Verständnisfrage Fridell

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Verständnisfrage Fridell

Beitragvon sinemetu » So 19. Jul 2015, 13:56

Im übrigen haben alle großen Dichter von Shakespeare bis Busch schon längst erkannt, daß Namen keine zufällige Äußerlichkeit, sondern ein geheimnisvolles Etikett des Schicksals sind: es ist nicht wahrscheinlich, daß ein Mann, der sich Moltke nennt, von einem besiegt wird, der Krismanic heißt.


http://gutenberg.spiegel.de/buch/kultur ... eit-4947/4

Man erkennt, Gutenberg ließ scannen und der Scanner hat das c von Krismanic nicht erkannt .... im Original steht es aber.

Ad rem: Was ist denn das geheime Etikett des Namens Krismanic? Was bedeutet der Name?
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Re: Verständnisfrage Fridell

Beitragvon RM » So 19. Jul 2015, 14:36

sinemetu hat geschrieben:Was bedeutet der Name?

Ich gebe gerne mal Nachhilfe in der Kunst des Googlens, aber lies einfach dies:
https://de.wikipedia.org/wiki/Schlacht_bei_K%C3%B6niggr%C3%A4tz

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Re: Verständnisfrage Fridell

Beitragvon sinemetu » So 19. Jul 2015, 14:48

RM hat geschrieben:
sinemetu hat geschrieben:Was bedeutet der Name?

Ich gebe gerne mal Nachhilfe in der Kunst des Googlens, aber lies einfach dies:
https://de.wikipedia.org/wiki/Schlacht_bei_K%C3%B6niggr%C3%A4tz

8) RM


Zu meiner Frage steht in dem Wiki Artikel rein gar nichts. Du hast mich mißverstanden. Fridell schreibt ja vor diesem Satz schon 4 Seiten über Sadowa. Es geht schon hier um die Bedeutung der beiden Namen, nicht um irgendwelche Details der äußeren Geschichte.....
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Re: Verständnisfrage Fridell

Beitragvon RM » So 19. Jul 2015, 15:22

Ich glaube nicht, dass sich der Autor auf reale Namensbedeutungen mit seiner Behauptung stützt. Das "Nomen est omen" wird hier wohl eher "ex post" bewiesen. Es ist so ein bisschen wie die Schaffung von Künstlernamen, wenn die Originalnamen zu kompliziert erscheinen, um Bekanntheit zu garantieren.

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Re: Verständnisfrage Fridell

Beitragvon sinemetu » So 19. Jul 2015, 15:32

Er sagt's doch explizit, daß er die Namen meint.

https://de.wikipedia.org/wiki/Kris

Krisman ist ja moslemisch ... meint er hier die herkommliche kriegsführung gegen "hinterhälterischen Terrorismus" .. wohl eher kaum....
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Re: Verständnisfrage Fridell

Beitragvon RM » So 19. Jul 2015, 15:52

So einfach sind die Namensherleitungen ja im Allgemeinen nicht. Weißt Du denn, was "Moltike" bedeutet, von dem sich "Moltke" ableitet? Es hört sich mir aber nicht danach an, dass hinter dem Halbsatz irgendein geheimnisvolles Expertenwissen steckt, das man tiefer ergründen muss.

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Re: Verständnisfrage Fridell

Beitragvon sinemetu » So 19. Jul 2015, 16:08

RM hat geschrieben:So einfach sind die Namensherleitungen ja im Allgemeinen nicht. Weißt Du denn, was "Moltike" bedeutet, von dem sich "Moltke" ableitet? RM


" ...gehört zu slaw. - Moltek = Hammer" (Brechenmacher Etym. WB d. dt. Fam.-Namen.s. S. 278) - siehe Karl Martell, Judas Makkabäus ..... Torsten ... das ist doch schon mal eine echter Nom de guerre

RM hat geschrieben: Es hört sich mir aber nicht danach an, dass hinter dem Halbsatz irgendein geheimnisvolles Expertenwissen steckt, das man tiefer ergründen muss. RM

Es geht nicht um "geheimnisvolles Expertenwissen", sondern darum, was Fridell hier gemeint hat. Und ich vermute, wohl nicht zu Unrecht, daß nomen est omen hier doch eine Rolle spielt. Jetzt, nachdem ich Moltke nachgesehen habe, glaub ich's um so mehr .... ich glaub nur nicht an eine "christlich-moslemische" Anspielung, obwohl sich sowas bei einem Österreicher mit dem Hintergrund der Türkenkriege ja wohl eher vermuten lässt, als bei einem Preussen.
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Re: Verständnisfrage Fridell

Beitragvon RM » So 19. Jul 2015, 19:41

Du meinst also, Fridell spielt darauf an, dass Moltke von "Hammer" und Krisman von "Dolch" kommt? Sind wir da beim Knobeln - Hammer schlägt Dolch? Meiner Meinung nach ist jedoch der Satz, der auf die beiden Namen anspielt, nicht ganz ernst gemeint, denn Gegenbeispiele gäbe es mit Sicherheit zur Genüge, auch im Hinblick auf manch anderen etwas saloppen Spruch, den er einsetzt und mit halbwegs beliebigen gerade passenden Beispielen belegt.

