de magistro L. L.

Beiträge zu Themen, die in keine andere Kategorie passen

Moderatoren: Zythophilus, marcus03, Tiberis, ille ego qui, consus, e-latein: Team

Re: de magistro L. L.

Beitragvon marcus03 » Fr 9. Jan 2015, 12:31

Prudentius hat geschrieben:und noch besser, Liebe mitzubringen.


Ein Schüler, der Latein "liebt", wird wohl von den meisten Mitschülern schnell für ziemlich "abnorm", wenn nicht gar "psychisch (leicht) gestört " gehalten. Wahre Liebe hat es in Zeiten der fast totalen Diktatur der Ökonomie ohnehin schwer. :(
marcus03
Pater patriae
 
Beiträge: 11399
Registriert: Mi 30. Mai 2012, 06:57

Re: de magistro L. L.

Beitragvon medicus » Fr 9. Jan 2015, 12:54

marcus03 hat geschrieben:Wahre Liebe hat es in Zeiten der fast totalen Diktatur der Ökonomie ohnehin schwer

Nolite desperare amici et respondite,quaeso, percondationem meam!

Woher kommt denn das falsche "a priori"? :nixweiss:
medicus
Augustus
 
Beiträge: 6623
Registriert: Do 9. Dez 2010, 11:39

Re: de magistro L. L.

Beitragvon Brakbekl » Sa 10. Jan 2015, 22:13

Hallo Tiberis, hätte Dir solche Worte nicht zugetraut ....


vielmehr verwechseln sie bildung mit ausbildung, und reform mit anpassung ebendieser ausbildung an den herrschenden zeitgeist oder jedenfalls an die aktuellen erfordernisse. und so ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass alle sogenannten bildungsreformen unter ausschluss jener stattfinden, die als einzige bildung vermitteln, nämlich der lehrer.


Die heutigen "Erfordernisse" sind demnächst Arabisch und Türkisch als obligatorische Unterrichtsfächer, wobei ich nichts gegen die Sprachen habe, sondern nur dagegen, daß entgegen der Deklaration res PUBLIKA politische Entscheidungen im stillen Kämmerlein von Anonymus getroffen und uns per Think Design unmerklich eingeimpft als "Erfordernisse" suggestiv dann manifeste Tagespolitik werden. Und das ganze soll Volksherrschaft sein! Da lachen sogar die Affen!

Du hast eine sehr positives Lehrerbild! Ich nicht.


genauso wie der begriff "schule" heute nichts mehr mit der ursprünglichen bedeutung dieses wortes (σχολη) gemein hat, ist auch der begriff "bildung" längst in sein gegenteil pervertiert, umso mehr, als die durch bildung erwirkte freie entfaltung der persönlichkeit, der freie, mündige, selbstbestimmte und kritische mensch, heute weniger denn je der gesellschaftspolitischen zielsetzung entspricht. nicht der freie , mündige, gebildete mensch ist erwünscht, sondern der angepasste, unkritische und für sein funktionieren bestmöglich "aus"gebildete. unwissenheit ist stärke!


Informieren heißt ja, die Menschen in Form bringen. Indem man ihnen Wissen darbietet, enthält man ihnen auch welches vor. Schule ist ja nicht umsonst seit dem alten Fritzen Zwangsschule. Spätestens seitdem ist sie (σχολη) im alten Sinne nicht mehr.
fide et virtute famam quaere
Benutzeravatar
Brakbekl
Senator
 
Beiträge: 3264
Registriert: Sa 18. Aug 2007, 15:07

Re: Was heißt "Bildung"?

Beitragvon Prudentius » So 11. Jan 2015, 17:00

ist auch der begriff "bildung" längst in sein gegenteil pervertiert


Das Wort Bildung geht auf die Bibel zurück, auf die Schöpfungsgeschichte in der Genesis, wo Gott den Menschen "nach seinem Bilde" erschafft; da ja ersichtlich so manch ein Zeitgenosse hinter diesem Bilde zurückbleibt :-D , ist Bildung nötig.

Indem man ihnen Wissen darbietet, enthält man ihnen auch welches vor.


Da ist was dran, aber bedenke, außer dem Nürnberger Trichter verfügen wir auch noch über andere didaktische Strategien.
Prudentius
Senator
 
Beiträge: 3577
Registriert: Di 24. Mai 2011, 17:01

Re: de magistro L. L.

