shithole

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shithole

Beitragvon sinemetu » So 14. Jan 2018, 12:26

https://www.michael-klonovsky.de/acta-diurna

In den Zeiten der Wende, war ich mal mit einem Senator im Osten Deutschlands unterwegs und er wollte unbedingt ein gewisses Kaff sehen und ich sagte ihm damals in meinem unbeholfenen Aanglisch, daß wir dort nicht hinkönnten weil jenes Dorf - ich nenne den Namen nicht - sei "the last hole before hell", die nicht ungefährlichen großen Hunde liefen dort alle frei rum und auch die Polizisten aus der Kreisstadt sollen dort gewöhnlich die Autos nicht verlassen haben. Der Senator lachte laut auf bei meiner Formulierung und ließ auch ab von seinem Begehr. Auf jeden Fall, benutze er, als er mein Englisch seinen mitreisenden Angehörigen verklickerte, den Begriff Shithole .... seit vorgestern ist der Begriff nun zurück...

Jetzt zur Frage: Warum werden "pangermanisch" - Nein! Im Ungarischen ist es auch so - zum Verlassen Anlass gebende Orte mit Loch/hole/Lyuk genannt? (Vermutung: Weil es dort nichts mehr zu holen gibt, dort hat man schon alles weggeholt!)
Wahrscheinlich lassen sich andere Sprachen dazureihen. Wer kennt noch eine?

Loch und hole sind ja dasselbe QuasiWort - GutturalVokalLiquid Ich bezweifle mal so die Uralic-These bei diesem ungarischen Wort.

https://wikiszotar.hu/ertelmezo-szotar/Lyuk
https://www.nyest.hu/hirek/lyuk-luk-lik
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Knabber-Zeugs, dazu H. Leopoldi

Beitragvon Willimox » So 14. Jan 2018, 17:26

1. Trumps "Shithole"

Mal abgesehen davon, dass unsere Knusperhexe Sinemetu im Brakbekistanmodus eine recht polemische Seite dem Forum unterjubelt - ich bringe hier schmunzelnd einen Auszug des von Brakbekl verlinkten Autors -

Jetzt regen sich die Guten und Edlen rund um den Globus wieder mächtig auf, weil unser Donald "Jehova" resp. "shithole countries" gesagt hat. Aber genau das sind diese Länder doch, und genau deswegen rennen die Menschen von dort weg – nicht mit dem direkten Ziel, anderswo, z.B. in Merkelstan, dieselben Zustände herzustellen wie dort, wo sie herkommen, aber darauf läuft es letztlich und tragischerweise wohl hinaus. Zumindest wenn es nach den Propagandisten der obergrenzenlosen Einwanderung geht. Wir sollten das politische Endziel der vollends aufgeklärten Menschheit womöglich umbenennen: Nicht one world streben wir an, sondern one shithole. In dieser Shitty New World würden überdies die Völkerwanderungen aufhören, denn wenn es überall gleich aussieht, kann man auch daheim bleiben. Wie ich mal auf dem T-shirt eines Typen in Dortmund las: "Woanders ist auch scheiße." Einfach sitzen bleiben, wo man ist, und die liebe Göttin eine gute Klofrau sein lassen.

Bis dahin fordere ich die weitgereisten und überall auf der Erde siedelnden Leser dieses Diariums auf, mir die ihrer Meinung nach verkommensten "shithole countries" zu nennen. Die drei dreckigsten Kandidaten kommen am Ende aufs Siegertreppchen.


also abgesehen davon, liefert Quaestor Brakbekl (quaerere, quaeri ....) wie so oft etymologischen Nonsens, weil er lieber nervend fragt als recherchiert. Und er noch nicht dahinterkam, dass Recherchieren, nun ja, fragendes Suchen sein könnte. :book:

2. Etymologens "Shithole"

Für Semantik- und Etymylogieinteressierte hier ein belastbarer Link mit verständigem Text, allerdings englisch (und nicht ungarisch):

https://www.theatlantic.com/entertainment/archive/2018/01/great-moments-in-shithole-literature/550472/

There’s a significant gap in the historical record for shithole after the Lilliat verse, however.

