Danke Tiberis, für den Link. Willibald hat recht, ich meinte mit TC das Tertium comparationis.
Ich habe übrigens gerade Kurt Baldinger "Vom Einfluss der Sprache auf die Vorstellungen der Menschen", Heidelberg, 1973, gelesen, eine kaum 45-seitige Schrift mit unglücklichem Titel, in der er den Wechsel von Volksetymologie und Rhizologie, um es mit meinem Worte zu sagen thematisierte. Er spricht von der Motivation eines Wortes, wenn er die Einbettung in den Kontext meint und sagt "Der Normalfall bei einer Entlehnung ist totaler Motivationsverlust".
Beispiel: Im Ungarischen kann man von einem "Wazizdaz" reden:
Beispielsatz: "jaja. Nekem nem volt akkora wazizdaz, de a többieknek tutira nagy élmény volt. De én is marhára élveztem" Quelle:
http://kenyizsu.deviantart.com/art/Clas ... -312472721Es meint eine große Überraschung. Das Wort ist ein Lehnwort und wird ohne Motivation benutzt, weil diese nur der Deutschsprachige kennt. Es ist situativ entlehnt und bezeichnet im Ungarischen genau seine Situation, nämlich die der Überraschung über bzw. durch etwas. Mir ist keine ungarische Volksetymologie zu dem Wort bekannt. Meine Verwandtschaft benutzt es, ohne von der deutschen Sprache einen Schimmer zu haben. Halász und Zaicz und MNt-e-Sz führen es nicht.
So ein Wort ist unmotiviert. Das heißt, es steht monolitisch in der Sprachlandschaft. Damit das nicht so bleibt, können folgende Dinge passieren.
1. Das Wort wird als Stamm genommen, und es werden Ableitungen gebildet.
2. Das Wort wird lautlich verändert, und an bestehende ung. aktive Stämme herangeschoben.
Voraussetzung dieser Entwicklung ist der soziale Aufstieg des Wortes, d. h. ein Gebrauch in der Hochsprache, in den Medien, und dadurch eine häufigeres benutzen. Damit tritt notwendigerweise eine Bedeutungserweiterung ein, d. h. andere Bedeutungen werden dazugesammelt. Irgendwann erfolgt dann die erste Übertragung auf ein materielles Ding.
Das meinte ich, wenn ich davon sprach, daß das Wort in das Anziehungsfeld eines Planeten gerät, und diesen beginnt zu umkreisen.
Jetzt noch einmal zu Viola.
Im lat. gibt es mit dem Stamm viol zwei scheinbar nicht zueinandergehörende Bedeutungen, nämlich die Blume und das Verb violare. Zur Blume gehört unzweifelhaft die damit einhergehende Farbbezeichnung. Das ist offensichtlich.
Die Blume soll laut Walde (S. 795) nicht mit gr. ion, Ionien verwandt sein. Sie stammt nach Waldes Meinung (rhizologisch) aus einer unbek. Mittelmeersprache.* Letzlich ist es für das Instrument egal. Jedenfalls ist der Blumenname, falls fremdsprachlichen Ursprungs, in der lat. Sprache in die Nähe des Stammes v- (vis, violare) geraten, sei es der blauen Flecken wegen, sei es, des betörenden, quasi vergewaltigenden Duftes wegen.* Um mit Badinger zu sprechen, es wurde nun von vis motiviert.
Hierher gehört auch die liturgische Farbe in ihrer Bedeutung.
Ich denke, daß es analog zu der Regel lectio difficilior, lectio probabilior auch eine solche der semantischen Übername gibt, nämlich versio subtilior, versio probabilior. Insofern tendiere ich bei der Übertragung des Namens der Pflanze auf das Musikinstrument auf die Wirkung des Duftes der Pflanze als TC, die der der Töne des Instrumentes gleichkommt. Bezeichnenderweise war es ein Instrument der mittelalterlichen höfischen Liebeslyrik. Insofern gilt: viola = viola!
Ist das nachvollziehbar?
*
Vllt kommt ja der Name der Blume direkt auch aus dem Stamm vis und nicht aus einer Mittelmeersprache, der zitierten blauen (lila) Flecken** als TC wegen. Gibt es noch mehr Verbindungen auf -lare? Mir grad nicht geläufig... **
Im Deutschen spricht man nicht umsonst beim "blauen Auge" auch vom Veilchen (http://www.dwds.de/wb/Veilchen), wohingegen die Italiener und die Engländer vom schwarzen Auge reden.
Quaestor sum, quaerere quaerique possum ...