Kleines Betthupferl zum Philosophieren

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De Nietzsche poeta philosopho

Beitragvon consus » So 23. Dez 2007, 17:14

Spontan, mi optime Clemens, fällt mir Nietzsche ein (s. Projekt Gutenberg). Um zu verstehen, was er sagen will, bedarf es zuweilen schon einiger Überlegungen.
Eine Kostprobe:
******************************
VEREINSAMT.
Die Krähen schrei'n
Und ziehen schwirren Flugs zur Stadt:
Bald wird es schnei'n –
Wohl dem, der jetzt noch – Heimat hat!

Nun stehst du starr,
Schaust rückwärts ach! wie lange schon!
Was bist du, Narr,
Vor Winters in die Welt – entflohn?

Die Welt – ein Thor
Zu tausend Wüsten stumm und kalt!
Wer Das verlor,
Was du verlorst, macht nirgends Halt.

Nun stehst du bleich,
Zur Winter-Wanderschaft verflucht,
Dem Rauche gleich,
Der stets nach kältern Himmeln sucht.

Flieg', Vogel, schnarr'
Dein Lied im Wüsten-Vogel-Ton! –
Versteck' du Narr,
Dein blutend Herz in Eis und Hohn!

Die Krähen schrei'n
Und ziehen schwirren Flugs zur Stadt:
Bald wird es schnei'n –
Weh dem, der keine Heimat hat!
***************************
Servus.
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Beitragvon Medus » Mo 24. Dez 2007, 12:34

Ja, Nietzsche ist ein sehr gutes Beispiel. Man beachte allein seinen Zarathustra (zwar in Prosa, aber literarische Prosa, also kein Sachtext, zudem hat das Werk oft einen sehr lyrischen Hauch).

Ein anderes Beispiel wäre Albert Camus. Auch er hat viele philosophische Werke in literarischer Prosa geschrieben, etwa das Buch "Der Fremde", das sogar als "eines der Hauptwerke der Philosophie des Existentialismus" (http://de.wikipedia.org/wiki/Der_Fremde) gilt.

Passend zum Thema: "Wer der Philosophie Wissenschaftlichkeit im Sinne rationeller und argumentativ geschlossener Diskursivität abverlangt, wird die Frage, ob denn nun Dichter Philosophen seien, in letzter Instanz verneinen müssen. Unsinnig wäre es aber, angesichts der vielfachen geistesgeschichtlichen Verflechtungen jeden Zusammenhang zwischen Literatur - bzw. Kunst überhaupt - und Philosophie leugnen zu wollen. Beide sind Formen entwickelter Reflexivität gegenüber einem Phänomen, das vom natürlichen Bewußtsein zunächst ganz unbestimmt "Wirklichkeit" genannt wird; und folgt man dem gerne zitierten Diktum Hegels, nach dem es Aufgabe der Philosophie sei, die Epoche, in der sie sich bewegt, auf den Begriff zu bringen, so gilt das in freilich anderer Form auch für die Künste." (Quelle: http://www.sicetnon.org/modules.php?op= ... age_id=250)

Daher sind auch Leute, die als Dichter gelten, etwa Horaz, Andreas Gryphius oder Gottfried Benn zu nennen. Sie wählten lediglich für ihre Philosophie hauptsächlich die Dichtung als Ausrucksmittel.
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