I’m not aware of any other recorded use of the word before 1902, when John S. Farmer and W.E. Henley included it in their magnum opus, Slang and Its Analogues Past and Present, with shithole defined simply as “the rectum.”

In the early 20th century, however, shithole broke out into other meanings, such as “a toilet or latrine” (i.e., a place to shit), or “a wretched location” (i.e., a shitty place).

And among authors who reveled in coarse language, shithole often hit the spot.


Nota Bene:

Die im Link avisierte Brecht-Stelle

Another translation from German provides a theatrical example of shithole. A 1930 satirical opera called Rise and Fall of the City of Mahagonny, composed by Kurt Weill with a libretto by Bertolt Brecht, was translated in a 1971 edition by Ralph Manheim and John Willett with this exchange:

Begbick (rushing from the house): Just what don’t you like here?

Jim: This shit-hole!

Begbick: I believe I heard the word shit-hole! Did you happen to say shit-hole?


heißt im Original:

Begbick: Was gefällt dir hier nicht?
Paul: Dein Dreckhaufen!
Begbick: Ich verstehe immer Dreckhaufen! Sagten Sie nicht eben Dreckhaufen?


3. Brakbekels "pangermanisches" "Shithole"

So wie der deutsche Paul nicht unbedingt deckungsgleich mit dem englischen Jim ist, so ist ein "Scheißloch-Land" zwar eine direkte Übersetzung von Trumps Sentenz, aber bei uns im mentalen Lexikon als Lexem nicht gespeichert, jedenfalls nicht als gängige Metapher. Wir kennen einen Scheißort, ein Scheißland oder beschissene Orte und Länder. Und interessanterweise können wir jemanden "bescheißen" oder "betrügen".

Sogar in Brakbekels Sentenz

In den Zeiten der Wende, war ich mal mit einem Senator im Osten Deutschlands unterwegs und er wollte unbedingt ein gewisses Kaff sehen und ich sagte ihm damals in meinem unbeholfenen Aanglisch, daß wir dort nicht hinkönnten weil jenes Dorf - ich nenne den Namen nicht - sei "the last hole before hell", die nicht ungefährlichen großen Hunde liefen dort alle frei rum und auch die Polizisten aus der Kreisstadt sollen dort gewöhnlich die Autos nicht verlassen haben. Der Senator lachte laut auf bei meiner Formulierung und ließ auch ab von seinem Begehr. Auf jeden Fall, benutze er, als er mein Englisch seinen mitreisenden Angehörigen verklickerte, den Begriff Shithole .... seit vorgestern ist der Begriff nun zurück...


müsste auffallen, dass "Loch" als "dunkle Höhle, fensterlos und primitiv" mit der "Hölle" verwandt ist und von daher seine Deutungsmuster eng an ihn (Brakbekel) gebunden sind und (dabei/daher) (wie so oft) beschränkt ;-) greifen ............

Bild

Noch so ein Waffler, ein sehr großer.

4. Leopoldis: Wenn der Ungar lustig ist (a Schmäh, hearst)

Wenn der Ungar lustig ist.

Herrlich ists's in Budapest, weil sich dort gut leben lässt.
Gostfreundschaft im Ungarland ist auf ganzer Welt bekannt.
Und so billig ist's in den Lokalen, ungern losst der Wirt sich was bezahlen.
Auch die Heiterkeit ist dort - von spezieller Eigenort.

Wenn der Ungar lustig ist, muss er immer weinen,
joi Mama, joi Mama, schön ist auf der Welt.
Wenn der Ungar glücklich ist, muss er noch mehr weinen,
joi Zigan, joi Zigan, spiel was mir gefällt.

Trauriger Sonntag, trauriger Montag,
dos ist so rührend und gut für Seelenschmerz.
Wenn der Ungar lustig ist, muss er immer weinen,
joi Mama, joi, do lacht und weint das Herz.

Und beinahe jeden Tag gibt es einen Gulatschag.
Weil das dort so Sitte ist, Ungarwein in Strömen fließt.
Und der Gyula, Pizta und der Geza beißen dann voll Rührung in die Gläsa.
Und zum Schlusse jedenfolls – ha - fallt sich olles um den Hols.

