Und täglich grüßt das Trumpeltier

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Re: Und täglich grüßt das Trumpeltier

Beitragvon Medicus domesticus » Di 20. Jun 2017, 20:42

Kannst du schon, aber wenn man live dort war, entscheidet man nicht vom Schreibtisch oder nur über Internet... ;-)
Die Meinung von Amerikanern zu hören ist hochinteressant..
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Re: Und täglich grüßt das Trumpeltier

Beitragvon Tiberis » Mi 21. Jun 2017, 00:00

Medicus domesticus hat geschrieben:Deine Reaktion verstehe ich jetzt nicht

hm, eigentlich dachte ich, ich hätte mich klar ausgedrückt. aber ich versuche es gerne nochmals:
Ich bestreite gar nicht, dass ein längerer (!) Aufenthalt dazu beitragen kann (!), ein Land besser kennenzulernen. Dies funktioniert dann am besten, wenn man Gelegenheit hat, mit Menschen aus den unterschiedlichsten Schichten , Milieus und Regionen in Kontakt zu kommen, also gewissermaßen mit einem repräsentativen Querschnitt der Bevölkerung. Wenn nun diese Voraussetzung nicht oder nur sehr eingeschränkt gegeben ist, was meistens der Fall ist, wird der potentielle Vorteil eines Auslandsaufenthaltes sehr bald zum Nachteil, wenn es darum geht, sich ein objektives oder besser: ausgewogenes Bild des betreffenden Landes zu machen. Das endet dann im Extremfall damit, dass man aus subjektiv- persönlichen Erlebnissen, wie der Begegnung mit einem unfreundlichen Taxifahrer oder Kellner, zu Rückschlüssen auf den Charakter der Gesamtbevölkerung neigt, was ich dir natürlich keineswegs unterstellen möchte. Ich will aber damit sagen, dass ein einziger Aufenthalt in einem Land, womöglich noch an ein und demselben Ort, den ausgewogenen Blick aufs Ganze nicht nur nicht ermöglicht, sondern geradezu verstellt, während dieser Blick aus der Distanz mitunter objektiver, weil durch keine persönlichen Eindrücke und Erlebnisse gefärbt, erfolgen kann.
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Re: Und täglich grüßt das Trumpeltier

Beitragvon Prudentius » Mi 21. Jun 2017, 10:19

Zur Bewertung Amerikas: Für mich mit einer schon etwas längeren Lebensspanne :) ergeben sich andere Gesichtspunkte aufgrund von Erlebnissen: ich denke zurück an Sommer 1944, damals rückte die Rote Armee donauaufwärts vor, und Rumänien und Ungarn wünschten sich dringend, dass die Amerikaner kämen, es kamen aber die Russen; und dann auch in Österreich, ich war damals im Mühlviertel, händeringend verlangten die Leute nach den Amerikanern, und auch dorthin kamen die Russen.

Mit 11 Jahren bekam ich erstmals die Klänge von Benny Goodman u.a. ins Ohr, es gab ein ganz neues Lebensgefühl.

Dann lebte ich in Ostberlin, nach der Blockadezeit, und konnte noch vor der Mauer ein Studium an der FU fertigbringen; deren Hauptgebäude war der "Henry-Ford-Bau", eine Stiftung, mehr brauche ich nicht zu sagen...

Einen kritischen Sinn gegenüber den USA habe ich aber schon.
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Re: Und täglich grüßt das Trumpeltier

Beitragvon marcus03 » Mi 21. Jun 2017, 12:17

Das damalige Amerika hat mit dem heutigen m.E. noch eines gemeinsam: den Namen

Prudentius hat geschrieben:Rumänien und Ungarn wünschten sich dringend, dass die Amerikaner kämen,

Und heute sind sie dort z.T. gefürchtet, weil sie mit ihrem Kapital viel Unheil anrichten können.

