Gurlitt's Fall

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Gurlitt's Fall

Beitragvon Brakbekl » Mi 6. Nov 2013, 13:38

Wir leben in einer sehr seltsamen Republik. Ich verfolge das Geschehen um den "Kunstfund" Gurlitt mit gespannter Aufmerksamkeit.
Es sind mehrere Punkte, die dabei aufmerksam machen.

1. Zuerst die Tatsache, daß die Behörden jemanden beschattet, der mit 9 Tsd! in der Tasche, legal deklariert, in die Schweiz fährt. Aber gut, wir haben uns alle an den Gedanken gewöhnt, und ihn verinnerlicht, daß der Staat bei allen unseren finanziellen Transaktionen dabei ist, und von allem zu wissen hat. Wahrscheinlich ist dies erst im Himmelreich nicht mehr so. Aber dies wollen wir hier nicht hinterfragen. Staasispitzelei ist nicht unser Thema.

2. Schnell ist der Begriff Raukunst da, aber der Begriff ist eigentlich für die von Soldaten im Besatzerstatus entwendete Kunstwerke da. Bei der entarteten Kunst handelt es sich um vom deutschen Staat konfisziertes „Kunst“gut. Rein faktisch gesehen konfisziert jeder Staat, natürlich nur auf seiner „Rechtsgrundlage“ und verhökert die Sachen dann zugunsten seiner Knechte. Man sehe einmal bei Zoll-Auktionen.de nach, was heute alles so konfisziert wird. Das scheint eine ganz florierende Branche zu sein. Ich laß mich jetzt nicht auf den ideologischen Vergleich beider Rechtsgrundlagen ein. Mir reicht die Identität des Amtsvorganges als Tertium comparationis.

3. Der Handel mit allen Dingen, an denen etwas Jüdisches hängt, ist heute sehr gefährlich. Es ist so ungefähr, wie mit dem Denkmalschutz. Ein Haus verliert rapide an Wert auf dem Markt, wenn diese Institution ihre Hand darauf getan hat. Kommt einmal auch nur die Idee auf, daß an irgendeinem Gut auch nur der Geruch eines solchen Eigentums hängt, gibt es Organisationen, meist in Amerika beheimatet, die sehr mächtig sind, und die solange "prüfen" bis es nicht mehr deines ist. Und da der Besitzer Deutscher ist, ist die Rechtslage meistens ein eindeutig. In einem solchen Fall ist der hohe Spekulationswert dann meistens kontraproduktiv.

4. Nun zum Eigentum. Nicht, daß jemand denkt, ich verteidige hier Raub. Eigentum und Familie sind die beiden Institutionen, die der Liebe Gott persönlich geschaffen hat für alle Menschen. Zu beiden hat der Sozialismus das denkbar schlechteste Verhältnis. Sein Motto ist: Wer was hat, ist verdächtig. Früher heiß es: Alles gehört dem Volk. Heute meint man: Alles gehört dem Staat. Aber Letzteres ist nur eine Version von Ersterem. Und natürlich besonders Kunstwerke, wenn sie wertvoll sind.

Wir wissen, daß der jetzige Besitzer die "Kunstwerke" geerbt hat.
Gurlitts Vater, ein Kunsthändler, hatte die Werke während der Nazi-Zeit zu Spottpreisen erworben.
*
Bisher ist nach vielen dieser Kunstwerke nicht einmal gesucht worden. Ja, die Existenz etlicher Werke war nicht einmal Kennern bekannt. Wie kann es dann sein, daß die Zeitungen wissen, daß diese Werke unrechtmäßig erworben wurden? Da ist die Aussage der Frau Gurlitt, der Frau des Vaters, dass alle eigenen Werke in Dresden verloren gegangen sind. Diese (Schutz)Lüge könnte sich jetzt als Lüge herausstellen, dann nämlich, wenn herauskommt, dass der Kunsthändler Gurlitt schon längst vor der Nazi-Ausstellung Bilder gesammelt und erworben hat, als rechtmäßiger Eigentümer, was bei seiner Biographie wohl nicht als undenkbare Möglichkeit abgetan werden kann. Heben Sie heute Quittungen aller Ihrer gekauften Waren auf?

