Waldesser ??

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Waldesser ??

Beitragvon sinemetu » Di 16. Dez 2014, 23:19

Ich lese gerade im Grimm zu Bauch:
http://woerterbuchnetz.de/DWB/?sigle=DW ... id=GB01147

a steht: BAUCH, m. venter, uterus, ahd. pûh, mhd. bûch, mnl. bûc, nnl. buik, ags. bûc, altn. bûkr, schw. buk, dän. bug. nach dem nhd. pl. bäuche darf man einen mhd. biuche, ahd. pûchî ansetzen, der nnl. lautet buiken. die goth. form begegnet nicht, sie würde lauten buks, pl. bukeis.
Der wurzel nach verwandt scheint gr. φάγος, der esser von φαγεῖν...


Nun heißt die Buche nach vllt. Linne fagus sylvaticus. Sollte unser Buch ganz einfach ein Bauch sein? Dass der Bauch eine Esser ist, kommt schon hin. Die Frage bleibt nur: Was hat der Baum mit Essen zu tun?
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Re: Waldesser ??

Beitragvon RM » Mi 17. Dez 2014, 01:04

Vielleicht hat ja der Bug eines Schiffes damit zu tun. In Wikingerschiffen wurde anscheinend auch Buchenholz verbaut.
Die Buche heißt übrigens fagus sylvatica. Bäume sind immer Feminininum.

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Re: Waldesser ??

Beitragvon sinemetu » Mi 17. Dez 2014, 11:54

RM hat geschrieben:Vielleicht hat ja der Bug eines Schiffes damit zu tun.


Wir kümmern uns ja um den bildlichen Hintergrund unserer Ableitungen. Ich seh bei Bug erstmal kein Hindernis, es zu Bauch zu stellen, man spricht ja heute noch vom Buch bzw. Rumpf eines Schiffes. Das Bild stimmt also bis heute. Ich denke auch daß es zuerst einen Begriff für Bauch gab, und später kam die Ableitung für Schiffsbauch dazu.

RM hat geschrieben: In Wikingerschiffen wurde anscheinend auch Buchenholz verbaut.
Buchenholz ist sehr feuchtigkeitsanfällig. Es wird nur zum Möbelbau verwendet, also Schiffsinnenausbau. Daß es zu Schiffskonstruktionshölzern verwendet wurde, halte ich eher für unwahrscheinlich nach meinem jetzigen Kenntnisstand. Jedenfalls hab ich noch keine Buhnen aus Buchenholz gesehen.

Es bleibt die Frage, was Buche mit Bauch und Essen zu tun hat.
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Re: Waldesser ??

Beitragvon linhart » Mi 17. Dez 2014, 19:34

Zwischen Buch und Bauch sehe ich eigentlich keinen Zusammenhang. Die Angaben im Duden zeigen von der Bedeutung her ganz verschiedene Wurzeln, auch wenn sie lautlich ähnlich sind.

Buch, das; -[e]s, Bücher [mittelhochdeutsch buoch, althochdeutsch buoh (Plural), ursprünglich wohl = (Runen)zeichen, Buchstabe, dann: Schriftstück]:

Bauch, der; -[e]s, Bäuche [mittelhochdeutsch buch, althochdeutsch buh, ursprünglich = der Geschwollene]:

© DUDEN - Das große Wörterbuch der deutschen Sprache,|4. Aufl. Mannheim 2012 [CD-ROM]


Oder hat sinemetu gar nicht Buch, sondern immer nur Buche gemeint?
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Re: Waldesser ??

Beitragvon Zythophilus » Mi 17. Dez 2014, 21:55

Was verzehrt denn eine Buche, sodass man sie mit dem griech. Verb φάγω in Verbindung bringen könnte?
Das Adjektiv siluaticus - ein wissenschaftliches Taxonom braucht eben je einen Gattungs- und Artnamen - ist jedenfalls nicht sehr aussagekräftig. Das es in Europa bis auf ein paar Randgebiete die einzige Buchenart ist, heißt der Baum normalerweise auch meist nur "Buche" und nicht "Rotbuche". Im Spanischen lautet der vollständige Name z.B. "haya común" - "gemeine Buche", wie sie in den meisten anderen Sprachen ebenfalls heißt, ist auch nicht spektakulär.
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Re: Waldesser ??

