*ieg und jég

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*ieg und jég

Beitragvon sinemetu » So 16. Jun 2019, 12:09

@Cytophilen
Also, dies hab ich so im Hinterkopf:
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Das ist aus dem großen ung. dt WB von Halász
und jetzt lese ich das:
Bild
Es ist aus Dieter Berger "Geographische Namen in Deutschland". Ich habe jetzt erst mal keinen Grund, die Angaben dieser Autoren anzuzweifeln.
Natürlich springt mir sofort die Gleichung (ieu.) *ieg - (ung) jég , dt. Eis ins Auge. Es handelt sich um ein und dasselbe Phonem. Ich äußere hier aber kein Theorie, weil ich die Schriften über den indoeuropäischen Einfluß auf das Uralische bisher nicht konsumiert habe. Ich weiß auch, daß das eine ein rezentes Wort, das andere ein erschlossenes, uraltes. Aber, so wie in der Geologie durchaus auch mal sehr alte Sedimente wieder an die Erdoberfläche kommen, kann es sein, daß sich Phonem und Bedeutung kreisartig bewegen, und zu gegebener Zeit wieder ein lebendiges Wort gewähren. Diese Koinzidenz jedoch mit einem einfachen "Zufall" abzutun, ist mir nicht möglich. Darin aber unterscheiden wir uns Zythophilus, anöden tut mich die reine Tatsache nicht, sondern sie erweckt in jedem Fall meine Aufmerksamkeit.
Mehr hierzu später.
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Re: *ieg und jég

Beitragvon medicus » So 16. Jun 2019, 12:50

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Re: *ieg und jég

Beitragvon Willimox » So 16. Jun 2019, 21:45

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Re: *ieg und jég

Beitragvon Willimox » So 16. Jun 2019, 21:47

So jagt Sinemetu:

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Re: *ieg und jég

Beitragvon Zythophilus » Mo 17. Jun 2019, 07:22

In Dänemark und Norwegen ist es eher kalt: Zeugt es vom unterkühlten Gemüt der Leute dort, wenn sie für "ich" "jeg" sagen?
Im Ernst: Als das Keltische Toponyme in Europa prägte, lebten die Ungarn bzw. ihre Vorfahren in ihrer Urheimat in Westsibirien. Eine Beeinflussung des Keltischen durch das Ur-Finno-Ugrische wie auch umgekehrt kann man für diese Zeit ausschließen. Die würde ja einen intensiven Austausch voraussetzen. Als die Ungarn sich im 9. Jh. in ihrem heutigen Siedlungsgebiet in Ostmitteleuropa niederließen, gab es da keine Sprecher des Keltischen.
Der Vergleich mit den beiden anderen finno-ugrischen Sprachen, Estnisch und Finnisch, in denen "Eis" gleich "jää" heißt, macht deutlich, dass es sich um ein finno-ugrisches Stammwort handelt oder dass dieses Wort noch vor der Einwanderung nach Europa aus einer Umgebungssprache, die nicht das Keltische gewesen sein kann, entlehnt wurde.
Die Ähnlichkeit ist somit Zufall.
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Re: *ieg und jég

Beitragvon sinemetu » Mo 17. Jun 2019, 09:25

Zythophilus hat geschrieben:In Dänemark und Norwegen ist es eher kalt: Zeugt es vom unterkühlten Gemüt der Leute dort, wenn sie für "ich" "jeg" sagen?

