kat imp

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kat imp

Beitragvon sinemetu » Di 3. Mär 2015, 09:19

Anmerkungen zum kat. Imp. und der Verallgemeinerbarkeit der Maximen.

Der kategorische Imperativ verlangt die strikte Verallgemeinerbarkeit der Maximen:

„Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, daß sie allgemeines Gesetz werde.“– Grundlegung zur Metaphysik der Sitten Immanuel Kant: AA IV, 421[3]

„Handle so, daß die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne.“– Kritik der praktischen Vernunft, § 7


Diese Handlungsanleitungen leidet imho unter zwei Trugschlüssen.

1. Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung: Beispiel Urwald: Der Urwald ist deshalb so dicht bevölkert, weil jeder Spezies ihre ökologische Nische hat. Die Nieschen bestehen genau darin, daß eben nicht alle nach den gleichen Maximen handeln. Das Fressen und Gefressen werden ist auch in der Natur nur letztes Gesetz, vorher lässt man leben, und hat zumindest die Ausnahme der eigenen Art, dann die nicht wahrgenommener Arten (Löwe frisst keine Bakterien), dann die absolute Verengung aus Beuteschemata. Ebenso die Menschen in ihrer sozialen Gliederung. Es gilt: quod licet iovi ...! Dies ist nichts als ein Aufbrechen des "allgemeinen Gesetzes". Mich dünkt, das die Katastrophen immer dann kommen, wenn der Zwang so stark wird, daß alle einem allgemeinen Gesetz unterworfen werden müssen, wie dem der Meder und Perser. Dschungel und Anarchie ist Leben, Sozialer Friede der Tod!

2. Zeit zum Durchdenken - Inpraktikabilität
Wenn jeder mit seinen Handlungen solange warten würde, bis er durchdacht hat, ob sie die Maxime aller sein kann, kommt er nicht zum Handlung. Diese Maxime kann nur dem Hirn eines unpraktischen Professors entsprungen sein. Und dann: Wer kann selber denken?

3. Die Leute haben nicht das selbe Wertesystem. Der k. I. funktioniert doch nur, wenn alle dasselbe Wertesystem. bzw. die selben Axiome haben. Manch einer will getötet werden.
http://www.spiegel.de/panorama/justiz/e ... 70286.html
Sowas kann die nie Prinzip allgemeiner Gesetzgebung werden.
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Re: kat imp

Beitragvon Medicus domesticus » Mi 4. Mär 2015, 20:48

Ich habe mich jetzt (noch) nicht eingehend mit Kant beschäftigt, aber, sinemetu: ich würde mich da eher mit den sicher zahlreichen Kant-Kommentaren beschäftigen, was den "kat imp" betrifft.. ;-)
Ich habe mal eine ganz interessante Sendung im BR dazu gesehen. Auch auf BR noch abrufbar ;-) :
http://tinyurl.com/p8hbdeu
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Re: kat imp

Beitragvon ille ego qui » Mi 4. Mär 2015, 23:21

Diese Handlungsanleitungen leidet imho unter zwei Trugschlüssen.

"imho" :?
lies doch mal drüber über deine beiträge, bevor du sie abschickst. schnelles verständnis scheitert teilweise bereits an so etwas ;-)
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Re: kat imp

Beitragvon marcus03 » Do 5. Mär 2015, 13:35

sinemetu hat geschrieben:Manch einer will getötet werden.


Kein körperlich und seelisch gesunder Mensch will getötet werden.
Mit Extrembeispielen kann man alles infrage stellen.

sinemetu hat geschrieben:Dschungel und Anarchie ist Leben, Sozialer Friede der Tod!


Wieso das denn ? :?

sinemetu hat geschrieben:Wer kann selber denken?


Gute Frage ! Wie definierst du DENKEN ? Was sind die objektiven Kriterien/Maßstäbe für richtiges Denken ? :nixweiss:
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Re: kat imp

Beitragvon sinemetu » Do 5. Mär 2015, 13:43

marcus03 hat geschrieben:
sinemetu hat geschrieben:Manch einer will getötet werden.

Kein körperlich und seelisch gesunder Mensch will getötet werden.
Mit Extrembeispielen kann man alles infrage stellen.


Aber kranke Menschen, und haben die keine Rechte? Man soll die Gesellschaft für selbstbestimmtes Sterben nicht unterschätzen, was die Gliederzahl angeht ...

marcus03 hat geschrieben:
sinemetu hat geschrieben:Dschungel und Anarchie ist Leben, Sozialer Friede der Tod!