5. Zum Wert: Hätte es diese Ausstellung zur "entarteten Kunst" nicht gegeben, gäbe es wahrscheinlich auch gar nicht so einen Hype um diese "Werke", wobei ich Werke hier absichtlich in Anführungszeichen setze. Nun es sie aber gab, kann man wohlfeil alles Gekritzel und Geschmiere unter diese Kategorie setzen, und es hochpreisen, wobei auch dieses Verbum in seiner wirtschaftlichen Bedeutung gesehen werden sollte. Kunst ist ja heute mehr eine Art der Spekulation, als das sie etwas mit Können zu tun habe. Nicht alle Künstler waren Juden, und nicht alle sind "berühmt" worden und auch nicht alle sind verfolgt worden. Die „entartete Kunst“ ist ja auch deshalb bekannt geworden, weil sie mit den damals bekannten Begriffen von Kunst brach. Das Schöne war keine gültige Kategorie, und auch heute würden sich die meisten einfachen Leute so was nicht in’s Wohnzimmer hängen. Man muß wirklich fragen. Macht die Tatsache, dass jemand Jude war oder dass er verfolgt wurde, und dass er „Kunstwerke“ schuf, den Wert dieser Kunstwerke aus? Wohl nur bei Leuten, die keine inneren Maßstäbe mehr haben.

6. Und dann noch einmal die Steuer. Ich, als Kunstbesitzer, habe um den spekulativen Wert der in meinem Haus befindlichen Dinge zu wissen, und darauf Kapitalsteuer zu entrichten. Das ist wirklich ein Supersteuer. Bilder schaffen Geldwert. Wird so ein Bild mal für 1 Mio. verkauft, hat es fortan diesen Wert und schafft jährlich das Einkommen eines Steuerkommissares. Zahlen die staatliche Museen eigentlich auch Kapitalsteuer? So einfach schafft man "Reichtum" und so einfach kriminalisiert man die Leute. Das ist einfach Raub. Das ist dasselbe, wie mit den Bodendenkmalgesetzen. Nichts anderes. Und vor allem verhindert es, wenn man der These glauben schenken darf, sie war eines der Glaubensbekenntnisse der Künstler in der linken DDR, daß die einfachen Leute durch Kunst besser werden - weil die einfachen Leute sich dann keine Kunst mehr leisten können. Wahrscheinlich sind die einfachen Leute nur vernünftig, sie hängen sich doch nichts in's Zimmer, wofür sie dann noch extra Steuern zahlen sollen. Und merkwürdig, die Massenmedien finden, wie in der Ostzone, mal wieder alles gut, was die Parteien im D´Staat verbrechen.


Allein in Berlin, ich habe dort oft Markt gemacht auf dem sog. "Kunstmarkt" im Tiergarten, soll es an die 400 Tsd "Künstler" geben, ich weiß nicht, wieviele es in D. sind und wieviel davon der "Bildenden Kunst" zuzurechnen sind. Was wird jetzt passieren, wenn die Amis raus sind? Was wird passieren beim neuerlichen Systemwechsel, wenn es "andersrum kommt"? Man sollte heute schon Kunst kaufen, die Anti-Mainstream ist. Zumindest die Sprayer haben einen gewissen Verfolgungsdruck von der Polizei auszuhalten, aber man kann ja nicht wissen, vielleicht gehört auch das zu dieser von der Dosenindustrie induzierten Branche und ist berechnet.
Und vor allem - wir sind nicht sicher, ob die heutigen „Künstler“ - nach einem Systemwechsel nicht auf uns zurückkommen und ein höheren Preis fordern, denn sie haben unter Druck verkaufen gemusst, unter dem Druck, zu überleben, unter dem wir alle stehen. Das ist alles so verlogen. Wenn der Staat BRD allen denjenigen, die in der DDR ihr Haus wegen Ausreise verkaufen mußten, dieses nach der Wende zurückerstattet hätte - könnte man hier nachdenklich werden. Aber er hat die Enteignungen der Nazizeit größtenteils bestätigt und die der DDR-Zeit bestätigt (Mauergrundstücke) und sich daran bereichert. Und jetzt will man jemandem, dessen Eigentum auf Erbe beruht, an's Leder. Hat man dazu nicht 85 Jahre Zeit gehabt?

