besonnen besinnlich

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besonnen besinnlich

Beitragvon sinemetu » So 17. Mai 2015, 09:20

Ist Musik besinnlich?

Bild

http://tinyurl.com/nvv4q6l

Besinnlich hat gegenüber besonnen eine eigenen Nuance. Besonnen ist die ursprüngliche, starke Form, besinnlich die spätere schwächere. Aber Musik kann nicht besonnen sein, besinnlich wohl schon, besonders wenn es sich um "geistliche Musik" (Fratres) handelt." Wie entstand das Wort besinnlich? Es hat genau dort seinen Sitz im Leben, wo Geistliches (religiöses), in die von Religiösem sorgsam abgeschirmte realmaterialistische Welt einbricht. Es ist die postsozialistische realmaterialistische Zivilreligion im Osten der Bundesrepublik, deren religiöse Sehnsucht sich in die Wonnen der Besinnlichkeit flüchtet. Dabei hat Besinnlichkeit sich vollkommen aus des Sphäre von Sein, Sinn und Denken losgelöst und sich in den Gefilden des unreflektierten Gefühls, um nicht zu sagen beim Schunkeln, niedergelassen. Es ist ein einziger Abstieg von der Höhe des klaren Gedankens bis an die Niederungen des dopamininduzierten Glückgefühls.

Tja, das Denken wird nicht geschätzt.

Fazit: Die Leute sind immer weniger besonnen, aber besinnlich hat auch schon seinen Höhepunkt überschritten. Je mehr die Mehrheit in's Rasen kommt, desto weniger Zeit bleibt um Denken. Hier der Graph: http://tinyurl.com/qjlwduy


Kann jemand erklären, warum hier
http://www.duden.de/rechtschreibung/besonnen_Adjektiv

bei besonnen schwaches Verb steht? Bei mir ist es stark, und beugt besinnen, besann, besonnen, nach beginnen wohl gebildet.
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Re: besonnen besinnlich

Beitragvon cultor linguarum antiquarum » So 17. Mai 2015, 11:35

sinemetu hat geschrieben:http://www.duden.de/rechtschreibung/besonnen_Adjektiv

bei besonnen schwaches Verb steht? Bei mir ist es stark, und beugt besinnen, besann, besonnen, nach beginnen wohl gebildet.


Das schwache Verb „besonnen“ bedeutet „sich von der Sonne bescheinen lassen; sich sonnen“, siehe http://www.duden.de/rechtschreibung/besonnen_Verb.
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Re: besonnen besinnlich

Beitragvon sinemetu » So 17. Mai 2015, 11:45

Achso, sowas gibt es auch - ich kennen es überhaupt nicht. Bei mir heißt es bescheinen.
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Re: besonnen besinnlich

Beitragvon Prudentius » Mo 18. Mai 2015, 20:48

Es sind ganz unterschiedliche Situationen, in denen die Wörter gebraucht werden:
- besonnen, wenn man sein Handeln plant,
- besinnlich, wenn man über den Sinn des eigenen Daseins nachdenkt.
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Re: besonnen besinnlich

Beitragvon Laptop » Di 19. Mai 2015, 01:19

Mit "besonnen" meinen wir soviel als "wohlüberlegt, ~vernünftig".
Mit "besinnlich" ist eine Mischung gemeint aus "nachdenklich" und "gemütlich". Z. B. Weihnachten, die Betrachtung eines Sonnenuntergangs, oder das Philosophische Quartett im ZDF.

So würde ich das aus dem Bauch heraus definieren. Das Wort "besinnlich" ist in seiner modernen Bedeutung jüngeren Ursprungs. Früher war es wohl das Synonym zu lat. sensualis, also sinnlich.
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Re: besonnen besinnlich

Beitragvon sinemetu » Di 19. Mai 2015, 06:59

Naja, Laptop, sinnlich und besinnlich haben heute einen gänzlich anderen Verbotop. Den von besinnlich habe ich oben beschrieben, der von sinnlich geht in's Fleischliche, um mit Luther zu reden.
Zuletzt geändert von sinemetu am Di 19. Mai 2015, 12:14, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: besonnen besinnlich

Beitragvon Prudentius » Di 19. Mai 2015, 08:08

Ich glaube, ihr beachtet nicht genug die Doppelbedeutung von "Sinn"; am einfachsten erkennt man sie bei den beiden Adj. "sinnlich" und "sinnlos"; das eine geht ins Konkrete, das im Plural vorkommt, "die Sinne", von denen die meisten nur 5 haben, das andere ist abstrakt, bezeichnet das Verborgene, Wesentliche, auf eine höhere Ordnung ausgerichtet.
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Re: besonnen besinnlich

Beitragvon sinemetu » Di 19. Mai 2015, 08:29

Prudentius hat geschrieben:Ich glaube, ihr beachtet nicht genug die Doppelbedeutung von "Sinn"; am einfachsten erkennt man sie bei den beiden Adj. "sinnlich" und "sinnlos"; das eine geht ins Konkrete, das im Plural vorkommt, "die Sinne", von denen die meisten nur 5 haben, das andere ist abstrakt, bezeichnet das Verborgene, Wesentliche, auf eine höhere Ordnung ausgerichtet.



Ich halte Sinn immer als ein Derivat von sein (esse) ... wobei der Gegenbegriff zu sinnlos sinnvoll ist.
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