Italiener und/oder Romanisten an Bord?

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Italiener und/oder Romanisten an Bord?

Beitragvon Christophorus » Sa 23. Mai 2015, 13:21

Salve,

in einem anderen Forum wird gerade eifrig über ein bekanntes Lied von Rocco Granata diskutiert, nämlich Marina.
Manche meinen bei dem Refrain statt Marina, Marina, Marina ein Marina, Marinau, Marina zu hören.
Meine Theorie geht dahin, dass das einfach eine Frage des Dialektes ist (wie man z.B. im Ruhrgebiet oft ebend statt eben sagt). Andere deuten das als ein Marina, Marina, oh Marina. Wieder andere sind der Meinung, dass die Form Marinau eine Bedeutung habe.
Nun die Frage an Kenner der italienischen Sprache: Gibt es eine abweichende Endung bei Frauennamen, die eine spezielle quasi verniedlichende Bedeutung haben, wie z.B. unser -chen und -lein bei Paulchen, Mariechen, Herzchen und Herzilein (Wildecker Herzbuben :lol: ) ?
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Re: Italiener und/oder Romanisten an Bord?

Beitragvon RM » Di 26. Mai 2015, 01:06

Manchmal hilft es, sich die italienische Wikipedia anzuschauen: http://it.wikipedia.org/wiki/Marina_%28nome%29
Da steht alles.

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Re: Italiener und/oder Romanisten an Bord?

Beitragvon Zythophilus » Di 26. Mai 2015, 11:45

Auf der Website des Sängers, die doch mit einiger Sicherheit die von ihm intendierte Version seines größten Hits bietet, steht jeweils dreimal "Marina", nirgends "Marinau".
http://www.roccogranata.be/de/texte/#M
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Re: Italiener und/oder Romanisten an Bord?

Beitragvon Christophorus » Di 26. Mai 2015, 14:22

danke für eure interessanten Beiträge :-)
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Re: Italiener und/oder Romanisten an Bord?

Beitragvon RM » Di 26. Mai 2015, 18:38

Longipes hat geschrieben:Das scheint mir die Theorie ...

Theorien und Belege für die Entwicklung der italienischen Dialekte gibt's ja nun in Hülle und Fülle. Da solltest Du Dich vielleicht mal mit ein paar Romanisten unterhalten. Wie gut kannst Du Italienisch?

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Re: Italiener und/oder Romanisten an Bord?

Beitragvon Prudentius » Mi 27. Mai 2015, 19:00

Ich habe gelesen, die Italiener konnten sich zu Zeiten Garibaldis noch gar nicht richtig gegenseitig verstehen, erst durch das Aufkommen der Medien und das Schulsystem sei die Normalsprache überall verbreitet worden.

Ich war mal unten, da kam jemand im Fernsehen zu Worte, und ich sagte zu den Italienern, ich vestehe gar nichts; da sagten sie, wir auch nicht. :)
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Re: Italiener und/oder Romanisten an Bord?

Beitragvon RM » Mi 27. Mai 2015, 19:23

Es gibt ein paar Dialekte, die man nicht mit Kenntnissen des Normitalienischen versteht, besonders gehören dazu das Neapolitanische, Bergamasco und einige Spielarten des Sizilianischen. Auch an das toskanische "h" statt "c" muss man sich eine Weile gewöhnen. Überhaupt ist die Vielfalt dialektaler Eigenheiten in Italien ganz erstaunlich.

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Re: Italiener und/oder Romanisten an Bord?

Beitragvon Prudentius » Fr 29. Mai 2015, 10:49

Manzoni schrieb in florentinischem Dialekt, der dadurch federführend wurde.


Gilt das nicht schon für den Florentiner Dante? Aber er ist wohl bei den Italienern schon etwas ins Abseits geraten? Für uns ist er jedenfalls der wichtigere, der dem L. zur Neugeburt verhalf und die Bahn für sein Fortwirken in Europa eröfffnete.
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Re: Italiener und/oder Romanisten an Bord?

Beitragvon Zythophilus » Fr 29. Mai 2015, 16:07

Das Toskanische, wie es etwa Dante schrieb, hatte natürlich großen Einfluss, der aber zu seiner Zeit noch nicht groß genug war, eine gemeinsame Schriftsprache hervorzubringen. Die konnte sich erst im 19. Jh. nicht zuletzt im Zuge der Einigung Italiens, durch die auch die politischen Voraussetzungen geschaffen wurden, durchsetzen.
Ist Manzonis Roman nun eine der Ursachen, dass sich der generell durch die Renaissanceschriftsteller geadelte florentinische Dialekt mehr oder weniger als Standardsprache etablierte, oder ist er eine Folge oder zumindest Begleiterscheinung dieser Entwicklung?
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Re: Italiener und/oder Romanisten an Bord?

Beitragvon RM » Fr 29. Mai 2015, 17:00

Es ist ja nun nicht gerade so, dass die Italiener vor dem 19. Jhdt. Französisch hätten sprechen müssen, um sich überregional zu verstehen ... :wink: So unähnlich waren sich die meisten Dialekte dann doch nicht.

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Re: Italiener und/oder Romanisten an Bord?

Beitragvon Zythophilus » Fr 29. Mai 2015, 21:15

Ein Venezianer und ein Sizilianer konnten mit dem jeweils anderen Dialekt, der wohl eher eine eigene Sprache darstellt, vermutlich nichts anfangen.
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Re: Italiener und/oder Romanisten an Bord?

Beitragvon RM » Fr 29. Mai 2015, 23:58

Nein, nein, wenn sie wollten, verstanden sie sich auch vor Manzoni ganz gut. Man verstand ja auch Dante, Boccaccio und Angiolieri praktisch überall in Italien - der toskanische Dialekt war schon im 13. Jhdt. bedeutend und verbreitet genug, um als Standard herzuhalten. Und wenn alles nichts half, musste man halt Latein reden ... :wink:

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Re: Italiener und/oder Romanisten an Bord?

Beitragvon Zythophilus » Sa 30. Mai 2015, 09:32

Es mag sein, dass schon vor dem 19. Jh. das Toskanische eine gewisse überregionale Bedeutung hatte. Das galt aber keineswegs für alle.
Das Phänomen, dass Menschen trotz gemeinsamer Muttersprache einander ohne die Hochsprache nicht verstehen, gibt es im Deutschen ja auch. Es wird auch immer wieder in österreichischen Filmen als Quelle für Lacher genutzt. Tatsächlich gibt es Dialekte in der Schweiz, deren Sprecher, obwohl nur ein paar Täler weiter beheimatet, die jeweils anderen kaum mehr verstehen, und auf eine Art Standard-Schwyzer-Dütsch oder eben Hochdeutsch angewiesen sind.
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