Was ist eigentlich, wenn der Vater des Herrn Gurlitt, der ja die "Entartete Kunst" zu Geld machen sollte, schlicht keine Käufer fand und auf den Werken sitzenblieb, und sie schlicht an sich nahm, weil in den Museum die Gefahr des vollständigen Unterganges, oder 43 war es absehbar - die Gefahr als Kriegsbeute zu verschwinden - am Horizont aufschien. Er hätte sie sich doch mindestens ersessen.
Ist es realistisch, von einem Händler zu verlangen, er hätte die nach damaligem Rechtsstand konfiszierten Werke den ursprünglichen Eigentümern noch damals zurückgeben sollen? Wahrscheinlich hätten alle heute mit der Materie befassten Personen damals richtig gehandelt, so dass sie auch heute noch vor der moralischen Instanz Öffentliche Meinung BRD hätten bestehen können.
Dass er ein Handlager der Nationalsozialisten war, steht außer Frage.**


Stellen Sie sich vor, es käme ein ihnen bekannter "Künstler" zu Ihnen, und würde sagen, daß er wegen Drogenhandels in den Knast müßte und daß er Sie bitte, sein Werke, ca. 1,5 Kubikmeter, solange zu hüten. Was würden Sie ihm sagen? Dieser Fall Gurlitt, in den Zeitungen öffentlich gemacht, ist ein treffliches Sittengemälde unserer Zeit. Er zeigt vor allem den gigantischen Widerstand, den die heute lebenden Leute und Hoheitsträger einem Hitler entgegengesetzt hätte, hätten sie denn das Glück gehabt, damals zu leben. Schon Johannes Gross meinte einmal in der FAZ, daß der Widerstand mit dem Quadrat des zeitlichen Abstandes vom Geschehen wachse.



*http://www.focus.de/kultur/kunst/tid-34485/nach-dem-fund-des-muenchner-nazi-schatzes-lagern-auch-in-cornelius-gurlitts-salzburger-geisterhaus-meisterwerke_aid_1148601.html
**http://www.welt.de/regionales/hamburg/article121601692/Muenchner-Kunstfund-die-Spur-fuehrt-nach-Hamburg.html
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Re: Gurlitt's Fall

Beitragvon RM » Mi 6. Nov 2013, 22:18

Lieber brakbekl,
Könntest Du das bitte noch einmal in zwei bis drei kurzen Sätzen zusammenfassen?
1. Deutsche Zollbeamte an der Schweizer Grenze verfügen über relativ gute Menschenkenntnis.
2. Du machst mir zu viele Gänsefüßchen. Bei dem Begriff "entartete Kunst" sehe ich sie ja ein, sonst sind sie oft überflüssig.
3. So weit ich gelesen habe, wurde auch Gurlitt im Dritten Reich nicht in Ruhe gelassen, weil er selbst jüdische Verwandtschaft hatte.
4. Natürlich interessieren sich die Organisationen jüdischer Opfer für solche Fälle, weil ja gezielt jüdische Besitzer enteignet wurden. Das betrifft nicht nur Gemälde, sondern auch Immobilien und Lebensversicherungen, die nie ausgezahlt wurden. Dass viele dieser Organisationen ihren Sitz in den U.S.A. haben, ist aus historischer Sicht mehr als verständlich.
5. Was die Rechtslage betrifft, so ist das ein sehr verzwicktes Feld, denn auch Gesetze oder Bestimmungen, die zu Enteignungen führen, könnten rechtswidrig erlassen worden und damit ungültig sein. Wie aber weist man nach, dass man der rechtmäßige Besitzer eines Picassos ist. Durch ein Foto des Wohnzimmers, auf dem er zu sehen ist? Man könnte ihn danach verkauft haben, aber im Normalfall scheitert es schon durch das Fehlen des Wohnzimmerfotos oder anderer aussagekräftiger Unterlagen.
6. Wenn Gurlitt die Werke einfach behalten hat, obwohl er sie vom SS-Staat nur in Komission übernommen hat, um sie zu verkaufen, ist der rechtmäßige Besitzer zunächst wohl die Bundesrepublik Deutschland als Rechtsnachfolgerin des Dritten Reichs. Sollten sich die Inbesitznahmen im Einzelfall als unrechtmäßig herausstellen, müssten die Werke den Vorbesitzern bzw. ihren Erben zurückerstattet werden, wenn diese zu ermitteln sind.
7. Wir sollten erst einmal froh sein, dass die Werke überhaupt erhalten geblieben sind.

