klagen

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Re: klagen

Beitragvon sinemetu » Do 7. Dez 2017, 13:10

die beiden interessantesten Details der zitierten Geschichte:

Was auch wenige Menschen wissen: Nicht nur deutsche Truppen marschierten 1938 in Österreich ein, nein, sondern auch österreichische Truppen marschierten in München, Berlin und allen großen deutschen Städten ein. Das war als Zeichen an die Welt gedacht, damit keiner glaube, das sei ein aggressiver Akt.

Ich möchte noch ein kurzes Zitat von Jean Paul Satre einfügen, das zwar nicht 100% zum deutsch-österreichischen Verhältnis passt, aber dennoch sehr interessant ist: „Nie war Frankreich freier als unter deutscher Besatzung!“
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Re: klagen

Beitragvon Willimox » Do 7. Dez 2017, 16:46

sinemetu hat geschrieben:die beiden interessantesten Details der zitierten Geschichte:

Was auch wenige Menschen wissen: Nicht nur deutsche Truppen marschierten 1938 in Österreich ein, nein, sondern auch österreichische Truppen marschierten in München, Berlin und allen großen deutschen Städten ein. Das war als Zeichen an die Welt gedacht, damit keiner glaube, das sei ein aggressiver Akt.

Ich möchte noch ein kurzes Zitat von Jean Paul Satre einfügen, das zwar nicht 100% zum deutsch-österreichischen Verhältnis passt, aber dennoch sehr interessant ist: „Nie war Frankreich freier als unter deutscher Besatzung!“


O Gott,

Brabekl wählt mal wieder die Rolle als Debakel-Brabekl und schlägt zu - zu sine metu et sine sensu et sine ratione.

Er achtet nicht auf Kontexte und ist stolz auf seine goethisch fundierte Sendung zu jubilierendem Irrsinn ..... (der junge Marx und seine Gedichte, die Tötung von schwangeren männlichen Cornuten...)

Für die «Lettres françaises» vom 9. September 1944 («Die Republik des Schweigens») hatte Sartre mit dem provozierenden Satz eröffnet: «Niemals waren wir freier als unter der deutschen Besatzung.» Frei, weil in dieser extremen Situation der Überwachung, der Bedrohung, der Angst (vor Folter, vor Deportation), in dieser Situation, da alle tradierten Ordnungen und Orientierungsmuster ausser Kraft gesetzt waren, jeder Mensch, auf sich selbst zurückgeworfen, vor eine Wahl gestellt war, weil, so Sartre, angesichts des Todes ein so allgemeiner Satz wie «Alle Menschen sind sterblich» plötzlich eine konkret individuelle und existenzielle Bedeutung angenommen habe. Sartre hatte selbst, wie er später mehrfach berichtete, die Kriegsjahre als radikalen Bruch in seiner intellektuellen Biografie erlebt. Ablesbar ist dies unter anderem an den postum erschienenen Aufzeichnungen «Carnets de la drôle de guerre», aber auch an der ab 1945 erscheinenden Romantrilogie «Les chemins de la liberté». Und in seinen Theaterstücken konstruierte er immer wieder solche Situationen, in denen der Mensch seiner condition humaine sich bewusst wird, in denen er seine Freiheit im Augenblick der Wahl erkennt und annimmt.


https://tinyurl.com/y8sfv47a
http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13530926.html

Und jetzt noch die österreichischen Truppen und ihren Einmarsch überprüfen?

:hammer:

Bild

:klatsch:
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Re: klagen

Beitragvon Tiberis » Do 7. Dez 2017, 19:41

medicus hat geschrieben:Hier ein schöner Beitrag zu dem Thema:https://nohoearmy.wordpress.com/2011/02 ... -deutsche/


eigentlich erübrigt sich zu diesem Schwachsinn jeder Kommentar. Aber da ihn offenbar auch Leute wie unser Medicus bejubeln, möchte ich doch ein paar Dinge richtigstellen:

Dass in Österreich deutsch gesprochen wird, bedeutet noch lange nicht, dass die Österreicher Deutsche sind. Auch in den USA und in Kanada wird englisch gesprochen, ohne dass deshalb die Amerikaner Engländer wären. Keinem Berner oder Züricher würde es einfallen, sich als "Deutschen" zu bezeichnen, bloß weil er deutsch spricht.
Es ist zwar richtig, dass nach dem Zusammenbruch der Monarchie und infolge des allerorts grassierenden Nationalismus ein großer Teil der deutschsprechenden Österreicher sich als der deutschen Nation zugehörig betrachtete. Aber spätestens nach den traumatischen Erfahrungen der Naziära ist den Österreichern dieses Zugehörigkeitsgefühl ziemlich restlos abhanden gekommen. Dass Österreicher und Deutsche eine jahrhundertelange gemeinsame Geschichte teilten, widerspricht nicht der nunmehrigen Existenz einer eigenen österreichischen Nation.
Der Begriff Nation hat weniger mit Sprache oder gar "Rasse" :roll: zu tun als mit Identitäts- und Zugehörigkeitsgefühl. Ein Bewohner des Tessin mag italienisch sprechen, aber er wird sich nicht als Italiener, sondern als Schweizer fühlen. Ein Wiener, dessen Vorfahren aus Böhmen oder Galizien zugewandert sind, spricht naturgemäß deutsch, aber es wäre absurd, ihn deshalb einen Deutschen zu nennen.
Eine persönliche Bemerkung sei mir noch gestattet: Wenn ich über die Grenze nach Ungarn fahre, ist mir alles - ausgenommen die Sprache, die ich leider nur ansatzweise verstehe - vertraut: die Mentalität der Menschen, ihre Musik, die Ähnlichkeit der Lebensweise usw. Fahre ich hingegen nach Hamburg, fühle ich mich fremd, trotz oder wegen der angeblich gemeinsamen Sprache.
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Re: klagen