Beitragvon sinemetu » Mi 17. Dez 2014, 22:42

linhart hat geschrieben:Zwischen Buch und Bauch sehe ich eigentlich keinen Zusammenhang.


Buche und Buchstaben auf Buchenstäben - erinnere die Art der Botschaftsübermittlung - irgendwo bei den Alten überliefert. (Die Buche hat optimal glatte Rinde zum Schreiben) Was für ein Zusammenhang besteht zwischen Buche und Bauch? Im Bauch lagert das Gegessene und im Buche das geistig aufgenommene. Im Bauch wird gelagert und verdaut.
Zuletzt geändert von sinemetu am Mi 17. Dez 2014, 23:16, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Waldesser ??

Beitragvon Zythophilus » Mi 17. Dez 2014, 22:54

Zunächst einmal zu "Buch" und "Buche" http://www.sprachauskunft-vechta.de/woerter/buch.htm
"Bauch" ist hier, wie ich glaube, recht einleuchtend erklärt http://de.wiktionary.org/wiki/Bauch
Wenn ich mir das deutsche Wort "Buche" und das lat. fagus ansehe, komme ich eher auf die Idee, dass sie entweder beide auf ein idg. Stammwort zurückgehen oder "Buche" ein Lehnwort ist.
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Re: Waldesser ??

Beitragvon Zythophilus » Mi 17. Dez 2014, 22:57

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Re: Waldesser ??

Beitragvon sinemetu » Mi 17. Dez 2014, 23:28

Zythophilus hat geschrieben:Wenn ich mir das deutsche Wort "Buche" und das lat. fagus ansehe, komme ich eher auf die Idee, dass sie entweder beide auf ein idg. Stammwort zurückgehen oder "Buche" ein Lehnwort ist.


Danke für die Beiträge ...

Ist es denn sicher, daß im Lat. Fagus genau unsere Buche meinte? Vielleicht kommt man über die essbaren Bucheckern zu Essen, dann hatten aber andere Bäume 10 x mehr Anspruch auf diesen Namen. Es gibt übrigens auch Buchweizen (fagopyrum), was nun fast nichts mit Buche zu tun hat. Übrigens hatten lange Zeit Bücher auch (buch?)-hölzerne Einbände, Diptychon seit ja "Zwei-gebundenes".


dass Buch und Buche „aus formalen und sachlichen Gründen“ miteinander „nichts zu tun haben“.

wir hätten gern die formalen und sachlichen Gründe gewusst ..

Ich wollte auch auf das russ. бук - Buche und буква - Buchstabe hinweisen. Das von Grimm (Buchstabe) ist ja auch interessant:
Buchstab an sich selbst, gleichviel wie man es decliniere, bestätigt zusehends die von buch gegebne deutung. wenn uns die bôka, d. i. die buche, den gehalt der schrift überhaupt darstellt, so sind die bôkstabôs alle einzelnen vom baum geschnittenen tafeln und reiser. auf die büchnen stäbe wurden die züge geritzt und später gemahlt. bei Ulfilas erscheint uns stabs nur in der abstraction von στοιχεῖον, element, wie die buchstaben element sind aller schrift und rede; unter dem worte stab soll dessen zusammenhang mit staua κρίσις und stôjan κρίνειν entfaltet werden, der richter hält den stab und das urtheil erfolgt, gleich der schrift, durch stäbe. anklage hiesz unserer vorzeit rugstab, eid eidstab, verurtheilung harmstab und dem altn. feiknstafr, dirae, imprecatio würden ags. fâcnstäf, ahd. feichanstap zur seite stehn, dem altn. helstafr die hellirunen, todesrunen, denn auch verwünschungen pflegten mit runen eingeritzt zu sein. an der nahen berührung von runstab und buchstab kann niemand zweifeln. bruder Bertholds rede von gezierten, geflorierten buchstaben (Kling s. 305. 306) erscheint sinniger, wenn man die nachhallende eigentliche wortbedeutung hinzunimmt und selbst in handschriften des mittelalters läszt die laubverzierung ausgemahlter buchstaben sich noch darauf beziehen. im Tristan 362, 30 werden späne 'in lange wîs' aus reisern, um ein T und I zu bilden, geschnitten; das ganze alterthum unserer runen und losze hängt mit dem gebrauch solcher buchstaben genau und vielfach zusammen, wie neuere untersuchungen dargelegt haben, die längst unverstandne benennung wurde in allen deutschen sprachen bis auf heute fortgeführt. "


Vllt ist Buch und Buche auch von Bac(ulus) beeinflusst ....?