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Re: Gurlitt's Fall

Beitragvon sinemetu » Do 7. Nov 2013, 08:56

Was Brakbekl übrigens nicht erwähnt ist, daß zur ideologisch motivierten Wander-Ausstellung "entartete Kunst", die wohl 1937 begann, nur Werke, welche aus deutschen Museen aussortiert wurden, gezeigt wurden. Das heißt, die Museen hatten die Werke schon gekauft. Das muß ja mindestens vor 1937 stattgefunden haben, der Wahrscheinlichkeit wegen auch größtenteils vor Machtergreifung der Nazis, denn nach 1933 wird wohl kaum ein staatlicher Angestellter (Museumsdirektor) noch die Traute besessen haben, staatliche Gelder derart zu verwenden.* Dann wären die Bilder alle rechtmäßiger Besitz der Institutionen des Reiches. Was aber nun gilt, wenn der Staat diese Bilder nicht mehr haben will und sie als beinahe wertlos gelten. Es kann also diesfalls von Zwangsenteignung von jüdischen Malern und Künstlern und Besitzern schlechterdings erstmal nicht die Rede sein. Wenn nun ein Mann, der die Bilder im Auftrag des Staates verkaufen soll, mangels Nachfrage zum großen Teil die Werke selber kauft, schließt er meines Erachtens einen gültigen Kauf ab mit Eigentumsübergang. Was in Wiki steht zu der Ausstellung
http://de.wikipedia.org/wiki/Entartete_Kunst
steht, ist alles mit Vorsicht zu genießen. Wie kann der Staat "Konfiszierte Bilder" zeigen, wenn diese Bilder alle in seinem Besitz (Museumsbesitz) waren. Doch maximal nur, wenn es sich um Leihgaben handelte. Davon steht aber nichts da.
Man weiß aber nicht, inwieweit sich auch Bilder in dem Konvolut Gurlitts befinden, die aus dem Nachlass von Deportierten stammen. Diesfalls wäre die Rechtslage eindeutig, auch in dem Fall, wenn es sich um einen Not. bzw. Zwangsverkauf handeln würde.

Anders dazu Heise: " Immerhin verkauften in den 1930er Jahren viele Museen unter regimenaher Führung eifrig Kunstwerke, die sie nicht mehr in ihren Ausstellungsräumen und Lagerhallen haben mochten." Woher er das hat ???? Quelle: http://www.heise.de/tp/artikel/40/40250/1.html
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Re: Gurlitt's Fall

Beitragvon Brakbekl » Do 7. Nov 2013, 11:50

RM hat geschrieben:Lieber brakbekl,
Könntest Du das bitte noch einmal in zwei bis drei kurzen Sätzen zusammenfassen?
1. Deutsche Zollbeamte an der Schweizer Grenze verfügen über relativ gute Menschenkenntnis.


Unbestritten, ich finde es an sich unerhört, daß irgendein Staat sich es gegen seine Bürger herausnimmt, über deren Vermögen Bescheid zu wissen. Ein Staat hat Recht auf Steuern. Einmalige Besteuerung der Arbeitsleistung. Alles andere ist vom Teufel.

RM hat geschrieben:2. Du machst mir zu viele Gänsefüßchen. Bei dem Begriff "entartete Kunst" sehe ich sie ja ein, sonst sind sie oft überflüssig.


jaja, eigentlich bin ich ja gegen Worte in Gänsefüsschen. Aber ich habe mal in einem quasitotalen Staat gelebt, und die Gesetzgebung der jetzigen BRD, besonders unter den Blockparteien lassen da wieder viele Erinnerungen hochkommen. Daher viele Gänsefüßchen. Ebenso bei der Bewertung von Kunstwerken. Ich wollte damit nur deutlich machen, daß "Kunst" heute nicht mehr das an sich Gute ist, sondern Geschäft.