Wieso das denn ? :?

Na, da sind die nichtnotwendigen Gesetze siehe Montesqieu noch nicht gedacht und gesagt, alles ist im Fluß, und der Sensitive kann seine erfahrungen selber machen, ohne unter den Fluch des Gesetzesbrechers zu fallen.

marcus03 hat geschrieben:
sinemetu hat geschrieben:Wer kann selber denken?

Gute Frage ! Wie definierst du DENKEN ? Was sind die objektiven Kriterien/Maßstäbe für richtiges Denken ? :nixweiss:

Selber Begriffe bilden und mit denen neue Sätze bilden .... alles andere ist Nachdenken! (... dessen, was schon einer vorgedacht hat.)
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Re: kat imp

Beitragvon Laptop » Do 5. Mär 2015, 23:53

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Das Argument von sinemetu finde ich durchaus schlüssig: man darf nicht von sich auf andere schließen. Und genau das tut Kant. Und er begeht damit einen schweren Denkfehler. Wir haben zwar einen von der Mehrheit getragenen gesellschaftlichen Konsens, was normal sei. Aber der ist nur die durschnittliche Schnittmenge, sozusagen der gemeinsame Nenner. Jede einzelne Person weicht etwas davon ab und hat etwas andere Vorstellung davon was normal, oder richtig sei.
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Re: kat imp

Beitragvon Prudentius » So 8. Mär 2015, 10:32

Dschungel und Anarchie ist Leben, Sozialer Friede der Tod!


So dachte Nietzsche, und viel Nachfolge fand er, der Nährboden für Hitler war bereitet; inzwischen sind wir klüger geworden...
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Re: kat imp

Beitragvon sinemetu » So 8. Mär 2015, 11:21

Prudentius hat geschrieben:
Dschungel und Anarchie ist Leben, Sozialer Friede der Tod!


So dachte Nietzsche, und viel Nachfolge fand er, der Nährboden für Hitler war bereitet; inzwischen sind wir klüger geworden...



Aua! Prudentius, Du heißt ja klüger als Du bist ... und jetzt bin ich gleich für die Gaskammern verantwortlich, oder? .... :hammer:

Meinungsfreiheit meint, etwas sagen zu dürfen, ohne gleich mit der "Faschismuskeule" erschlagen zu werden ....
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Re: kat imp

Beitragvon Laptop » Mo 9. Mär 2015, 04:37

Den Nazis wollte Nietzsche sicherlich keinen Nährboden schaffen. Die einen meinen Nietzsche sei verrückt geworden, die anderen, er fand die Erleuchtung. Ob nun verücktes Genie oder erleuchtetes Genie, jedenfalls wurden seine Äußerungen von den Nazis mißverstanden bzw. gezielt umgedeutet und instrumentalisiert. Den einzigen Fehler, den man ihm vorwerfen kann, ist, daß er etwas kokettiert hat mit seiner provokanten und theatralisch-dunkel inszenierten Sprache, er konnte auch anders, aber das war eben damals seine “Marke”. Nietzsche war ein Romantiker, aus der Zeit wo es durchaus üblich war z. B. einen wilden nackten Neger als Symbol unbändiger Naturkraft emporzustilisieren, eine durchaus romantisch-verklärte Sehnsucht auf die Rückkehr zur ursprünglichen und chaotischen Natürlichkeit als Rettung der Industrie-Welt. Das ist ein nach wie vor aktueller Gedanke. Andrerseits ging er gedanklich sehr viel tiefer als nur ein bißchen Back-To-Nature-Esoterik, er ging ins Philosophische und wollte, daß wir unsere Gottheit JHWH stürzen und stattdessen die Mutter Erde anbeten. Was ja auch sinnvoll ist, nur ist das eben dann einen Schwups zu unerhört für den Mainstream mit seinen moralischen Mitläufer-Hasenhirnen. :-)
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Re: kat imp

Beitragvon Prudentius » Mo 9. Mär 2015, 17:14

Ein paar für uns interessante Punkte zu Nietzsche:

- Er war ja einer der unsrigen, einer der wenigen Altphilolgen, die auch als Philosophen im weiteren Sinne auftraten; er wurde in jungen Jahren als Gräzistikprofessor nach Basel berufen;
- Er war Pastorensohn, hat aber wohl von Vaters Seite her etwas zuviel der christlichen Frömmigkeit mitbekommen.
- Er war nicht nur Gegener des Christentums, sondern auch Platons und damit der überlieferten Bildungstradition; bei Platon wird das eigensüchtige Machtstreben bekämpft; zu dessen Fürsprecher macht Nietzsche sich;
- Nietzsche hatte die Eliteschule "Schulpforta", nahe Naumburg, besucht, besteht heute noch, mit ihrer humanistischen Ausrichtung.
- N. hat gewisse Schleusen geöffnet, die er lieber hätte geschlossen lassen sollen; "Jenseits von gut und böse" heißt einer seiner Titel, damit meint er, der Mächtige setze seinen Willen durch, ohne nach der Moral zu fragen; "der Übermensch" ist eine Wortprägung von ihm;
- Man liest viel unter dem Stichwort: heute vor 100 Jahren, und man wundert sich über den Wahnsinn der damaligen Menschen, über die Begeisterung, mit der sie in den Krieg gezogen sind, gerade auch unsere Fachgenossen; welcher Geist hat sie inspiriert? Es war Nietzsches Geist; wir wissen, was kam; wenn wir die Texte Nietzsches lesen, springt der Funke nicht mehr über, wir vermissen die Einsicht, dass der Mensch Recht und Solidarität mit den Schwachen braucht.
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Re: kat imp

Beitragvon sinemetu » Mo 9. Mär 2015, 21:01

Prudentius hat geschrieben:Ein paar für uns interessante Punkte zu Nietzsche:

- Er war ja einer der unsrigen, einer der wenigen Altphilolgen, die auch als Philosophen im weiteren Sinne auftraten; er wurde in jungen Jahren als Gräzistikprofessor nach Basel berufen;


Er war der Erste, der die griech. Götter wieder ernst genommen hat, nachdem man sie zu quasichristlichen Engeln umfunktioniert hatte.

Prudentius hat geschrieben:- Er war nicht nur Gegener des Christentums, sondern auch Platons und damit der überlieferten Bildungstradition; bei Platon wird das eigensüchtige Machtstreben bekämpft; zu dessen Fürsprecher macht Nietzsche sich;


Was ist Christentum? Klar, er war kein Bußprediger - aber nur, weil der Religion als Geschäft ablehnte. Es gibt viele tief christliche Äußerungen von ihm. - siehe Walter Nigg. Er war getauft, damit war er Christ. Und sein Zetern zeigt nur, ihm war der Ernst der Lage bewußt, wie sonst niemandem.


Prudentius hat geschrieben:- Nietzsche hatte die Eliteschule "Schulpforta", nahe Naumburg, besucht, besteht heute noch, mit ihrer humanistischen Ausrichtung.
Heute dachte ich an den Seidelbast im Buchholz.

Prudentius hat geschrieben:- N. hat gewisse Schleusen geöffnet, die er lieber hätte geschlossen lassen sollen;
hierzu möcht ich nichts sagen ....

Prudentius hat geschrieben:"Jenseits von gut und böse" heißt einer seiner Titel, damit meint er, der Mächtige setze seinen Willen durch, ohne nach der Moral zu fragen; "der Übermensch" ist eine Wortprägung von ihm;


todays Supamän ......

Prudentius hat geschrieben:- Man liest viel unter dem Stichwort: heute vor 100 Jahren, und man wundert sich über den Wahnsinn der damaligen Menschen, über die Begeisterung, mit der sie in den Krieg gezogen sind, gerade auch unsere Fachgenossen; welcher Geist hat sie inspiriert?


Ist nicht der einzelne Dichter nur ein Sprachrohr, ein Verdichter des Zeitgeistes?

Prudentius hat geschrieben:Es war Nietzsches Geist!

Nein!

Prudentius hat geschrieben: wir wissen, was kam; wenn wir die Texte Nietzsches lesen, springt der Funke nicht mehr über, wir vermissen die Einsicht, dass der Mensch Recht und Solidarität mit den Schwachen braucht.

Bist Du Theologe ... Theologia ruinae! Unter religösen Kreisen wird ganz gezielt diese "Einsicht" suggestiv verbreitet ... sozusagen die realitätsgeprüfte Version von Superbia ante ruinam. Hitler der Teufel und die Deutschen die Dämonen. Sieht man sich aber die Sieger an und deren Kultur, werden, je älter man wird, die Zweifel immer stärker, ob es nicht doch insgesamt der Adel ist, der abtritt und die Dämonen, die hochkommen.
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