Latein und Präzision

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Re: Latein und Präzision

Beitragvon medicus » So 5. Mär 2017, 18:31

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Re: Latein und Präzision

Beitragvon marcus03 » So 5. Mär 2017, 19:59

Wenn es eine einfache Methode gäbe, mit relativ wenig Aufwand Latein zu lernen, wäre sie schon längst erfunden wprden. Latein ist nicht einfach, weil man viel Fakten wissen muss.
Von dieser Illusion muss man sich freimachen. Wer Latein richtig beherrschen will, muss viel pauken.
Das macht das Fach auch so unangenehm für die Meisten.
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Re: Latein und Präzision

Beitragvon Medicus domesticus » So 5. Mär 2017, 20:39

Ich denke, das ist nicht der Punkt. Jede Sprache hat seine Tücken. Orberg ist eine andere Methode. Keiner bahauptet, dass es die Methode ist. Meine Überzeugung ist nur (aus eigener Erfahrung), dass Latein damit einfach mehr Spaß den Schülern geben könnte. Die Spannung wäre raus.
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Re: Latein und Präzision

Beitragvon marcus03 » So 5. Mär 2017, 21:22

Medicus domesticus hat geschrieben:(aus eigener Erfahrung),


Andere haben andere Erfahrungen. Es kommt auf den Lerntyp an und die Lernsituation an.
Beim heutigen Schulstress: Was macht denn da noch wirklich dauerhaft Spaß?
Latein müsste jede Stunde ein Aktionkrimi sein, dann vllt. Aber auch die werden schnell langweilig.
Die stetig abnehmende Konzentrationsfähigkeit tut ein Übriges. Wir leben in lernfeindlichen Zeiten in einer kinderfeindlichen Gesellschaft, wenn man sie insgesamt betrachtet. Kinder sind heute mehr denn je ein Problem. Das sieht und hört man überall.
Nur Priviligierte haben es besser. Die Masse ist aber nicht priviligiert. Das ist Fakt. :(
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Re: Latein und Präzision

Beitragvon Medicus domesticus » Mo 6. Mär 2017, 10:56

Witzig ist immer, dass die am meisten gescheit darüber reden, die
1. die Methode nicht kennen
2. die Orberg-Bücher nicht besitzen
3. keine Kinder im Lateinunterricht haben
4. aber am besten Bescheid wissen

Erfahrungsberichte gibt es nicht nur von mir, sondern hier auch von Tiberis, illeegoqui, RM, Bertulus.
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Re: Latein und Präzision

Beitragvon marcus03 » Mo 6. Mär 2017, 11:58

Welche statistischen Befunde gibt es?

Wie sieht die Erfolgsquote aus?

Zitat (tiberis):
wenn du also die nötige geduld aufzubringen bereit bist, empfehle ich dir das von Hans Örberg herausgegebene buch bzw. lehrwerk "Lingua Latina per se illustrata". es ist insofern einzigartig, als es ausschließlich in lateinischer sprache abgefasst ist. was aber absolut nicht bedeutet, dass das lateinlernen deshalb mühsamer wäre - im gegenteil! auf jeden fall ist Örbergs methode , was die nachhaltigkeit des erlernten betrifft, wohl kaum zu übertreffen. aber, wie gesagt, zeit und ausdauer sind absolut nötig!

Welcher Otto-Normalschüler hat Zeit, Ausdauer und Geduld?

Oft habe ich das Gefühl, dass du davon ausgehst, dass Schüler nur Latein in der Schule hätten.
Dir fehlt der Bezug zum realen Schulalltag trotz deiner Kinder. Du gehst von dir und deinen (priviligierten) Kindern aus. Die zählen zu den Ausnahmen und sind nicht der Maßstab.

Ich frage mich, wie soll ein Kind im Alter zw. 10 und 12 Jahren mit einem einsprachigen Lehrwerk zurechtkommen? Das haut im Englischen schon nicht hin, geschweige dann erst im Lat.
Ich spreche vom Durchschnittsschüler mit durchschnittl. Motivation ohne Hilfe durch das Elternhaus.
Du redest ja auch immer nur von deinen Kindern, von der breiten Mehrheit hört man nix.
Tatsache ist wohl eher: Die meisten Eltern sind froh, wenn ihre Kinder Latein überleben und deswegen nicht
das Gymnasium verlassen müssen.
Der gescheiterte G8-Modell hat die Sache für viele nur noch schlimmer gemacht und den Überlebenskampf
verschärft. Dieser entwicklungspsychologische Wahnsinn wird nun offenbar gestoppt.
Das Scheitern habe ich von Anfang an vorausgesagt, obwohl ich kein Psychologe bin. Aber ich kann 1 und 1 zusammenzählen, wenn es um Grundvoraussetzungen geht.
An denen scheitert vieles, weil sie sich oft als falsch herausstellen. (vgl. ökonomische Vorhersagen).
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Re: Latein und Präzision

