quaestiones I, II, III:
I) ordo a hominibus posita
Ein bisschen polemisch und ein "argumentum ad rationem": Ist mit dem Klassifikationsproblem gemeint, dass eine "definition" wie "Hund, ein vierbeiniges bellendes Säugetier" in einem Rahmen A (Biologie aus menschlicher Sicht) seine Bedeutung hat, in einem anderen "biologischen Rahmen" (B) aber nicht? In einem alltagssprachlichen Rahmen (c) nicht?Ist die "naturwissenschaftlich" angelegte Rudimentärdefinition ("bellender Vierbeiner") irrelevant?
Wenn ja oder wenn nein:
In welchem Bezugsrahmen? Ist die empirische Zugänglichkeit der Phänomene/Umwelt strittig und insofern nicht verbindlich in den Aussagen unserer Sprache? Oder geht es um sehr unterschiedliche Schwerpunktbildungen innerhalb des gleichen emprischen Datenfeldes (Eco)?
Würde sich irgendetwas am pragmatischen Vorgehen eines philosophisch gebildeten Mannes ändern, je nach dem, welches Konzept er bei dem Lexem "Hund" ansetzt, wenn er von einem Boxerhund angegriffen und (leicht) verletzt wird?
II) creatura creans creata
Warum sollte ein designer, der bewusstseinsfähige, kreative animalia kreiert, reine "Erfüllungsgehilfen" geschaffen haben ohne Eigenanteil? Und wie gültig ist dann der Umkehrschluss: Wo kreative Wesen, da können sie sie nicht Produkte eines kreativen "Ingenieurs" sein? Oder - eine Stufe niedriger: Ob wir nu nkreativ oder nichtkreativ sind, ist das überhaupt eine Prämisse für die These, es existiere ein intelligenter Designer?
III) Das Eliminationsproblem
(0) Expositio
Es gibt in der modernen Wissenschaft eine grundlegende Spielregel: Lasst uns sehen, wie weit wir das Verhalten des physikalischen und materiellen Universums anhand rein physikalischer und materieller Ursachen erklären können, ohne uns auf das Übernatürliche berufen zu müssen. Kommen wir bei der Erklärung von Erklärenswertem mit möglichst wenigen Annahmen aus. Eine Art von „Occams Razor" („Entia non sunt multiplicanda praeter necessitatem“). Und damit sei denn als erklärung alles eleminiert, was für eine Erklärung nicht notwendig ist.
Wie funktioniert dieses Prinzip? Und zwar dort, wo man die Evolution der Arten betrachtet und zu erklären versucht?
(1) Einige Varianten des Evolutionsbegriffes
a) Wechsel, Änderung, Entwicklung:
Verzicht auf explizite Spezifizierung der Evolution. Offen auch für „aussengesteurte Entwicklung“ In diesem Sinne spricht man von der "Evolution des Autos" (wo selbstverständlich sehr viel intelligenter „Input“ erforderlich ist. Das Auto entwickelt sich eben nicht selbst, sondern es entwickeln sich die Ideen im Kopf der Design-Ingenieure).
Wenn man in diesem Sinne von der Evolution des Lebens spricht, meint man anscheinend nur, dass das Leben einfach in seiner Vielfalt vorhanden ist und daher irgendwie entstanden sein muss (egal, ob durch einen materialistischen oder göttlichen Vorgang, oder durch beides, oder durch etwas völlig anderes).
b) Mikroevolution:
Evolution innerhalb vorgegebener Organisationsmerkmale, oder quantitative Veränderung bereits vorhandener Organe, Strukturen oder Baupläne. Hier geht es nicht um die Entstehung, sondern um die Veränderung von bereits Existierendem (Variation innerhalb einer bestehenden Art).
Mikroevolutive Vorgänge sind überall zu beobachten, wie z.B. Mutation und Selektion eine Population von Finken (siehe Weiner 1994) sich verändern lässt, oder wie diese Vorgänge verschiedene Affen- und Hundetypen produzieren. Man kann Mikroevolution als einen Optimierungsvorgang betrachten, eine Flexibilität innerhalb der Natur, wobei lebendige Wesen sich an ihre Umwelt anpassen können.
c) Makroevolution:
die Entstehung neuer, bisher nicht vorhandener Organe usw., die Entstehung qualitativ neuen, genetischen Materials. Manche Biologen sind mit einer Unterscheidung zwischen Mikro- und Makro-Evolution nicht einverstanden, weil sie den Evolutionsvorgang als einheitlich betrachten. Aber weil gerade dies die Kernfrage ist, ob er tatsächlich einheitlich ist, ist die Unterscheidung zwischen Mikro- und Makroevolution hilfreich und hat sich allmählich eingebürgert.
(2) Fossilienfunde und der „Schluss auf die beste Erklärung“
Vor uns liegen gewisse, von allen Seiten anerkannte Fakten, wie zum Beispiel die Fossilienfunde und die Ähnlichkeiten zwischen dem genetischen Material lebendiger Wesen. Die Frage ist nun: Wie deutet man diese Fakten auf der Basis des Prinzips "Schluss auf die beste Erklärung"?