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Re: Verständnisfrage Fridell

Beitragvon sinemetu » So 19. Jul 2015, 19:50

RM hat geschrieben:Du meinst also, Fridell spielt darauf an, dass Moltke von "Hammer" und Krisman von "Dolch" kommt? Sind wir da beim Knobeln - Hammer schlägt Dolch?


Ich halt diese Interpretation zumindest für möglich, und auch für wahrscheinlich, denn Friedell ist nicht Ranke. Bei einem allseits Gebildeten und dichterisch Begabten wie Friedell ist es ja nicht möglich, daß er den Spruch, daß der Name auch Vorzeichen ist, nicht gewußt haben wird. Anspielungen machen doch die Lektüre erst interessant und flüssig.

RM hat geschrieben:Meiner Meinung nach ist jedoch der Satz, der auf die beiden Namen anspielt, nicht ganz ernst gemeint, ....
... was soll denn das? Faxen und Flausen sind mir bisher in dem Werk nicht so aufgefallen. Also, daß er was schreibt, um die Seite vollzukriegen ....zweifelhaft. Beispiele?

RM hat geschrieben: denn Gegenbeispiele gäbe es mit Sicherheit zur Genüge, auch im Hinblick auf manch anderen etwas saloppen Spruch, den er einsetzt und mit halbwegs beliebigen gerade passenden Beispielen belegt.


Gegenbeispiele ?? und was bewiesen die?
Ich weiß ja nicht, RM, ob Du das Werk ganz gelesen hast, wie ich, der ich so bei 85 % (Mitte dritter Band) bin.
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Re: Verständnisfrage Fridell

Beitragvon RM » So 19. Jul 2015, 22:42

sinemetu hat geschrieben:Beispiele?

Z. B. kurz vorher, als er Hegel zitiert mit der Behauptung, jede historische Konstellation ereigne sich zweimal und diese dann mit ziemlich lockeren Beispielen belegt. Netter Erzählstil, aber wenn man andere Beispiele wählen würde, ließe sich das wohl genauso gut widerlegen - oder man sagt, dass das "zweite Mal" halt noch in der Zukunft liegt. Überhaupt ist Hegels Satz kaum für einen Beweis mathematischer Stringenz geeignet und wird mehr als intellektuelles Gedankenspielchen gebracht.

Oder warum waren Wallenstein, Tilly, Caesar, Alexander, Washington erfolgreich? Wegen des Namens?

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Re: Verständnisfrage Fridell

Beitragvon sinemetu » Di 21. Jul 2015, 20:03

RM hat geschrieben:Oder warum waren Wallenstein, Tilly, Caesar, Alexander, Washington erfolgreich? Wegen des Namens?



Aha, jetzt versteh ich, was Du mit "nicht ganz ernst gemeint" meinst. Insofern ist jede Anspielung unter dem Motto Nomen est omen nie ganz ernst gemeint. Mir ging es aber nie um den Wahrheitsgehalt dieser Anspielung, sondern nur darum, ob er sie gemacht hat. Ich finde, er hat sie gemacht, aber "nicht ganz ernst" gemeint. Denn Vorzeichen sind ja nie eine ernste, abrechenbare Sache gewesen, sogar in Rom nie. Niemand glaubt daran, außer Superstiziöse, aber viele streift der Gedanke ... und jeder, der Geschäfte macht, hat schon auf Vorzeichen gehört.
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Re: Verständnisfrage Fridell

Beitragvon RM » Di 21. Jul 2015, 21:01

sinemetu hat geschrieben:Ich finde, er hat sie gemacht, aber "nicht ganz ernst" gemeint.

Ist das jetzt ein Bauchgefühl oder woraus schließt Du das? Über welches geheime Expertenwissen zur Bedeutung der beiden Namen verfügte er Deiner Meinung nach? Ich glaube nicht, dass er sich darum große Gedanken gemacht hat. Er spielt dagegen öfters mit seinen Lesern, z.B. in dem Satz "Diesen Zeitgeist besaßen die deutschen Professoren, Lyriker und Wanderredner nicht, und darum konnten sie keine Revolution machen." Das ist eigentlich völliger Unsinn. Gab es keinen Büchner, Fallersleben und ähnlich gesinnte Zeitgenossen? Der Grund dürfte vielmehr gewesen sein, dass Deutschland eben nicht zentralistisch organisiert war, so dass es viele kleine Machtzentren gab und sich eine Revolution nicht einfach in einer einzigen Stadt abspielen konnte, sondern ein flächendeckendes Phänomen hätte sein müssen. Bei den damaligen Kommunikationsmitteln wäre das ziemlich schwierig geworden. Allerdings war eine Revolution vielleicht auch weniger notwendig, wenn man sich z. B. die Verdienste der beiden Könige von Preußen anschaut, die der französischen Revolution vorangingen.

