Latein und Präzision

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Re: Latein und Präzision

Beitragvon Medicus domesticus » Mo 6. Mär 2017, 15:11

Danke Willimox für den Einschub. Ich hatte die Idee vor 5 Jahren auf einem Lateineinführungstag geäußert und kaum geglaubt, dass es mal klappt. Eine junge Lateinlehrerin, die im Vivarium war, hatte jetzt den Mut ein Projekt zu beantragen und es wurde im Sept. genehmigt.
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Re: Latein und Präzision

Beitragvon medicus » Mo 6. Mär 2017, 15:13

Ich habe nur eine Frage zu dem Buch: "Müssen die Schüler sich die deutschen Bedeutungen der lateinischen Worte selbst erarbeiten? Ich finde kein Vokabelverzeichnis". :roll:
Zuletzt geändert von medicus am Mo 6. Mär 2017, 15:46, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Latein und Präzision

Beitragvon Medicus domesticus » Mo 6. Mär 2017, 15:24

Vieles geschieht durch Anschauung (stilus- Lehrer hält einen Griffel hoch) und durch die Seitenzeile. Bei uns werden auch Blätter verteilt. Es gibt auch einen Grammatikband und Übungen.
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Re: Latein und Präzision

Beitragvon marcus03 » Mo 6. Mär 2017, 15:51

Medicus domesticus hat geschrieben:Vieles geschieht durch Anschauung

Und wie sieht es bei abstrakten Begriffen und weiteren Bedeutungen aus, die Wörter meist haben?

Wie man damit auf Ciceroniveau kommen soll, ist mir schleierhaft, von Ovidlektüre ganz zu schweigen.
Bei Dichtern hilft nur knallharte Logik beim Knacken von Sätzen und Empathie gepaart mit Fantasie natürlich.
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Re: Latein und Präzision

Beitragvon Medicus domesticus » Mo 6. Mär 2017, 16:15

Dafür gibt es die Lehrerin.
Wie du das einschätzt, ist mir ziemlich egal, da ich den Erfolg sehe: an meiner eigenen Tochter. Ich weiß nur, dass es funktioniert.
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Re: Latein und Präzision

Beitragvon marcus03 » Mo 6. Mär 2017, 16:31

Medicus domesticus hat geschrieben:Dafür gibt es die Lehrerin.

Die dann mit der klassischen Methode nachhilft, wenns Probleme gibt. ;-)

Ich kenne viele Fälle, wo nur die half, wenn die unsystematische mehr Verwirrung stiftete, als dass sie echtes Problembewusstsein vermittelte. Auch im Forum erleben wir das immer wieder.
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Re: Latein und Präzision

Beitragvon iurisconsultus » Mo 6. Mär 2017, 20:26

Kann mal einer der Kritiker begründen, warum er glaubt, man komme mit LLPSI samt den begleitenden Grammatikbänden nicht dahin Originallektüre zu verstehen und zu übersetzen? Ich kann bisher nicht einen fundierten Einwand erkennen! Dass das Erlernen jeder Sprache Arbeit bedeutet, ganz gleich mit welcher Methode, ist ein Allgemeinplatz!
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Re: Latein und Präzision

Beitragvon Medicus domesticus » Mo 6. Mär 2017, 20:38

Ich sehe auch kein Problem. Ich hatte die Bücher schon vorher und auch mit meinen Kindern "getestet". Dieses Projekt war natürlich dann optimal.
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Re: Latein und Präzision

Beitragvon Zythophilus » Mo 6. Mär 2017, 22:24

Mit der entsprechenden Zeit und begleitenden Maßnahmen wird es auch kein Problem sein. Wenn Eltern sich die Bücher vorher beschaffen und ihre Kinder weiter begleiten, wird es ziemlich sicher funktionieren. Es gibt aber auch Eltern, die keine Ahnung von Latein haben oder auch keine Zeit dafür. Außerdem sollten sie doch denselben Ehrgeiz in anderen Fächern aufbringen. Das wird zum Ganztagsjob.
Ich kann nur vom österreichischen Lehrplan aus argumentieren. Da wird das Textverständnis bei Schularbeiten* anhand eines Übersetzungstextes, bei dem weniger wortgetreues, sondern mehr sinngemäßes Übersetzen gefragt ist, und eines Interpretationstextes überprüft. So sieht dann auch die schriftliche Matura** aus. Den Elementarunterricht nach Ørberg zu gestalten, würde bedeuten, dass diese relevanten Bereiche nicht eingeübt würden. Um vom Lateinischen ins Deutsche zu übersetzen, muss man das geübt haben. Genau das sieht die Ørberg-Methode nicht vor. Die Zeit das zusätzlich noch zu machen, ist nicht vorhanden. Das kann man kritisieren und bedauern, aber im Moment sieht es so aus. Das ist die Realität, und damit unterscheidet sich Latein - in Altgriechisch ist es ebenso, aber diese Sprache wird in Österreichs Schulen kaum mehr unterrichtet - von modernen Sprachen.