Du darfst nie vergessen: Die USA handeln nie uneigennützig. Sie haben immer profitorientierte Hintergedanken.
Mit dem 2. Weltkrieg hat sich das Land saniert und die Wirtschaftskrise der 30er Jahre endgültig überwunden.
Der Krieg war ein gutes Konjunkturprogramm. Allein die Entwicklung der Atombombe schuf hunderttausende
Jobs, von der übrigen Rüstungsindustrie und deren Rattenschwanz ganz zu schweigen. Eindeficit spending par excellence.
Gerade die Amis würden nie etwas tun, bei dem sie letztlich draufzahlen.

Sei froh, Prudentius, dass du vllt. nicht mehr miterleben musst, was auf die Menschheit noch zukommen wird, wenn das amerikanische Modell und seine Steigerung durch das chinesische bestimmt, wo es lang zu gehen hat in Sachen Ökonomie und Sozialpolitik. Dabei sieht man die Folgen schon jetzt überall: Rationalisierung und Umweltverschmutzung ohne Ende, sinkende Sozialstandards, präkäre Arbeitsverhältnisse, Absenkung des Lohnniveaus bei steigenden Lebenshaltungskosten ( kriminell hohe Mieten und Immobilienpreise).
Du kannst mir jetzt natürlich wieder Pessimismus vorwerfen. Doch die Realität ist nun mal leider so.
Die Schere zwischen Arm und Reich geht weiter auseinander. Das kann auf Dauer nicht gut gehen.
Und mit der Notenpresse wurden tiefgreifende Probleme noch nie gelöst, im Gegenteil: Es entstehen unabsehbare langfristrige Konsequenzen, die niemand abschätzen kann.
Die typisch amerikanische Schuldenmacherei, die mittlerweile weltweit endgültig hoffähig geworden ist,
hat maßgeblichen Anteil an diesem Mentalitätswandel.
Die Lehman-Pleite hat die dt. Staatsverschuldung auf einen Schlag um 500 Milliarden Euro erhöht.
US-Ratingagenturen haben Griechenland überbewertet, US-Banken haben an dessen Pleite kräftig verdient,
haben Wetten gegen eigene Produkte abgeschlossen und daran verdient usw.

God's own country often seem to be Devil's own country, whenever money and profit are concerned.
Man kann eben nicht Gott und dem Mammon dienen. Diese Binsenweisheit wird ewig gültig bleiben genauso wie die Tatsache,dass die avaritia humana grenzenlos ist. Dort, wo sie Grenzen finden könnte, wird die Werbung schnell dafür sorgen, dass sie verschwinden, because only money makes the world go round.
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Re: Und täglich grüßt das Trumpeltier

Beitragvon Medicus domesticus » Mi 21. Jun 2017, 19:24

Tiberis hat geschrieben:Dies funktioniert dann am besten, wenn man Gelegenheit hat, mit Menschen aus den unterschiedlichsten Schichten , Milieus und Regionen in Kontakt zu kommen, also gewissermaßen mit einem repräsentativen Querschnitt der Bevölkerung.

Und genau das passiert, wenn man in der Medizin tätig ist, insbesondere auch in Famulaturen während des Studiums. Da hat man auch in den Ambulanzen der US-Hospitals und privat sehr viel Kontakt mit den verschiedensten Schichten. Ich war auch an verschiedenen Stellen der USA. Natürlich informiere ich mich auch aktuell über die Medien. Ich bin ja kein Befürworter Trumps. Nur: eine direkte Anschauung im Land gibt viel mehr Informationen über die Gesamtsituation zusätzlich weiter. Eine rosarote Brille habe ich sicher nicht. Ich gehe die Sache grundsätzlich emotionsfreier an. Peter Scholl-Latour war so ein Journalist, der auch immer "richtig" vor Ort war. Kontakte haben wir allein schon arbeitsbedingt mit vielen Ärzten und Personen in den USA. Zuletzt auch mehrfach mit amerkanischen Urlaubern in unserer Notfallambulanz, die sich immer wieder positiv über unser Gesundheitssystem äussern...Gespräche über Trump finden da manchmal auch statt ;-) ;-)
Vielleicht auch für unseren marcus03 eine kleine "Aufheiterung" in Anführungsstriche über "last of the american girls"... ;-)
https://youtu.be/HR8Ia6vyV5Q
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Re: Und täglich grüßt das Trumpeltier

