Tag verbringen- und dies völlig allein.
Niemand kümmert sich um diese Menschen!

Wie denkt Ihr darüber?


mh..also..meine sichtweise: hast du dort je ein praktikum gemacht? ich denke nicht, dass man sagen kann, leute werden dort mit psychopharmaka vollgestopft, erwiesenermaßen helfen richtig geleitete einrichtungen ja. aber psychopharmaka werden sicherlich eingesetzt, das ist richtig. ich kann dir von einer freundin berichten, die zuerst 5 tage in einer sozialpsychiatrischen klinik ein praktikum absolvierte und anschließend vor kurzem eine woche eine derartige freizeit in österreich als begleitperson mitgestaltet hat. "ich war teilweise echt erschüttert, so schlimm hab ichs mir nicht vorgestellt..am anfang denkst du dir noch, dass diese leute größtenteils alle einfach nur *bekloppt* sind, irgendwann stellst du dann fest oder es wird dir bewusst, dass im grunde alles nur ein riesen trauma ist..dass keiner wirklich bekloppt ist, sondern nur so wurde, weil ihn irgendwas total verletzt hat. zuerst hab ich voll über eine frau geschmunzelt, die den ganzen tag lieder für ihre katze gesungen hat..irgendwann kam sie abends vorm haus mit einem stock auf mich zu und meinte "schlürf schlürf, blutsauger"..irgendwann hab ich mitbekommen, dass sie vergewaltigt wurde und vorher jurastudentin war..bei dem "schlürf schlürf, blutsauger" vorfall hatte sie mittags ihre tabletten nicht genommen"...also ich denke einfach, dass psychopharmaka manchmal nicht schlecht sind, um ein ganz akutes schmerzempfinden ein bisschen zu blocken...damit das ganze sich setzen kann und man es dann zu einem späteren zeitpunkt bearbeiten kann...andrerseits läuft man dann gefahr, dass sich das ganze quasi unverarbeitet tief im inneren festsetzt und irgendwann nicht mehr von der sowieso charakterschwachen person unterschieden werden kann vom reellen...d.h. es kann sein, dass etwas so traumatisch war, dass sich leute irgendwann einbilden/einreden, MÄNNER wären im grunde vergewaltiger, nicht mehr DER MANN...wenn es nicht behandelt wird...und es gibt fälle, bei denen sich irgendwann durch irgendeine situation hervorgerufen ein gedanke löst, der "männer vergewaltigen, männer muss man hassen, männer muss man töten" heißt..ein anderes beispiel wurde heute bei uns im unterricht behandelt. ein französischer junge wurde von seiner mutter geschlagen + eingesperrt, der mutter vom jugendamt weggenommen, gesprochen hat man über die erlebnisse nie. mit 19 jahren lebt er nun in einem ghetto, sperrt eine 16 jährige in einen käfig und zündet diesen an. begründung: sie ist eine frau..darin sehe ich die gefahr der psychopharmaka.
zu dem punkt einfühlsame gespräche: zuhören lautet die devise. bei gesprächen darfst du menschen beispielsweise nicht bemitleiden, das kommt bei ihnen so an, als würdest auch du das dramatisch finden und ihre inneren gedanken (von denen du nie weißt, ob sie krank sind) unterstützen. wenn man dir erzählt, du hättest recht, man würde dich verstehen, du seist arm dran, dann glaubst du das irgendwann und siehst das zukünftig als 0-level an. das ganze schaukelt sich dann hoch, bis es irgendwann boom machen könnte..mit welchen auswirkungen auch immer.
allerdings bin ich deiner meinung, wenn du sagst, man müsste sich sehr viel individueller um diese menschen kümmern, viel mehr personal sollte vorhanden sein..aber nicht nur menschen, die beruflich sowas machen. es ist gar kein problem, sich bei behinderten-/psychischkranken-freizeiten (schlimmes wort, ich weiß. mir fällt leider kein passenderes ein) anzumelden, um a) eine abwechslung darzustellen und b) sich ein bild machen zu können, damit man zukünftig für den umgang mit solchen leuten etwas lernt...ich denke schaden würde es keinem. ebenso denke ich, dass man mehr rettet, als man kaputt machen kann.
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Beitragvon Hieronymus » Fr 15. Jul 2005, 21:31

Original von alma.212:
gibt es für euch keinen Unterschied zwischen geistig Behinderten und Geistegestörten?
also denen, die ihre Umwelt nicht mehr wahrnehmen und denen, die sie wahrnehmen, vielleicht nur ab und an, oder einfach anderst realistisch?

Also ich denke der unterschied zwischen Geisteskranken und geistig Behinderten ist doch recht klar. Und ich denke doch auch, dass geistig behinderte Menschen im Normalfall nichts in einer Psychiatrie zu suchen haben, denn solche Menschen, wenn sie sich nicht mehr selbst versorgen können oder von z.B. Verwandten nicht mehr versorgt werden (können) kommen in der Regel in andere Pflegeeinrichtungen.
Mit freundlichen Grüßen
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Antwort

Beitragvon Marcus » Sa 16. Jul 2005, 14:21

@Neni: Was du sagst, hat Hand und Fuß.
Eine Reportage im Fernsehen hat mich ursprünglich auf dieses
Thema gebracht. Da war eine geistig gestörte Frau (Ende 50),
die man mit versteckter Kamera einen Monat sozusagen begleitet
hat, um den Alltag in Psychiatrien beispielhaft zu dokumentieren.
Pfleger und Ärzte haben sich in der Regel im Laufe des Tages dreimal
im Zimmer blicken lassen, um das Essen zu bringen und flüchtig nach
dem Rechten zu sehen, wobei man es in regelmäßigen Abständen nicht versäumte, Medikamente zur Ruhigstellung und eben auch Psychophar-
maka zu verabreichen. Das Zimmer sah nicht gerade schön aus und
die meiste Zeit saß diese Frau allein in ihrem Rollstuhl (Zitat:
"Selbst wenn keine körperliche Behinderung vorliegt, ist der Rollstuhl
von Seiten der Krankenkasse vorgeschrieben.")
Von organisierten Freizeiten zur Flucht aus dem Alltag oder Menschen,
die zuhören, keine Spur. Mit Sicherheit gibt es auch ordentliche Ein-
richtungen, aber dieses Beispiel hat mich schockiert, noch dazu, weil
dies kein Einzelfall sein soll. Bei dem Fernsehsender, der diese
Reportage ausstrahlte, handelte es sich nicht um einen privaten Sender,
die ja häufig zur Übertreibung neigen und vieles überspitzt darstellen,
um die Quoten zu erhöhen.

Es grüßt

Christian
Marcus
 

Beitragvon Neni » Mo 18. Jul 2005, 19:24

ja...menschen in einem seelentief sollte man nicht noch so behandeln, dass sie später noch tiefere seelische verletzungen haben..und ich denke dabei spielt die a) die einsamkeit, b) das gefühl, für verrückt gehalten zu werden, c) das dadurch resultierende gefühl, alles ist im grunde nicht mehr logisch im sinne von "normal"..eine große rolle. körperlich mag es das gesundheitssystem geben, um kranke leute aufzufangen. aber ich denke dort verfehlt es größtenteils sein ziel. das deckt sich leider auch mit den praktischen erfahrungen meiner freundin...das schlimme daran ist, dass die behandelnden durchaus gewillt sind, sich um diese leute zu kümmern, allerdings fehlt die zeit von hinten bis vorn.
Neni
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