Beitragvon Zythophilus » Mo 6. Mär 2017, 12:30

Zumindest der österreichische Lehrplan - und ich denke, dass das in den deutschen nicht viel anders ist - will, grosso modo gesagt, ein Verständnis des Textes, das i.d.R. mittels Übersetzung erreicht wird, und eine Auseinandersetzung mit seinen Inhalten vermitteln. Aktive Sprachbeherrschung ist kein Thema und kann auch, was man bedauern mag, neben den vorgegebenen Zielsetzungen in der ohnedies geringen zur Verfügung stehenden Zeit praktisch nicht vermittelt werden.
Damit ist Ørbergs Buch vielleicht eine nette Ergänzung, die man ab und zu einsetzen kann, aber niemals als einziges Lehrbuch zu verwenden. Das geht nur in einem alternativen, wohl meist privaten Rahmen.
Ich gehe davon aus, dass man in einer modernen Fremdsprache nach zwei Jahren Schulunterrichts etwa das Sprachniveau A2 erreicht. Ich fürchte, dass es kaum Originalliteratur gibt, die dieses Sprachniveau aufweist. Wahrscheinlich liegt schon Hygin darüber, Ciceros philosophische Werke oder Vergils Aeneis jedenfalls meilenweit.
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Re: Latein und Präzision

Beitragvon marcus03 » Mo 6. Mär 2017, 12:44

Zythophilus hat geschrieben:Damit ist Ørbergs Buch vielleicht eine nette Ergänzung, die man ab und zu einsetzen kann, aber niemals als einziges Lehrbuch zu verwenden.

Damit hast du es auf den Punkt gebracht. :klatsch: Du als Lehrer kannst das wohl am besten beurteilen.
Alles andere ist realitätsfernes Wunschdenken. Zum Lesen von anspruchsvollerer lat. Literatur wird die Methode nie und nimmer reichen. Das wage ich zu behaupten, ohne sie genauer zu kennen.
Nochmal: Lateinlernen ist mit viel Aufwand an Zeit, Motivation, Geduld und Durchhaltebereitschaft verbunden.
Das beißt die Maus keinen Faden ab.
Dass es Ausnahmen bei sprachl. Hochbegabten gibt, sei natürlich unbestritten.

PS:
Latein lernt am besten und schnellsten der, der sich für die Sprache wirklich interessiert, gut logisch denken kann, viel Sprachgefühl und ein gutes Gedächtnis hat etc. - und sich in die "Sprache verliebt hat".
(Miguel auf einem anderem Forum ist ein sehr gutes Beispiel dafür.)
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Re: Latein und Präzision

Beitragvon Medicus domesticus » Mo 6. Mär 2017, 13:18

Zythophilus Statement stimmt nur bedingt, da der alte Lehrplan vorausgesetzt. Meine Tochter ist momentan in einem Pilotprojekt LLPSI seit September im Gymnasium. Läuft gut.
Eine Sprachkompetenz wie in neuen Sprachen wird auch nicht angestrebt. Ich werde berichten. Sie bearbeiten Pars 1.
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Re: Latein und Präzision

Beitragvon marcus03 » Mo 6. Mär 2017, 13:26

Medicus domesticus hat geschrieben:da der alte Lehrplan vorausgesetzt.

Komischer Satz. :?

Medicus domesticus hat geschrieben:Meine Tochter ist momentan in einem Pilotprojekt LLPSI

Hoffentlich führt das nicht zum Absturz spätestens in der Lektürephase.

Medicus domesticus hat geschrieben:Eine Sprachkompetenz

Was genau ist für dich Sprachkompetenz, v.a. inbezug auf Latein?
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Re: Latein und Präzision

Beitragvon Medicus domesticus » Mo 6. Mär 2017, 13:28

Pars2 ist Lektüre. Wenn es gut läuft, wird weitergeführt. Keiner ist auf Latein angewiesen...
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Re: Latein und Präzision

Beitragvon marcus03 » Mo 6. Mär 2017, 13:39

Medicus domesticus hat geschrieben: Keiner ist auf Latein angewiesen...

Will heißen? :?

Sprachexperimente mit Latein - Wenn das mal gut geht langfristig. Deine Tochter als Versuchskaninchen.
Hast du da als Lateiner der alten Schule keine Bedenken? :-o
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Re: Latein und Präzision

Beitragvon Medicus domesticus » Mo 6. Mär 2017, 13:43

Nein, weil ich im Gegensatz zu dir, das Konzept kenne, einschließlich der Bücher und auf dem Laufenden bin. Sie sind im Projekt nicht schlechter als in der Campus-GRUPPE. Wird ständig evaluiert. Nach jedem Kapitel wird sowieso ein Grammatikteil bearbeitet (Pensa grammatica)
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Re: Latein und Präzision

Beitragvon marcus03 » Mo 6. Mär 2017, 13:45

Du hast meine Frage nicht beantwortet.
Was heißt "ist nicht angewiesen"?
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Re: Latein und Präzision

Beitragvon Willimox » Mo 6. Mär 2017, 14:29

Salvete, omnes benigni!

Die Diskussion gab es schon öfters, hier eine vielleicht hilfreiche Information.

