Weib

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Weib

Beitragvon CP » Fr 18. Mai 2012, 16:25

Salvete!

Weshalb wird das Wort Weib heute als pejorativ und despektierlich empfunden? Wenn mein Großvater meine Großmutter als Weib bezeichnete, sprach da immer ein gewisses Maß an Stolz und Respekt mit, ansonsten hätte er das Mensch gesagt.
Das Adjektiv hat ja auch keinerlei negative Bedeutung. Die frouwe war ursprünglich nur eine adlige Frau, vergleichbar Dame. Aber jede frouwe war gleichzeitig aufgrund ihres Geschlechts ein wib. Noch die medizinische Litteratur des 19. Jh. sprach vom Weib, ohne Spur negativer Bedeutung.
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Re: Weib

Beitragvon Zythophilus » Fr 18. Mai 2012, 16:59

Sprache ändert sich, und so kommt es, dass neutrale Wörter wie eben "Weib" eine negative Konotation bekommen. Vermutlich wurde es immer öfter in Zusammenhängen verwendet, in denen Negatives über weibliche Personen gesagt wurde. Das englische "female" wäre eigentlich auch neutral, wird aber oft ebenfalls pejorativ verwendet.
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Re: Weib

Beitragvon CP » Fr 18. Mai 2012, 21:11

Zythophilus hat geschrieben:Das englische "female" wäre eigentlich auch neutral, wird aber oft ebenfalls pejorativ verwendet.


Stimmt! Daran hatte ich jetzt gar nicht gedacht. Dennoch finde ich das Wort "Weib" eigentlich schön und werde meine Freundin auch weiterhin in aller Zärtlichkeit so bezeichen, aber nur wenn sonst niemand da ist. Ich finde, "Weib" strahlt eine, durchaus sexuell konnotierte, Körperlichkeit aus, die das Wort "Frau" nicht hat. Abwertend gebrauche ich das Wort nicht. Ganz im Gegenteil!

Ciao und vielen Dank für Deine wir immer sehr hilfreichen Hinweise!
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Re: Weib

Beitragvon Zythophilus » Fr 18. Mai 2012, 21:47

In altertümlichen oder humorvollen Wendungen hat das Wort "Weib" diesen negativen Beigeschmack nicht, denke an "Wein, Weib und Gesang" oder den Titel "Die lustigen Weiber von Windsor".
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Re: Weib

Beitragvon Laptop » Sa 19. Mai 2012, 01:18

Man denke an “Werbung”, “behindert”, “senil”, “Altersheim”, etc. Dieser Abwertungsprozess spiegelt das unendliche Ringen zwischen zwei Parteien wider. Auf der einen Seite die Mehrheit der Sprachteilnehmer, die fast jedes Wort bewertet, so ist der Mensch nun einmal. Auf der anderen Seite die Interessengruppen, denen aus vielerlei Gründen diese Wertung am Wort nicht gefällt. Diese Gründe sind z. B. wissenschaftliche Objektivität, politische Täuschung der Öffentlichkeit, unternehmerischer Eigennutz, behördliche Neutralität oder auch einfach nur die Umschreibung aus Höflichkeit. Diese Interessengruppen prägen nun neue Wörter mit andersartiger – oft wertfreier – Wertung. Doch bald belegt die Mehrheit der Sprachteilnehmer diese Wörter erneut mit der alten Wertung, und der faule Zauber ist verflogen. Es ist der Kampf gegen die Wertung in unseren Köpfen, und der kann immer auf kurze Zeit gewonnen werden. Z. B. empfinden wir “Reklame” als lästig. Man erfindet ein neues Wort, “Werbung”, doch nach einiger Zeit ist auch dieses negativ besetzt, und nun schaue ich in meinen Briefkasten und finde “Infopost”. Und so geht das immer weiter. Wenn man nun nur oft genug hört oder sagt “sie ist eine Frau, sie kann das nicht so gut”, dann wird auch irgendwann “Frau” negativ besetzt sein.
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Re: Weib

Beitragvon CP » Sa 19. Mai 2012, 11:25

"Horum omnium fortissimi sunt Belgae, propterea quod a cultu atque humanitate provinciae longissime absunt, minimeque ad eos mercatores saepe commeant atque ea quae ad effeminandos animos pertinent important, proximique sunt Germanis, qui trans Rhenum incolunt, quibuscum continenter bellum gerunt."

