christologische Frage

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christologische Frage

Beitragvon sinemetu » Mo 16. Jan 2017, 23:17

Hat man eigentlich eine Antwort auf die Frage, warum es Christus nie zum Titel eines Unctus gebracht hat?
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Re: christologische Frage

Beitragvon cultor linguarum antiquarum » Mo 16. Jan 2017, 23:25

Vielleicht, weil man nicht alle Bedeutungen des Wortes (siehe beispielsweise http://www.zeno.org/Georges-1913/A/unctus+%5B1%5D?hl=unctus)) haben wollte? (Privattheorie)
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Re: christologische Frage

Beitragvon marcus03 » Di 17. Jan 2017, 09:02

Meine Vermutung:
Das griech. "Christos" lässt sich leicht latinisieren zu "Christus". So dürfte dieser theolog. Terminus technicus , die wörtl. Übersetzung des hebräischen "Messias" in der Septuaginta, über das Koine-Griechisch, die Verkehrssprache zur damaligen Zeit, schnell im röm. Reich Eingang gefunden haben. Der Brief des Apostels Paulus an die Römer etwa , in dem dieser Terminus oft anzutreffen ist, sowie das gesamte NT überhaupt ist bekanntlich in Griechisch abgefasst.
Man denke auch an den Fisch, das Erkennungszeichen der ersten Christen: Das griech. Wort für Fisch (ichtys) enthält das chi, das für Christos steht (Jesus Christos theou hyos estin).
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Re: christologische Frage

Beitragvon cultor linguarum antiquarum » Di 17. Jan 2017, 11:55

marcus03 hat geschrieben:Jesus Christos theou hyos estin.

„Iesous Christos Theou hyios soter“ heißt das..
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Re: christologische Frage

Beitragvon marcus03 » Di 17. Jan 2017, 12:24

Danke. Ich spürte, das "estin" kann nicht stimmen.

Utinam googlevissem!
Doch wofür hat man sonst seinen cultor/soter privatus? ;-)
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Re: christologische Frage

Beitragvon Medicus domesticus » Di 17. Jan 2017, 12:36

Also Leute! Als Griechischliebhaber kann ich diese Umschrift nicht mehr mitansehen.... ;-)
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Re: christologische Frage

Beitragvon sinemetu » Di 17. Jan 2017, 12:40

Kann es auch sein, daß die Unterschicht in Rom in der Zeit 1- 3. Jh. eher griechischsprachig war?
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Re: christologische Frage

Beitragvon Prudentius » Di 17. Jan 2017, 17:13

sinemetu hat geschrieben:Hat man eigentlich eine Antwort auf die Frage, warum es Christus nie zum Titel eines Unctus gebracht hat?


Die frühe Kirche war ganz und gar gr., alle maßgeblichen Konzilien und ihre Bechlüsse waren gr. (Konstantinopel, Chalkedon, Nicäa), die ersten Kirchenväter ebenso; erst Augustinus im 4. Jh. war der erste nennenswerte lateinische, allerdings dann auch der bedeutendste.
Die ganze christliche Theologie war gr. und bewegte sich in den Bahnen des Platonismus, erst im Hochmittelalter übernahmen die Lateiner die Führung mit Thomas von Aquin; aber dabei war es eine Ironie, dass die latinisierte Theologie ein Aristotelismus war.

Die gr. Form Christos war schon zum festen Namensbestandteil geworden, ehe das L. in der Kirche an Bedeutung gewann.
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Re: christologische Frage

Beitragvon marcus03 » Di 17. Jan 2017, 17:38

Prudentius hat geschrieben: erst Augustinus im 4. Jh. war der erste nennenswerte lateinische,

Tertullian? U.a.Trinitätstheologisch nicht zu unterschätzen. :)
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Re: christologische Frage

Beitragvon medicus » Di 17. Jan 2017, 19:27

In Armenien ist wohl Unctus gebräuchlich:

https://books.google.de/books?id=D3j5qq ... us&f=false
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Re: christologische Frage

Beitragvon Prudentius » Mi 18. Jan 2017, 10:55

marcus03 hat geschrieben:Tertullian? U.a.Trinitätstheologisch nicht zu unterschätzen. :)


Aber er hatte keinen Heiligenschein :-D , und schroffe Ansichten: "Credo, quia absurdum", ein Widerspruch von Glauben und Wissen; "Was hat Athen mit Jerusalem, und die Akademie mit der Kirche zu tun?", das bedeutet Abschottung des Glaubens von der antiken Kultur; das widersprach der Sicht des Paulus, der anknüpfen wollte, wie in der Areopagrede in Athen, wo er sich auf den dort verehrten "unbekannten Gott" berief; und der Aufnahme stoischer Elemente aus der "natürlichen Theologie" und der Allegorie.

Wenn es nach Tertullian gegangen wäre, dann gäbe es uns, die Nachfahren der humanistischen Bewegung, gar nicht. Die augustinische Gedankenlinie hatte das Motto: "Credo, ut intelligam", da war eine Harmonie angestrebt.
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