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Re: Verständnisfrage Fridell

Beitragvon sinemetu » Mi 22. Jul 2015, 10:30

RM hat geschrieben:
sinemetu hat geschrieben:Ich finde, er hat sie gemacht, aber "nicht ganz ernst" gemeint.

Ist das jetzt ein Bauchgefühl oder woraus schließt Du das? Über welches geheime Expertenwissen zur Bedeutung der beiden Namen verfügte er Deiner Meinung nach?


Also, ohne den Hintergrund von Nomen est Omen macht eine Anspielung auf die Namen und einen eventuellen Gegensatz einfach überhaupt keinen Sinn. Brechenmacher erschien zu spät, darauf kann er sich nicht gestützt haben. Aber wahrscheinlich hat das Werk einen potenten Vorläufer, denn die Hochzeit der akribischen philologischen Sammelwut war das 18. und 19. Jahrhundert.


RM hat geschrieben:Er spielt dagegen öfters mit seinen Lesern, z.B. in dem Satz "Diesen Zeitgeist besaßen die deutschen Professoren, Lyriker und Wanderredner nicht, und darum konnten sie keine Revolution machen." Das ist eigentlich völliger Unsinn.


Es gibt aber doch kein Spiel ohne Sinn, besonders sog. Wortspiele ... und wenn es der assoziative ist. Denkst Du wirklich, er hat änigmatisch sein wollen, ohne den Geist dazu zu haben, ein Deutobold Mystifizinski?
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Re: Verständnisfrage Fridell

Beitragvon RM » Mi 22. Jul 2015, 21:26

sinemetu hat geschrieben:Es gibt aber doch kein Spiel ohne Sinn, ...

Warum nicht? Oder anders ausgedrückt: Was macht Dich so sicher, dass der Sinn das ist, was Du hineininterpretierst?

Dazu habe ich gerade etwas Interessantes im Wikipedia-Artikel über Friedell gefunden, nämlich: "In seinem 1905 in der Zeitschrift „Die Fackel“ veröffentlichten Artikel Vorurteile heißt es: „Das schlimmste Vorurteil, das wir aus unserer Jugendzeit mitnehmen, ist die Idee vom Ernst des Lebens. Die Kinder haben den ganz richtigen Instinkt: sie wissen, dass das Leben nicht ernst ist, und behandeln es als Spiel […].“"

Da er außerdem, wie ich lese, einige Jahre in Frankfurt a.M. zugebracht hat, glaube ich, diese Art intellektuellen Humors jetzt besser einschätzen zu können. :wink:

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Re: Verständnisfrage Fridell

Beitragvon sinemetu » Fr 24. Jul 2015, 14:09

RM hat geschrieben:
sinemetu hat geschrieben:Es gibt aber doch kein Spiel ohne Sinn, ...

Warum nicht? Oder anders ausgedrückt: Was macht Dich so sicher, dass der Sinn das ist, was Du hineininterpretierst?


1. der Kontext ist der Krieg von 1866
2. abschließend werden nun die Namen der jeweiligen Feldherren gegeneinander gestellt, und,
3. da steht dann Hammer gegen Dolch ..... Das ist zumindest ein auf einen Kontext bezogener Witz, der auf dem Hintergrund von Nomen est Omen allseits verstanden wird.


RM hat geschrieben:Dazu habe ich gerade etwas Interessantes im Wikipedia-Artikel über Friedell gefunden, nämlich: "In seinem 1905 in der Zeitschrift „Die Fackel“ veröffentlichten Artikel Vorurteile heißt es: „Das schlimmste Vorurteil, das wir aus unserer Jugendzeit mitnehmen, ist die Idee vom Ernst des Lebens. Die Kinder haben den ganz richtigen Instinkt: sie wissen, dass das Leben nicht ernst ist, und behandeln es als Spiel […].“"

Da er außerdem, wie ich lese, einige Jahre in Frankfurt a.M. zugebracht hat, glaube ich, diese Art intellektuellen Humors jetzt besser einschätzen zu können. :wink:


Ich verstehe Dich grundsätzlich nicht, RM. Qualifizier doch mal Deine Art von Witz und vor allem die Verbindung zu Kontext. Der Satz ist doch eingebettet. Es muß doch 1. einen Link zum Kontext geben und 2. meinerseits die Möglichkeit der Interpretation und des Verständnisses. Kurz in einen chemischen Fachtext schreibt niemand einen Satz aus dem Credo. Es fehlt ja jegliche Verbindung, außer der Setzer hat was vermasselt, aber davon gehen war ja nicht aus.

Ich denke schon, daß Friedell nicht superstitiös war und in dem Namensspiel nicht die Ursache der KuK Niederlage erblickt. (Es war zu der Zeit ja noch nicht KuK....!)
Zuletzt geändert von sinemetu am Sa 25. Jul 2015, 10:00, insgesamt 1-mal geändert.
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