Beitragvon RM » So 11. Jan 2015, 19:10

Bildung ist - wie ich schon vorher angedeutet hatte - heute etwas anderes als früher. Das Problem von Bildung im Zeitalter der Globalisierung ist auch nicht die didaktische Aufbereitung, sondern die schiere Menge an Stoff. Vom Universalgelehrten, der praktisch das komplette Wissen seiner Zeit beherrscht, entfernen wir uns immer weiter, da sich die Menge an Stoff nicht bewältigen lässt. Auf der anderen Seite bekommt das "Wissen-wo-es-steht" tatsächlich immer größere Bedeutung und ersetzt das klassische gedächtnisgestützte Bildungswissen immer weiter. Wir gewinnen daraus - das scheint vielen noch nicht bewusst zu sein - große Freiheitsgrade hinzu, da wir eben nicht mehr jeden Klassiker gelesen haben müssen, um als gebildet zu gelten. Wir werden immer mehr die Freiheit der Wahl haben, da die alten Klassiker ja nicht in der Menge verdrängt werden, in der neue Klassiker hinzukommen. Goethe konnte "die Buddenbrooks" nicht gelesen haben - es gab diesen Roman ja noch gar nicht. Wir sollten jedoch sowohl von Goethe als auch von Thomas Mann etwas gelesen haben.

8) RM
RM
Augustus
 
Beiträge: 4522
Registriert: So 22. Sep 2002, 22:08
Wohnort: Bayern

Re: de magistro L. L.

Beitragvon Prudentius » Di 13. Jan 2015, 18:18

Wir gewinnen daraus - das scheint vielen noch nicht bewusst zu sein - große Freiheitsgrade hinzu,


Vergiss nicht die andere Seite der Medaille, die immer weiter gehende Verästelung des Wissens führt zu einer immer stärkeren Vereinzelung der Wissenden, jeder lebt mit seinen Webseiten in einer Welt für sich; eine Diskussion oder Verständigung wird immer schwieriger, da dafür ein gemeinsamer Boden nötig wäre, auf dem man stehen kann; den um sich selbst kreisenden Menschen nannte man früher schon mit dem gr. Wort "Idiot", es gab dann den "wissenschaftlichen Idioten" und gibt heute den "digitalen Idioten" und die "digitale Demenz"; die digitale Welt ist zu einem Labyrinth geworden, das ist nicht nur ein Irrgarten, sondern darin haust der Minotaurus, der sich von uns ernährt :-D ; wir bräuchten einen Theseus, der ihm den Garaus macht.
Prudentius
Senator
 
Beiträge: 3577
Registriert: Di 24. Mai 2011, 17:01

Re: de magistro L. L.

Beitragvon ille ego qui » Di 13. Jan 2015, 20:28

medicus hat geschrieben:
marcus03 hat geschrieben:Wahre Liebe hat es in Zeiten der fast totalen Diktatur der Ökonomie ohnehin schwer

Nolite desperare amici et respondite,quaeso, percondationem meam!

Woher kommt denn das falsche "a priori"? :nixweiss:


die frage ist, ob es überhaupt falsch ist ;-) selbst bei caesar nämlich finden sich meines erinnerns stellen, wo der komparativ auf -i auslautet. erklären wird man das doch wohl mit analogie zu den prototypischen adjektiv(form)en (tristi etc.).
Ille ego, qui quondam gracili modulatus avena
carmen et egressus silvis vicina coegi,
ut quamvis avido parerent arva colono,
gratum opus agricolis, at nunc horrentia Martis
arma virumque cano ...
ille ego qui
Augustus
 
Beiträge: 6888
Registriert: Sa 3. Jan 2009, 23:01

Re: de magistro L. L.

Beitragvon RM » Mi 14. Jan 2015, 02:06

ille ego qui hat geschrieben:selbst bei caesar nämlich finden sich meines erinnerns stellen, wo der komparativ auf -i auslautet.

Beispiel:
..., ut ex superiori pugnans loco integrosque semper defatigatis submittens ... (Caes, Civ, 3, 40, 1)
Hat eigtl. schon mal jemand untersucht, ob das nur nach Präpositionen vorkommt?

8) RM
RM
Augustus
 
Beiträge: 4522
Registriert: So 22. Sep 2002, 22:08
Wohnort: Bayern

Re: de magistro L. L.