Angehörige einer matriarchalischen Gesellschaft dürften diesen Ausdruck gar nicht verstehen!
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Re: Weib

Beitragvon Brakbekl » Sa 19. Mai 2012, 14:03

CP hat geschrieben: Dennoch finde ich das Wort "Weib" eigentlich schön und werde meine Freundin auch weiterhin in aller Zärtlichkeit so bezeichen, aber nur wenn sonst niemand da ist. Ich finde, "Weib" strahlt eine, durchaus sexuell konnotierte, Körperlichkeit aus, die das Wort "Frau" nicht hat. Abwertend gebrauche ich das Wort nicht. Ganz im Gegenteil!


Dem kann ich nur beipflichten. Frage, woher kommt diese, wie Du schreibst "durchaus sexuell konnotierte, Körperlichkeit"? Ich vermute, allein durch den Anklang an Leib. Leib hat ja, im Gegensatz zu Körper, was medizinisch klingt, einen leicht sakralen Anklang. Besonders auf der Scheidelinie zwischen Esotherik und Theologie wird sehr viel mit diesem Wort gearbeitet. Dort hat man noch, als Steigerung, den Begriff "Leiblichkeit" erfunden, parallel zu Geistigkeit. Leider gibt es kein geisthaftig zu dem allseits bekannten leibhaftig. Übrigens bleibt der Plural von Weib in jeder Beziehung abwertend.
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Re: Weib

Beitragvon CP » Sa 19. Mai 2012, 14:17

brakbekl hat geschrieben:Übrigens bleibt der Plural von Weib in jeder Beziehung abwertend.


Sogar im Chinesischen! Da bedeuten Weiber unter einem Dach Krieg.

Ciao!
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Re: Weib

Beitragvon Brakbekl » Sa 19. Mai 2012, 14:39

CP hat geschrieben:
brakbekl hat geschrieben:Übrigens bleibt der Plural von Weib in jeder Beziehung abwertend.


Sogar im Chinesischen! Da bedeuten Weiber unter einem Dach Krieg.

Ciao!


Ich dachte, das Zeichen zeigt 3 Weiber unter einem Dach.

Ähnliches berichtet Faulmann vom Kinesischen Zeichen nyu Weib, und wan 3 x das Zeichen = zanken, Carl . s. S. 49 Schriftzeichen

Mich würd des mal interessieren von einem Kinesen bestätigt zu bekommen.

Jetzt kannst Du Dir mal vorstellen, wie das ist, wenn man 4 Frauen heiratet und unter einem Dach hat. Das Christentum hat ja auch die Polygynie, aber die sukzessive ..... :hammer: (Wobei es auch manchmal zu regelwidrigen Überlappungen kommt.)
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Re: Weib

Beitragvon CP » Sa 19. Mai 2012, 22:18

brakbekl hat geschrieben:Ich dachte, das Zeichen zeigt 3 Weiber unter einem Dach.

Ähnliches berichtet Faulmann vom Kinesischen Zeichen nyu Weib, und wan 3 x das Zeichen = zanken, Carl . s. S. 49 Schriftzeichen


Ja, das meinte ich wohl. Bin in der Kinematik nicht so bewandert!

Mich würd des mal interessieren von einem Kinesen bestätigt zu bekommen.

brakbekl hat geschrieben:Jetzt kannst Du Dir mal vorstellen, wie das ist, wenn man 4 Frauen heiratet und unter einem Dach hat. Das Christentum hat ja auch die Polygynie, aber die sukzessive ..... :hammer: (Wobei es auch manchmal zu regelwidrigen Überlappungen kommt.)

"Der Mut der Türken rührt daher, daß, wer mit vier Frauen verhairatet ist, eher geneigt ist dem Tod ins Auge zu blicken." Las ich mal in einer Stilblütensammlung deutscher Schulaufsätze las. Hier aus der Erinnerung zitiert. "Das fängt schon damit an, daß am Ende der Punkt fehlt!", so der Buchtitel. Das war auch der Kommentar eines Lehrers zu einem der Ausätze.

Ciao!
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Re: Weib

Beitragvon CP » Fr 25. Mai 2012, 17:57

nailstk hat geschrieben:
So ist es. Die Bedeutung eines Wortes wird immer an dem jeweiligen historischen Kontext oder der gesellschaftlichen Situation bemessen.


Das ist ja wirklich mal eine gehaltvolle Aussage. Hast Du die auch von Neckermann? Man sollte nicht mit einem Messer zu einer Schießerei kommen!
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