Was über die aktuellen Ereignisse zu sagen ist, findet man ja in den Medien, aber mir geht dabei etwas anderes durch den Kopf: in dem Denis erkennt man unschwer den l. Namen Dionysius, das ist der Patronus der französischen Kirche, eine legendäre Gestalt, Missionar und Märtyrer aus vorkonstantinischer Zeit, zu dessen Grab die Pilgerscharen zogen, es entstand eine Wallfahrtskirche, sie wurde zur Grabstätte der französischen Könige; also St. Denis war das religiös-politische Zentrum Frankreichs, über viele Jahrhunderte, so kann man wohl sagen.
Legenden lassen ja die Realität hinter sich zurück, in diesem Dionysius verschlingen sich gleich drei Personen, da ist einmal der Dionysius der Apostelgeschichte, ein Ratsherr des Areopags in Athen, der von Paulus bekehrt wurde, dann der D., der als Glaubensbote Frankreich missionierte und das Martyrium erlitt, und dann ist drittens ein "Dionysius Areopagita", der ein (neu)platonisch inspiriertes Buch über mystische Philosophie/Theologie schuf, das im Mittelalter sehr verbreitet und einflussreich war (in der Renaissance wurde es als vom spätantiken Neuplatoniker Proklos abhängig entlarvt und zum "Pseudo-Dionysius Areopagita herabgestuft).
Ganz berühmt wurde St. Denis im 12. Jh. durch Abt Suger, der die Abteikirche neu erbauen ließ und dabei bedeutende Neuerungen einführte: die dunklen Steinwände wurden durch Fenster ersetzt, die wuchtigen Pfeiler nach außen verlagert, in die Strebewerke; das Funktionale wurde auf neuartige Weise mit dem Ornamentalen verbunden, der lichtdurchflutete Kirchenraum stellte ein Sinnbild des Himmlischen im Irdischen dar: mit einem Wort, die Gotik wurde geboren, d.i. die Verbindung des Christlichen, Mittelalterlichen mit dem Antiken, Platonischen, durch Ps.-Dionysius vermittelten.
Das war jetzt ein etwas riskanter Schnelldurchgang, wird wohl die Skeptiker nicht ganz überzeugen,
schönen Sonntag,
lgr. P.