Beitragvon Prudentius » Mi 14. Jan 2015, 17:32

Die von Kant her bekannten Ausdrücke "a priori" und "a posteriori" für die Erkenntnis vor oder nach Benutzung der sinnlichen Erfahrung gehören der Sondersprache der Scholastik an, die seit dem MA. über viele Jh. hinweg von der Wissenschaft benutzt wurde; warum sie nun gerade diese Regelabweichung aufweisen, weiß ich auch nicht; diese "Lateiner" waren ja alle keine "native speakers", und keine Philologen, wahrscheinlich haben sie sich die Sprache mühsam beigebracht und haben dafür eine etwas dünnere Grammatik :-D benutzt, in der nur stand, dass die Adjektive auf -i enden.
Prudentius
Senator
 
Beiträge: 3577
Registriert: Di 24. Mai 2011, 17:01

Re: de magistro L. L.

Beitragvon RM » Mi 14. Jan 2015, 20:01

Prudentius hat geschrieben:..., wahrscheinlich haben sie sich die Sprache mühsam beigebracht und haben dafür eine etwas dünnere Grammatik :-D benutzt, in der nur stand, dass die Adjektive auf -i enden.

Da, glaube ich, unterschätzt Du Leute vom Schlage eines Kant oder eines Leipniz dann doch ein wenig. Beide haben auch lateinische Werke veröffentlicht, die durchaus so klingen, als wären sie in der Sprache zu Hause.

8) RM
RM
Augustus
 
Beiträge: 4522
Registriert: So 22. Sep 2002, 22:08
Wohnort: Bayern

Re: de magistro L. L.

Beitragvon Medicus domesticus » Mi 14. Jan 2015, 20:18

...Leibniz, RM ;-)
Ja, da wird einiges unterschätzt. Ich würde da nicht überheblich sein, was Neulatein anbetrifft. Diese Leute/Wissenschaftler hatten Latein noch viel mehr "intus" als wir uns das heute vorstellen können. Wenn ich auf das Scrabble-Rätsel von linhart hier verweise: Gauß hat bis in die 1830-er Jahre seine mathematischen Ergebnisse in lateinischer Sprache veröffentlicht.. :-D
Medicus domesticus
Dominus
 
Beiträge: 7238
Registriert: Di 9. Dez 2008, 11:07

Re: de magistro L. L.

Beitragvon RM » Mi 14. Jan 2015, 22:55

Medicus domesticus hat geschrieben:...Leibniz, RM ;-)

Stimmt! Wie konnte das nur passieren? Aber ich scheine nicht der erste zu sein. Gelegentlich sieht man auch ein "Leipnitius" in älteren Büchern.

8) RM
RM
Augustus
 
Beiträge: 4522
Registriert: So 22. Sep 2002, 22:08
Wohnort: Bayern

Re: de magistro L. L.

Beitragvon Zythophilus » Mi 14. Jan 2015, 23:50

Nicht zu verwechseln mit Leibnitz, latinisiert, wenn auch nicht sehr originell, Laibnitzia.
Zythophilus
Divi filius
 
Beiträge: 16843
Registriert: So 22. Jul 2007, 23:10
Wohnort: ad Vindobonam

Re: de magistro L. L.

Beitragvon medicus » Do 15. Jan 2015, 15:12

Zythophilus hat geschrieben:Nicht zu verwechseln mit Leibnitz


....und nicht zu verwechseln mit den Keksen :hammer:

Ich danke jenenfalls für die Erforschung das "a priori".
medicus
Augustus
 
Beiträge: 6623
Registriert: Do 9. Dez 2010, 11:39

Re: de magistro L. L.

Beitragvon Prudentius » Fr 16. Jan 2015, 17:53

Einiges ist ja im allgemeinen Bewusstsein geblieben: "Cogito, ergo sum", eingeflügeltes Wort; "in dubio pro reo"; und auch Kant hat zwar seine "Critic der reinen Vernunft" auf d. geschrieben, aber doch in der Fachterminologie das L. teilweise beibehalten.
Die Mathematiker erfreuen uns ja noch immer mit Abszissen, Koordinaten, Tangenten, Sekanten, Diskriminanten, Divisionen, Potenzen usw., nur müssten wir ihnen noch beibringen, plus mit langem u und dafür minus mit kurzen i zu sprechen :-D .
Shakespeare wird bescheinigt "small Latin, less Greek", aber er hat offensichtlich mehr gekannt als mancher heutige Altertumswissenschaftler.
Prudentius
Senator
 
Beiträge: 3577
Registriert: Di 24. Mai 2011, 17:01

Vorherige

Zurück zu Sonstige Diskussionen



Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 12 Gäste