Gerüchteküche - assoziative Latenz

Beiträge zu Themen, die in keine andere Kategorie passen

Moderatoren: Zythophilus, marcus03, Tiberis, ille ego qui, consus, e-latein: Team

Gerüchteküche - assoziative Latenz

Beitragvon sinemetu » Di 14. Mai 2019, 14:09

Es gibt das Verbum riechen. Es gibt: riechen, roch, gerochen, der Geruch und das Gerücht. Der Geruch unterscheidet sich vom Gerücht. Mir scheint, der Geruch ist primär, und das Gerücht ist sekundär. Also das Gerücht ist ein Geruch auf eine anders Sphäre übertragen, und zwar etwas Immaterielles. Ein Gerücht ist ein Geruch im rein Geistigen. Das Tertium comparationis zwischen Geruch und Gerücht ist die Marke. Eine Marke merkt man sich.

Es ist Lebenserfahrung, die in dem Wort Gerüchteküche steckt. Jeder weiss, daß Gerüchte nicht so mir nichts dir nichts entstehen, sondern sie werden in die Welt gesetzt. Mit einem ganz bestimmten Ziel. Dahinter stecken Machenschaften, Machenschaften deshalb, weil eine Macht will, daß über das und das nicht so, sondern so gedacht wird. Jeder der unter einer Macht lebt, und aufmerksam das Aufkommen von Meinungen, den Fluss von Information und die Entstehung von Wissen beobachtet, wird bestätigen, daß es Gerüchteküchen gibt, und das allzuoft eine Macht dahintersteht. Mit Gerüchteküchen bezeichnet man also Quellen von Geschichten mit Geruch. Man kann dies Sachen auch Sagen oder Legenden nennen, denn Mächtige haben genug Macht um ihre oft verschleiernden Versionen drucken lassen. Ein geflügeltes Wort sagt: Die Geschichte schreiben die Sieger. Heute spricht man von Thinktanks oder Pressure Groups.

Wie entstand nun das Wort Gerüchteküche. Von der Semantik her bewirkt der Gedanke Geruch initial den Lautwandel im Lautkörper von Geruft zu Gerücht. Im Wort Gerücht ist das Wort Geruch assoziativ präsent, es ist die erste latente Bedeutung. Geruch ist so sehr assoziativ präsent, daß er im Kompositum, den Kopf bestimmt, also daß der Ort, an dem Gerüche am häufigsten wahrzunehmen sind, zum Bestimmungswort des ganzen wird. In einer Küche wird gekocht, und dort wabern Gerüche durch die Luft. Darum wird niemand bestreiten, daß Küche realiter mit Geruch zu tun hat, und erst übertragen mit Gerüchten. Um nun kongenial die Quelle von Gerüchten zu benennen, bietet sich das Wort Küche nicht nur wegen seiner assoziativen Präsenz an, sondern darüber noch über die Vokalharmonie. Im Gerüchteküche kommt zweimal die Vokalfolge ü-e vor. Der Rauch als Phänomen ist nur noch assoziativ latent vorhanden.

Google dazu Daumier "das Gerücht" - Unbegreiflich ungreifbar
Zuletzt geändert von sinemetu am Mi 15. Mai 2019, 07:09, insgesamt 2-mal geändert.
Quaestor sum, quaerere quaerique possum ...
sinemetu
Senator
 
Beiträge: 4476
Registriert: Mo 2. Apr 2012, 18:02

Re: Gerüchteküche - assoziative Latenz

Beitragvon medicus » Di 14. Mai 2019, 18:48

Die Gerüchteküche entstand erst in den 1970er Jahren!
https://books.google.com/ngrams/graph?c ... he%3B%2Cc0
medicus
Augustus
 
Beiträge: 6623
Registriert: Do 9. Dez 2010, 11:39

Re: Gerüchteküche - assoziative Latenz

Beitragvon Tiberis » Di 14. Mai 2019, 22:03

Es ist wohl allgemein bekannt: in jeder Küche
entstehen durch das Kochen allerlei Gerüche
durch Zubereitung unterschiedlicher Gerichte,
und nicht, wie sinemetu furchtlos meint, Gerüchte.
Denn nicht vom Riechen kommt das Wort, es kommt vom Rufen,
Gerücht ist also völlig anders einzustufen.
Ob man im Klang der Wörter Ähnlichkeiten findet,
bedeutet nichts, solang sie sprachlich nicht begründet.
ego sum medio quem flumine cernis,
stringentem ripas et pinguia culta secantem,
caeruleus Thybris, caelo gratissimus amnis
Benutzeravatar
Tiberis
Pater patriae
 
Beiträge: 11862
Registriert: Mi 25. Dez 2002, 20:03
Wohnort: Styria

Re: Gerüchteküche - assoziative Latenz

Beitragvon sinemetu » Di 14. Mai 2019, 23:13

gratis ago tibi, magnus faber verborum .....

aber du darfst mal verstehen, daß Gerüchte, wie das Kompositum Gerüchteküche beweist, wegen der starken assoziativen Präsenz von Gerüchen längst den Dunstkreis seiner rhizologischen und auch semantischen Herkunft verlassen hat. Das Wort hat seine heutige Bedeutung erst durch die assoziative Präsenz von Geruch gewonnen.

https://www.dwds.de/wb/Gerücht

Das Ich (der Geist) eines Wortes ist sein Sinn, die Seele sind die Laute, und der Körper ist der Sitz im Leben.
Quaestor sum, quaerere quaerique possum ...
sinemetu
Senator
 
Beiträge: 4476
Registriert: Mo 2. Apr 2012, 18:02


Zurück zu Sonstige Diskussionen



Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 15 Gäste

cron