Und hier ein eventueller Zusammenhang mit Essen: http://www.etimo.it/?term=Bocca&find=Cerca
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Re: Waldesser ??

Beitragvon Tiberis » Do 18. Dez 2014, 01:37

sinemetu hat geschrieben:Distichon seit ja "Zwei-gebundenes".

:?
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Re: Waldesser ??

Beitragvon Zythophilus » Do 18. Dez 2014, 07:57

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Re: Waldesser ??

Beitragvon sinemetu » Do 18. Dez 2014, 09:23

Zu erinnern sei hier auch an die frühen Blockbücher und den Blockdruck. Hier auch eine möglicher Übergang vom Holz auf den Inhalt bzw. die Form.
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Re: Waldesser ??

Beitragvon sinemetu » Do 18. Dez 2014, 09:24

Tiberis hat geschrieben:
sinemetu hat geschrieben:Distichon seit ja "Zwei-gebundenes".

:?



Ich meinte natürlich Diptychon, aber Safari oder weiss ich wer ändert ständig meine Texte...
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Re: Waldesser ??

Beitragvon linhart » Do 18. Dez 2014, 09:53

Laut Georges kommt das lateinische fagus vom griechischen φηγός, das nur in der dorischen Version
φαγός lautet:

fāgus, ī, f. (φηγός, dorisch φαγός), I) die Buche Fagus silvatica, L.), fagus atque abies, Caes.: fagi folia, Plin.: fagi glans, Buchecker, Plin.: alta f., Verg.: altae fagi, Catull. – II) meton. = Bucheckern, Calp. ecl. 4, 35. – / auch nach der 4. Deklin., Nom. Plur. fagus, Ps. Verg. cul. 141: Akk. Plur. fagus, Varro fr. bei Charis. 130, 5.

Die folgenden EInträge im Pape lassen mich vermuten, dass φηγός und φάγος an sich ganz verschiedene Wörter sind:

φηγός, ἡ, ein Baum, der eine runde eßbare, der Eichel ähnliche Frucht trägt, quercus esculus, Hes. frg. 18. 39, 7; also nicht eigtl. unsere Buche, die eine dreieckige Frucht hat, Theophr. u. A.; Soph. nennt Trach. 171 die dodonäische Eiche ἡ παλαιὰ φηγός, die 1158 δρῦς heißt. – Auch die eßbare Frucht des Baumes selbst; Ar. Pax 1137; μύρτα καὶ φηγοὺς σποδιοῠσι πρὸς τὸ πῠρ Plat. Rep. II, 372 c.

φάγος, ὁ, der Fresser, N. T.; auch φαγός, s. Lob. Phryn. p. 434.
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Re: Waldesser ??

Beitragvon sinemetu » Do 18. Dez 2014, 10:25

Hier nochmal zu Buch und Bücher

beide Sphäre Haushalt

das Tuch, die Tücher
das Buch, die Bücher

aber die Buche, die Buchen, und der Bauch, die Bäuche

Platt:
dat Buck, de Bäukers )(Ich revidiere, es muß heißen: dat Bauck, de Bäuckers, wobei die Orthographie in Platt so eine Sache ist...)
de Buuk, de ????

Hier liegt vllt. auch eine Anlehnung bzw. Vermischung von Bauch und Buch (Buche) vor? Eine Gegenseitige Beeinflussung der beiden Phoneme, gesetzt der Fall, es handelt sich wirklich um zwei getrennte Wurzeln, in der Deutschen Sprache, läßt sich nicht ausschließen. Ich erinnere hier nur an die Wendung - nicht verdautes Wissen - Übergänge von der Bedeutungssphäre Geistiges, über Essen zu Holz gibt und gab es viele.
Zuletzt geändert von sinemetu am Mo 5. Jan 2015, 14:06, insgesamt 1-mal geändert.
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