Das angesprochene Phonem entspricht nicht dem ung. jég [jɛːg]
https://translate.google.de/#view=home& ... ebe%20dich

Zythophilus hat geschrieben:Im Ernst: Als das Keltische Toponyme in Europa prägte, lebten die Ungarn bzw. ihre Vorfahren in ihrer Urheimat in Westsibirien (im weitesten Sinne). Eine Beeinflussung des Keltischen durch das Ur-Finno-Ugrische wie auch umgekehrt kann man für diese Zeit ausschließen. Die würde ja einen intensiven Austausch voraussetzen. Als die Ungarn sich im 9. Jh. in ihrem heutigen Siedlungsgebiet in Ostmitteleuropa niederließen, gab es da keine Sprecher des Keltischen.
Der Vergleich mit den beiden anderen finno-ugrischen Sprachen, Estnisch und Finnisch, in denen "Eis" gleich "jää" heißt, macht deutlich, dass es sich um ein finno-ugrisches Stammwort handelt oder dass dieses Wort noch vor der Einwanderung nach Europa aus einer Umgebungssprache, die nicht das Keltische gewesen sein kann, entlehnt wurde.

Bis hier stimme ich cum gerano salis zu!

Zythophilus hat geschrieben:Die Ähnlichkeit ist somit Zufall.

Ich verstehe nicht, wie du nach der oben selbst geäußerten Entlehnungstheorie auf Zufall schließt. Ich selbst halte eine Entlehnung für möglich, aber nur mit Zusatzannahmen. Den stringenten Schluß auf Zufall lehne ich deshalb ab, weil es ja noch andre, bisher nicht beschrieben Mechanismen der Wortenstehung geben kann, und zwar solche, die die Entlehnungstheorie obsolet dastehen lassen. Zufall wäre mir eine Festlegung auf eine Theorie. So überzeugt bin ich nicht. Ebenso ist Beeinflussung durch das Slawische denkbar oder gemeinsames Lehngut. Aber, wie gesagt, ich will dazu erst was lesen ...

Stell Dir vor, es gäbe ein Ding, welches Pipapo sagt. Würde es nicht in jeder Sprache eben so heißen?
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Re: *ieg und jég

Beitragvon marcus03 » Mo 17. Jun 2019, 10:36

sinemetu hat geschrieben:Ich verstehe nicht, wie du nach der oben selbst geäußerten Entlehnungstheorie auf Zufall schließt.

Wenn schon der Urknall ein Riesenzufall war, warum soll dann nicht auch eine Wortübereinstimmung
Zufall sein können, deren Wahrscheinlichkeit weit höher als die des Urknalls sein dürfte. ;-)
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Re: *ieg und jég

Beitragvon sinemetu » Di 18. Jun 2019, 21:13

marcus03 hat geschrieben:Wenn schon der Urknall ein Riesenzufall war, warum soll dann nicht auch eine Wortübereinstimmung
Zufall sein können, deren Wahrscheinlichkeit weit höher als die des Urknalls sein dürfte.

Früher war Gott, der Demiurg, oder einer der Archonten der Lückenbüßer. Heute tut es allzuoft der Zufall, wenn "Wissenschaft" nicht weiter weiß. Echter Zufall, wie z. B. der Zeitpunkt des radioaktiven Zerfalls eines einzigen Teilchens, ist selten. Viel seltener als geglaubt. Schon deshalb, weil es viel mer Dinge gibt, von denen man glaubt, daß sie sich zufällig ereignen, als Dinge, von denen man nachgewiesen hat, daß hier wirklich der Zufall am Werk ist.
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Re: *ieg und jég

Beitragvon Willimox » Mi 19. Jun 2019, 07:38

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Re: *ieg und jég

Beitragvon Prudentius » Mi 19. Jun 2019, 08:18

marcus03 hat geschrieben:Wenn schon der Urknall ein Riesenzufall war, ...


Marce, das ist eine sinnlose Aussage, den unter Zufall versteht man eine Abfolge von Ereignissen nach dem Urknall.
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Re: *ieg und jég

Beitragvon marcus03 » Mi 19. Jun 2019, 08:34

Prudentius hat geschrieben:Marce, das ist eine sinnlose Aussage,

Kennst du die Stringtheorie oder die Quantenfluktuationshypothese?
Es gibt Modelle zur Situation vor dem Urknall und was zu ihm geführt haben könnte.
Da spielt der Zufall eine große Rolle. Es werden unvorstellbare Zahlen genannt, wie wahrscheinlich dieser war. Danach kam es auch nur durch einen winzig kleinen Zufall zum Urknall.
Das ist zwar alles nur ein Gedankenmodell, aber immerhin.
Viele Modelle haben sich später durch Beobachtungen und Messungen bestätigen lassen.

https://www.youtube.com/watch?v=iRL6RmR9kUM
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Re: *ieg und jég

Beitragvon Prudentius » Do 20. Jun 2019, 16:35

marcus03 hat geschrieben:Es gibt Modelle zur Situation vor dem Urknall und was zu ihm geführt haben könnte.


