Hallo, es handelt sich um den sehr lesenswerten und zu wenig bekannten Aufsatz Richard Schröders betitelt mit "War die copernicanische Reform der Astronomie ein Weltbildwandel?" zu dem ich etwas fragen möchte:
Osiander gibt damit das damals allgemein verbreitete resignative Verständnis der Astronomie wieder, das bis auf Ptolemaeus selbst zurückgeht. Sie ist nicht Wissenschaft, sondern ars, Rechenkunst, die an der Wissenschaftlichkeit nur insoweit Anteil hat, als sie bei ihren Konstruktionen die Grundsätze der Geometrie respektiert.Deinde causas earundem, seu hypotheses, cum veras essequi nulla ratione possit, qualescumque excogitare et confingere, quibus suppositis iidem motus ex geometriae principiis, tam in futurum, quam in praetaeritum recte possint calculari. Horum autem utrumque egregie praestitit hic artifex" aus Osianders Vorwort ad lectorem de Hypothesibus Huius Operis (De revolutionibus) in Zekl "Das neue Weltbild", Meiner 2006, s. S. 60
http://books.google.de/books?id=1vHaiN3 ... 22&f=false
Ich möchte auf den hier von Schröder hingestellten Gegensatz von Wissenschaft und Kunst zu sprechen kommen und fragen, -vor dem Hintergrund, daß es zu Osianders Zeit noch kein positivistisches Wissenschaftsideal gab, wie wir es heute pflegen - ob es denn zu seiner Zeit schon einen Kanon an Wissenschaften (etwa die 4 Faculates?) im Gegensatz zu den artes liberales gegeben habe, und von wem dieser, zu O. Zeit gültige, stamme, und ob davon auszugehen ist, daß Osiander sich bei Schreiben dieses Satzes jenes erwähnten Gegensatzes wohl bewußt war oder ob es sich hier evntll um ein Konstrukt Schröders (Verfasser) handelt, welches sich auf dem Hintergund des modernen Vorbildes eingeschlichen hat.
Zur Illustration meiner Zweifel noch zwei andre Stellen aus jenem Vorwort Osianders zu de revolutionibus:
Im Eingangssatz schreibt Osiander nämlich "...putentque disciplinas liberales recte iam olim constitutas turbari non oportere" und dies übersetzt Zekl mit "die edlen ... Wissenschaften..". Nun kennen wir zwar artes liberales, aber scientiae liberales sind mir nicht geläufig - was nicht heißen muß, daß es sie nicht gegeben habe. An einer andren Stelle übersetzt Zekl den Satz Osianders "Satis enim patet, apparentium inaequalium motuum causas, hanc artem penitus et simpliciter ignorare." mit "Es ist ja hinreichend bekannt, daß diese Wissenschaft die Ursachen der erscheinenden ungleichmäßigen Bewegungen schlicht überhaupt nicht kennt." Zekl s. S. 63