Beitragvon Medicus domesticus » Fr 8. Dez 2017, 09:33

Tiberis hat geschrieben:Wenn ich über die Grenze nach Ungarn fahre, ist mir alles - ausgenommen die Sprache, die ich leider nur ansatzweise verstehe - vertraut: die Mentalität der Menschen, ihre Musik, die Ähnlichkeit der Lebensweise usw. Fahre ich hingegen nach Hamburg, fühle ich mich fremd, trotz oder wegen der angeblich gemeinsamen Sprache.

Da spricht ein Österreicher, der muß es ja wissen ;-) , obwohl mir Hamburg genauso fremd vorkommt, wenn ich dort hinfahre, weil wir im Südosten eine andere Mentalität und Sprache haben. Im Unterschied zu einigen Österreichern hier, wohne ich grenznah und arbeite in Österreich. Das ist ein gewaltiger Unterschied. Die angrenzenden Österreicher sind uns sehr ähnlich, hauptsächlich die aus den Berggegenden. Aber wir sind Deutsche (zu uns sagen sie eigentlich Bayern) und sie Österreicher (eher Salzburger, Tennengauer, Pongauer, usw.). Nach BGD fahren fast alle gerne. Auch heute noch, spürt man das Gefühl, wenn man die Grenze passiert, dass man jeweils in einem anderen Land ist. Asympathien gibt es grenznah wenige, da in beiden Richtungen gearbeitet wird. Die Leute kennen sich.
Gruß aus den Bergen! Frei habe ich wegen Ö: Dort ist heute Feiertag. :-D
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Re: klagen

Beitragvon Prudentius » Fr 8. Dez 2017, 11:43

Ich bin selbst als Deutscher sozusagen in der Geburtsstunde der Republik Österreich vor Ort gewesen, ich möchte das bestätigen. Es kam einmal ein Auto am Stadtplatz an und es wurden Flugblätter verteilt, mit der Schlagzeile: "Österreich ist wieder frei", es war wirklich eine Begeisterung, eine Euphorie, ein Neuanfang; viele Leute machten sich rot-weiß-rote Armbinden um (Mai 1945); ich auch, bis mir aufging, dass ich ja im Ausland war. Es war wirklich so etwas wie nationale Neu- oder Wiedergeburt.

Die Unterschiede zur d. Mentalität würde ich sogar noch stärker betonen. In der Nachkriegsära gingen die Länder ganz verschiedene Wege. Österreich hat es fertiggebracht, mit allen 4 Besatzungsmächten einen Deal abzuschließen und sich aus den aufkommenden Konflikten herauszuhalten; D. ging den Weg der "Westintegration". Zwei Zitate können die Diskrepanz zeigen: "Die Deutschen wollen das Abendland verteidigen", mit etwas mitleidigem Lächeln gesagt, und "Österreich geht einen gefährlichen Weg", mit tiefem Stirnrunzeln gesagt; "Neutralismus" war in D.- ein Tabuwort, man stellte sich außerhalb der Diskussion damit.
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Re: klagen

Beitragvon sinemetu » Fr 8. Dez 2017, 20:17

Einen großen Vorteil hat Österreich als Gebirgsland gegenüber Norddeutschland.

Man kann dort kein großen Güter zusammenkaufen. Obwohl die Leute, besonders die Bergbauern heute oft noch einen zweiten Job haben, um Geld zu verdienen. Man kann sich vielleicht einen Nachbarhof kaufen, wenn der Nachbar ausstirbt und verkauft. Aber 10 Höfe zusammenkaufen und durch eine Familie bewirtschaften - das geht da nie und nimmer, wie bei uns in Nordost. Insofern bleibt ein Großteil der Familien Flächengebunden, oder umgekehrt, die Flächen familiengebunden, und die Familien wirtschaftsverbunden. Das bewirkt, daß Massenenteignung weniger möglich, daß der Sozialismus - der von Beginn an sowieso nichts anderes als die Kandare des amerikanischen Kapitals in den europ. Ländern, mit seinen Ideen weniger Leute verrückt machen kann. In sofern kann ich den Österreichern nur gratulieren. Die Berge waren immer der Rückzugsort der Freiheit gegen die Imperien ...
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Re: klagen

Beitragvon Tiberis » Sa 9. Dez 2017, 00:50

:verwirrt:
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Re: klagen

Beitragvon medicus » Mo 11. Dez 2017, 13:54

sinemetu hat geschrieben: Rückzugsort der Freiheit gegen die Imperien ...Einen großen Vorteil hat Österreich als Gebirgsland gegenüber Norddeutschland. Man kann dort kein großen Güter zusammenkaufen, Massenenteignung


In Brandenburg wurde jetzt ein ganzes Dorf versteigert. Was sagst du dazu?

http://www.zeit.de/gesellschaft/2017-12 ... ersteigert
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Re: klagen

Beitragvon sinemetu » Di 12. Dez 2017, 18:06

Ich hatte es mir auch angesehen und fand's zu teuer ..... es gab schon günstigere Dorf-Angebote.....
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