ungebotenes Ding

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ungebotenes Ding

Beitragvon Brakbekl » So 24. Apr 2011, 08:54

Hallo,

ich lese gerade Grotefend, "Taschenbuch der Zeitrechnung" und finde (Es geht um die Jahresteilung) folgenden Satz: "Die Dreiteilung findet beim ungebotenen Dinge, dem Landgerichte des deutschen Rechts, Anwendung. Die Termine sind verschieden, es herrschen vor: Mittwinter ..."

Es gibt offensichtlich "gebotene und ungebotene Dinge". Vllt handelt es sich um Gerichtstage - siehe Thing.

Weiss jemand Genaueres?
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Re: ungebotenes Ding

Beitragvon Laptop » So 24. Apr 2011, 09:19

Zitat Adelung: «Das Bothding, des -es, plur. die -e, in einigen Niedersächsischen Gegenden, wo dieses Wort Bodding lautet, ein jedes Gericht, welches zu gewissen Zeiten gebothen, d.i. angekündiget wird, und ehedem auch die Acht, die Achtzeit, die Herrenacht, das Achtding u.s.f. genannt wurde. In dem Thale zu Halle ist es ein Rügegericht, welches jährlich zwey Mahl gehalten wird.»

Etwa die alten Ausdrücke für unser modernes „ordentlich(e Hauptversammlung)“ und „außerordentlich(e Hauptversammlung)“?
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Re: ungebotenes Ding

Beitragvon Brakbekl » So 24. Apr 2011, 09:27

Danke
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Re: ungebotenes Ding

Beitragvon Laptop » So 24. Apr 2011, 11:40

@brakbekl was schließt du daraus? Noch eine Frage: wie kommt dein Username zustande?
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Re: ungebotenes Ding

Beitragvon Brakbekl » So 24. Apr 2011, 11:49

Laptop hat geschrieben:@brakbekl was schließt du daraus?


Woraus?

Laptop hat geschrieben: Noch eine Frage: wie kommt dein Username zustande?


Lautspiele ....

interessant, wie "gebotene und ungebotene Dinge" heute zwar altertümlich klingt, wegen des "geboten", aber Ding etwas anderes meint, nämlich Sache, Angelegenheit, und überhaupt nicht mehr "Versammlung".
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Re: ungebotenes Ding

Beitragvon Laptop » So 24. Apr 2011, 12:24

Was schließt du aus dem Zitat von Adelung, inwiefern bringt es dich weiter, welche Erkenntnis hast du daraus gezogen?

Kannst du mir bitte erklären, wie sich dein Username zusammensetzt, ich verstehe ihn nicht.
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Re: ungebotenes Ding

Beitragvon Laptop » So 24. Apr 2011, 12:30

Bei Adelung sind Ding_1 (Sache) und Ding_2 (Rede, Versammlung) geschiedene vocabula mit geschiedener Herkunft.
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Re: ungebotenes Ding

Beitragvon Brakbekl » So 24. Apr 2011, 12:58

Laptop hat geschrieben:Was schließt du aus dem Zitat von Adelung, inwiefern bringt es dich weiter, welche Erkenntnis hast du daraus gezogen?


Auf jeden Fall, daß zu Adelungs Zeit noch eindeutig Ding in gewissen Gegenden De.'s als "Versammlung" verstanden wurde. Das ist heute verschwunden.

Laptop hat geschrieben:Kannst du mir bitte erklären, wie sich dein Username zusammensetzt, ich verstehe ihn nicht.
Kann man Namen verstehen? Es ist ein Lautspiel, Labial, Liquidum, Guttural, im zweiten Teil mit Metathese, einmal hell, einmal dunkel vokalisiert.
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Re: ungebotenes Ding

Beitragvon Brakbekl » So 24. Apr 2011, 13:03

Laptop hat geschrieben:Bei Adelung sind Ding_1 (Sache) und Ding_2 (Rede, Versammlung) geschiedene vocabula mit geschiedener Herkunft.


Nun das hat man öfter, darf man auch nicht übelnehmen, weil die Brücken zwischen den Bedeutungen oft abgerissen sind. Im Walde steht auch 1. ruo und 2. ruo, wobei dort wenigstens bemerkt wird, daß die Stämme wahrscheinlich identisch sind. Übrigens gebe auch ich zu, daß die Möglichkeit, daß die Sonne (Licht = Bedeuter) nicht nur Planeten (Worte) aus sich gebiert, sondern auch ab und zu einen fremden einfängt, der dann aber aus dem Dunkel kommt und nicht von ungefähr von diesem Planetensystem eingefangen wird, besteht. Entschuldige meine bildhafte Rede.
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Re: ungebotenes Ding

Beitragvon Laptop » So 24. Apr 2011, 13:24

Gut, danke; ich dachte es läge ein Sinn dahinter.


