Achilles

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Achilles

Beitragvon Roxane » Mi 4. Mai 2016, 13:36

Grüß euch, alle miteinander!

Kürzlich haben wir ein bisschen in einer Familienchronik geschmökert. Seltsam, da tauchen gleich zwei Familien mit einem griechischen Nachnamen auf.
Der eine hieß Achilles und war im 19. Jh. Pfarrer in Sachsen. Dass er griechische Wurzeln hatte, glaube ich kaum: Von seinen beiden Töchtern gibt es noch ein Foto, die sehen überhaupt nicht südländisch aus.
Der andere hieß Pyrläus, lebte im 17. Jh. und war ebenfalls Pfarrer in Sachsen.

War es vielleicht mal irgendwann möglich, sich einen griechischen Nachnamen zuzulegen nach dem Beispiel Melanchthons?
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Re: Achilles

Beitragvon Tiberis » Mi 4. Mai 2016, 23:31

Roxane hat geschrieben:War es vielleicht mal irgendwann möglich, sich einen griechischen Nachnamen zuzulegen nach dem Beispiel Melanchthons?

Melanchthon hieß eigentlich Schwarzerdt und hat , wie es in jener zeit nicht selten vorkam, seinen namen ins griechische übersetzt. häufiger waren allerdings lateinische namensübersetzungen, wie z.b. Mercator (der berühmte kartograph) , der eigentlich de Kremer (=Krämer) hieß.
diese usance , seinen familiennamen zu latinisieren bzw. zu gräzisieren, war vor allem im zeitalter der renaissance en vogue, nicht jedoch im 19.jh.
davon abgesehen, handelt es sich bei Achilles ja auch um keine übersetzung. auch bei Pyrläus ist das eher nicht anzunehmen, da eine verbindung πυρ (feuer) + λαιος (links) kaum sinnvoll erscheint. aber wer weiß, vielleicht hieß dieser herr tatsächlich Feuerlink oder Feuerling ? :-o
dass beide personen pfarrer in Sachsen waren, ist wohl zufall ...
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Re: Achilles

Beitragvon Zythophilus » Do 5. Mai 2016, 07:21

Latinisierte und seltener gräzisierte Namen sind unter Gelehrten des Humanismus häufig; Agricola klingt nun einmal besser als "Bauer". Waren solche Namen dann auch die offiziellen Namen der Personen vor den Behörden, konnte man also seinen Namen ändern, oder blieb ein Agricola rechtlich gesehen der Herr Bauer? Dafür, dass sie auch offiziell wurden, sprechen einige heute vorkommende Familiennamen: Vulpius - latinisiert aus"Fuchs" - gibt es: In Österreich immerhin ein Eintrag im Telephonbuch von herold.at. Auch der durch einen Mordfall bekannt gewordene südafrikanische Behindertensportler Pistorius dürfte einen Vorfahren namens "Bäcker" gehabt haben.
Latinisiert bedeutet nicht unbedingt, dass ein Name übersetzt ist. Oft tut es auch eine an den ursprünglichen Namen angehängte lateinische Endung. Vielleicht ist das bei Pyrtaeus der Fall.
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Re: Achilles

Beitragvon Roxane » Do 5. Mai 2016, 10:29

Das ist ja sehr interessant! Der Pfarrer Achilles war übrigens ein Schwiegerurur...enkel des Pfarrers Pyrläus.
Es war wohl durchaus usus, dass ein noch unverheirateter junger Vikar die Tochter des Pfarrhauses ehelichte. Eine der Achilles-Töchter hat wiederum einen Pfarrer geheiratet, der hat es allerdings bei seinem dt. Namen belassen. Schade eigentlich, denn sonst könnte ich mich jetzt mit einem griechischen Namen schmücken...

Einen schönen Feiertag noch!


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Re: Achilles

Beitragvon Prudentius » Do 5. Mai 2016, 10:50

Hallo alle miteinander,

es sind latinisierte gr. Namen, wie es in der Renaissance üblich war, re - naissance, Wiedergeburt, nämlich der Antike; ähnlich wie "Erasmus" statt "-os", der liebenswerte. Achilles hieß gr. Achilleus; und Pyr-läus könnte von λᾶας, Stein, kommen, das Wort steckt in la - tomiae, Steinbruch, das sich die Römer mit "lautumiae" etwas mundgerechter gemacht haben; also "Feuersteiner", vielleicht.
Das Namensrecht war ja damals noch nicht so festgelegt, anscheinend konnte man seinen Nominalstatus verbessern, "Achilles" spricht für ein gut entwickeltes Selbstbewusstsein. :-D

Auf keinen Fall sind solche Namen in D. direkt auf Griechenland zurückzuführen; es gab zwei tiefe Gräben, Ost- und Westrom mit Sprachgrenze und obendrein "Schisma" um das Jahr 1000, und dann der Graben zwischen dem antiken Hellas und dem byzantinischen Christentum.
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Re: Achilles

Beitragvon Roxane » Fr 6. Mai 2016, 11:55

Schönen guten Morgen, Prudentius!

Das mit der Latinisierung griechischer Namen habe ich schon mal gehört. Du wirst recht haben, "Feuerstein" dürfte die richtige Übersetzung sein: Den Namen gibt es heute noch häufiger im sächsischen Vogtland, wo der Pfarrer Pyrläus ehedem gepredigt hat.
Auch der Name "Achilles" ist heute noch durchaus verbreitet, z.B. im Raum Leipzig/Halle. Kann schon sein, dass es unserem Vorfahren nicht an Selbstbewusstsein gemangelt hat, es gibt einige Mannsbilder von stattlicher Größe in der Linie...


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