Verständnisfrage

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Verständnisfrage

Beitragvon sinemetu » Di 6. Sep 2016, 07:37

„Wer raschen Erfolg hat, muß wenig Persönlichkeit besitzen.“
(Jakob Bosshart - Schriftsteller, 1862-1924)


Also, mir gelingt kein direkter Nexus zwischen Erfolg und Persönlichkeit. Und dann auch noch die Quantifizierung von Persönlichkeit. Was könnte gemeint sein?
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Re: Verständnisfrage

Beitragvon marcus03 » Di 6. Sep 2016, 09:25

Rascher Erfolg beruht meist auf Rücksichtslosigkeit, Skrupellosigkeit, Populismus, Anpassung an den Mainstream, etc.
Das passt gewiss nicht zu dem Begriff von Persönlichleit, der Bosshart wohl vorschwebt, die sich nicht verbiegen lässt, um schnelle, häufig fragwürdige und selten dauerhafte Erfolge zu erzielen.
Beispiele dafür gibt es zuhauf in Politik,Wirtschaft, Gesellschaft und v.a. im Showbusiness.

"wenig Persönlichkeit" meint sicher "wenig wirkliche Persönlichkeit" i.S. von moralisch unbedenklich oder vorbildlich.
"wenig" meint mMn quantitativ den Mangel an bestimmten, positiven "Qualitäten", die einen Menschen zu einer Persönlichkeit machen.

In Zeiten, in denen nur noch der Markt entscheidet,haben es echte Persönlichkeiten besonders schwer.
Deswegen nimmt ihre Zahl wohl immer mehr ab bzw. kommen kaum noch neue dazu: Sie sind schlichtweg nicht gefragt/marktgängig bzw. stellten eher eine potentielle Gefahr dar.
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Re: Verständnisfrage

Beitragvon sinemetu » Di 6. Sep 2016, 20:41

hm .. klingt nach konservativem Gejammere und nach der Arme ist der Gute ... ist das wirklich so?

Immerhin kommt so Sinn in die Sentenc - Danke, Marce
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Re: Verständnisfrage

Beitragvon marcus03 » Mi 7. Sep 2016, 08:21

sinemetu hat geschrieben:hm .. klingt nach konservativem Gejammere und nach der Arme ist der Gute


Wieso? :?
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Re: Verständnisfrage

Beitragvon sinemetu » Mi 7. Sep 2016, 09:05

Die Leute reden vom Verfall der Zeiten, wenn jüngere Ihnen dasselbe antun oder zumuten, was sie in der Jugend selber unbemerkt anderen angetan oder zugemutet haben. Nur, im Alter ist man wacher und dann fällt es auf. Das stellt läßt sich dann als Verfall der Zeiten gut objektivieren.
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Re: Verständnisfrage

Beitragvon marcus03 » Mi 7. Sep 2016, 09:22

sinemetu hat geschrieben:Verfall der Zeiten,


Es kommt auf die Dimension des Verfalls an, oder? Diese hat heute in vielen Bereichen ein noch nie dagewesenes Ausmaß erreicht.
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Re: Verständnisfrage

Beitragvon Prudentius » Mi 7. Sep 2016, 09:41

Euch fehlt eine übergreifende Perspektive, der Blick auf das Ganze; die Welt befindet sich in einem labilen Ungleichgewicht, darauf beruht das Leben; das Gesamtsystem bleibt konstant erhalten, aber seine Zustände durchlaufen eine Skala von Veränderungen, das wissen wir doch schon seit Heraklit. :)
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Re: Verständnisfrage

Beitragvon marcus03 » Mi 7. Sep 2016, 10:44

Prudentius hat geschrieben:das Gesamtsystem bleibt konstant erhalten


Gesamtsysteme bestehen aus Teilsystemen. Große Veränderungen in diesen können das Ganze so ins Wanken bringen, dass es mit der Konstanz endgültig vorbei ist. Entwicklungen etwa in den Teilsysystemen Politik,Ökonomie und Ökologie sind längst geeignet, den Kollaps herbeizuführen.Solche Entwicklungen kann man heute nicht mehr wegdiskutieren. Veränderung ist notwendig, aber es kommt auf deren Quantität pro Zeiteinheit und Qualität an. Allzu viel und allzu schnelle, anthropogene Veränderung von teils fragwürdiger bis gefährlicher Qualität ist fast immer ein Bummerang,der schneller zurückkommt als berechnet - mit kaum absehbaren Folgen.