Zu Ting: ich weiß nicht wieso, aber ich assoziiere es mit „Tagung“. Und wenn ich genauer hinsehe finde ich auch Hinweise, z. B. diesen hier:
Als Ding (auch, historisierend: Thing, germanisch, altnordisch und neuisländisch: Þing, interskandinavisch: Ting) wurden Volks- und Gerichtsversammlungen nach dem alten germanischen Recht bezeichnet. Der Ort oder Platz, an dem eine solche Versammlung abgehalten wurde, heißt Thingplatz oder Thingstätte und lag häufig etwas erhöht oder unter einem Baum (Gerichtslinde), jedoch immer unter freiem Himmel.
So, wie „Tag“ (dies) auch die Bedeutung „das Freie“ (divum). Man legt ein Verhalten an den Tag, oder man geht unter Tage. Der Landtag oder Bundestag ist ebenfalls eine Versammlung. Diese Tagung bzw. Tag entspricht lat. concilium, was wiederum eine Verbindung zur „Vorladung“ hat, bei Adelung:
Tagen … einen Tag setzen, zu etwas bestimmen, ingleichen auf einen bestimmten Tag vorladen, citiren, eine im Hochdeutschen veraltete Bedeutung. Jemanden tagen, ihn vorladen, citiren. Betagen und vertagen waren ehedem in eben diesem Verstande üblich. Das Mittelwort betagt hat überdieß noch eine andere Bedeutung, S. dasselbe.
Vielleicht ist die „Tagung“ eine „Vorladung“, vielleicht holt man auch die Tagenden „ins Freie“ (an den Tag).
Zuletzt geändert von Laptop am So 24. Apr 2011, 13:36, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: ungebotenes Ding

Beitragvon Brakbekl » So 24. Apr 2011, 13:34

Wir kommen so auf eine Identität von Sache, Tag, und Gott. Das hat mir schon immer eingeleuchtet. Tag und Ding bestehen bis heute aus Dental, Vokal, Guttural, wobei das "n" in Thing und Ding hineingewachsen ist. Hat man ja oft.

Ich finde solche verborgenen Identitäten übrigens äußerst interessant. Gibt es dafür einen Namen oder Listen oder hat darüber schon jemand gearbeitet?
Zuletzt geändert von Brakbekl am So 24. Apr 2011, 14:00, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: ungebotenes Ding

Beitragvon Laptop » So 24. Apr 2011, 13:49

Um nochmal auf deine Ursprungsfrage zurückzukommen, diesen Satz habe ich noch gefunden: «Gebothen Ding ist in den spätern Zeiten eine ordentliche, ungebothen Ding aber eine außerordentliche Gerichtsversammlung. S. Bothding.» Etwas moderner ist ein „ungebothen Ding“ also eine „außerplanmäßige Tagung“, denn ein Thing ist nicht nur die Gerichtsversammlung, sondern jede Art von Tagung.
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Re: ungebotenes Ding

Beitragvon Brakbekl » So 24. Apr 2011, 14:04

Das ist annehmbar, allerdings unterscheidet das Bedeutungsfeld "Tagung" von "Versammlung, Gericht" dasselbe, wie "albern labern" und "Entscheidung", andererseits wird es ergebnislose Verhandlungen immer schon gegeben haben.
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Re: ungebotenes Ding

Beitragvon Brakbekl » So 24. Apr 2011, 14:36

Ich wollte nochmal nachfragen, wann denn der Geschlechterwechsel statthatte? Grotefend spricht ja von "dem ungebotenen Dinge" was masculin und neutrum sein kann - insofern ist meine Überschrift - ungebotenes Ding - missverständlich. Wir halten ja das Ding heute für sächlich, den Thing aber für masculin.
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Re: ungebotenes Ding

Beitragvon Laptop » So 24. Apr 2011, 20:59

Adelung und Grimm kennen es nur als sächlich (sowohl Ding_1 als auch Ding_2), sehr schön auch die Auflistung der Entsprechungen bei Grimm:

ding, n. ens, res, substantia, aliquid, causa, judicium, forum, conventus, status, opes, persona
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