Wenn der Ungar lustig ist, muss er immer weinen,
joi Mama, joi Mama, schön ist auf der Welt.
Wenn der Ungar glücklich ist, muss er noch mehr weinen,
joi Zigan, joi Zigan, spiel, was mir gefällt.

Trauriger Sonntag, trauriger Montag,
dos ist so rührend und gut für Seelenschmerz.
Wenn der Ungar lustig ist, muss er immer weinen,
joi Mama, joi Mama, joi, do lacht und weint das Herz.
-Zwischenspiel – Schein-Ende

Fußballmatch in Budapest, dos ist ein Familienfest.
Viele Tore schießen sie, Elyen, Giorgio Sarosi (1) .
Neben mir da sitzen Budapester, Vater weint und Bruder weint und Schwester.
Und ich frog sie, warum weint, ha, weil steht´s für Ungorn 3 zu 1.

Wenn der Ungar lustig ist, muss er immer weinen,
joi Mama, joi Mama, schön ist auf der Welt.
Wenn der Ungar lustig ist, muss er noch mehr weinen,
joi Zigan, joi Zigan, spiel , was mir gefällt.

Trauriger Sonntag, trauriger Montag,
dos ist so rührend und gut für Seelenschmerz.
Wenn der Ungar lustig ist, muss er immer weinen,
joi Mama, joi, do lacht und weint das Herz.

(1) György Sárosi (* 16. September 1912 in Budapest, Österreich-Ungarn; † 20. Juni 1993 in Genua, Italien, in Italien auch Giorgio Sarosi) war ein ungarischer Fußballspieler und -trainer. Er galt als einer der herausragenden Stürmer der 1930er-Jahre.

https://www.youtube.com/watch?v=iLnF0J95z1Q

Nichts zu danken, Sinemetu, und nichts zu knabbern, meint mit begrenztem Wohlwollen und gerne abschließend, diesmal eher desinteressiert an deinem nächsten Griff ins Klo.

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Re: shithole

Beitragvon Prudentius » Mo 15. Jan 2018, 09:10

Präsident Trump bereichert unsere politische Terminologie durch eine neue Metapher; aber da er keine Begriffsdefinition mitlieferte, wissen wir nicht, ob eine Körperöffnung (Darmausgang) gemeint ist oder ein bescheiden ausgestattetes WC.
Der Vorgängerterminus war ja "bullshit", was schon gut als Anglizismus eingebürgert ist.
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Re: shithole

Beitragvon medicus » Mo 15. Jan 2018, 10:10

Umgangssprächlich werden Orte als „Drecksloch“ bezeichnet, wenn es dort ärmlich, schmutzig und heruntergekommen ist. In einem „Drecksloch“ ist die Kriminalität hoch, es liegt viel Müll auf den Straßen und die dort lebenden Menschen sind aggressiv und unfreundlich. :x
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Re: shithole

Beitragvon sinemetu » Mo 15. Jan 2018, 10:49

medicus hat geschrieben:Umgangssprächlich werden Orte als „Drecksloch“ bezeichnet, wenn es dort ärmlich, schmutzig und heruntergekommen ist. In einem „Drecksloch“ ist die Kriminalität hoch, es liegt viel Müll auf den Straßen und die dort lebenden Menschen sind aggressiv und unfreundlich. :x



Naja, die Frage war eben, warum solche Orte mit "Loch" bezeichnet werden. Was ist das Tertium comparationis z. B. zum Schwarzen Loch, Knopfloch, Zahnloch und Mauseloch?
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Re: shithole

Beitragvon medicus » Mo 15. Jan 2018, 11:08

Meine laienhafte Interpretation:
Das Drecksloch passt nicht in die Reihe deiner aufgeführten Löcher. Ein Loch ist auch eine Metapher für einen unangenehmen Ort ( z.B. eine kleine Wohnung) und ein Drecksloch ist quasi die Steigerung.
Wer hält sich denn gerne in einem Loch auf, außer Saddam Hussein nach seiner Flucht?
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Re: shithole