PS:
Kann es ein Trost sein, dass vom Cäsium aus Tschernobyl heuer nur noch die Hälfte da ist, wenn Länder wie China weiter auf Kernenergie setzen und zur Energieerzeugung vor verheerenden Eingriffen ins ökologische Gesamtsystem nicht zurückschrecken.
Trumps "America first", was nichts anderes bedeutet als "American economy first", geht in eine ähnliche Richtung, vor der sich einem nur noch der Magen umdreht angesichts der wirklichen Probleme dieses Planeten und der Menschen, die weiterhin möglichst friedlich und verantwortungsbewusst auf ihm leben wollen.Wie vernünftig Amerika ist,wenn's drauf ankommt, erfahren wir in gut 2 Monaten.
Kann ein rasch errichtete Mauer ein rascher Erfolg sein? Auf Trump träfe Bossharts Satz sicher zu.
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Re: Verständnisfrage

Beitragvon Medicus domesticus » Mi 7. Sep 2016, 18:46

Da kann ich Prudentius schon verstehen: Blick aufs Ganze. Marcus03 wiederholt eigentlich nur die bekannten Dinge, meist die negativen. Wir als Menschen haben aber die Möglichkeit der Innovation, auch in kurzer Zeit. Jammerei nützt nichts, sondern eigene Initiative. Stell dir mal vor, marcus03, ich würde in der ZNA sagen: Oh, der ist aber schwer verletzt, lassen wir das...und nur jammern. Man setzt sich ein. Auf das setze ich im Menschen...Jeder von uns hat einen Anteil daran: produziert Müll, benutzt Strom, Heizung, Internet usw. und will einen gewissen Komfort genießen.:-D
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Re: Verständnisfrage

Beitragvon marcus03 » Do 8. Sep 2016, 16:19

Medicus domesticus hat geschrieben:Jammerei nützt nichts

Stimmt. Ich jammere ja auch nicht, sondern stelle nur fest.

Medicus domesticus hat geschrieben:ZNA

Die quillt mittlerweile über von ungelösten Problemen. In einigen Bereichen (Klima, Verschmutzung etwa) liegt die Welt auf der Intensivstation, in anderen hilft nur noch Palleativbehandlung (Verschuldung).

Natürlich muss man helfen,wo man kann. Doch die Gefahr der Überforderung ist unübersehbar.
Solange ferner immer noch Profitmaximierung bei Wenigen und nicht Nutzenmaximierung für möglichst viele die ökonomische Haupttriebfeder ist, wird sich wenig ändern und die Schere zwischen arm und reich sich weiter öffnen, dem Grundproblem fast allen Übels auf der Welt, an dem auch der Kapitalismus scheitern wird, wenn er sein Potential nicht besser und sinnvoller nutzt. Er ist auch nur in der jetzigen Form eine "Übergangslösung", für die es anscheinend noch keinen Ersatz gibt bzw. dieser nicht wirklich gewollt wird, weil mit (noch) unkalkulierbaren Risiken verbunden. Dabei gäbe es durchaus bedenkenswerte Ansätze.Solche gab es bekanntlich schon in vielen Bereichen, sie galten aber in ihrer Zeit und gelten weiter als inopportun und verschwa/inden schnell wieder in der Schublade.
Es tut "offenspürlich" noch nicht weh genug.
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Re: Verständnisfrage