Hans H. Orberg: Lingua Latina per se illustrata.
Pars I: Familia Romana. Hauniae (Museum Tusculanum) 1981, 21991 (in früherer Fassung 1955), 328 S.;
in Deutschland erhältlich über Klett (Stuttgart), zusammen mit lat.-dt. Vokabularium.
Pars II: Roma aeterna a. O.1990 (in früherer Fassung 1959), 424 S.;
erhältlich über: Museum Tusculanum, Njalsgade 94, DK-2300 Kopenhagen S.

o Der ursprüngliche Titel Lingua Latina secundum naturae rationem explicata
zeigt das Ziel recht deutlich: Ørberg folgt der "Naturmethode" seines dänischen
Landsmanns Arthur Jensen (vgl. zum Verfahren H. Ørberg, in: Association G. Budé, Actes du IXe Congrès Rome 1973, 914-922).

o Beginnend mit den Sätzen Roma in Italia est. Italia in Europa est. Graecia quoque in Europa est
...wird so in die Sprache eingeführt, daß jede Wortbedeutung und jede Wortform aus sich selber verständlich ist.
Gelegentlich werden am Rand Hilfen gegeben (qui = is qui; verbum = vocabulum) oder grammatische Phänomene
festgehalten (stultus - stulte; fortis - fortiter); auch kleine Illustrationen tragen zum Verständnis bei.

o Die 35 Kapitel des ersten Bands vermitteln Formenlehre und einfache Syntax an Hand
von umfangreichen, unterhaltsamen Lesestücken, die zum größeren Teil untereinander
zusammenhängen und in einer recht munteren römischen Familie, vor allem unter Kindern, spielen.
So wird zugleich auch eine Einführung in römische Kultur und Alltagsleben gegeben.)

o Zu jedem Kapitel kommt ein Abschnitt mit Grammatikerläuterungen
(ebenfalls in unmittelbar verständlichem Latein), es folgen drei sprachliche Übungen, pensa.
Da die Lesestücke weithin dialogisch sind, erhält der Schüler auch Hilfe zum Lateinsprechen,
ohne daß dies das Ziel des Unternehmens wäre.

o Die Vermittlung des grammatischen Stoffs ist interessant. So wird z. B. der AcI zusammen mit dem Infinitiv eingeführt,
dies in unproblematischen Sätzen mit Verba der Sinneswahrnehmung wie (S. 72): Canis avem supra se volare videt ...;
die Übertragung auf dicit u. ä. erfolgt dann im nächsten Kapitel, wo die Worte eines Arztes,
der den vom Baum gefallenen jungen Quintus behandelt, der schwerhörigen Sklavin Syra ins
Ohr gesagt werden müssen (S. 81): Medicus: "Puer spirat et cor eius palpitat." [...]
Syra: "Quid dicit medicus?" Aemilia: "Medicus dicit Quintum spirare et cor eius palpitare. [...]".

o Der 2. Band gibt an Hand von Texten römischer Autoren, die anfangs in Bearbeitung,
später im Original wiedergegeben sind, einen Durchgang durch die römische Geschichte
von Aeneas (Vergil in Prosa) bis Cicero. Auch hier dienen jeweils drei angehängte pensa dem sprachlichen Training.
Eigentliche Grammatikerläuterungen fehlen in diesem Teil. –

Die Lehrbücher werden ergänzt durch: H.H. Ørberg: Exercitia Latina. Hauniae 1981, 168 S.;
Colloquia personarum. Hauniae 1985, 90 S. (erhältlich über Museum Tusculanum,wie oben Nr. 38) -
Diese Exercitia enthalten weiteres Lese- und Übungsmaterial zu den einzelnen Kapiteln des 1. Buchs.


Wilfried Stroh, auf dessen Analyse sich die vorige Charakteristik stützt, meint:

Es ist kaum begreiflich, dass dieses mit Sachverstand und Leidenschaft verfasste Unterrichtswerk
in Deutschland noch nicht einmal versuchshalber in Schulen eingeführt wurde
(ein begeistertes Urteil nach 13-jähriger Erprobung:
J. O. Loyd, Indiana State University, in: New England Classical Newsletter 14, Nr. 4, Mai 1987).

Es bietet jedenfalls auch bei herkömmlichem Unterricht eine "wahre Fundgrube für Übungsmaterial" -
vor allem aber einen Anreiz "zum Überdenken der eigenen Methode"
(so Peter Gamper, Anz. f. d. Altertumswiss., Didakt. Informationen 4, 1982, 45).


Es ist sicher ein bisschen vermessen, aus einem Bucheinblick vorläufige, fundiertere und vorsichtige Urteile zu bilden, aber der Interessierte sei doch gebeten, das folgende pdf zu sichten und seine Ersteindrücke zu bestimmten Kapiteln und Stoffen und Präsentationsformen, nun ja, vielleicht mitzuteilen.

http://chaharrah.tv/chaharrah-depot/arthouse/latin-attachments/latin-book.pdf

https://www.youtube.com/watch?v=u9VYRSblYJQ

:chefren:
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