Gruss
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Re: Gurlitt's Fall

Beitragvon RM » Do 7. Nov 2013, 23:04

Ja, nur, wenn diese Bürger, denen die Werke, um die es jetzt geht, wohl nicht alle gehörten, es sich jahrzehntelang herausnehmen, allein durch den Umstand, dass diesem totalitären Regime der Garaus gemacht wurde, dem Rechtsnachfolger durch geschickte Verschleierung der Wahrheit die Rückgabe des Eigentums verweigern, habe ich nicht ganz so viel Verständnis. Außerdem war möglicherweise der Tatbestand des Erbschaftssteuerbetrugs und durch den Verkauf einzelner Bilder ohne Angabe auf der Steuererklärung des Umsatzsteuerbetrugs etc. erfüllt.
Und Du wirst Dich wundern, aber der Staat hat noch viel mehr Rechte als nur die auf Besteuerung der Arbeitsleistung, und das ist auch ganz gut so.

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Re: Gurlitt's Fall

Beitragvon Zythophilus » Sa 9. Nov 2013, 12:16

Hier ist die Frage, was moralisch richtig ist und was das Gesetz sagt.
Hildebrand Gurlitt war mit der Verwertung der Kunstwerke, die nach der damaligen Ideologie als "entartet" galten, beauftragt. Er hatte vermutlich Inventarlisten der staatlichen Museen, von denen er die Objekte bekam, und auch Museumsdirektoren - zumindest die, die nicht unangenehm auffallen wollten - gaben jene wohl problemlos heraus. Es handelte sich um eine behördliche Anordnung die Staatseigentum betraf; soweit bekannt ist, findet sich in der Gurlittschen "Sammlung" praktisch keine enteignete Kunst. Natürlich war das Dritte Reich ein Unrechtsregime, aber sind solche Rechtsakte deswegen automatisch ungültig?
Gurlitt sollte die Werke verkaufen: Unterschlug er die jetzt aufgetauchten, verkaufte er sie absichtlich zu einem zu niedrigen Preis an sich selber oder verkaufte er sie zu einem damals realistischen Preis an sich selber?
Durch die Maßnahmen der Nazis waren derartige Kunstwerke in Deutschland nicht so leicht verkaufen, da sich ein Käufer als Kritiker der herrschenden Ideologie deklarierte, dazu kam, dass innerhalb kurzer Zeit eine große Menge auf den Markt kam, was die Preise drücken musste. Die Käufer machten sicher ein gutes Geschäft - gaben sie nach 1945 auf diese Art alle billig erworbenen Bilder zurück?
Sollte Gurlitt sen. die Werke zu damals realistischen Preisen an sich selber verkauft haben, ist der Sohn aus dem Schneider. Die Steuerdelikte - beim Tod von Hildebrand Gurlitt 1956 war der Wert solcher Kunst nicht besonders hoch - sind da vernachlässigbar.
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Re: Gurlitt's Fall

Beitragvon Brakbekl » So 10. Nov 2013, 22:29

Hier der Vertrag - ziemlich hoch angebunden…

http://www.bild.de/bild-plus/news/inlan ... .bild.html
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Re: Gurlitt's Fall

Beitragvon Zythophilus » Mo 11. Nov 2013, 00:03

Für Gurlitt war es offenbar eine gute Gelegenheit, an Bilder, die gerade in Deutschland nicht en vogue waren, heranzukommen. Wenn man seinem Sohn die aus den Beständen deutscher Museen stammenden Werke, die ja damals Staatsbesitz waren, als unrechtmäßig erworben wegnimmt, dann müsste man alle Rechtsgeschäfte des Staates von 1933 bis 1945 für ungültig erklären.
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Re: Gurlitt's Fall

Beitragvon sinemetu » Mo 11. Nov 2013, 21:51

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Re: Gurlitt's Fall

Beitragvon sinemetu » Di 12. Nov 2013, 12:26

http://www.welt.de/kultur/kunst-und-arc ... esden.html

Also, dieser Fall muß eigentlich in die Sache der enteigneten Berliner Mauergrundstücke neuen Wind bringen. Oder sind Enteignungen durch die neue und alte SED moralisch berechtigt die durch den Nazistatt aber nicht?
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