* in Deutschland Klassenarbeit oder Klausur. Wie so etwas aussehen kann bzw. soll, findet man hier https://www.srdp.at/downloads/dl/bauste ... et-und-it/
** in Deutschland Abitur
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Re: Latein und Präzision

Beitragvon Tiberis » Di 7. Mär 2017, 01:56

Es ist schon bemerkenswert, welchen Verlauf diese Diskussion genommen hat. Von der angeblichen , der lateinischen Sprache angedichteten Affinität zur Mathematik ausgehend, ist man nun glücklich bei den Vor- und Nachteilen der Örberg-Methode angelangt, die ja nun tatsächlich der beste Beweis dafür ist, dass Latein mit Mathematik nicht das allergeringste zu tun hat. :D
Bezüglich dieser Methode stimme ich Zythophilus insofern zu, als dass sie unter den gegebenen Rahmenbedingungen kaum anwendbar erscheint. Nach wie vor wird in den (jedenfalls österreichischen) Lehrplänen verlangt, dass die Schüler im Lateinunterricht die "Kompetenz" :roll: erlangen sollen, mehr oder weniger schwierige Texte römischer Autoren "übersetzen" zu können. In der Ahnung, dass dies angesichts der wenigen zur Verfügung stehenden Stunden ein Ding der Unmöglichkeit ist, hat man im Laufe der Zeit die Anforderungen immer weiter heruntergeschraubt: So sind die Lehrer heute schon glücklich, wenn ein Schüler einen lateinischen Text annähernd sinngemäß ins Deutsche überträgt. Aber da selbst damit ein Großteil der Schüler meist überfordert ist, nicht zuletzt, weil vieles aus dem Anfangsunterricht schon wieder vergessen wurde, werden Originaltexte oft bis zur Unkenntlichkeit "vereinfacht" und mit zahllosen Hilfsangaben versehen, und wenn auch das nicht reicht, helfen immer noch großzügige Korrekturverfahren, ein möglicherweise katastrophales Ergebnis abzumildern.
Das hehre Ziel, mit den im Anfangsunterricht erworbenen grammatischen Kenntnissen dereinst befähigt zu sein, einigermaßen anspruchsvolle Originaltexte selbstständig übersetzen zu können, wird in den allermeisten Fällen nicht erreicht. Dieser Anspruch, der aus einer Zeit stammt, als Latein noch eine zentrale Rolle im Unterricht spielte, führt letztlich zu der unbefriedigenden und für alle Beteiligten frustrierenden Erkenntnis, dass der herkömmliche Lateinunterricht heute nicht mehr in der Lage ist, den Schülern die für die Originallektüre erforderliche "Sprachkompetenz" zu vermitteln, geschweige denn, sie zu befähigen, in einfacher Weise die Sprache aktiv zu gebrauchen.
Natürlich gibt es immer wieder Lehrer, die mit Engagement und Motivationsfähigkeit gegen die systembedingte Misere ankämpfen und mitunter sogar erstaunliche Erfolge erzielen. Aber das ist leider die Ausnahme.
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Re: Latein und Präzision

Beitragvon Zythophilus » Di 7. Mär 2017, 15:58

Ich möchte nicht den Eindruck erwecken, dass ich die Ørberg-Methode verteufle. Dafür kenne ich sie zuwenig. Ich kann mir sogar vorstellen, dass sie unter bestimmten Voraussetzungen gut funktioniert.
Zu diesen gehören wohl übermäßig interessierte und motivierte Schüler.
Weiters sollte ausreichend Zeit zur Verfügung stehen; ich würde etwa sechs Wochenstunden als Minimum ansetzen.
Da Übersetzungen nicht vorgesehen sind, muss außerdem gewährleistet sein, dass das aktive Sprachniveau in annehmbarer Zeit so weit gediehen ist, dass eine Auseinandersetzung mit komplizierteren Texten als einer vereinfachten Prosaversion der Aeneis auf Latein möglich ist. Also Dichtung im Original, philosophischen Texten etc.
Dazu würden noch zusätzlich die Anforderungen des Lehrplanes kommen, wenn der Unterricht an einer öffentlichen Schule stattfinden soll.
Dass das keine normale Schule in Österreich bieten kann, brauche ich wohl nicht eigens erwähnen.
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Re: Latein und Präzision

Beitragvon Philipp » Do 22. Jun 2017, 13:12

Man sollte endlich damit aufhören, der lateinischen Sprache einen Sonderstatus beizumessen,der ja nur als Folge der vollkommen unnatürlichen und viel zu umständlichen Art ihrer Vermittlung gesehen werden kann.


Ich frage mich nur, welche andere Form der Sprachvermittlung bei alten Sprachen möglich wäre. Wie möchte man Deklinationen, nicht zu reden von Konjugationen sonst erlernen. Bei einer modernen Fremdsprache wie dem Englischen mit seiner sehr reduzierten Grammatik mag das ja noch angehen...


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Re: Latein und Präzision

Beitragvon Prudentius » Fr 23. Jun 2017, 10:30

Ganz so unrecht haben die Neusprachler mit ihrer Kritik nicht, der altspr. Grammatik fehlt die systemtheoretische Durchsichtigkeit und Klarheit, wie sie die Schüler z.B. in Geometrie und Algebra kennen. Man müsste beim Deklinieren immer bewusstmachen, dass mit Akk. Objekt gemeint ist, mit Nominativ Subjekt; also immer die Verzahnung der Bereiche klarmachen: wir deklinieren nur, um Satzteile erfassen zu können, Formenlehre ist nur wegen Syntax da. Ohne dieses ständige Grenzüberschreiten kommt das Gefühl von Frust auf, man sitzt auf dem toten Ast; wozu tut man sich das überhaupt an?
Es fehlt an den Durchblicken; kein Lateiner würde je die Frage stellen, ob Kausalsatz und Konditionalsatz irgend etwas gemeinsam haben.
Ich habe mal gelesen, Sartre hatte nur eine einzige Begegnung mit dem L., er besuchte eine Stunde, in der das Deklinieren eingeübt wurde: das reichte ihm für immer: "So ein geistloses Fach!"
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