Beitragvon Medicus domesticus » Mi 21. Jun 2017, 22:13

@marcus03: Deine Bilanz kann man so oder so werten. Nur: Deutschland verdient sich auch genügend Geld (ungerecht oder nicht :?: :?: ) aus den massiven Unterschieden in der EU zwischen den Ländern. Man sollte nicht nur die USA kritsieren....Ich würde um eine gerechte Bilanz bitten..
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Re: Und täglich grüßt das Trumpeltier

Beitragvon Tiberis » Mi 21. Jun 2017, 22:25

Prudentius hat geschrieben: und dann auch in Österreich, ich war damals im Mühlviertel, händeringend verlangten die Leute nach den Amerikanern, und auch dorthin kamen die Russen

das ist aus der Sicht der Mühlviertler Bevölkerung, die bis zuletzt in ihrer überwiegenden Mehrheit mit den Nazis sympathisiert hat - ich erinnere nur an die berüchtigte "Mühlviertler Hasenjagd" Anfang 1945, als die Bevölkerung in trauter Einheit mit der SS Jagd auf entflohene (russische) Häftlinge des KZ Mauthausen machte - durchaus nachvollziehbar, und zeigt gleichzeitig sehr anschaulich, wie nachhaltig das von den Nazis ständig beschworene Bild von den "bolschewistischen Horden" sich im Bewusstsein der Menschen festgesetzt hat. Die Amis hatten zwar Deutschland in Schutt und Asche gebombt, aber jetzt brachten sie Zigaretten und Schokolade , also Grund genug, sich ihnen ohne weitere Bedenken an den Hals zu werfen. Dass die Russen angesichts der durch die Nazis in ihrem Land verübten Verbrechen sich als Besatzungsmacht vergleichsweise moderat verhielten, konnte die ins kollektive Hirn der Bevölkerung eingebrannten Vorurteile nicht nur nicht entkräften, vielmehr wurden diese mit jedem einzelnen Übergriff eines russischen Militärangehörigen verstärkt. Darüber, dass die Russen den Österreichern in der ersten Nachkriegszeit Lebensmittel lieferten, wird meist geschwiegen, obwohl diese Hilfsleistungen, angesichts der Not im eigenen Land, höchste Dankbarkeit und Anerkennung verdient hätten. Aber wie sagt der Volksmund? "Mit Speck fängt man Mäuse". Und naturgemäß hatten die Amis, als echte Kriegsprofiteure, mehr Speck zur Verfügung... :sad:
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Re: Und täglich grüßt das Trumpeltier

Beitragvon marcus03 » Do 22. Jun 2017, 08:00

Dass auch in Europa/Deutschland vieles im Argen liegt, ist unbestritten.
Dazu könnten wir einen eigenen Thread aufmachen. Hier geht es primär um Trump und die USA, deren Gesellschafts-und Wirtschaftsmodell m.E. schlimme Schattenseiten hat, auf die immer wieder gezeigt werden muss.
Mein Respekt vor diesem Land hält sich sehr in Grenzen, seit der Wahl von Trump werden diese Grenzen immer
enger. Mit Trump kann es mMn nur abwärtsgehen.
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Re: Und täglich grüßt das Trumpeltier

Beitragvon ThomasVulpius » Do 22. Jun 2017, 12:21

Praeses *Americae mūtātiōnem caelī, quae dīcitur, ā *fascistīs *oecologicīs fictam esse, ut omnium hominum mūnera dēlērentur, clārē et distīnctē docuit. :lol: :D
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Re: Und täglich grüßt das Trumpeltier

Beitragvon Prudentius » Do 22. Jun 2017, 16:34

Ich war in Grein, falls das jemand kennt :) .
Tiberis hat geschrieben: ... Mühlviertler Bevölkerung, die bis zuletzt in ihrer überwiegenden Mehrheit mit den Nazis sympathisiert hat


