Profanierung

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Profanierung

Beitragvon sinemetu » Mo 8. Aug 2016, 08:49

Gestern war ich in der Konzert"Kirche" Neubrandenburg und habe dem vereinten Orchester (Landesjugendorchester, ein japanischens Jugendorchester und ein finnisches Jugendorchester) ein relativ gut deutsch sprechender kanadischer Dirigent machte die Moderation, und drückte seine Freude darüber aus in diesem herrlichen Gebäude Musik darbringen zu können. Die Kirche ist in der DDR enteignet worden, und ich bin nicht sicher, ob die damaligen Christen das Gebäude aus tiefer Dankbarkeit über die Segnungen des "real existierenden Sozialismus" dem Staate, bzw. der Stadt übereignet haben. Immerhin möchte ich festhalten, daß das Gebäude sehr gepflegt wird, und vermuten, daß unter dem Stern der weitergehenden progressiven Säkularisierung wahrscheinlich die prot. Gemeinde in NBDG die beiden großen mittelalterlichen Kirchen der Stadt aus finanziellen Gründen gar nicht in der Qualität hätte erhalten und pflegen können, wie es nun passiert. Immerhin scheint hier ein guter Weg gefunden worden zu sein.
Ich weiß nun nicht, ob sie ordentlich entwidmet worden ist, aber die Protestanten nahmen dies nie so genau mit der Sache. Wie auch immer dem gewesen sei, der Kern meiner Frage ist: Kann man ein Fanum überhaupt profanisieren? Reichte nicht früher eine einzige Untat am Ort, ein Sakrileg, um ein heiliges Gebäude zu entweihen. Die Widmung eines Gebäudes bleibt ja in seiner Form erhalten, aber bei den alten war ja die äußere Form nicht die Garantie für die Realpräsenz des Geistes. Ein Sakrileg, war doch deshalb ein Sakrileg, weil es geradezu der Beweis für die Abwesenheit des Wesens war, dem man dort huldigte. Also, Widmung und Weihe sind doch zwei verschiedene Dinge. Und was nun meint Profanisierung genau: Entwidmung oder Entweihung? Und wieso, bei dieser unklaren Begriffsbestimmung, gibt es zwei Worte: Profanierung und Profanisierung?
Zuletzt geändert von sinemetu am Do 11. Aug 2016, 10:01, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: Profanierung

Beitragvon Prudentius » Mi 10. Aug 2016, 11:00

sinemetu hat geschrieben:Ich weiß nun nicht, ob sie ordentlich entwidmet worden ist, aber die Protestanten nahmen dies nie so genau mit der Sache.


Ich bin zwar kein Insider, aber die Protestanten brauchen eine Kirche nicht zu entwidmen, weil sie sie auch nicht "geweiht" haben, wie die Katholiken sagen.
Ich weiß nicht, ob die Wörter so genau unterschieden sind, aber ich würde sagen, Profanisierung ist ein Ausdruck aus dem Verwaltungsrecht, wenn aktenkundig gemacht wird, dass ein Gebäude in das Eigentum eines anderen übergangen ist; Profanierung ist eher, wenn eine Kirche als Warenlager genutzt wird.

Das Verhältnis der Religionen zu ihren Gottesdiensträumen ist ganz verschieden; für unsere Tradition, vom Judentum her gesehen, ist der Tempel urspr. wirklich "Haus Gottes", er ist Zentrum des Kultes und einer Priesterhierarchie, mit dem "Hohenpriester" an der Spitze, anschaulich haben wir es in den Psalmen und im ganzen NT; der Wendepunkt war die Zerstörung des Tempels im jüdischen Krieg, unter dem späteren Kaiser Titus, der im Titusbogen verewigt ist. Danach haben die Juden ihre ganze Religion neu ausrichten müssen, es gab eine Art Konzil, und die Gegenwart Gottes ging irgendwie auf die Torarollen über, so dass sie besondere Verehrung genießen, genauer kenne ich mich darüber nicht aus.
Aber sonst sind die Gottesdiensträume nüchtern gesehen, "Synagoge" = Versammlung, ebenso Mosche, was "Ort der Niederwerfung (im Gebet)" bedeutet.
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