Beitragvon sinemetu » Mo 15. Jan 2018, 12:03

medicus hat geschrieben:Ein Loch ist auch eine Metapher für einen unangenehmen Ort ( z.B. eine kleine Wohnung)
Das ist richtig gedacht, und wird auch so verstanden. Aber warum gerade ein Loch? Ein Bergspitze ist auch nicht gerade ein Sonnenstrand. Es muß etwas geben, was unangenehmer Ort und Loch gemeinsam haben, und dieses nennt man TC. Begründung: Mehrere Sprachen haben diesen Vergleich. Ergo müssen es die Menschen in mehreren Regionen so sehen. Eventuell ist dieses TC die in einem Loch vorherrschende Enge, die in einem Shitthole dann dazu führt, daß man sich beschmutzt / in irgend einer Weise Schaden nimmt.
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Re: shithole

Beitragvon medicus » Mo 15. Jan 2018, 14:01

sinemetu hat geschrieben:Ein Bergspitze ist auch nicht gerade ein Sonnenstrand.

Aber die meisten Menschen haben ein Wohlgefühl, wenn sie eine Bergspitze erklommen haben und genießen den Ausblick, während man im Loch nichts sieht und eingeklemmt ist und sich beschmutzt. :hairy:
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Re: shithole

Beitragvon Willimox » Mo 15. Jan 2018, 14:21

Ach, Sinemetu, komische Knusperhexe, weißt Du, was das Tertium Comparationis zwischen Trump und Brakbekl ist?
Richtig. Du bist unwillens und/oder unfähig genauer zu lesen.
Richtig. Du leugnest das, Trump leugnet das.

Also, aber, vielleicht doch: guck Dir das öfters von Dir anschwadronierte dwds an. Vielleicht kapierst Du dann dass das längere Posting über deinem Schopf da oben drüber, skroll. Ja, watt denn nu?
Das enthält bei aller Polemik doch auch recht gute Informationen, doch, doch.

Geht Dir an deinem Knusperhexenhaupt mit Ohren, Riechorgan und Tränensackaugen vorbei?

Dachte sich doch schon gerade eben und sonst schon oft.

Bild

ww alias maggi smith

P.S. Guckst Du halt nach unten:

Loch · lochen · einlochen · löcherig · löchern

Loch n. ‘offene Stelle, Öffnung, Spalte, Vertiefung, Lücke’,
ahd. loh ‘Verschluß, Versteck, Höhle, Loch, Gefängnis’ (8. Jh.),
mhd. loch ‘Versteck, Höhle, Loch, Öffnung, Gefängnis, Hölle’, asächs. lok ‘Loch’,
mnd. lok, mnl. loc ‘Loch, Öffnung’,
aengl. loc ‘Schloß, Riegel, verschlossener Raum, Gefängnis’,
engl. lock ‘Schloß, Verschluß’,
anord. lok ‘Schloß, Riegel, Raum, Schluß, Ende’,
schwed. lock ‘Deckel’
(germ. *luka-) sind Abstrakta zu dem starken Verb germ. *lūkan ‘(ver)schließen’ (s. ↗Luke).
Anschluß an die Wurzel ie. *leug-, *lŭg- ‘biegen’ (wozu auch ↗Lauch und ↗Locke, s. d.) ist möglich, wenn von einer Bedeutungsentwicklung ‘biegen, zusammenbiegen, zumachen, schließen, verschließen’ ausgegangen wird (zu denken ist an ein Verschließen der Öffnung, einer Lücke im geflochtenen Zaun durch zu biegende Äste, Zweige).

Bild

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Re: shithole

Beitragvon Zythophilus » Mo 15. Jan 2018, 21:19

Kurzfristig dachte ich, bei
Gulatschag
handle es sich womöglich um einen zusätzlichen Wortwitz Leopoldis. Beim "Gulatschag" müsste man demnach nach dem raschen Verzehr der roten Suppe das leere Geschirr gegen die Wand werfen. Tatsächlich steht aber "Mulatschag": Das Wort (in der originalen Schreibweise "mulatság") bedeutet auf Ungarisch zunächst einmal "Schwelgen", wobei das Zerschlagen der Gläser im Herkunftsland nicht zwangsläufig inkludiert ist. In Ostösterreich ist es das.
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Re: shithole

Beitragvon Willimox » Mo 15. Jan 2018, 22:18

Wow. Dem sollte man nachgehen..
:chefren:
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Re: shithole

Beitragvon Willimox » Di 16. Jan 2018, 16:03

Salute, Zythophile,

genau so ist es, ein "Mulatschag" ist angesagt.