Beitragvon Medicus domesticus » Do 8. Sep 2016, 16:54

marcus03 hat geschrieben:Palliativbehandlung

Uih, das tut weh ;-)
Deine Argumentation ist ja bekannt, aber sie führt nicht weiter, sondern stellt tatsächlich nur fest. Jeder einzelne hat schon eine gewisse Macht: man muß nicht alles mitmachen. Profit kommt auch dadurch, da sich alle das gefallen lassen. Und nun betrifft es auch die Banken: Profit ist geschrumpft, Filialen werden, auch bei uns regional, in größerem Stil geschlossen. Das Profitstreben mit maximalen Gewinn hat ziemlich nachgelassen.
Klar kann es insgesamt so nicht weitergehen, aber vieles liegt am Lebenstil jedes einzelnen von uns, insbesondere in den Industriestaaten. Wir fördern selbst diese Entwicklung. Das meinte ich auch mit meinem Statement zur Eigeninitiative.
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Re: Verständnisfrage

Beitragvon marcus03 » Do 8. Sep 2016, 17:25

Medicus domesticus hat geschrieben:aber sie führt nicht weiter, sondern stellt tatsächlich nur fest.


Feststellungen haben auch den Sinn, zum Nachdenken anzuregen. :)

Medicus domesticus hat geschrieben: man muß nicht alles mitmachen.

Das setzt Kritikfähigkeit voraus. Viele haben sie offensichtlich nicht, sonst würden sie nicht auf Werbung hereinfallen und sich ver-und überschulden.

Medicus domesticus hat geschrieben: Profit ist geschrumpft, Filialen werden,

Um wieder mehr Profit zu machen. Hier ist der Konkurrenzkampf besonders stark. Banken sind spätestens seit Leeman ein Kapitel für sich.

Medicus domesticus hat geschrieben:Das Profitstreben mit maximalen Gewinn hat ziemlich nachgelassen.

Das kann ich nicht erkennen. Die Gier der (Groß)Aktionäre ist ungebrochen.

Profitstreben an sich ist ja nichts Schlechtes. Keiner will und soll pleite gehen oder umsonst arbeiten.
Es kommt nur auf das Ausmaß, die Methoden und das Ziel an.
Die Globalisierung macht hier mächtig Druck, nicht nur positiven.Sie ist sehr ambivalent wie so vieles auf der Welt.
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Re: Verständnisfrage

Beitragvon Medicus domesticus » Do 8. Sep 2016, 17:42

OK. Einverstanden. Nur hast du die Innovationsfähigkeit des Menschen nicht berücksichtigt, die sehr schnell sein kann. Wer weiß wirklich wie die Entwicklung in den nächsten 30-50 Jahren sein wird? Voraussagen haben oft enttäuscht.
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Re: Verständnisfrage

Beitragvon marcus03 » Do 8. Sep 2016, 19:09

Medicus domesticus hat geschrieben:Nur hast du die Innovationsfähigkeit des Menschen nicht berücksichtigt,


Die muss aber in die richtige Richtung gehen.Da hapert*s z.T. noch gewaltig, weil oft zu wenig profitabel.
Auch hier: Quantität ist nicht gleich Qualität. Er wird nach wie vor viel (umweltbelastender, schädlicher) Unsinn produziert,der über aggressive Werbung an den unkritischen Mann/Frau gebracht wird.
Märkte kennen nun mal keine Moral und dürfen sich nicht selbst überlassen werden. Aber da geht der große Streit bekanntlich schon los: Wieviel Staat ist erlaubt? Völlig freie Märkte sind gefährlich, manchmal tödlich.
Hoffen wir auf diese Innovationsfähigkeit. Nur sollte sie schneller zu nachweisbaren, globalen Erfolgen führen.
Die Zeit läuft uns davon. Es geht um eine menschenwürdige Zukunft, auch für deine 3 Kinder. :)
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Re: Verständnisfrage

Beitragvon Medicus domesticus » Do 8. Sep 2016, 19:39

Medicus domesticus hat geschrieben:Die Zeit läuft uns davon. Es geht um eine menschenwürdige Zukunft, auch für deine 3 Kinder.

Stimmt...begrenzt auf unsere gerade "Jetztzeit". Wenn ich meine Kinder sehe, glaube ich auch an diese Innovationsfähigkeit und deren positive Einstellung zur Zukunft, die notwendig ist, um Veränderungen durchzuführen. :-D
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