Tatverdächtige versus Täter

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Tatverdächtige versus Täter

Beitragvon sinemetu » Do 22. Dez 2016, 20:32

Noch am Dienstagabend hatte der Vorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK) André Schulz bei „Maybritt Illner Spezial“ im ZDF gesagt: „Ich bin relativ zuversichtlich, dass wir vielleicht schon morgen oder in naher Zukunft einen neuen Tatverdächtigen präsentieren können.“


Quelle: http://www.faz.net/aktuell/politik/ansc ... 87973.html

Kommentar: Oh je, diese verlogene Sprache! Das Tätervolk sucht Tatverdächtige …. am besten jeden Abend einen neuen....

Sie sollen keine Tatverdächtigen präsentieren, sondern den Täter ergreifen! Der Täter ist der Töter! Tatverdächtige sind unschuldig! Ich weiß gar nicht, warum sie Tatverdächtige präsentieren wollen? Geht es hier um eine Ausstellung? Oder darum, eine Stimmung allgemeiner Hatz gegen braunhäutige Ausländer herzustellen, wo jeder jeden verdächtigt?
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Re: Tatverdächtige versus Täter

Beitragvon medicus » Do 22. Dez 2016, 23:31

sinemetu hat geschrieben: Der Täter ist der Töter!


Wie ist hier die Lautverschiebung von ä nach ö zu begründen? :help:
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Re: Tatverdächtige versus Täter

Beitragvon Prudentius » Fr 23. Dez 2016, 08:27

Da kann uns jetzt unser Jurist über Vorverurteilung und Unschuldsvermutung aufklären; es kann teuer werden, einen Verdächtigen zum Täter gemacht zu haben.
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Re: Tatverdächtige versus Täter

Beitragvon iurisconsultus » Fr 23. Dez 2016, 10:10

sinemetu hat geschrieben:Sie sollen keine Tatverdächtigen präsentieren, sondern den Täter ergreifen! Der Täter ist der Töter! [b]Tatverdächtige sind unschuldig!

Man könnte dazu viel sagen, aber ich kann nur eine kurze Antwort geben, weil ich nicht viel Zeit habe: Ist man tatverdächtig, wird gegen einen ermittelt und uU auch die U-Haft verhängt. Ob man jedoch tatsächlich irgendeinen Straftatbestand schuldhaft verwirklicht hat, das entscheidet in einem Rechtsstaat, wie wir alle wissen, allein ein unabhängiges Gericht.

Ergo: Sicherheitsorgane und Staatsanwaltschaft können nie mehr als einen bloß Tatverdächtigen in Händen halten.
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Re: Tatverdächtige versus Täter

Beitragvon medicus » Fr 23. Dez 2016, 10:22

iurisconsultus hat geschrieben:Sicherheitsorgane und Staatsanwaltschaft können nie mehr als einen bloß Tatverdächtigen in Händen halten.


Wenn einer jedoch auf frischer Tat ertappt wird, ist es doch erlaubt, von einem Täter zu sprechen. :chefren:
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Re: Tatverdächtige versus Täter

Beitragvon sinemetu » Fr 23. Dez 2016, 10:34

In Anbetracht dessen, daß Tatverdächtige unschuldig sind, sollte man sie nicht präsentieren .... Diese Aussage berührt das von Juriskonsultus dargelegte überhaupt nicht. Man sollte mit dem Präsentieren den schon Warten, bis man den Täter hat.

http://orf.at/stories/2372281/

Immerhin werden Tatverdächtige (mutmaßliche Attentäter) auch erschossen, ohne das ein Richter eine Urteilsspruch abgelassen hat.

ich streu mal ein paar Zweifel an der Islamistenlegende:

https://deutsch.rt.com/inland/44543-ber ... -anschlag/
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Re: Tatverdächtige versus Täter

Beitragvon iurisconsultus » Fr 23. Dez 2016, 13:49

medicus hat geschrieben:Wenn einer jedoch auf frischer Tat ertappt wird, ist es doch erlaubt, von einem Täter zu sprechen. :chefren:

Nicht im Rechtssinn, denn auch er ist bloß "Beschuldigter" iSd StPO, bis er rechtskräftig verurteilt worden ist (= Unschuldsvermutung).
sinemetu hat geschrieben:In Anbetracht dessen, daß Tatverdächtige unschuldig sind, sollte man sie nicht präsentieren ....

Diese Frage ist juristisches Dauerthema und kompliziert. Stark vereinfacht kann man sagen, dass im Einzelfall - wie oft - zwei konfligierende Grundrechte gegeneinander abgewogen werden müssen: Die Kommunikationsfreiheit der Medien und ein allfälliges Informationsbedürfnis der Bürger auf der einen und die Privatsspähre des Beschuldigten auf der anderen Seite.
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Re: Tatverdächtige versus Täter

Beitragvon Zythophilus » Fr 23. Dez 2016, 22:53

Natürlich können Polizeibehörden auch den Täter präsentieren, aber solange die Täterschaft nicht erwiesen ist, dürfen sie ihn eben nicht so nennen. Der Tatverdächtige wird ja, wenn er wirklich der Täter ist, nicht erst durch die Verurteilung zum Täter, sondern durch sein Tun. Der Tatverdächtige ist daher auch nicht zwangsläufig unschuldig, man weiß nur nicht, ob er schuldig ist oder nicht, doch gibt es i.d.R. eben einen entsprechenden Verdacht.
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