Zu der Duettfassung (siehe unten, auch den Link) noch ein paar Nachträge:

a) die sprachlichen Gags mit der/die/dos und immer/immär
b) das Scheinende des Liedes vor der Fußballerstrophe
vor allem aber (c):

Leopoldis Lied von 1938 dürfte bewusst mit dem 1932/33 verfassten Szomorú vasárnap spielen
Jetzt aktuell in der Serie Babylon Berlin in russischer Version zu hören.

Bild

s z o m o r ú v a s á r n a p (1932/33)

Szomorú vasárnap száz fehér virággal
Vártalak kedvesem templomi imával
Álmokat kergető vasárnap délelőtt
Bánatom hintaja nélküled visszajött
Azóta szomorú mindig a vasárnap
Könny csak az italom kenyerem a bánat...

Szomorú vasárnap

Utolsó vasárnap kedvesem gyere el
Pap is lesz, koporsó, ravatal, gyászlepel
Akkor is virág vár, virág és - koporsó
Virágos fák alatt utam az utolsó
Nyitva lesz szemem hogy még egyszer lássalak
Ne félj a szememtől holtan is áldalak...

Utolsó vasárnap


Wenn der Ungar lustig ist (1938) mus.: Hermann Leopoldi; text: Karl Pollach (Petersilie), Peter Herz

https://tiny.antville.org/static/sites/tiny/files/ungarlied-duo.mp3
(Duett)
https://tiny.antville.org/stories/2072614/

Herrlich ist's in Budapest, weil sich dort gut leben lässt.
Gostfreundschaft im Ungarland ist auf ganzer Welt bekannt.
Und so billig ist's in den Lokalen, ungern losst der Wirt sich was bezahlen.
Auch die Heiterkeit ist dort - von spezieller Eigenort.

Wenn der Ungar lustig ist, muss er immer weinen,
joi Mama, joi Mama, schön ist auf der Welt.
Wenn der Ungar glücklich ist, muss er noch mehr weinen,
joi Zigan, joi Zigan, spiel was mir gefällt.

Trauriger Sonntag, trauriger Montag,
dos ist so rührend und gut für Seelenschmerz.
Wenn der Ungar lustig ist, muss er immer weinen,
joi Mama, joi, do lacht und weint das Herz.


Und beinahe jeden Tag gibt es einen Mulatschag.
Weil das dort so Sitte ist, Ungarwein in Strömen fließt.
Und der Gyula, Pizta und der Geza beißen dann voll Rührung in die Gläsa.
Und zum Schlusse jedenfolls – ha - fallt sich olles um den Hols.

Wenn der Ungar lustig ist, muss er immer weinen,
joi Mama, joi Mama, schön ist auf der Welt.
Wenn der Ungar glücklich ist, muss er noch mehr weinen,
joi Zigan, joi Zigan, spiel, was mir gefällt.

Trauriger Sonntag, trauriger Montag,
dos ist so rührend und gut für Seelenschmerz.
Wenn der Ungar lustig ist, muss er immer weinen,
joi Mama, joi Mama, joi, do lacht und weint das Herz.


- Zwischenspiel – Schein-Ende

Fußballmatch in Budapest, dos ist ein Familienfest.
Viele Tore schießen sie, Elyen, Giorgio Sarosi2.
Neben mir da sitzen Budapester, Vater weint und Bruder weint und Schwester.
Und ich frog sie, warum weint, ha, weil steht´s für Ungorn 3 zu 1.

Wenn der Ungar lustig ist, muss er immer weinen,
joi Mama, joi Mama, schön ist auf der Welt. (der/dos-Gag)
Wenn der Ungar lustig ist, muss er noch mehr weinen (immär/immer-Gag),
joi Zigan, joi Zigan, spiel , was mir gefällt.