Nach meiner Wahrnehmung haben sie mit D. sympathisiert, oder eigentlich mit dem D. vor Königgrätz 1866, also letztlich mit dem Erbe des Imperium Romanum, was ja nach der schmerzlichen Erfahrung von 1918 verständlich war.
Das von mir beschriebene Ersehnen der Amerikaner bezog sich auf die Zeit vor Kriegsende, hinterher haben sie sich ja mit den Russen ganz gut arrangieren können - beneidenswert, von D. aus gesehen :klatsch: .
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Re: Und täglich grüßt das Trumpeltier

Beitragvon marcus03 » Do 22. Jun 2017, 17:35

Prudentius hat geschrieben:hinterher haben sie sich ja mit den Russen ganz gut arrangieren können

Der kalte Krieg als gutes Arrangement? :?

Prudentius hat geschrieben: beneidenswert, von D. aus gesehen

Was waren die konkreten Objekte des Neides?
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Re: Und täglich grüßt das Trumpeltier

Beitragvon Tiberis » Do 22. Jun 2017, 17:47

Prudentius hat geschrieben:Nach meiner Wahrnehmung haben sie mit D. sympathisiert, oder eigentlich mit dem D. vor Königgrätz 1866, also letztlich mit dem Erbe des Imperium Romanum, was ja nach der schmerzlichen Erfahrung von 1918 verständlich war.


:? :verwirrt:
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Re: Und täglich grüßt das Trumpeltier

Beitragvon Medicus domesticus » Do 22. Jun 2017, 18:34

marcus03 hat geschrieben:Dass auch in Europa/Deutschland vieles im Argen liegt, ist unbestritten.

Ich wollte nur damit sagen, dass wir im Prinzip auch ein Teil dieses Systems sind. Als sehr wirtschaftsstarke Nation sind wir mit den USA genauso eingebunden und nicht isoliert tätig. Man kann immer auf den anderen schimpfen, nur wirkt es etwas unredlich von der deutschen Warte aus, da von uns aus auch genügend Ungerechtigkeiten erfolgen. Anders wäre es, wenn du ein Forist aus einem betroffenen Entwicklungsland wärst..es sind eigentlich immer die sich ständig wiederholenden abgedroschenen Phrasen, die man immer wieder hört ohne irgendwelche Lösungsvorschläge. Amerikanische Präsidenten kommen und gehen. Ein Amerikaner ist in dem Sinne auch kein schlechterer oder besserer Mensch als wir. Wir sollten nicht ein ganzes Land (das du wahrscheinlich nie besucht hast) verdammen. Das ist wirklich ungerecht und das sollten wir uns nicht anmaßen...
;-)
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Re: Und täglich grüßt das Trumpeltier

Beitragvon marcus03 » Do 22. Jun 2017, 20:20

Medicus domesticus hat geschrieben:(das du wahrscheinlich nie besucht hast)

Irrtum. Ist aber lange her.

Medicus domesticus hat geschrieben: Ein Amerikaner ist in dem Sinne auch kein schlechterer oder besserer Mensch als wir.

Den Amerikaner gibt es nicht, aber sehr viele Naive und Dumme. Den American way of life allerdings mag ich nicht sonderlich und noch weniger seine leider irreversible, weitweite Verbreitung. Damit stehe ich nicht allein da.
Was kann denn Europa von den USA schon groß lernen? Wie man noch mehr und bedenkenloser auf Pump lebt, sich noch schlechter ernährt, die Löhne drückt, aus Recht ein Bombengeschäft macht (VW, TTIP), Scheinheiligkeit und Oberflächlichkeit?
Eine amerikanische Leitkultur? Um Himmels willen bloß nicht! Die Amerikanisierung in der Ökomonie ist schlimm genug! Profit-seeking makes the world go round and a place not to be in the long run. :(
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Re: Und täglich grüßt das Trumpeltier

Beitragvon Medicus domesticus » Do 22. Jun 2017, 20:38

Den Amerikaner gibt es nicht, aber sehr viele Naive und Dumme...

Ein Pauschalurteil, mehr sage ich dazu nicht mehr. Es gibt viele kritische Amerikaner. Ich finde es einfach müßig ein Land und seine Bewohner so abzuqualifizieren. Naja sage ich nur, mehr nicht mehr.
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