Dieses Folgerungsprinzip kann folgendermassen schematisiert werden:
1. Ein (überraschendes) Ereignis A wird beobachtet.
2. Wenn B (ein bestimmtes System) der Fall wäre, würde A unmittelbar oder jedenfalls sehr einleuchtend folgern.
3. Daher gibt es gute Gründe, die Gültigkeit von B anzunehmen.
Als Ereignis A nehmen wir die Fossilienfunde und deren genetische Ähnlichkeiten.
-Eine Möglichkeit für B ist, dass eine Abstammungsverwandtschaft durch gemeinsame Vorfahren (und deren evolutionäre Selbstentstehung) existiert.
-Eine zweite Möglichkeit für B ist B*: die (Grundtyp-) Baupläne sind Produkt eines genialen Entwurfes. Alle Autos haben gemeinsame und auch ähnliche Teile, nicht weil sie physikalisch voneinander abstammen, sondern weil sie die genialen Erfindungen der Designer sind.
-Noch raffinierter könnte man sich eine Modifikation B** von B* denken, die etwas von B enthält, nämlich dort, wo B** besagt, dass es sowohl Grundtypen gibt (durch spezielles Einspritzen der nötigen Information) als auch mikroevolutive Änderungen der Grundtypen. Sowohl B als auch B* und B** liefern eine gleich gute Abduktionsbasis, wie Stephen Meyer in seinem philosophisch wichtigen Artikel "The methodological equivalence of design and descent" (siehe Moreland, 1994) belegt.
Wie kann man sich dann zwischen B, B* und B** entscheiden?
Betrachten wir den Typ B. Er wird oft mit der Existenz eines langsamen, selbstlaufenden Mechanismus „Evolution“ kombiniert. So ist zunächst einmal die grundsätzlich wissenschaftliche Frage: Ist der Mechanismus von Mutation und Variation und Selektion fähig, Motor der Makroevolution zu sein?
(3) Das Designermodell
Im Gegensatz zur populären Meinung, welche die „selbständige Evolution“ favorisiert, sprechen die Experten bei weitem nicht mit einer Stimme (siehe z.B. Johnson 1993).
So berichtet beispielsweise der Biologe R. Wesson (Beyond Natural Selection, MIT Press 1991): „Man versteht grosse evolutionäre Neuheiten nicht gut. Keine ist beobachtet worden, und wir haben keine Ahnung, ob noch eine im Gange ist. Für keine einzige gibt es eine gute Bestätigung in den Fossilien“. Darwin hat diese Abwesenheit der von seiner Theorie erwarteten Übergangsformen als ihre grösste Schwierigkeit angesehen.
Der Paläontologe Niles Eldredge (1985) beschreibt die heutige Lage mit den denkwürdigen Worten: „Wir Paläontologen haben gesagt, dass die Geschichte des Lebens die Story von der graduellen... Veränderung unterstütze, obwohl wir die ganze Zeit wussten, dass dies nicht der Fall ist.“
Stephen Jay Gould, der zusammen mit Eldredge die Theorie des "unterbrochenen Gleichgewichtes" ("punctuated equilibrium") begründete, argumentiert, dass die Fossilienfunde auf das plötzliche Erscheinen von neuen Formen ohne Übergangsformen, vor allem in der sehr kurzen (geologischen) Zeit der sogenannten Kambrium-Explosion, hinweisen –
Allerdings hat in neuerer Zeit Simon Conway Morris aus Cambridge (The Crucible of Creation, Oxford, 1998) manche von Goulds Behauptungen in Frage gestellt.
Das bedeutet: Gerade wenn man Occams Messer ansetzt, dann ist B* oder B** alles andere als unplausibel. Und wenn es solche erklärungen wegrasieren würde, dann wären sie allenfalls unwahrscheinlich, aber nicht "eliminiert" im Sinne von "widerlegt".
Somit ist „intelligentes Design“ eine gute (zumindest nicht gleich absurde) Theorie für die Erklärung der spezifischen Eigenschaften der Arten. Es gibt keinen logischen Konflikt zwischen begründenden Erklärungen, in denen die Gründe Mechanismen sind, und begründenden Erklärungen, in denen die Gründe Pläne eines Agenten [Ausführenden, Handelnden] sind, ganz gleich, ob der Agent nun menschlich oder göttlich ist.
Dieses ist ein Argumentationsmerkmal und hängt nicht davon ab, ob man selber an Gott glaubt oder nicht.
Eine eliminative Argumentation - die beobachtbaren Fakten machen die Existenz eines Designers höchst unwahrscheinlich - scheint so gesehen etwas enthymematisch?
Hu, ist grässlich lang geworden. Absolvatis, quaeso.
Vale
ww
P.S.
Imagines/pictures/Buidl:
numinosum
http://www.mondolithic.com/Images/Wired ... gnSprd.jpg
normal?
http://www.textbookleague.org/zap360.jpg
Nippel
http://www.idrewthis.org/2005/intelligentdesign.gif
naja
http://www.therockalltimes.co.uk/2005/0 ... design.jpg