Also nicht nur ein Spaßlied Leopoldis mit lustiger Tendenz, sondern auch ein recht geschickter Echoraum für das Trauerpathos des Liedes, das später als "Gloomy Sunday" sehr bekannt wurde.

https://www.youtube.com/watch?v=-MXXwwnK6Vw

(Gloomy sunday, Billie Holiday)

Bild

Die Mehrfachkomik im Widerspruch von Lustig sein und Weinen bricht, nein spielt subversiv mittels ihrer Struktur und Allusion mit der tiefen Traurigkeit des elegischen Vorliedes. Und so kann Leopoldis Lied als grotesk-humoreskes Antidotum wirken.

Bild
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Re: shithole

Beitragvon Zythophilus » Di 16. Jan 2018, 18:35

Melancholie und Selbstmitleid scheinen wirklich ein gewisser Teil des Ungarischen auszumachen. Vermutlich hängt die traditionell hohe Selbstmordrate in diesem Land damit zusammen. Nach der These aus Leopoldis Lied müssten die Selbstmörder die lustigsten Ungarn sein, was auch unausgesprochen anklingt, wenn man bedenkt, welchen Ruf "Szomorú vasárnap" hatte.
Im Lied wird natürlich versucht, die ungarische Aussprache bzw. den ungarischen Akzent, der bei der Aussprache deutscher Wörter durchkommt, nachzuahmen. Originellerweise fehlt der bei Budapest, dass auf Ungarisch ja Budapescht ausgesprochen wird.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine Wendung wie "Trauriger Sonntag" keine Anspielung auf das Lied "Szomorú vasárnap" sein soll. Ich weiß zwar nicht, wie verbreitet es in Österreich damals wirklich war, aber laut Wikipedia war es weltweit als "Lied der Selbstmörder" bekannt. Übersteigert wird es in unserem Lied durch die Hinzufügung eines "traurigen Montags" und damit auch wieder parodiert.
Ein Aspekt fällt mir, obwohl ich kein Fußballfan bin, doch auch auf. Die Ungarn hatten in den Dreißigerjahren wirklich viele Anlässe über Fußballergebnisse zu weinen, natürlich nur in der LOgik des Liedes. Als eine der erfolgreichsten Nationalmannschaften dieser Zeit schafften sie es sogar ins WM-Finale 1938. Es war wohl kein Zufall, dass der Autor als konkretes Beispiel für so einen Glücksmoment gerade ein Fußballspiel erwähnt und Namen, die damals vermutlich auch in Österreich den meisten etwas sagten.
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Kärnten, Mehlspeis, Premysliden, Glückssuche und all das

Beitragvon Willimox » Mi 17. Jan 2018, 17:21

Ein Hintergrund wie meiner (österreichischer Onkel, ehemals arbeitend beim Knize in Wien, tschechische Großmutter mit Wirtshaus nahe Budweis, sudetendeutscher Vater mit Gymnasialberuf in Unterfranken) erzeugt eine gewisse Faszination für Mischungen nationaler Art und gerade auch für "Felix Austria".

Vielleicht machen dem neugierigen Leser die folgenden Auszüge - sie sind locker an Hermann Leopoldi und sein "Wenn der Ungar lustig ist" (und an das ungarisch-melancholische "Gloomy Sunday") angedockt - ein wenig Spaß und Freude?

1. MARTIN KUŠEJ (Intendant im Münchner Residenztheater, bald Intendant am Burgtheater)

Bild

In der Soziologie kennt man den Satz: „Heimat ist das, was dich zum Fremden macht, wenn du von zu Hause fort bist.“ Woran stellen Sie in Deutschland fest, dass Sie Österreicher sind?

An ganz banalen Erfahrungen. Wenn ich nach einem halben Jahr in Hamburg in Salzburg über die Grenze gefahren bin und wieder die Alpen gesehen habe, das war ein Flash, ein großes Wiedersehensgefühl. Ich dachte jedes Mal: Wow – das hat mir echt gefehlt.