Ich stell mir das so vor: es gibt keine Situationen vor dem Urknall, denn der Urknall ist ein absoluter Anfang der Zeitachse; der Ausdruck "vor dem Urknall" ist sinnlos ("contradictio in adiecto"); erst mit dem Urknall beginnt ein vorher und nachher; andernfalls ist es kein Urknall, sondern nur ein Knall, ein Ereignis in der Reihe von Ereignissen.
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Re: *ieg und jég

Beitragvon marcus03 » Do 20. Jun 2019, 16:50

Nach den Gesetzen der Kausalität muss es eine Ursache für den Urknall geben.
Irgendetwas muss zu ihm geführt haben. Allerdings gibt es in der Welt der Quanten ganz merkwürdige Dinge. Ein absolutes Nichts scheint es nicht zu geben bzw. wir denken es falsch oder es entzieht sich der Begrifflichkeit, die wir kennen.
Es gibt Dinge, die sich nicht einmal mehr mathematisch beschreiben lassen (Vorgänge in einem schwarzen Loch). Das gilt auch für die Prä-Ürknall-Situation, über die wir z.Z. nur spekulieren können.
Das könnte sich aber durchaus noch ändern.
Vlt. kann man z.B. demnächst z.B. die schwarze Materie nachweisen. Nach den Higgs-Teilchen wurde auch lange gesucht. Und schließlich wurde es gefunden und hat dem Finder einen Nobelpreis beschert.
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Re: *ieg und jég

Beitragvon Prudentius » Fr 21. Jun 2019, 19:48

Nach den Gesetzen der Kausalität muss es eine Ursache für den Urknall geben.


Das denke ich auch; der Urknall ist ein Glied einer Kausalkette unter vielen .
Aber man muss sagen, dass das allgemeine Interesse, sogar die Faszination dieses Begriffs, daran hing, dass er ein absoluter Beginn sein sollte, er sollte ja der moderne Ersatz für den "Anfang" der Bibel sein, mit ihrem "Im Anfang schuf Gott ...".

Die ganze moderne Terminologie auf diesem Gebiet ist sehr abgehoben von jedem Alltagsverstand, sie passt sehr gut zu der alten antiken Vorstellung vom "Chaos", mit dem bei Hesiod die Theogonie beginnt, und zu der Lehre des Aristoteles, dass der Kosmos zeitlich und räumlich unendlich sei.

Die moderne Situation betrifft ganz direkt unser eigenes Gebiet: die Erstursache, die es nach der modernen Auffassung nicht gibt, ist der Leitbegriff der antiken Philosophie von Anfang an, der Frage nach der arche.
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Re: *ieg und jég

Beitragvon marcus03 » Sa 22. Jun 2019, 08:54

Noch interressanter wäre die Frage nach dem "Sinn" des Ganzen und ob jemand dahintersteckt.
Ob das quantenfluktuationinduzierte Sein bzw. der Kosmos/Evolution das menschliche Gehirn nur deswegen hervorgebracht hat, um sich seiner und seiner letzten Sinnlosigkeit bewusst werden zu können? Auch Quanten wollen wissen, wozu sie gut bzw. schlecht sind. ;-)
Oder hat das irgendetwas mit Phänomenen zu tun, das man Spiel und Liebe nennt? :nixweiss:
Zuletzt geändert von marcus03 am Sa 22. Jun 2019, 11:22, insgesamt 2-mal geändert.
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