Warum ist das gut?

Ich komme aus den Bergen, ganz einfach, mir vermitteln sie ein Gefühl von Geborgenheit und Unterschlupf. Im flachen Norddeutschland fühlte ich mich immer ausgesetzt, jederzeit auffindbar und verloren in der Weite. Dann, im Herbst zu Hause in Kärnten, ereilt mich das Gegenteil. Es gibt dort einen ganz speziell schönen Altweibersommer, der mich total depressiv macht. Es ist so unwahrscheinlich schön: die bunten Laubbäume, der Wörthersee und die Hügel und Karawanken in verschiedenen Schattierungen – Selbstmordstimmung! Haruki Murakami hat das in seinem Roman „Die Pilgerjahre des farblosen Herrn Tazaki“ gut beschrieben: die grundlose Traurigkeit, die der Anblick einer ländlichen Idylle im Herzen des Menschen hervorruft. Ich weiß, nach zehn Tagen muss ich abhauen, sonst erschieße ich mich. Weil es so schön ist.

Aufgewachsen sind Sie in Kärnten, nur wenige Kilometer von Slowenien entfernt, mit einem slowenischen Namen. Was ist Ihre Identität?

Einhundert Prozent Österreicher. Trotz meines kritischen Blickes auf das Land.

Allerdings haben Sie, wie viele Landsleute, Wurzeln im Balkan.

Da wäre die Frage: Wo fängt der Balkan an? Die Kärntner Slowenen leben seit tausend Jahren in exakt diesem Gebiet, das fast immer österreichisch war. Auch das Slowenische gehört zu meinen Wurzeln, da bin ich stolz drauf. In meiner Kindheit bekam ich manchmal zu hören: Du bist a Tschusch! Aber mich hat das angetrieben, Sprachen zu lernen. Ich wollte nirgends ausgegrenzt werden, also habe ich Italienisch, Französisch, Englisch, Kroatisch und Slowenisch gelernt.

Was macht Sie dann als echten Österreicher aus?

Genau dieser Background, der ein zweisprachiger oder sogar ein vielsprachiger ist. Ich bin ein europäischer Österreicher. Mittlerweile kann ich sogar in italienischer Sprache inszenieren. Im Alltag bin ich allerdings genauso österreichisch wie alle anderen auch. Ich wurde erzogen mit dem Nationalfeiertag, der sogenannten immerwährenden Neutralität. Mit den Skiweltmeisterschaften, dem Donauwalzer, dem Läuten der Pummerin zu Silvester, Córdoba 1978, Manner-Schnitten und Schwedenbomben. Allerdings hat auch die Affäre Waldheim mein Denken geprägt und mich die Rolle Österreichs im Dritten Reich hinterfragen lassen.

Sie meinen die österreichische Eigenart, sich selbst als erste Opfer der Nazis darzustellen?

Genau. Durch die Waldheim-Affäre wurde diese Opferrolle für mich entmystifiziert. Heute würde ich sagen: Jeder echte Österreicher sollte diese Haltung hinterfragen und sich auf Basis dessen neu erfinden. Durchaus mit Liebe zur Tradition und zur Heimat.


SZ 9.12. 2017

(2) HERMANN LEOPOLDI: Powidltatschkerln (1949)

Nun, dieser Hermann Leopoldi ist alles andere als bekannt, in der heutigen Generation.
Immerhin aber kennt ihn die Nachkriegsgeneration, etwa mit diesen Liedern:

• I´ bin a stiller Zecher (Text: Salpeter)
• Schnucki, ach Schnucki (Text: Rudolf Skutajan) (vor 20 Jahren von Andre Heller gehört)
• Powidltatschkerln (Text: Rudolf Skutajan)

Hier das wunderschöne Mehlspeislied über ...

Powidltatschkerln

Mehlspeis is für mich kein Essen,
ich bin nur auf Fleisch versessen,
wenn's auch nur ein ganz ein kleines Stück wär.
Und die ganzen Mehlspeissorten,
Guglhupf, Palatschinken, Torten,
eß ich nicht, weil ich davon zu dick wer.
Eine Mehlspeis nur, die mag ich,
die könnt essen jeden Tag ich,
da vergesse ich ganz auf mein Gewicht;
kann ich so a Mehlspeis kriegen,
laß ich alles stehn und liegen,
denn auf die bin ich direkt erpicht:

Powidltatschkerln aus der schönen Tschechoslowakei
schmecken noch viel besser
als die feinste Bäckerei,
denn so ein Tatschkerl,
so ein powidales,
das ist doch wirklich etwas Pyramidonales.
Und immer denk ich,
wenn ich Bozena erblick:
Powidltatschkerln,
-tatschkerln ist das allerhöchste Glück.


Mittags bin ich bei der Mitzel,
eingeladen auf ein Schnitzel
und dazu Salat mit Mayonnaise.
Dann, nach einer kleinen Pause,
gibt's bei Margit eine Jause:
Speck mit Paprika und Stückl Käse.
Gleich darauf um sechs Uhr zehne
krieg ich bei der Fräuln Helene
ein Stück Gansl und a Schweinskarree;
doch wenn dann um halber acht mir
Bozena die Tür aufmacht,
was glaubn Sie,
was ich da als erstes seh?

Powidltatschkerln aus der schönen Tschechoslowakei
schmecken noch viel besser
als die feinste Bäckerei,
denn so ein Tatschkerl,
so ein powidales,
das ist doch wirklich etwas Pyramidonales.
Und immer denk ich,
wenn ich Bozena erblick:
Powidltatschkerln,
-tatschkerln ist das allerhöchste Glück.


Strümpfe hab'n wir jetzt aus Nylon,
der Fünf-Uhr-Tee kommt aus Ceylon
und das seichte Tief von den Azoren.
U.S.A. schickt Zigaretten,
Frankreich freie Kabinetten,
Ungarn statt Salami Gladiatoren (1).
Franco Haus kriegen wir aus Spanien
Diktaturen statt Kastanien,
und Norwegen schickt die Silberfüchs,
doch das Beste kommt entschieden
aus dem Land der Premysliden,
alles andre ist dagegen nix!

Powidltatschkerln aus der schönen Tschechoslowakei
schmecken noch viel besser
als die feinste Bäckerei,
denn so ein Tatschkerl,
so ein powidales,
das ist doch wirklich etwas Pyramidonales.
Und immer denk ich,
wenn ich Bozena erblick:
Powidltatschkerln,
-tatschkerln ist das allerhöchste Glück


(1) Vielleicht der Budapester Boxer Laszlo Popp, 1948 Gewinner der Goldmedaille Mittelgewicht

https://www.youtube.com/embed/ATRv1GaQ6-k


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Re: shithole

Beitragvon Tiberis » Do 18. Jan 2018, 02:49

Willimox hat geschrieben:1) Vielleicht der Budapester Boxer Laszlo Popp, 1948 Gewinner der Goldmedaille Mittelgewicht

wohl eher nicht, denn
a) entstand das Lied bereits 1937 (nicht 1949) , und
b) ist von Gladiatoren (Mz.) die Rede.

Obwohl ich auch nicht sicher bin, könnte ich mir aber vorstellen, dass Kämpfer gemeint sind, die in den Spanischen Bürgerkrieg entsandt wurden - wenn auch nicht vom Staat Ungarn selbst. Die unmittelbar folgenden Verse (Franco Haus kriegen wir aus Spanien Diktaturen...) legen eine derartige Vermutung irgendwie nahe.
Die "freien Kabinetten " Frankreichs sind natürlich, als Anspielung auf die in rascher Folge wechselnden Regierungen in den Dreißiger Jahren, auch ein deutlicher Hinweis auf eine Entstehung des Liedes noch vor dem 2. WK.
Dass von den Azoren ein "seichtes Tief" kommt, ist meteorologisch gesehen eher unwahrscheinlich, auch hier könnte man wohl eher eine politische Anspielung (Aufstände des Militärs gegen Salazar) vermuten.
ego sum medio quem flumine cernis,
stringentem ripas et pinguia culta secantem,
caeruleus Thybris, caelo gratissimus amnis
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Tiberis
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